Jüngstes Gericht und Sinn und Sein. Der gemeinsame Ursprung von Gestalt und Bewegung: Unterschied zwischen den Seiten

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"Die vorliegende Abhandlung ist auch für jene verständlich und, nach der Hoffnung des Verfassers, aufschlußreich, welche die Geisteswissenschaft Rudolf Steiners nicht kennen. Für jene aber, die sich schon einige Vertrautheit mit dieser angeeignet haben, sei hinzugefügt, daß das im folgenden Ausgeführte eine Art Kommentar zu einigen Partien der Allgemeinen Menschenkunde [14 Vorträge, gehalten in Stuttgart vom 21.8. bis 5.9.1919, GA 293] Rudolf Steiners darstellt. Die betreffenden Stellen sind nach der Überzeugung des Verfassers nur dann verständlich, wenn man sich der Zusammenhänge innerhalb ihres eigenartigen Bereichs, auf welche sie hinweisen, durch eigene seelische Beobachtung und deren gedankliche Durchdringung, wie es in der vorliegenden Abhandlung vorgeschlagen wird, vergewissert. Übrigens dürften diese Ausführungen auch im allgemeinen eine Lesehilfe bei der Dechiffrierung geistesforscherischer Resultate sein." (Aus der Vorbemerkung von 'Sinn und Sein')
Das '''Jüngste Gericht'''<ref>Die Wendung, die aus dem ''Gottesgericht''  mit nicht unerheblicher, temporaler Akzentverschiebung im Deutschen das geläufigere ''Jüngste Gericht''  macht, findet sich  in der Bibelübersetzung Luthers von 1545. Die zugrunde liegende Vorstellung dürfte die des  ‚zuletzt geborenen‘, also „''jüngsten Tages''“ sein. </ref>, auch ''Gottesgericht'', ''Jüngster Tag'', ''Nacht ohne Morgen'', ''Letztes Gericht'', ''Weltgericht'' oder ''[[Harmagedon]]'', stellt die auf antike bzw. alttestamentliche [[Apokalypse|apokalyptische]] Vorstellungen zurückgehende jüdische, christliche und islamische Auffassung von einem das Weltgeschehen abschließenden göttlichen Gericht dar. Es ist als Gericht aller Lebenden und Toten eng mit der Idee der [[Auferstehung]] verknüpft und muss insbesondere unterschieden werden vom individuellen [[Partikulargericht]]<ref>Das sog. Partikulargericht ist ein Gedanke nachbiblischer Theologen und kommt als solches in der Bibel nicht vor.</ref> beim Tode des Einzelnen.


== Geschichte ==
Editorische Notiz: "Diese Schrift geht auf einen Vortrag zurück, welcher im Rahmen einer vom Rudolf-Steiner-Fonds für wissenschaftliche Forschung veranstalteten Tagung am 29.Januar 1979 in Stuttgart gehalten wurde. Sie ist in der vorliegenden Fassung das Ergebnis einer bis in den September 1988 reichenden kontinuierlichen, mehrere Jahre übergreifenden Folge umfangreicher Überarbeitungen und Erweiterungen. Die Schrift darf im ganzen als abgeschlossen gelten, wenn Herbert Witzenmann auch den Abschnitt 25, welchen er noch in den letzten Tagen vor seinem Ableben am 24. September 1988 einfügte, nicht mehr abschließen konnte und dieser daher Fragment blieb." (Richard Weinberg)


Die Idee des Gottesgerichts dürfte ihren Ursprung im [[Zoroastrismus]], im babylonischen [[Gottkönig]]tum und ägyptischen Jenseitsvorstellungen finden.


