Tempera und Ölfarbe: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Ölfarben''' sind [[Anstrichmittel|Malfarben]] (farbgebende Beschichtungsstoffe) auf der Grundlage von aushärtenden [[Öle]]n. [[Bindemittel]] sind [[Oxidation|oxidativ]] härtende Öle, meistens [[Leinöl]], nicht oder schwach eingedickt, mit oder ohne Zusatz von [[Standöl]].<ref name=":0">{{Literatur|Titel=DIN 55945|Hrsg=Deutsches Institut für Normung e. V.|Sammelwerk=Farbmittel 1|Band=DIN-Taschenbuch 49|Auflage=7|Ort=Berlin, Wien, Zürich|Datum=2012|Seiten=546|ISBN=978-3-410-23202-5}}</ref>


Eine '''Tempera''' (von lat. ''temperare'' „mischen“, „mäßigen“) ist eine Malfarbe, deren [[Pigment]]e mit einem [[Bindemittel]] aus einer Wasser-Öl-Emulsion gebunden werden. Als wässrigen Anteil der [[Emulsion]] können Temperafarben auch [[Leim]]e enthalten.
== Geschichtliche Entwicklung ==
[[Datei:Artists paints.jpg|miniatur|Auswahl an Ölfarben in einem Fachgeschäft]]
In der Regel werden Ölfarben für Künstler als [[Paste]]n in [[Tube (Behälter)|Tuben]] geliefert. Der amerikanische Maler [[John Goffe Rand]] (1801–1873) erhielt für die Tube am 11. September 1841 in den USA ein Patent (Nr. 2252),<ref>[http://www.google.com/patents?id=9LVAAAAAEBAJ&printsec=abstract&zoom=4&source=gbs_overview_r&cad=0#v=onepage&q&f=false US-Patent Nummer 2252 für John Rand], abgefragt am 10. September 2010.</ref> und im gleichen Jahr in England (Nr. 8863, auf Zinntuben mit Schraubdeckel und zugehöriger Füllmaschine).<ref>Franz Maria Feldhaus: ''Die Technik. Ein Lexikon.'' München 1970, Spalte 1190.</ref> Er hatte sich über eintrocknende Farben geärgert und eine Tube aus Blei entwickelt, denn bis dahin mischten die Maler in ihren Ateliers die Farben erst unmittelbar vor dem Gebrauch an.
Die Zähigkeit liegt etwas höher als bei [[Zahnpasta]] und lässt sich mit geeigneten [[Malmittel]]n verdünnen. Auf den Tuben zwischen 20&nbsp;g und 400&nbsp;g zeigen ein bis fünf Sterne die [[Lichtechtheit]], und meist ein Quadrat – entweder weiß, zur Hälfte oder ganz schwarz – die Deckkraft der Farbe an.<ref>[http://www.kunst-malerei.info/gute-oelfarben.html Ölfarben im Vergleich: Welche Farben sind gut?]</ref> Manche Künstler mischen ihre Ölfarben selbst an und haben so direkten Einfluss auf [[Deckvermögen|Deckkraft]] und Pastosität.


Echte Temperafarben sind als fertige [[Tube (Behälter)|Tubenfarben]] selten im Handel, da sie sehr leicht verderben und nur unter starkem Einsatz von [[Konservierungsmittel]]n begrenzt haltbar gemacht werden können; das gilt besonders für [[Kasein]]-Tempera. Im Normalfall stellt man sich deshalb die Farben aus Pigmenten und einer Emulsion selbst her.
== Eigenschaften ==
Ölfarbe härtet wesentlich langsamer aus als beispielsweise [[Acrylfarbe|Acryl]]- und [[Gouache]]-Farben. Die Aushärtung dauert schon bei dünnen Schichten einige Tage und kann bei speziellen Techniken Wochen dauern. Diese Eigenschaft ist bei der Anfertigung von großformatigen Werke und der [[Nass-in-Nass-Technik]] von Vorteil. Durch spezielle Malmittel kann leicht angetrocknete Ölfarbe teilweise wiederbelebt werden. Mittlerweile bietet die Industrie die schneller trocknenden ''Alkyd-Ölfarben'' an, die nach einem Tag fingertrocken sind. Zu den neueren Entwicklungen gehören auch ''wasserverdünnbare Ölfarben'', durch die lösemittelhaltige Verdünner vermieden werden.


