Naiver Realismus und Weltuntergang: Unterschied zwischen den Seiten

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Der '''naive Realismus''' ist eine [[Philosophie|philosophische]] Spielart des [[Realismus]], die davon ausgeht, dass die Welt unabhängig vom Beobachter genauso ist, wie er sie mit den [[Sinne]]n [[Wahrnehmung|wahrnimmt]]. Naiver Realismus ist die Haltung, die der [[Mensch]] im alltäglichen Leben den Dingen gegenüber natürlicherweise einnimmt. Sie wird daher auch als '''direkter Realismus''', '''klassischer Realismus''' bzw. {{EnS|'''common sense realism'''}} bezeichnet.
[[Datei:Ragnarök by Doepler.jpg|mini|Eine Szene aus der letzten Phase von [[Ragnarök]], nachdem [[Surt]] den [[Weltenbrand]] entfacht hat (Zeichnung von [[Wikipedia:Emil Doepler|Emil Doepler]], 1905)]]


So naheliegend der naive Realismus zunächst auch erscheinen mag, so problematisch erweist sie sich bei näherer Betrachtung. Schaue ich etwa einen Tisch aus verschiedenen Blickwinkeln an<ref name="Russel" />, so erhalte je nach Perspektive ganz unterschiedliche Wahrnehmungsbilder. Alleine schon durch die ständigen willkürlichen und unwillkürlichen [[Augen]]bewegungen (''Sakkaden'') verändert sich das Bild auf der Netzhaut etwa dreimal pro Sekunde<ref name="Hawkins" />. Auch die Farbschattierung verändert sich usw. Keines der vielen Wahrnehmungsbilder ist mit dem ''was der Tisch wirklich ist'' identisch - ein Problem das etwa bei der automatischen maschinellen Objekterkennung nur schwer zu lösen ist. Der Zusammenhang zwischen dem realen [[Sein]] des Tisches und seiner jeweiligen [[Erscheinung]] ist keinesfalls so unmittelbar klar, wie es zunächst scheinen mochte. Was die verschiedenen Wahrnehmungsbilder des Tisches gesetzmäßig miteinander verbindet, ist die „Idee des Tisches“; erst wenn ich mir diese gebildet habe, erkenne ich den Tisch ''als'' Tisch, sonst bleibt er nur ein unzusammenhängendes Konglomerat von Sinneseindrücken. In dieser Situation befindet sich das ganz kleine Kind, wenn es erstmals einem Tisch gegenübersteht. Ist der [[Begriff]] des Tisches einmal gebildet und im [[Gedächtnis]] verankert, findet die Vereinigung von [[Wahrnehmung]] und [[Begriff]] so rasch und unvermittelt statt, dass uns das gar nicht mehr auffällt. Überdies können wir uns dann sehr leicht eine innere [[Vorstellung]] des Tisches bilden und mit dem wahrgenommenen Objekt vergleichen. Manche [[Philosoph]]en, wie beispielsweise [[Arthur Schopenhauer]], sind übers Ziel hinausgeschossen und haben fälschlich daraus geschlossenen, dass wir es überhaupt ''nur'' mit unseren Vorstellungen zu tun haben, während uns das [[Ding an sich]] für immer unzugänglich bleibe, wie etwa [[Immanuel Kant]] meinte.
Der '''Weltuntergang''', die durch natürliche oder übernatürliche [[Ursache]]n und insbesondere durch den [[Mensch]]en selbst herbeigeführte Vernichtung der [[Erde (Planet)|Erde]], der [[Menschheit]] oder gar des ganzen [[Universum]]s, wird in zahlreichen [[Mythos|Mythen]] und [[Religion|religiösen]] Überlieferungen geschildert, wie etwa in der «[[Apokalypse des Johannes]]» oder in der „[[Götterdämmerung]]“ [[Ragnarök]] der [[Wikipedia:Nordische Mythologie|nordischen Mythologie]]. Nach [[Hinduismus|hinduistischer]] und [[Buddhismus|buddhistischer]] Auffassung geht am Ende jedes großen kosmischen Weltzeitalter ([[Kalpa]]) die gesamte äußere Welt zugrunde und geht in einen rein geistigen Zustand über, aus dem sie dannach in erneuerter Form wieder hervortritt. Ähnlich liegt auch nach [[Theosophie|theosophischer]] und [[Anthroposophie|anthroposophischer]] Auffassung zwischen den aufeinanderfolgenden [[Weltentwicklungsstufen]], den [[Manvantara]]s, ein rein geistiger Zustand, der als [[Pralaya]] bezeichnet wird.