Als Vorläufer monotheistischer [[Wikipedia:Eschatologie|Eschatologie]]n behauptet schon der Zoroastrismus ein Totengericht und den endgeschichtlichen  Entscheidungskampf zwischen Gut und Böse als Weltgericht. Der Gottkönig Babylons bewahrt als oberster Richter diesseitig die kosmische Ordnung; das alte Ägypten kennt die Vorstellung vom jenseitigen, individuellen
== Inhalt ==
Totengericht.<ref>Vgl. dazu u. d. folgenden: J. Moltmann: Sonne der Gerechtigkeit.
Vorbemerkung 7
Das Evangelium vom Gericht und der Neuschöpfung aller Dinge; s. u. Weblinks</ref> <ref> [[Wikipedia:Ägyptisches Totenbuch#Inhalt|vgl. Ägyptisches Totenbuch: Der Verstorbene legt vor 42 Richtern unter Vorsitz des Osiris ein "Negatives Glaubensbekenntnis ab.]] </ref> Der jüdische Glaube vereinigt die kosmologische  mit der zeitlichen Vorstellung im Gedanken eines endzeitlichen Weltgerichtes und anschließender messianischer Herrschaft.<ref>vgl. etwa Jesaja 2. 4 ; Ezechiel 7 oder Daniel 7, 10. Das Alte Testament kennt einen „[[Tag des Herrn]]“ bzw. einen „[[Tag des Gerichts]]“ als prophetischen Topos, welchen das Neue Testament übernimmt. Nach Moltmann (vgl.o.) „theologisiert“ die jüdische Vorstellung die Gerechtigkeitsidee: Der göttliche Richter ist jenseits des Kosmos und nicht integraler Bestandteil wie in Babylon.</ref>
   
Das Neue Testament übernimmt und überhöht diese Vorstellung als Anmahnung  des  nahen Gerichtes über alle Lebenden und Toten. Es entscheidet über ewiges Leben und ewige Verdammnis und ist notwendiges Moment der endgültigen und vollständigen Errichtung des Reichs Gottes.
"Die seelische Beobachtung des Erkenntnisvorgangs und der Bewußtseinsereignisse überhaupt wird oft mit einem «Philosophieren» im Sinne eines schlußfolgernden Gebrauchs des Denkens verwechselt. Sie steht aber der naturwissenschaftlichen Forschungsweise entschieden näher als einer solchen Spekulation, da sie den Gedanken nur zur Ordnung und Durchdringung von Beobachtungen gebraucht." (S. 7)
Seine bildreiche Darstellung in der Apokalypse des Johannes beschließt die christliche Bibel.