== Temperaarten ==
Ölfarben zeichnen sich durch intensive [[Farbe]]n aus, von denen manche außerhalb des [[Farbraum]]es einer fotografischen oder drucktechnischen Wiedergabe liegen (z.&nbsp;B. [[Smalte|Kobaltblau]]). Hohe Lichtechtheit, Deckkraft und Dauerbeständigkeit sind weitere Vorzüge.
Tempera wird nach der Art des wässrigen Emulsionsanteils unterschieden in zum Beispiel Kasein-, Ei-, [[Stärke]]- oder ([[Wachs]]-) [[Seife]]ntempera. In der Kunst wird und wurde überwiegend die [[Eitempera]] oder die [[Kaseinfarbe|Kaseintempera]] benutzt. Diese ist wasserlöslich, während die Tempera mit einer [[Gummi arabicum|Gummi-arabicum]]-Emulsion (Gummi-Emulsion) unlöslich ist.


Als ölige Phase kommen trocknende Öle ([[Lein]]-, [[Mohn]]-, [[Echte Walnuss|Walnuss]]- und [[Sonnenblume]]nöl), deren [[Standöl]]e, die aus diesen hergestellten [[Lack]]e, [[Alkydharz]]lösungen, [[Harz (Material)|Harzlösungen]], [[Terpentin]]e und [[Wachs]] zum Einsatz. Weitere [[Zuschlagstoff]]e, die allerdings wegen ihrer maltechnischen Eigenschaften hoch umstritten sind, sind zum Beispiel Honig und Seife, die dazu dienen, die Emulgierbarkeit zu erhöhen.
== Anwendung ==
Ölfarben verlangen viel Erfahrung des Künstlers, und die [[Ölmalerei]] gilt als Königsdisziplin in der Malerei. Die Verarbeitung ist aufwändig, und eine Vorplanung des Kunstwerkes ist nötig – Ölgemälde benötigen aufgrund der Trocknungspausen entsprechend lange in ihrer Fertigstellung. Ölfarben eignen sich nur bedingt für Mischtechniken, da sie mit nur wenigen anderen [[Farbmittel]]n (vor allem solchen auf Wasserbasis) gemischt werden können. Hohe Anforderungen werden auch an den Malgrund gestellt – auch hier ist wieder das Öl der entscheidende Faktor. In den meisten Fällen kommen Leinwand oder Holz zum Einsatz. Ölfarbe haftet gut auf diesen Untergründen, ist jedoch sehr empfindlich gegen mechanische Verformungen und blättert leicht ab.


Eine grundsätzliche Unterscheidung ist die zwischen ''fetter'' und ''magerer'' Tempera. Alle Temperaarten können entweder fett oder mager angerieben werden. Bei fetter Tempera überwiegt Öl in der Bindemittelemulsion, das heißt, winzige wässrige Leimkügelchen schwimmen im Öl. Bei der mageren Tempera schwimmen Ölkügelchen in wässrigem Leim. Nach dem Verdunsten des Wassers der Emulsion bleibt bei fetter Tempera ein Ölfilm mit Löchern an den Stellen zurück, an denen das Wasser war. Bei magerer Tempera verbleiben kleine Ölkügelchen auf dem [[Bildträger]]. Malmittel für fette Tempera ist deshalb auch Öl, für magere Tempera Wasser.
Zum Schutz der Ölfarbenschicht bei Gemälden wird noch ein Schlussfirnis aufgebracht. Die gebräuchlichsten [[Firnis]]se sind die Weichharze [[Dammar]] und [[Mastix]], die jedoch auf Grund ihres Vergilbungsprozesses heutzutage durch Kunstharze ersetzt werden.


Temperafarben trocknen im Vergleich zu Ölfarben relativ rasch, dies aber nur in dem Sinne, dass die Farben zwar nach dem raschen Verdunsten des Wassers zum Teil wieder überarbeitet werden können, aber wie Ölfarben erst langsam abbinden müssen. Das nach dem Verdunsten des Wassers zurückgebliebene Öl muss oxidieren, um die Pigmente binden zu können. Das geschieht schneller als bei [[Ölfarbe]]n, da die Oberfläche des Ölnetzes beziehungsweise der Ölkügelchen größer ist als bei dem geschlossenen Ölfilm der Ölfarben.
== Grundstoffe ==
[[Pigment|Farbpigmente]] werden dem Öl zugemischt, um den gewünschten Farbton zu erhalten.