Auf diese Problematik hat auch [[Rudolf Steiner]] in seiner «[[Philosophie der Freiheit]]» hingewiesen:
Auch die gegenwärtige [[Naturwissenschaft]] schildert eine Reihe [[Wikipedia:Existentielles Risiko|existentieller Risiken]], die zum Weltuntergang führen könnten.


{{GZ|Der naive Mensch betrachtet seine Wahrnehmungen in
Zu den [[Jahrtausendwende]]n, bei denen die [[luzifer]]ischen und [[ahriman]]ischen Mächte besonders stark wirken, wird die [[Menschheit]] sehr leicht von einer weit verbreiteten '''Weltuntergangsstimmung''' ergriffen.
dem Sinne, wie sie ihm unmittelbar erscheinen, als Dinge,
die ein von ihm ganz unabhängiges Dasein haben. Wenn er
einen Baum sieht, so glaubt er zunächst, daß dieser in der
Gestalt, die er sieht, mit den Farben, die seine Teile haben
usw., dort an dem Orte stehe, wohin der Blick gerichtet ist.
Wenn derselbe Mensch morgens die Sonne als eine Scheibe
am Horizonte erscheinen sieht und den Lauf dieser Scheibe
verfolgt, so ist er der Meinung, daß das alles in dieser Weise
(an sich) bestehe und vorgehe, wie er es beobachtet. Er hält
so lange an diesem Glauben fest, bis er anderen Wahrnehmungen
begegnet, die jenen widersprechen.|4|62f}}


{{GGZ|Der naive Mensch (naive Realist) betrachtet die
{{GZ|Als das Jahr 1000 herannahte, lebte die europäische Menschheit in großer Furcht vor dem erwarteten
Gegenstände der äußeren Erfahrung als Realitäten. Der
Ende der Welt. Man erwartete dieses in physischem Sinne als ein Sich-Auflösen der Erde in
Umstand, daß er diese Dinge mit seinen Händen greifen,
Rauch und Nebel. Es waren die ahrimanischen Geister, welche den Menschen diese Idee beibrachten,
mit seinen Augen sehen kann, gilt ihm als Zeugnis der
daß sich etwas Furchtbares auf dem physischen Plan abspielen werde, während sich in Wirklichkeit
Realität. «Nichts existiert, was man nicht wahrnehmen
mancherlei in der geistigen Welt abspielte. Bei jedem Jahrtausend haben die luziferischen
kann», ist geradezu als das erste Axiom des naiven Menschen
und ahrimanischen Geister eine besondere Macht. Die Menschheit braucht auf das Zehnersystem,
anzusehen, das ebensogut in seiner Umkehrung anerkannt
das heute das Vorherrschende ist, nicht besonders stolz zu sein. Jedes Zahlensystem wird
wird: «Alles, was wahrgenommen werden kann,
von bestimmten Geistern in die Welt gebracht, und ein jedes hat die Neigung, gewisse Tatsachen
existiert.» Der beste Beweis für diese Behauptung ist der
und Zusammenhänge von Tatsachen klarer zu zeigen und andere zu verdunkeln, zurücktreten
Unsterblichkeits- und Geisterglaube des naiven Menschen.
zu lassen.
Er stellt sich die Seele als feine sinnliche Materie vor, die
unter besonderen Bedingungen sogar für den gewöhnlichen
Menschen sichtbar werden kann (naiver Gespensterglaube).


Dieser seiner realen Welt gegenüber ist für den naiven
In dem Zehnersystem wirken nun sehr stark die ahrimanischen Impulse. Es läßt hervortreten
Realisten alles andere, namentlich die Welt der Ideen, unreal,
die Tatsache, daß bei jedem Jahrtausend, also im Jahre 1000, 2000 und so weiter, ein besonders
«bloß ideell». Was wir zu den Gegenständen hinzudenken,
starker Angriff Luzifers und Ahrimans vereint stattfindet. In den anderen Jahrhunderten halten
das ist bloßer Gedanke über die Dinge. Der Gedanke
sie sich mehr das Gleichgewicht. In dem Jahrhundert aber, wo man schrieb 9 .., also auch in unserem
fügt nichts Reales zu der Wahrnehmung hinzu.
Jahrhundert 19 .., wenn es gegen das neue Jahrtausend geht, vereinigen sie sich und wirken
zusammen auf die Menschen ein. Diese Tatsache lebt noch in dem Volksglauben, daß während
tausend Jahren Luzifer und Ahriman an der Kette liegen und daß sie dann für kurze Zeit losgelassen
werden.


