Enthymesis: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Enthymesis''' ({{ELSalt|ἐνθύμησις}} „Hineinfühlung“), wörtlich die Einfühlung in den eigenen [[Thymos]] ({{ELSalt|θυμός}} „Lebenskraft“), d.h. in die eigene leiblich mitbedingte [[Gemüt]]sverfassung, im weiteren Sinn die '''Erwägung''' oder '''Überlegung''' als Ergebnis einer {{gefühl]]sgetragenen [[Urteil]]sbildung, ist in manchen [[Gnosis|gnostischen]] Systemen, etwa bei den [[Simonianer]]n oder [[Valentinianismus|Valentinianern]], einer der [[wesen]]haften [[Äon]]en, die aus der [[Gottheit]] [[Emanation|emaniert]] wurden, meist ein Aspekt der in die [[Finsternis]] außerhalb des [[Pleroma]]s gefallenen [[Sophia (Gnosis)|Sophia]] oder [[Achamoth]]. Der [[Wikipedia:Liste der römischen Kaiser der Antike|römischer Kaiser]] [[Wikipedia:Konstantin der Große|Konstantin der Große]] hat ''Enthymesis'' als „zur Materie gehörender begreifender Gedanke“ gedeutet.<ref>Heinrich Kraft: ''Kaiser Konstantins religiöse Entwicklung.'' Mohr, Tübingen 1955, S. 110 ([http://books.google.de/books?id=KS1LrnliIpAC&pg=PA110&dq=%22Enthymesis%22+-Leviathan+-%22Arno+Schmidt%22&hl=de&ei=lC8aTfiiIoyWswb5jLXXDA&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=9&ved=0CEkQ6AEwCA#v=onepage&q=%22Enthymesis%22%20-Leviathan%20-%22Arno%20Schmidt%22&f=false Google books]).</ref> In der [[Wikipedia:spätmittelalter|spätmittelalter]]lichen [[Mystik]] wir der Begriff ''Enthymesis'' auch verwendet, um das Wesen der [[Begierde]] zu bezeichnen.
'''Enthymesis''' ({{ELSalt|ἐνθύμησις}} „Hineinfühlung“), wörtlich die Einfühlung in den eigenen [[Thymos]] ({{ELSalt|θυμός}} „Lebenskraft“), d.h. in die eigene leiblich mitbedingte [[Gemüt]]sverfassung, im weiteren Sinn die '''Erwägung''' oder '''Überlegung''' als Ergebnis einer [[gefühl]]sgetragenen [[Urteil]]sbildung, ist in manchen [[Gnosis|gnostischen]] Systemen, etwa bei den [[Simonianer]]n oder [[Valentinianismus|Valentinianern]], einer der [[wesen]]haften [[Äon]]en, die aus der [[Gottheit]] [[Emanation|emaniert]] wurden, meist ein Aspekt der in die [[Finsternis]] außerhalb des [[Pleroma]]s gefallenen [[Sophia (Gnosis)|Sophia]] oder [[Achamoth]]. Der [[Wikipedia:Liste der römischen Kaiser der Antike|römischer Kaiser]] [[Wikipedia:Konstantin der Große|Konstantin der Große]] hat ''Enthymesis'' als „zur Materie gehörender begreifender Gedanke“ gedeutet.<ref>Heinrich Kraft: ''Kaiser Konstantins religiöse Entwicklung.'' Mohr, Tübingen 1955, S. 110 ([http://books.google.de/books?id=KS1LrnliIpAC&pg=PA110&dq=%22Enthymesis%22+-Leviathan+-%22Arno+Schmidt%22&hl=de&ei=lC8aTfiiIoyWswb5jLXXDA&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=9&ved=0CEkQ6AEwCA#v=onepage&q=%22Enthymesis%22%20-Leviathan%20-%22Arno%20Schmidt%22&f=false Google books]).</ref> In der [[Wikipedia:spätmittelalter|spätmittelalter]]lichen [[Mystik]] wir der Begriff ''Enthymesis'' auch verwendet, um das Wesen der [[Begierde]] zu bezeichnen.