Der Glaube an das Jüngste Gericht als Ende der Geschichte und Heimkehr zu  Allah ist im Anschluss an die biblischen Vorstellungen  ein zentrales Thema des im 7. Jahrhundert n. Chr. entstandenen [[Wikipedia:Koran|Koran]]<ref> Vgl. insbesondere Sure 69:18-37; 81; 84; 99; 101 [http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=58&kapitel=1&cHash=708305acd4sure1#gb_found|]</ref> und Kernbestandteil des islamischen Bekenntnisses; wer das Gottesgericht in diesem Leben leugnet, verfällt als Ungläubiger in ewiger Verdammnis der Strafe des „Herrscher(s) am Tag des Gerichts“.<ref> vgl. ebd. 1:4]</ref>
"Die seelische Beobachtung ist eine ''phänomenologische'' Methode, die nur solche Ausgangspunkte ihrer Untersuchung wählt, welche der Beobachtung unmittelbar zugänglich sind." (S. 8)
# Erste Orientierung 11
# Der Zusammenhang von Beobachtung und Bewegung. Sinn und Sein 12
# Zusammenfassung einiges Vorangehenden 32
# Strukturbildung und Sprache 36
# Veranlagte, gelenkte und beobachtete Beobachtung 47
# Zusammenfassung einiges Vorangehenden 51
# Individualisierung und Universalisierung 53
# Ein Scheinproblem; vom Rein-Wahrnehmlichen 57
"Ein Vorurteil, welches ein Hindernis der hier erforderlichen Klärung bildet, tritt nicht selten in Gestalt der Vermutung auf, von reiner Wahrnehmung könne (sofern überhaupt) nur dann die Rede sein, wenn unser Bewußtseinsumfang keinerlei begriffliche Elemente, also allein Rein-Wahrnehmliches enthalte. Daß ein solcher Bewußtseinszustand in unserem gewohnten Erfahren nur als seltene Ausnahme auftritt (etwa in der «Schrecksekunde»), steht außer Frage. Er ist auch nicht für ein überzeugtes Innesein (ohne besondere Übungsvorbereitung) dadurch herstellbar, daß man alle Begriffe aus unserem Bewußtseinsfeld herauszuschaffen versucht, - wenngleich man von diesen theoretisch absehen kann. Doch erweisen sich die Begriffe gegenüber einer solchen Bemühung im realen Fall
als absolut resistent, sie scheinen unlöslich an den Wahrnehmungen zu haften, ebenso wie diese sich weigern, die von ihnen festgehaltenen begrifflichen Beziehungen freizugeben." (S. 57f.)
# Zum Universalienproblem 61
"[Sprache] ist (wenigstens in ihrer ursprünglichen Funktion) nicht Zeichensetzung für ein Vorhandenes, sondern eine Ausdruckgestaltung, die aus einem sich bildenden Geschehen und dessen Mitvollziehen entsteht." (S. 66)
# Zum Übergangsproblem vom Selbstgebundenen zum Nicht-Selbstgebundenen 68
# Vom Gefüge der Begriffe 72
# Beobachtung als in sich reflektiertes Bewußtsein 74
# Intuitiver Wesentausch, inspirative begriffliche Phantasie und imaginative Inhärenz 79
# Der Inhärenzbegriff als wissenschaftlicher Grundbegriff 82
# Das Wirklichkeitkriterium und die dreigliedrige Beobachtung 89
# Inhärente und repräsentierende Vorstellungen. Zuwendung und Abwendung 91
# Gestalt und Bewegung, Plastisches und Musikalisches 96
# Hellere und dunklere Anteile der Gebildeformung 101
# Ein spezifisches Merkmal ortsverändernder Bewegungen 107
"Diese Schrift möchte zur Verlebendigung des materialistisch erstarrten Weltbildes beitragen und an seine Stelle eine allseitig dynamisierte, geistdurchdrungene Welterfassung treten lassen, wie sie sich der unvoreingenommenen seelischen Beobachtung darstellt." (S. 113)
# Sich selbst merklich machendes Wahrnehmliches 116
# Beseitigung des solipsistischen Mißverständnisses 121
"Die vorgelegte Darstellung ist nicht Psychologie, sondern Ontologie."  (S. 121)


Das Jüngste Gericht spielte  im [[Wikipedia:Mittelalter|mittelalterlichen Europa]] eine große Rolle. Da zu dieser Zeit die [[Mensch]]en ständig in dem [[Glauben]] waren, es stehe als konkretes, historisches Ereignis kurz bevor, bemühten sie sich ihr Bestes zu tun, um [[Gott]] ihren Glauben zu zeigen und so in den [[Himmel]] zu gelangen.<ref>Diese Vorstellungen beerben [[Wikipedia:Religionsgemeinschaft|]]en, die den baldigen [[Weltuntergang]] vorhersagen und ihren Mitgliedern entsprechende Überlebenskonzepte versprechen.</ref>
"Aufgabe dieser Schrift ist es, die Geistbeschaffenheit und -geschaffenheit der Wirklichkeit als Ergebnis der strukturphänomenologischen Forschung wissenschaftlich zu begründen." (S. 122)
# Zusammenfassung einiges Vorangehenden 122
# Efferenz und Afferenz 124
# Grund und Sinn von Gestalt und Bewegung. Der Sinn der Sinne 134