Aber nicht nur in bezug auf das Sein der Dinge hält der
In den vorchristlichen Jahrtausenden 1000, 2000, 3000 v.Chr. war es so, daß dann zu gleicher
naive Mensch die Sinneswahrnehmung für das einzige Zeugnis der Realität, sondern auch in bezug auf das Geschehen.
Zeit ein besonders starker Einfluß der guten, fortschreitenden Mächte stattfand, der diese vereinigte
Ein Ding kann, nach seiner Ansicht, nur dann auf ein anderes
luziferisch-ahrimanische Wirkung im Zaume hielt und ein besonders Gutes daraus entstehen
wirken, wenn eine für die Sinneswahrnehmung vorhandene
ließ. So sehen wir, wie im Jahre 3000 v.Chr. die Pyramiden gebaut wurden. Im Jahre 2000 war es
Kraft von dem einen ausgeht und das andere ergreift.|4|118f}}
das Zeitalter Abrahams und alles, was daraus entstand; zugleich ein Höhepunkt der babylonischen
 
Kultur. Im Jahre 1000 v.Chr. war das Zeitalter Davids. Der Bau des salomonischen Tempels wurde
{{GGZ|Auch das Erkennen selbst stellt sich der naive Mensch
vorbereitet. Im Jahre Null erschien der Christus. Wir haben oft auseinandergesetzt, wie nach
als einen den Sinnesprozessen analogen Vorgang vor. Die
den Evangelien und besonders nach dem fünften Evangelium, der Christus den Kampf mit Luzifer
Dinge machen einen ''Eindruck'' in der Seele, oder sie senden
und Ahriman aufnehmen mußte. In den nachchristlichen Zeiten aber konnten die guten, fortschreitenden
Bilder aus, die durch die Sinne eindringen und so weiter.
Geister nicht mehr so eingreifen; die Menschheit wurde überlassen den Angriffen
 
Luzifers und Ahrimans. Diese erreichten jedenfalls dieses, daß sie das Denken der Menschen verwirrten,
Dasjenige, was der naive Mensch mit den Sinnen wahrnehmen
daß sie einen Irrtum Zugang finden ließen, den Irrtum von dem herannahenden physischen
kann, das hält er für wirklich, und dasjenige, wovon
Ende der Welt. Sie haben immer ein Interesse daran, daß die Dinge viel zu räumlich-zeitlich
er keine solche Wahrnehmung hat (Gott, Seele, das Erkennen
vorgestellt werden.|286|109|128}}
usw.), das stellt er sich analog dem Wahrgenommenen
vor.
 
Will der naive Realismus eine Wissenschaft begründen,
so kann er eine solche nur in einer genauen ''Beschreibung'' des
Wahrnehmungsinhaltes sehen. Die Begriffe sind ihm nur
Mittel zum Zweck. Sie sind da, um ideelle Gegenbilder für
die Wahrnehmungen zu schaffen. Für die Dinge selbst bedeuten
sie nichts. Als real gelten dem naiven Realisten nur
die Tulpenindividuen, die gesehen werden, oder gesehen
werden können; die eine Idee der Tulpe gilt ihm als Abstraktum,
als das unreale Gedankenbild, das sich die Seele
aus den allen Tulpen gemeinsamen Merkmalen zusammengefügt
hat.
 
Den naiven Realismus mit seinem Grundsatz von der
Wirklichkeit alles Wahrgenommenen widerlegt die Erfahrung,
welche lehrt, daß der Inhalt der Wahrnehmungen
vergänglicher Natur ist. Die Tulpe, die ich sehe, ist heute
wirklich; nach einem Jahr wird sie in Nichts verschwunden
sein. Was sich behauptet hat, ist die ''[[Gattung]]'' Tulpe. Diese
Gattung ist aber für den naiven Realismus «nur» eine ''[[Idee]]'',
keine Wirklichkeit. So sieht sich denn diese Weltanschauung
in der Lage, ihre Wirklichkeiten kommen und verschwinden
zu sehen, während sich das nach ihrer Meinung Unwirkliche
dem Wirklichen gegenüber behauptet. Der naive Realismus
muß also neben den Wahrnehmungen auch noch etwas
Ideelles gelten lassen. Er muß Wesenheiten in sich aufnehmen,
die er nicht mit den Sinnen wahrnehmen kann. Er
findet sich dadurch mit sich selbst ab, daß er deren Daseinsform
analog mit derjenigen der Sinnesobjekte denkt. Solche
hypothetisch angenommenen Realitäten sind die unsichtbaren
Kräfte, durch die die sinnlich wahrzunehmenden
Dinge aufeinander wirken. Ein solches Ding ist die Vererbung,
die über das Individuum hinaus fortwirkt, und die
der Grund ist, daß sich aus dem Individuum ein neues entwickelt,
das ihm ähnlich ist, wodurch sich die Gattung erhält.
Ein solches Ding ist das den organischen Leib durchdringende
Lebensprinzip, die Seele, für die man im naiven
Bewußtsein stets einen nach Analogie mit Sinnesrealitäten
gebildeten Begriff findet, und ist endlich das göttliche Wesen
des naiven Menschen. Dieses göttliche Wesen wird in einer
Weise wirksam gedacht, die ganz dem entspricht, was als
Wirkungsart des Menschen selbst ''wahrgenommen'' werden
kann: anthropomorphisch.
 