Magere Tempera ist deshalb nach dem Verdunsten des Wassers trocken und weiter überarbeitbar, fette verhält sich dagegen eher wie Ölfarben, bleibt also länger „nass“.
Die gebräuchlichste Verdünnungs- und [[Lösemittel]] für Ölfarben sind [[Terpentinöl]], [[Terpentinersatz]] (Testbenzin) sowie [[Ethanol]] (Spiritus).


== Vorteile ==
=== Härtende Öle ===
Die größten technischen Vorteile der Temperamalerei sind die [[Alterungsbeständigkeit]] und die langsame Trocknung. Risse, die bei Ölfarben auftreten können, sind bei Temperamalerei selten. Der Grund für die Rissbildung bei Ölfarben liegt in der Ausdehnung des Öls, wenn dieses oxidiert. Bei Temperafarben bleibt diese Volumenzunahme des Öls folgenlos, das oxidierte Öl dehnt sich in die Hohlräume aus, die das verdunstete Wasser zurückgelassen hat. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Farben sehr langsam trocknen und das Bild so noch lange nachbearbeitbar ist.
Ölfarben enthalten härtende [[Pflanzenöl]]e, die je nach Öl etwas ungenau auch als „[[Trocknung (Druckfarben)#Oxidative Verfilmung|trocknende]]“ oder "halbtrocknende" Öle bezeichnet werden.  
Die [[Iodzahl]] des Öls gibt einen Hinweis auf die Fähigkeit des Öls durch [[Polymerisation]] auszuhärten.


== Nachteile ==
Häufig verwendete Öle:<ref name="Newman">R. Newman, W. S. Taft, J. W. Mayer, D. Stulik, P. I. Kuniholm: ''The science of painting'', Springer, New York 2000, ISBN 978-0-387-98722-4.</ref>
Die Temperamalerei ist schwieriger als [[Ölmalerei]] und verlangt vom Maler größeres technisches Wissen und auch malerische Erfahrung. Bei Eitempera erfolgt der Farbauftrag durch „Stricheln“ und in mehreren Schichten. Das ist zeit- und arbeitsaufwendig, sanfte unmerkliche Farbübergänge sind schwer zu erzielen. Lediglich die in der russischen Ikonenmalerei bekannte Plav-Technik für die Farbübergänge in Gesichtern erlaubt feine und unmerkliche Schattierungen, beeinflusst von den optischen Ergebnissen der Ölmalerei; sie ist aber handwerklich außerordentlich schwer zu beherrschen. Ölfarben hingegen erlauben, die Farben ineinander zu verreiben und dadurch sanftere Übergänge zu schaffen. Auch im Plav werden die Farben sanft miteinander verrieben.
* [[Leinöl]], vergilbt, daher eher für dunklere Farbtöne geeignet
* [[Mohnöl]]
* [[Walnussöl]], wenig vergilbend, langsam trocknend
* [[Hanföl]]
* [[Sonnenblumenöl]]
* [[Safloröl]], kaum vergilbend
* [[Sojaöl]], ein ''halbtrocknendes Öl''
* [[Rizinusöl]]
* [[Perillaöl]]
* [[Tungöl]] (chinesisches Holzöl)
* [[Licania|Oiticicaöl]] aus den Nüssen eines brasilianischen Baums, dient als Ersatz für Tung- und Leinöl, ist jedoch deutlich dunkler und dickflüssiger
* [[Tallöl]], wird aus Holzfasern gewonnen
* [[Ricinusöl]]
* [[Standöl]]e sind besonders wetterfest und werden durch Erhitzen aus Leinöl oder jedem anderen Öl hergestellt