In der Gegenwart erbittet der gläubige Christ − im [[Vaterunser]] etwa − mit dem   Kommen des Gottesreichs  nicht zuletzt  das Eintreffen des Jüngsten Gerichts.
"Gestalt und Bewegung werden daher in der vorliegenden Darstellung nicht vorausgesetzt, sondern erklärt. Es wird verständlich gemacht, wodurch es möglich ist, daß die Wirklichkeit in diesen beiden Grundgebilden und -prozessen erscheint, welche Strukturen diese aufweisen und wie sie sich in Verwandtschaft und Unterschied aufeinander beziehen. (Von hieraus lassen sich auch, wie nur beiläufig erwähnt sei, die Rätsel lösen, die uns Raum und Zeit aufgeben)." (S. 135)
# Die zu erfassende Einbettung, der Sinn der Evolution 137
# Die Geistigkeit der äußeren Welt. Die Ästhetisierung der Wissenschaft 145
# Die soziale Bedeutung des Dargestellten 146
"Im übrigen fällt vermutlich der hier umrissene Darstellungsinhalt dem eiligen Leser besonders auch dadurch lästig, daß er ihn nicht mit facts versorgt, die er ohne Anstrengung konsumierend in Empfang nehmen kann. Vielmehr wird ihm angesonnen, den wesentlichen Inhalt dieser Ausführungen erst durch das Vollziehen der vorgeschlagenen Beobachtungsübungen durch eigenes Produzieren in seinem Bewußtsein entstehen zu lassen." (S. 147)
# Das Schauorgan für die Wirklichkeit. Die Begründung einer neuen Kulturepoche 149
# Resultat 149


== Das Jüngste Gericht in der christlichen Bibel ==
== Inhaltsangaben ==
 
== Personen- und Sachregister ==
 
== Literaturverweise ==
 
=== Endzeitreden im Neuen Testament ===
 
In zeitgenössischer Umgebung bzw. Nachfolge [[Johannes der Täufer|Johannes des Täufers]]<ref>Vgl. „In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf und verkündete in der Wüste von Judäa: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.“ (Mt 3,1)</ref> sind alle überlieferten Reden Jesu in den historischen Kontext der endzeitlichen Erwartung (vgl. auch „[[Parusie#Einleitung|Naherwartung]]“) und des anstehenden Gerichts eingebettet.
 
 
[[Matthäus (Evangelist)|Matthäus]] berichtet in seinem [[Matthäus-Evangelium|Evangelium]] vom Jüngsten Gericht (Weltgericht). Jesus trennt hier als [[Richter]] die [[Gerechtigkeit|gerechten]] Menschen von den ungerechten: „Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Zu den Ungerechten sagt er jedoch: „Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, […]“ und schließt: „Und sie werden hingehen: diese zur ewigen Strafe, aber die Gerechten in das ewige Leben.“ (vgl. Mt 25, 31-46)
 
Das Jüngste Gericht  teilt die Menschen endgültig in „gute“ und „böse“. Dies kommt auch in anderen [[Hölle]]ndrohungen Jesu zum Ausdruck; so z.B. bei Verführung zum Abfall („du […] wirst in das ewige/höllische Feuer geworfen“ Mt 18,7ff) oder der Gleichsetzung von „bösen“ Menschen mit ins Feuer zu werfendem Unkraut (Mt 13,40ff).
 
Die Stelle Mt 25, 31-46 bezieht sich dem Wortlaut nach allerdings auf „die Völker“, mithin auf Personen, denen das [[Evangelium]] noch nicht gepredigt worden ist. Diese Leute werden nach dem beurteilt werden, was jedem einleuchtet: Haben sie die selbstverständlichen Taten der [[Liebe]] getan?
 
Anders ist der Maßstab bei denen, die reichlich Gelegenheit hatten, Jesus Christus kennenzulernen: Insofern ist das Jüngste Gericht im [[Johannes-Evangelium]] beschrieben. Hier entgehen die Nachfolger Jesu, die [[Wikipedia:Glauben|Gläubigen]] bzw. [[Wikipedia:Bekehrung (Christentum)|Bekehrten]] dem Gericht: “Ich versichere euch: Alle, die auf mein Wort hören und dem vertrauen, der mich gesandt hat, werden [[Ewiges Leben|ewig leben]]. Sie werden nicht verurteilt. Sie haben den [[Tod]] schon hinter sich gelassen und das unvergängliche [[Leben]] erreicht.” ([http://www.bibleserver.com/go.php?ref=43005024&bible=elb <!-- bibelbot bib=elb site=ebs -->''][[Evangelium nach Johannes|Joh]] 5, 24).
 