Die moderne Physik führt die Sinnesempfindungen auf
Vorgänge der kleinsten Teile der Körper und eines unendlich
feinen Stoffes, des Äthers oder auf Ähnliches zurück.
Was wir zum Beispiel als Wärme empfinden, ist innerhalb
des Raumes, den der wärmeverursachende Körper einnimmt,
Bewegung seiner Teile. Auch hier wird wieder ein Unwahrnehmbares
in Analogie mit dem Wahrnehmbaren gedacht.
Das sinnliche Analogon des Begriffs «Körper» ist in diesem
Sinne etwa das Innere eines allseitig geschlossenen Raumes,
in dem sich nach allen Richtungen elastische Kugeln bewegen,
die einander stoßen, an die Wände an- und von ihnen abprallen
und so weiter.
 
Ohne solche Annahmen zerfiele dem naiven Realismus
die Welt in ein unzusammenhängendes Aggregat von Wahrnehmungen
ohne gegenseitige Beziehungen, das sich zu keiner
Einheit zusammenschließt. Es ist aber klar, daß der
naive Realismus nur durch eine Inkonsequenz zu dieser
Annahme kommen kann. Wenn er seinem Grundsatz: nur
das Wahrgenommene ist wirklich, treu bleiben will, dann
darf er doch, wo er nichts wahrnimmt, kein Wirkliches annehmen.
Die unwahrnehmbaren Kräfte, die von den wahrnehmbaren
Dingen aus wirken, sind eigentlich unberechtigte
Hypothesen vom Standpunkte des naiven Realismus. Und
weil er keine anderen Realitäten kennt, so stattet er seine
hypothetischen Kräfte mit Wahrnehmungsinhalt aus. Er
wendet also eine Seinsform (das Wahrnehmungsdasein) auf
ein Gebiet an, wo ihm das Mittel fehlt, das allein über diese
Seinsform eine Aussage zu machen hat: das sinnliche Wahrnehmen.
Diese in sich widerspruchsvolle Weltanschauung führt
zum metaphysischen Realismus. Der konstruiert neben der
wahrnehmbaren Realität noch eine unwahrnehmbare, die
er der erstem analog denkt. Der metaphysische Realismus
ist deshalb notwendig Dualismus.|4|120ff}}


== Literatur ==
== Literatur ==


* [[Wikipedia:Jeff Hawkins|Jeff Hawkins]]: ''Die Zukunft der Intelligenz: Wie das Gehirn funktioniert und was Computer davon lernen können'', Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2006, ISBN 978-3499621673
*Rudolf Steiner: ''Wege zu einem neuen Baustil'', [[GA 286]] (1982), ISBN 3-7274-2860-0 {{Vorträge|286}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Philosophie der Freiheit'', [[GA 4]] (1995), ISBN 3-7274-0040-4 {{Schriften|004}}


{{GA}}
{{GA}}


== Einzelnachweise ==
[[Kategorie:Kosmologie]] [[Kategorie:Mythologie]] [[Kategorie:Religion]] [[Kategorie:Eschatologie]]
<references>
 
<ref name="Russel">Diese Beispiel gebrauchte [[Wikipedia:Bertrand Russell|Bertrand Russell]] in ''The Problems of Philosophy'', ChapterI. Appearance and Reality, pp. 7 [http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Bertrand_Russel/Bertrand_Russell_The_Problems_of_Philosophy.pdf?page=7&view=Fit pdf]</ref>
 
<ref name="Hawkins">Hawkins, S. 118</ref>
 
[[Kategorie:Philosophische Grundposition|104]]
[[Kategorie:Weltanschaulicher -ismus]]
[[Kategorie:Naiver Realismus|!]]  
[[Kategorie:Weltanschauung]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 7. Juli 2019, 12:49 Uhr

Eine Szene aus der letzten Phase von Ragnarök, nachdem Surt den Weltenbrand entfacht hat (Zeichnung von Emil Doepler, 1905)