Ein weiterer Nachteil ist die optische Veränderung der Farben beim Malen. Während die Ölfarben beim Malen fast genau so aussehen wie im getrockneten Zustand, ändert sich die Tempera stärker. Nach dem Verdunsten des Wassers wirken die Farben kräftiger, magere Tempera erscheint pudrig, pastellig und ändert sich beim [[Firnis]]sen stark, ähnlich wie [[Pastellkreide]]n. Diese Änderungen hängen stark von der Art der verwendeten Tempera ab, fette verhält sich anders als magere, Kaseintempera anders als [[Eitempera]]. Eitemperabilder wurden zum Beispiel der Sonne ausgesetzt, damit die Eigenfarbe des Eigelbs ausbleicht. Das erforderte Erfahrung des Malers, er konnte nicht einfach malen, was er sah. Das Problem tritt übrigens auch bei [[Acrylfarbe]]n auf, das Acrylbindemittel ist trübe mit einem Stich ins Bläuliche, erst mit dem Trocknen wird es klar. Acryl- und Temperafarben wirken deshalb nach dem Trocknen viel „sauberer“.
Die Härtung basiert auf einer chemischen Reaktion des Luftsauerstoffes mit den [[Doppelbindung]]en der [[Ungesättigte Fettsäure|ungesättigten Fettsäuren]] und einer [[Umesterung]] der Bindungen zwischen [[Fettsäure]]n und [[Glycerol]], was zu einer [[Vernetzung (Chemie)|Quervernetzung]] der Moleküle führt; im Falle des Leinöls entsteht [[Linoxin]]. Bei der Oxidation entstehen [[Hydroperoxide]], die [[Radikal (Chemie)|radikalisch]] zerfallen und mit anderen Ölsäuremolekülen reagieren. Sogenannte [[Sikkativ]]e (z.&nbsp;B. Kobaltnaphthenat) fördern die radikalische Vernetzung. Gelegentlich werden auch synthetische Lösungsmittel hinzugesetzt (1,4–Polybutadienöle). Die Verfestigung der Farbe geschieht nur bei einer Verwendung von Lösungsmittel auch teilweise durch [[Trocknung]]. Je nach verwendetem [[Pflanzenöl]] neigen Ölfarben zur [[Vergilbung]].<ref name="Lambourne">R. Lambourne, T. Strivens: ''Paint and Surface Coatings'', 2. Auflage, Woodhead, 1999. S. 29, 334f. und 369. ISBN 978-1-85573-348-0.</ref><ref name="Newman" /> Häufiger Kontakt mit Wasser führt zu einer [[Hydrolyse]] der Esterbindungen, dies mindert die Haltbarkeit speziell bei Ölfarben mit Lösemitteln auf Wasserbasis und führt bei lackierten Flächen zu einem Auswascheffekt.<ref name="Lambourne" /> Die Trocknungszeit ist in der Regel länger als bei konventionellen Lacken.<ref name="Lambourne" /> Leinölfarbe wird auch zur [[Grundierung]] von [[Baustahl]] eingesetzt.<ref name="Lambourne" />


Außerdem gilt für viele Tempera-Arten, dass die Farbe spröde ist, das heißt, die Farben sind nur sehr bedingt auf flexiblen Bildträgern wie Leinwänden zu nutzen. Bei Kasein- beziehungsweise Quark-/Topfentempera können zusätzlich hohe Oberflächenspannungen entstehen, die zum Beispiel ausreichen, Bildträger (beispielsweise aus Holz) zu verziehen.
=== Öllack ===
Ölfarben mit Beimischung von [[Harz (Material)|Harzen]] werden als '''Lackfirnis''' bezeichnet. Werden neben Harzen auch [[Pigmente]] hinzugefügt, so erhält man einen '''Öllack''' bzw. '''Naturharzlack'''.<ref>Definition [http://www.farbmanufaktur-werder.de/catalog/safty/spezifikation_tungoel_holzoellack.pdf Öllack], S.4, Produktblatt der Farbmanufaktur Werder</ref> Öllacke  sind schon seit über 2000 Jahren in China bekannt und werden auch heute noch verwendet (teilweise mit synthetischen Bindemitteln).
Der Lösemittelanteil kann bis zu 60 Prozent betragen, jedoch werden inzwischen auch mit Wasser emulgierte Lacke hergestellt.


Ein weiterer Nachteil ist die geringe Haltbarkeit der fertigen Emulsion. Die Farben verderben sehr schnell und müssen deshalb kurz vor der Verarbeitung angerieben werden. Eine Lagerung ist kaum möglich.
Häufig werden Öllacke aus Leinöl, Tallöl, Ricinusöl und Perillaöl hergestellt, die unter Umständen zuvor zu Standölen verkocht wurden. Als Harze wurden traditionell natürliche [[Copal|Kopale]], Kolophonium oder Schellack verwendet, heute auch synthetische Harze wie [[Alkydharzlack|Alkyd-]] und [[Phenolharz]].