=== Die Johannesapokalypse ===
[[Bild:Das Jüngste Gericht (Memling).jpg|thumb|200px|Das Jüngste Gericht, Hans Memling (um 1470)]]
 
Die [[Offenbarung des Johannes]] entwirft im Rückbezug auf die alttestamentarische Überlieferung, insbesondere des [[Buch Daniel|Buchs Daniel]], in visionären Bildern eine christliche Eschatologie. Das Jüngste Gericht steht am Ende der Tausendjährigen Herrschaft des [[Messias]], die mit seiner ersten Wiederkunft, der ersten [[Parusie]], beginnt. Diese wiederum hält zunächst Gericht über die Märtyrer Christi, die  in einer „ersten Auferstehung“  (Offb 20, 5) zur Herrschaft gelangen. In diesem Tausendjährigen Reich (vgl. [[Wikipedia:Millenarismus|Millenarismus]], [[Wikipedia:Chiliasmus|Chiliasmus]]) ist der Satan gefangengesetzt. Es endet mit der zweiten Wiederkunft, der Freilassung Satans und seiner ewigen Verdammnis nach dem endgültigen Sieg über ihn und seine Heerscharen in einem letzten Kampf. (Offb 20, 7-10)
 
Der Kampf zwischen den Kräften des [[Das Gute|Guten]] (Gott, Jesus Christus) und den Kräften des [[Das Böse|Bösen]] ([[Teufel]]) ist hierbei  bereits  Teil des Jüngsten Gerichts, das durch die zweite Wiederkunft Christi als des Richters über alle Toten und die Überwindung und Vernichtung des Todes selbst abgeschlossen wird: „Sie wurden gerichtet, jeder nach seinen Werken.“ (Offb 20, 13) 
Auf das Jüngste Gericht folgt der „neue Himmel“ und die „neue Erde“, das „[[Neues Jerusalem|Neue Jerusalem]]“ (Offb 21, 1) als abschließende Erfüllung aller Verheißung vom [[Reich Gottes]].
 
== Das Jüngste Gericht im katholischen Katechismus ==
 
 
 
== Darstellung des Jüngsten Gerichts in der Kunst ==
[[Bild:Michelangelo_JGericht4.jpg|thumb|[[Michelangelo#Jüngstes Gericht|Michelangelo]]: Das ''Jüngste Gericht'', 1536-41]]
[[Bild:Bern muenster hauptportal tympanon.jpg|thumb|Hauptportal des [[Berner Münster]]s, spätgotisch]]
[[Bild:Fürstenportal, Tympanum (jüngstes Gericht) 2006-04-07.JPG|thumb|Fürstenportal des [[Bamberger Dom]]s]]
Entsprechend der Bedeutung des Jüngsten Gerichts im christlichen Mittelalter findet man bildliche Darstellungen von der [[Romanik]] bis in die frühe [[Renaissance]], vor allem aber in der [[Gotik]].
 
Das Bildprogramm folgt dabei einem typischen Muster.
Meist befindet sich oben mittig der thronende Christus ([[Wikipedia:Pantokrator|Pantokrator]] (= Allherrscher), [[Wikipedia:Salvator Mundi|Salvator Mundi]] (= Erlöser der Welt, Heiland), flankiert von [[Apostel]]n und/oder [[Heilige]]n. Stets werden (vom Betrachter gesehen) links die Seligen dargestellt, die in den [[Himmel]] auffahren, und rechts die Verdammten, die zur Hölle herabstürzen. Diese Darstellung entspricht der Ankündigung des Weltgerichts im [[Matthäus-Evangelium]]: „Er wird die Schafe zu seiner Rechten versammeln, die Böcke aber zur Linken“. (Mt 25,33, [[Wikipedia:Einheitsübersetzung|Einheitsübersetzung]]) (Dieselbe Links-Rechts-Ordnung findet man auch bei [[Kreuzigung|Kreuzigungs-Bildern]], wo der „Gute [[Wikipedia:Schächer|Schächer]]“ zur Rechten Christi, der „böse“ zur seiner Linken dargestellt ist.) Oft begegnet man auch dem [[Michael (Erzengel)|Erzengel Michael]] (mit Seelen-Waage und Schwert), den vier [[Wikipedia:Evangelist (Neues Testament)|Evangelisten]] oder den klugen und den törichten [[Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen|Jungfrauen]] (letztere typischerweise mit offenem Haar dargestellt).
 