Der Weltuntergang, die durch natürliche oder übernatürliche Ursachen und insbesondere durch den Menschen selbst herbeigeführte Vernichtung der Erde, der Menschheit oder gar des ganzen Universums, wird in zahlreichen Mythen und religiösen Überlieferungen geschildert, wie etwa in der «Apokalypse des Johannes» oder in der „GötterdämmerungRagnarök der nordischen Mythologie. Nach hinduistischer und buddhistischer Auffassung geht am Ende jedes großen kosmischen Weltzeitalter (Kalpa) die gesamte äußere Welt zugrunde und geht in einen rein geistigen Zustand über, aus dem sie dannach in erneuerter Form wieder hervortritt. Ähnlich liegt auch nach theosophischer und anthroposophischer Auffassung zwischen den aufeinanderfolgenden Weltentwicklungsstufen, den Manvantaras, ein rein geistiger Zustand, der als Pralaya bezeichnet wird.

Auch die gegenwärtige Naturwissenschaft schildert eine Reihe existentieller Risiken, die zum Weltuntergang führen könnten.

Zu den Jahrtausendwenden, bei denen die luziferischen und ahrimanischen Mächte besonders stark wirken, wird die Menschheit sehr leicht von einer weit verbreiteten Weltuntergangsstimmung ergriffen.

„Als das Jahr 1000 herannahte, lebte die europäische Menschheit in großer Furcht vor dem erwarteten Ende der Welt. Man erwartete dieses in physischem Sinne als ein Sich-Auflösen der Erde in Rauch und Nebel. Es waren die ahrimanischen Geister, welche den Menschen diese Idee beibrachten, daß sich etwas Furchtbares auf dem physischen Plan abspielen werde, während sich in Wirklichkeit mancherlei in der geistigen Welt abspielte. Bei jedem Jahrtausend haben die luziferischen und ahrimanischen Geister eine besondere Macht. Die Menschheit braucht auf das Zehnersystem, das heute das Vorherrschende ist, nicht besonders stolz zu sein. Jedes Zahlensystem wird von bestimmten Geistern in die Welt gebracht, und ein jedes hat die Neigung, gewisse Tatsachen und Zusammenhänge von Tatsachen klarer zu zeigen und andere zu verdunkeln, zurücktreten zu lassen.

In dem Zehnersystem wirken nun sehr stark die ahrimanischen Impulse. Es läßt hervortreten die Tatsache, daß bei jedem Jahrtausend, also im Jahre 1000, 2000 und so weiter, ein besonders starker Angriff Luzifers und Ahrimans vereint stattfindet. In den anderen Jahrhunderten halten sie sich mehr das Gleichgewicht. In dem Jahrhundert aber, wo man schrieb 9 .., also auch in unserem Jahrhundert 19 .., wenn es gegen das neue Jahrtausend geht, vereinigen sie sich und wirken zusammen auf die Menschen ein. Diese Tatsache lebt noch in dem Volksglauben, daß während tausend Jahren Luzifer und Ahriman an der Kette liegen und daß sie dann für kurze Zeit losgelassen werden.

In den vorchristlichen Jahrtausenden 1000, 2000, 3000 v.Chr. war es so, daß dann zu gleicher Zeit ein besonders starker Einfluß der guten, fortschreitenden Mächte stattfand, der diese vereinigte luziferisch-ahrimanische Wirkung im Zaume hielt und ein besonders Gutes daraus entstehen ließ. So sehen wir, wie im Jahre 3000 v.Chr. die Pyramiden gebaut wurden. Im Jahre 2000 war es das Zeitalter Abrahams und alles, was daraus entstand; zugleich ein Höhepunkt der babylonischen Kultur. Im Jahre 1000 v.Chr. war das Zeitalter Davids. Der Bau des salomonischen Tempels wurde vorbereitet. Im Jahre Null erschien der Christus. Wir haben oft auseinandergesetzt, wie nach den Evangelien und besonders nach dem fünften Evangelium, der Christus den Kampf mit Luzifer und Ahriman aufnehmen mußte. In den nachchristlichen Zeiten aber konnten die guten, fortschreitenden Geister nicht mehr so eingreifen; die Menschheit wurde überlassen den Angriffen Luzifers und Ahrimans. Diese erreichten jedenfalls dieses, daß sie das Denken der Menschen verwirrten, daß sie einen Irrtum Zugang finden ließen, den Irrtum von dem herannahenden physischen Ende der Welt. Sie haben immer ein Interesse daran, daß die Dinge viel zu räumlich-zeitlich vorgestellt werden.“ (Lit.:GA 286, S. 109)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.