== Historisches ==
Durch die Zugabe von Harzen erhöht sich die Oberflächenhärte der Beschichtung, während Trocknungszeit, Geschmeidigkeit und Witterungsbeständigkeit in der Regel abnehmen.<ref>Lexikoneintrag [http://www.spektrum.de/lexikon/chemie/lacke/5194 Lacke], Internetpräsenz der Zeitschrift 'Spektrum der Wissenschaft'</ref>


Die Temperamalerei hat im europäischen [[Mittelalter]] die in der Antike und Spätantike noch übliche [[Enkaustik]] (Heißwachsmalerei) weitgehend abgelöst, war jedoch schon in der Antike, etwa bei den [[Mumienporträt]]s, benutzt worden. In der osteuropäischen Kunst wurde die Tempera zum ersten Mal in der [[Wandmalerei]] von der [[Kunstschule von Tarnowo]] benutzt,<ref>Nikola Mawrodinow: ''Albulgarische Kunst'', Band II (bulgarisch: Старобългарско изкуство, Том II), Verlag Naika i Izkustwo, Sofia, 1959.</ref> die sich dann rasch in der restlichen orthodoxen Welt verbreitete.
== Leinölfarbe für Bau und Handwerk ==
Die oben erwähnten Nachteile, zusammen mit dem Umstand, dass sich mit Ölfarben sehr einfach weiche Farbübergänge erzielen lassen, aber auch ähnliche Wirkungen wie mit Tempera zu erzielen sind, führten dazu, dass die Ölmalerei die Tempera in den Hintergrund drängte − außer in der traditionellen [[Ikone]]nmalerei, in der Eitempera bis heute die bevorzugte Technik geblieben ist. Gleichzeitig ersetzten [[Leinwand|Leinwände]] als große, leichte und nicht zu Rissen neigende, aber für die Temperamalerei wegen ihrer Flexibilität eher schlecht geeignete Bildträger die vorher üblichen Holztafeln. Die Verdrängung der Temperamalerei durch Ölmalerei fand ab dem [[15. Jahrhundert]] statt und begann im niederländischen Raum. Einer der ersten und bekanntesten Maler, der von Temperamalerei zur Ölmalerei wechselte, aber beide Techniken auch gemischt und parallel einsetzte, ist [[Jan van Eyck]], der gelegentlich sogar als „Erfinder der europäischen Ölmalerei“ bezeichnet wird, was so nicht nachweisbar und kaum zu halten ist. Vor allem zur [[Untermalung]], der Vorstufe von Gemälden in der mehrschichtigen Öl-[[Harz (Material)|Harz]]-Malerei, und für Skizzen haben noch viele Malergenerationen sich der Tempera bedient, darunter beispielsweise [[Peter Paul Rubens]].
{{Hauptartikel|Leinölfarbe}}
 
Zur Herstellung von Ölfarben für Bau und Handwerk werden Pigmente mit so genanntem „gekochtem“ Leinöl verrieben und mit 0,09 bis maximal 3 %<ref>Gerd Ziesemann, Martin Krampfer, Heinz Knieriemen: Natürliche Farben, Aarau (Schweiz) 1996, ISBN 3-85502-523-1, S. 94.</ref> Trockenstoffen versetzt. Die höchste Qualität bieten [[Leinölfarbe|Leinölfarben ohne Lösemittel]] und [[Aromaten]]. Sie benötigen zur Verarbeitung keine weiteren Zusätze, können bei Bedarf jedoch mit gekochtem Leinöl verdünnt werden. Da Leinölfarbe wasserabweisend, aber dampfdiffusionsoffen ist, eignet sie sich besonders für den Außenbereich (Fachwerk, Holzfassaden, Türen, Fenster, Klappläden, Holzkonstruktionen), weil Feuchtigkeit, die an Schadstellen eingedrungen ist, wieder ausdunsten kann. So wird einer Fäulnis- und Schimmelbildung vorgebeugt. Alternde Leinölanstriche sollten je nach Bewitterung alle fünf bis acht Jahre mit kalt gepresstem, „gekochtem“ Leinöl gepflegt werden. Sollte der Anstrich nach vielen Jahren und mehreren pflegenden Ölanstrichen verblassen, was besonders auf West- und Südseiten von Gebäuden der Fall ist, kann dieser überstrichen werden. Der Altanstrich muss dazu nicht entfernt, sondern nur durch Abbürsten gereinigt werden. In der Baudenkmalpflege wird von den Denkmalbehörden die Anwendung von traditioneller Leinölfarbe ohne [[flüchtige organische Verbindungen]] erwartet<ref>Landesamt für Denkmalpflege Hessen: {{Webarchiv | url= http://www.baunetzwissen.de/standardartikel/Fenster-und-Tueren_Arbeitsblaetter-quot-Fenster-in-Hessen-quot-_155477.html | wayback = 20140202093053 | text =''Bauberater-Fenster in Hessen. Arbeitsblatt I-Erhaltung und Ergänzung''}}. Wiesbaden 2001/2005.</ref>, da reine Leinölfarbe nach traditionellem Rezept hergestellt wird und somit wieder auf authentische historische Anstriche und Leinöl-Grundierung zurückgreift. Darüber hinaus bildet lösemittelfreie Leinölfarbe keine Schichten, die abblättern könnten, und sie lädt sich nicht statisch auf, wodurch sie Staub nicht anzieht.
== Bildergalerie ==
<gallery>
Datei:Andrea Mantegna 012.jpg|[[Andrea Mantegna]], ''Christus von Engeln getragen'', Tempera auf Holz, um 1461
Datei:Das Haus des Kostas Tempera Heidy Stangenberg-Merck.jpg|''Das Haus des Kostas'', Tempera, [[Heidy Stangenberg-Merck]], ca. 1960
Datei:Liselotte_Schramm-Heckmann.jpg|Eitempera auf Holz: ''Selbstbildnis mit Familie'', [[Liselotte Schramm-Heckmann]], 1935
</gallery>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Tempera}}
* {{WikipediaDE|Ölfarbe}}
 