Ein bekanntes Gemälde <ref>[http://mv.vatican.va/3_EN/pages/x-Schede/CSNs/CSNs_G_Giud_big.html mv.vatican.va] Bild</ref> des Jüngsten Gerichts stammt von [[Wikipedia:Michelangelo|Michelangelo]] (1536-41) und befindet sich in der [[Wikipedia:Sixtinische Kapelle|Sixtinischen Kapelle]] im [[Wikipedia:Vatikanstadt|Vatikan]]. Des Weiteren wurde das Jüngste Gericht des flämischen Malers [[Wikipedia:Rogier van der Weyden|Rogier van der Weyden]] in einem umfangreichen Altarbild [http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Weyden3.jpg] versinnbildlicht, das sich in den Hospices de [[Wikipedia:Beaune|Beaune]] in [[Wikipedia:Burgund|Burgund]] befindet.
 
Größte diplomatische Verwicklungen brachte die Kaperfahrt des [[Wikipedia:Danzig|Danzig]]er Kriegsschiffs [[Wikipedia:Peter von Danzig|Peter von Danzig]] im Seekrieg der [[Wikipedia:Hanse|Hanse]] gegen [[Wikipedia:England|England]] mit sich, die 1473 ein Schiff aufbrachte, das den bekannten Danziger [[Wikipedia:Hans Memling|Hans-Memling]]-Altar ''Das jüngste Gericht'' an Bord hatte, der eigentlich für die [[Wikipedia:Medici|Medici]] bestimmt war.
 
== Thema in der Musik ==
In der Musik ist das Jüngste Gericht Thema und Titel einer [[Wikipedia:Dietrich Buxtehude|Dietrich Buxtehude]] zugeschriebenen [[Wikipedia:Abendmusiken|Abendmusik]] (siehe: [[Wikipedia:Buxtehude-Werke-Verzeichnis|Buxtehude-Werke-Verzeichnis]]) sowie eines [[Wikipedia:Oratorium|Oratorium]]s von [[Wikipedia:Georg Philipp Telemann|Georg Philipp Telemann]] ''([[Wikipedia:Tag des Gerichts (Telemann)|Tag des Gerichts]])'' und von [[Wikipedia:Louis Spohr|Louis Spohr]]. Eine abendfüllende, großangelegte Vertonung der Offenbarung des Johannes ist das Oratorium „[[Wikipedia:Das Buch mit sieben Siegeln|Das Buch mit sieben Siegeln]]“ von [[Wikipedia:Franz Schmidt|Franz Schmidt]] (1874-1939, Urauff. des Werkes 1938 in Wien). Der französische Organist und Komponist [[Wikipedia:Jean Langlais|Jean Langlais]] schrieb 1973 einen Orgelzyklus mit fünf Meditationen über die Apokalypse. Originaltitel: „Cinq Méditations sur l’Apocalypse".
 