[[Wikipedia:Irenäus von Lyon|Irenäus von Lyon]] († um 200) schreibt über die diesbezüglichen Lehren der Valentinianer:
[[Wikipedia:Irenäus von Lyon|Irenäus von Lyon]] († um 200) schreibt über die diesbezüglichen Lehren der Valentinianer:

Version vom 31. August 2014, 10:06 Uhr

Enthymesis (griech. ἐνθύμησις „Hineinfühlung“), wörtlich die Einfühlung in den eigenen Thymos (griech. θυμός „Lebenskraft“), d.h. in die eigene leiblich mitbedingte Gemütsverfassung, im weiteren Sinn die Erwägung oder Überlegung als Ergebnis einer gefühlsgetragenen Urteilsbildung, ist in manchen gnostischen Systemen, etwa bei den Simonianern oder Valentinianern, einer der wesenhaften Äonen, die aus der Gottheit emaniert wurden, meist ein Aspekt der in die Finsternis außerhalb des Pleromas gefallenen Sophia oder Achamoth. Der römischer Kaiser Konstantin der Große hat Enthymesis als „zur Materie gehörender begreifender Gedanke“ gedeutet.[1] In der spätmittelalterlichen Mystik wir der Begriff Enthymesis auch verwendet, um das Wesen der Begierde zu bezeichnen.

Irenäus von Lyon († um 200) schreibt über die diesbezüglichen Lehren der Valentinianer:

„Wir kämen nun zu den Vorgängen, die sich außerhalb des Pleroma zugetragen haben. Da soll zunächst die Enthymesis der oberen Weisheit, die sie auch Achamoth nennen, mit der Leidenschaft von dem oberen Pleroma abgesondert und in die Räume des Schattens und der Leere zwangsweise hinausgeworfen sein. So war sie verbannt von dem Licht und dem Pleroma, form- und gestaltlos wie ein Embryo, nicht imstande, etwas zu erfassen. Da erbarmte sich ihrer Christus, dehnte sie aus durch sein Kreuz und gab ihr Gestalt durch seine Kraft, so daß sie zur Existenz, doch nicht zum Bewußtsein gelangte. Darauf hat er sie wieder verlassen und ihr seine Kraft entzogen, damit sie inne würde des Leidens, welches eine Folge war ihrer Trennung vom Pleroma, und Sehnsucht nach dem Höheren empfinde, denn ihr war ja von Christus und dem Hl. Geiste eine gewisse Ahnung der Unsterblichkeit hinterlassen. Deswegen trägt sie auch zwei Namen: nach dem Vater Sophia, wie ja auch ihr Vater Sophia heißt, und Heiliger Geist wegen des Geistes Christi.“

Irenäus von Lyon: Contra Haereses I 4,1 [1]

Aus den Tränen der Enthymesis, des erregten Äons, seien die Meere, Quellen, Flüsse und allerlei nasse Substanz entstanden, aus ihrem Lachen das Licht, aus ihrer Trauer und Bestürzung die körperliche Substanz der Welt (Contra Haereses I 4,3).

„Auch daß die Achamoth außerhalb des Pleroma herumirrte, von dem Christus gestaltet und von dem Heiland aufgesucht wurde, sehen sie offenbart in den Worten: „Ich bin gekommen zu den Verirrten“[2]. Das verirrte Schaf nämlich erklären sie für ihre Mutter, von der die irdische Kirche ausgesät sein soll; die Verirrung aber für ihren schmerzvollen Aufenthalt außerhalb des Pleroma, aus dem die Materie entstanden sein soll. Das Weib, das ihr Haus auskehrt und die Drachme findet, deuten sie als die obere Sophia, die ihre Enthymesis verloren hatte und sie später fand, als alles durch die Ankunft des Heilandes gereinigt wurde. Darum wird diese auch nach ihnen wieder in das Pleroma eingesetzt.“

Irenäus von Lyon: Contra Haereses I 8,4 [2]

Anmerkungen

  1. Heinrich Kraft: Kaiser Konstantins religiöse Entwicklung. Mohr, Tübingen 1955, S. 110 (Google books).
  2. Vgl. Lk 15,4 EU