* {{WikipediaDE|Leinölfirnis}}
== Literaturhinweise ==
* Max Doerner: ''Malmaterial und seine Verwendung im Bilde''. Hrsg. Thomas Hoppe.
* Kurt Wehlte: ''Werkstoffe und Techniken der Malerei''.
* Kurt Wehlte: ''Temperamalerei, Einführung in Werkstoffe und Malweisen''. 1982.
* Egon von Vietinghoff: ''Handbuch zur Technik der Malerei''. Köln: DuMont 1983 (1991).
* Liselotte Schramm-Heckmann: ''Rebecca Gabriele, Entstehung eines Bildnisses''. Düsseldorf, 1991


== Weblinks ==
== Literatur ==
{{Commonscat}}
* Karl-Heinz Morscheck: ''Ölmalerei''. Englisch Verlag. Wiesbaden 2003, ISBN 978-3-8241-1220-3
* Kurt Schönburg: ''Naturstoffe an Bauwerken'' Eigenschaften, Anwendung,: Herausgeber: Deutsches Institut für Normung e.V. -DIN-, Beuth Verlag, 2010,  280 S. ISBN 978-3-410-17355-7 &nbsp;


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


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{{Normdaten|TYP=s|GND=4528761-2}}


[[Kategorie:Maltechnik]]
[[Kategorie:Maltechnik|O]]
[[Kategorie:Temperamalerei]]
[[Kategorie:Ölmalerei|O]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 28. Februar 2018, 04:56 Uhr

Ölfarben sind Malfarben (farbgebende Beschichtungsstoffe) auf der Grundlage von aushärtenden Ölen. Bindemittel sind oxidativ härtende Öle, meistens Leinöl, nicht oder schwach eingedickt, mit oder ohne Zusatz von Standöl.[1]

Geschichtliche Entwicklung

Auswahl an Ölfarben in einem Fachgeschäft

In der Regel werden Ölfarben für Künstler als Pasten in Tuben geliefert. Der amerikanische Maler John Goffe Rand (1801–1873) erhielt für die Tube am 11. September 1841 in den USA ein Patent (Nr. 2252),[2] und im gleichen Jahr in England (Nr. 8863, auf Zinntuben mit Schraubdeckel und zugehöriger Füllmaschine).[3] Er hatte sich über eintrocknende Farben geärgert und eine Tube aus Blei entwickelt, denn bis dahin mischten die Maler in ihren Ateliers die Farben erst unmittelbar vor dem Gebrauch an. Die Zähigkeit liegt etwas höher als bei Zahnpasta und lässt sich mit geeigneten Malmitteln verdünnen. Auf den Tuben zwischen 20 g und 400 g zeigen ein bis fünf Sterne die Lichtechtheit, und meist ein Quadrat – entweder weiß, zur Hälfte oder ganz schwarz – die Deckkraft der Farbe an.[4] Manche Künstler mischen ihre Ölfarben selbst an und haben so direkten Einfluss auf Deckkraft und Pastosität.

Eigenschaften

Ölfarbe härtet wesentlich langsamer aus als beispielsweise Acryl- und Gouache-Farben. Die Aushärtung dauert schon bei dünnen Schichten einige Tage und kann bei speziellen Techniken Wochen dauern. Diese Eigenschaft ist bei der Anfertigung von großformatigen Werke und der Nass-in-Nass-Technik von Vorteil. Durch spezielle Malmittel kann leicht angetrocknete Ölfarbe teilweise wiederbelebt werden. Mittlerweile bietet die Industrie die schneller trocknenden Alkyd-Ölfarben an, die nach einem Tag fingertrocken sind. Zu den neueren Entwicklungen gehören auch wasserverdünnbare Ölfarben, durch die lösemittelhaltige Verdünner vermieden werden.