 
== Nachweise ==
 
<references/>
 
 
== Siehe auch ==
 
* [[Dies Irae]]
* [[Höllensturz]]
* [[Leben nach dem Tod]]
* [[Sieben Plagen der Endzeit]]


== Literatur ==
== Literatur ==
*Klaus Seybold, Roger David Aus, Egon Brandenburger, Helmut Merkel und Eberhard Amelung: ''Gericht Gottes I. Altes Testament II. Judentum III. Neues Testament IV. Alte Kirche bis Reformationszeit V. Neuzeit und ethisch''. In: [[Wikipedia:Theologische Realenzyklopädie|Theologische Realenzyklopädie]] 12 (1984), S. 460-497 (umfassender Überblick)
* [[Herbert Witzenmann]]: ''Sinn und Sein. Der gemeinsame Ursprung von Gestalt und Bewegung. Zur Phänomenologie des Denkblicks. Ein Beitrag zur Erschließung seiner menschenkundlichen Bedeutung'', Verlag Freies Geistesleben (1989), ISBN 3772508723
 
* Rudolf Steiner: ''Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik'', [[GA 293]] (1992), ISBN 3-7274-2930-5 {{Vorträge|293}}
*[[Wikipedia:Meinolf Schumacher|Meinolf Schumacher]]: ''Gemalte Himmelsfreuden im Weltgericht. Zur Intermedialität der Letzten Dinge bei Heinrich von Neustadt'', in: Ästhetische Transgressionen. Festschrift für Ulrich Ernst, hrsg. von [[Wikipedia:Michael Scheffel|Michael Scheffel]] u.a. (Schriftenreihe Literaturwissenschaft 69), Trier 2006, S. 55-80. ISBN 3-88476-792-5
[[Kategorie:Philosophie]][[Kategorie:Erkenntnistheorie]][[Kategorie:Ontologie]][[Kategorie:Herbert Witzenmann]]
 
== Weblinks ==
 
* [http://www.jungekirche.de/2007/207/moltmann.html Jürgen Moltmann: Sonne der Gerechtigkeit. Das Evangelium vom Gericht und von der Neuschöpfung aller Dinge]
* A. Wolkinger: (WELT-)GERICHT; Spirituelle Theologie WS 2007/2008.[http://www-theol.uni-graz.at/cms/dokumente/10001252/02555054/gericht.pdf]
*
* Zur islamischen Vorstellung des Jüngsten Gerichts vgl.: [http://www.efg-hohenstaufenstr.de/downloads/texte/islam_jenseitsvorstellungen.html]      
 
*{{Commonscat|Last Judgment|{{PAGENAME}}}}
*{{Commons|Apocalypse|Apokalypse}}
 
[[Kategorie:Biblisches Thema]]
[[Kategorie:Eschatologie]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 19. Oktober 2015, 13:26 Uhr

"Die vorliegende Abhandlung ist auch für jene verständlich und, nach der Hoffnung des Verfassers, aufschlußreich, welche die Geisteswissenschaft Rudolf Steiners nicht kennen. Für jene aber, die sich schon einige Vertrautheit mit dieser angeeignet haben, sei hinzugefügt, daß das im folgenden Ausgeführte eine Art Kommentar zu einigen Partien der Allgemeinen Menschenkunde [14 Vorträge, gehalten in Stuttgart vom 21.8. bis 5.9.1919, GA 293] Rudolf Steiners darstellt. Die betreffenden Stellen sind nach der Überzeugung des Verfassers nur dann verständlich, wenn man sich der Zusammenhänge innerhalb ihres eigenartigen Bereichs, auf welche sie hinweisen, durch eigene seelische Beobachtung und deren gedankliche Durchdringung, wie es in der vorliegenden Abhandlung vorgeschlagen wird, vergewissert. Übrigens dürften diese Ausführungen auch im allgemeinen eine Lesehilfe bei der Dechiffrierung geistesforscherischer Resultate sein." (Aus der Vorbemerkung von 'Sinn und Sein')