Ölfarben zeichnen sich durch intensive Farben aus, von denen manche außerhalb des Farbraumes einer fotografischen oder drucktechnischen Wiedergabe liegen (z. B. Kobaltblau). Hohe Lichtechtheit, Deckkraft und Dauerbeständigkeit sind weitere Vorzüge.

Anwendung

Ölfarben verlangen viel Erfahrung des Künstlers, und die Ölmalerei gilt als Königsdisziplin in der Malerei. Die Verarbeitung ist aufwändig, und eine Vorplanung des Kunstwerkes ist nötig – Ölgemälde benötigen aufgrund der Trocknungspausen entsprechend lange in ihrer Fertigstellung. Ölfarben eignen sich nur bedingt für Mischtechniken, da sie mit nur wenigen anderen Farbmitteln (vor allem solchen auf Wasserbasis) gemischt werden können. Hohe Anforderungen werden auch an den Malgrund gestellt – auch hier ist wieder das Öl der entscheidende Faktor. In den meisten Fällen kommen Leinwand oder Holz zum Einsatz. Ölfarbe haftet gut auf diesen Untergründen, ist jedoch sehr empfindlich gegen mechanische Verformungen und blättert leicht ab.

Zum Schutz der Ölfarbenschicht bei Gemälden wird noch ein Schlussfirnis aufgebracht. Die gebräuchlichsten Firnisse sind die Weichharze Dammar und Mastix, die jedoch auf Grund ihres Vergilbungsprozesses heutzutage durch Kunstharze ersetzt werden.

Grundstoffe

Farbpigmente werden dem Öl zugemischt, um den gewünschten Farbton zu erhalten.

Die gebräuchlichste Verdünnungs- und Lösemittel für Ölfarben sind Terpentinöl, Terpentinersatz (Testbenzin) sowie Ethanol (Spiritus).

Härtende Öle

Ölfarben enthalten härtende Pflanzenöle, die je nach Öl etwas ungenau auch als „trocknende“ oder "halbtrocknende" Öle bezeichnet werden. Die Iodzahl des Öls gibt einen Hinweis auf die Fähigkeit des Öls durch Polymerisation auszuhärten.

Häufig verwendete Öle:[5]

Die Härtung basiert auf einer chemischen Reaktion des Luftsauerstoffes mit den Doppelbindungen der ungesättigten Fettsäuren und einer Umesterung der Bindungen zwischen Fettsäuren und Glycerol, was zu einer Quervernetzung der Moleküle führt; im Falle des Leinöls entsteht Linoxin. Bei der Oxidation entstehen Hydroperoxide, die radikalisch zerfallen und mit anderen Ölsäuremolekülen reagieren. Sogenannte Sikkative (z. B. Kobaltnaphthenat) fördern die radikalische Vernetzung. Gelegentlich werden auch synthetische Lösungsmittel hinzugesetzt (1,4–Polybutadienöle). Die Verfestigung der Farbe geschieht nur bei einer Verwendung von Lösungsmittel auch teilweise durch Trocknung. Je nach verwendetem Pflanzenöl neigen Ölfarben zur Vergilbung.[6][5] Häufiger Kontakt mit Wasser führt zu einer Hydrolyse der Esterbindungen, dies mindert die Haltbarkeit speziell bei Ölfarben mit Lösemitteln auf Wasserbasis und führt bei lackierten Flächen zu einem Auswascheffekt.[6] Die Trocknungszeit ist in der Regel länger als bei konventionellen Lacken.[6] Leinölfarbe wird auch zur Grundierung von Baustahl eingesetzt.[6]

Öllack

Ölfarben mit Beimischung von Harzen werden als Lackfirnis bezeichnet. Werden neben Harzen auch Pigmente hinzugefügt, so erhält man einen Öllack bzw. Naturharzlack.[7] Öllacke sind schon seit über 2000 Jahren in China bekannt und werden auch heute noch verwendet (teilweise mit synthetischen Bindemitteln). Der Lösemittelanteil kann bis zu 60 Prozent betragen, jedoch werden inzwischen auch mit Wasser emulgierte Lacke hergestellt.

Häufig werden Öllacke aus Leinöl, Tallöl, Ricinusöl und Perillaöl hergestellt, die unter Umständen zuvor zu Standölen verkocht wurden. Als Harze wurden traditionell natürliche Kopale, Kolophonium oder Schellack verwendet, heute auch synthetische Harze wie Alkyd- und Phenolharz.

Durch die Zugabe von Harzen erhöht sich die Oberflächenhärte der Beschichtung, während Trocknungszeit, Geschmeidigkeit und Witterungsbeständigkeit in der Regel abnehmen.[8]

Leinölfarbe für Bau und Handwerk

Zur Herstellung von Ölfarben für Bau und Handwerk werden Pigmente mit so genanntem „gekochtem“ Leinöl verrieben und mit 0,09 bis maximal 3 %[9] Trockenstoffen versetzt. Die höchste Qualität bieten Leinölfarben ohne Lösemittel und Aromaten. Sie benötigen zur Verarbeitung keine weiteren Zusätze, können bei Bedarf jedoch mit gekochtem Leinöl verdünnt werden. Da Leinölfarbe wasserabweisend, aber dampfdiffusionsoffen ist, eignet sie sich besonders für den Außenbereich (Fachwerk, Holzfassaden, Türen, Fenster, Klappläden, Holzkonstruktionen), weil Feuchtigkeit, die an Schadstellen eingedrungen ist, wieder ausdunsten kann. So wird einer Fäulnis- und Schimmelbildung vorgebeugt. Alternde Leinölanstriche sollten je nach Bewitterung alle fünf bis acht Jahre mit kalt gepresstem, „gekochtem“ Leinöl gepflegt werden. Sollte der Anstrich nach vielen Jahren und mehreren pflegenden Ölanstrichen verblassen, was besonders auf West- und Südseiten von Gebäuden der Fall ist, kann dieser überstrichen werden. Der Altanstrich muss dazu nicht entfernt, sondern nur durch Abbürsten gereinigt werden. In der Baudenkmalpflege wird von den Denkmalbehörden die Anwendung von traditioneller Leinölfarbe ohne flüchtige organische Verbindungen erwartet[10], da reine Leinölfarbe nach traditionellem Rezept hergestellt wird und somit wieder auf authentische historische Anstriche und Leinöl-Grundierung zurückgreift. Darüber hinaus bildet lösemittelfreie Leinölfarbe keine Schichten, die abblättern könnten, und sie lädt sich nicht statisch auf, wodurch sie Staub nicht anzieht.

Siehe auch

Literatur

  • Karl-Heinz Morscheck: Ölmalerei. Englisch Verlag. Wiesbaden 2003, ISBN 978-3-8241-1220-3
  • Kurt Schönburg: Naturstoffe an Bauwerken Eigenschaften, Anwendung,: Herausgeber: Deutsches Institut für Normung e.V. -DIN-, Beuth Verlag, 2010, 280 S. ISBN 978-3-410-17355-7  

Einzelnachweise

  1.  DIN 55945. In: Farbmittel 1. 7 Auflage. DIN-Taschenbuch 49, Berlin, Wien, Zürich 2012, ISBN 978-3-410-23202-5, S. 546.
  2. US-Patent Nummer 2252 für John Rand, abgefragt am 10. September 2010.
  3. Franz Maria Feldhaus: Die Technik. Ein Lexikon. München 1970, Spalte 1190.
  4. Ölfarben im Vergleich: Welche Farben sind gut?
  5. 5,0 5,1 R. Newman, W. S. Taft, J. W. Mayer, D. Stulik, P. I. Kuniholm: The science of painting, Springer, New York 2000, ISBN 978-0-387-98722-4.
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 R. Lambourne, T. Strivens: Paint and Surface Coatings, 2. Auflage, Woodhead, 1999. S. 29, 334f. und 369. ISBN 978-1-85573-348-0.
  7. Definition Öllack, S.4, Produktblatt der Farbmanufaktur Werder
  8. Lexikoneintrag Lacke, Internetpräsenz der Zeitschrift 'Spektrum der Wissenschaft'
  9. Gerd Ziesemann, Martin Krampfer, Heinz Knieriemen: Natürliche Farben, Aarau (Schweiz) 1996, ISBN 3-85502-523-1, S. 94.
  10. Landesamt für Denkmalpflege Hessen: Bauberater-Fenster in Hessen. Arbeitsblatt I-Erhaltung und Ergänzung (Memento vom 2. Februar 2014 im Internet Archive). Wiesbaden 2001/2005.


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