Editorische Notiz: "Diese Schrift geht auf einen Vortrag zurück, welcher im Rahmen einer vom Rudolf-Steiner-Fonds für wissenschaftliche Forschung veranstalteten Tagung am 29.Januar 1979 in Stuttgart gehalten wurde. Sie ist in der vorliegenden Fassung das Ergebnis einer bis in den September 1988 reichenden kontinuierlichen, mehrere Jahre übergreifenden Folge umfangreicher Überarbeitungen und Erweiterungen. Die Schrift darf im ganzen als abgeschlossen gelten, wenn Herbert Witzenmann auch den Abschnitt 25, welchen er noch in den letzten Tagen vor seinem Ableben am 24. September 1988 einfügte, nicht mehr abschließen konnte und dieser daher Fragment blieb." (Richard Weinberg)


Inhalt

Vorbemerkung 7

"Die seelische Beobachtung des Erkenntnisvorgangs und der Bewußtseinsereignisse überhaupt wird oft mit einem «Philosophieren» im Sinne eines schlußfolgernden Gebrauchs des Denkens verwechselt. Sie steht aber der naturwissenschaftlichen Forschungsweise entschieden näher als einer solchen Spekulation, da sie den Gedanken nur zur Ordnung und Durchdringung von Beobachtungen gebraucht." (S. 7)

"Die seelische Beobachtung ist eine phänomenologische Methode, die nur solche Ausgangspunkte ihrer Untersuchung wählt, welche der Beobachtung unmittelbar zugänglich sind." (S. 8)

  1. Erste Orientierung 11
  2. Der Zusammenhang von Beobachtung und Bewegung. Sinn und Sein 12
  3. Zusammenfassung einiges Vorangehenden 32
  4. Strukturbildung und Sprache 36
  5. Veranlagte, gelenkte und beobachtete Beobachtung 47
  6. Zusammenfassung einiges Vorangehenden 51
  7. Individualisierung und Universalisierung 53
  8. Ein Scheinproblem; vom Rein-Wahrnehmlichen 57

"Ein Vorurteil, welches ein Hindernis der hier erforderlichen Klärung bildet, tritt nicht selten in Gestalt der Vermutung auf, von reiner Wahrnehmung könne (sofern überhaupt) nur dann die Rede sein, wenn unser Bewußtseinsumfang keinerlei begriffliche Elemente, also allein Rein-Wahrnehmliches enthalte. Daß ein solcher Bewußtseinszustand in unserem gewohnten Erfahren nur als seltene Ausnahme auftritt (etwa in der «Schrecksekunde»), steht außer Frage. Er ist auch nicht für ein überzeugtes Innesein (ohne besondere Übungsvorbereitung) dadurch herstellbar, daß man alle Begriffe aus unserem Bewußtseinsfeld herauszuschaffen versucht, - wenngleich man von diesen theoretisch absehen kann. Doch erweisen sich die Begriffe gegenüber einer solchen Bemühung im realen Fall als absolut resistent, sie scheinen unlöslich an den Wahrnehmungen zu haften, ebenso wie diese sich weigern, die von ihnen festgehaltenen begrifflichen Beziehungen freizugeben." (S. 57f.)

  1. Zum Universalienproblem 61

"[Sprache] ist (wenigstens in ihrer ursprünglichen Funktion) nicht Zeichensetzung für ein Vorhandenes, sondern eine Ausdruckgestaltung, die aus einem sich bildenden Geschehen und dessen Mitvollziehen entsteht." (S. 66)

  1. Zum Übergangsproblem vom Selbstgebundenen zum Nicht-Selbstgebundenen 68
  2. Vom Gefüge der Begriffe 72
  3. Beobachtung als in sich reflektiertes Bewußtsein 74
  4. Intuitiver Wesentausch, inspirative begriffliche Phantasie und imaginative Inhärenz 79
  5. Der Inhärenzbegriff als wissenschaftlicher Grundbegriff 82
  6. Das Wirklichkeitkriterium und die dreigliedrige Beobachtung 89
  7. Inhärente und repräsentierende Vorstellungen. Zuwendung und Abwendung 91
  8. Gestalt und Bewegung, Plastisches und Musikalisches 96
  9. Hellere und dunklere Anteile der Gebildeformung 101
  10. Ein spezifisches Merkmal ortsverändernder Bewegungen 107

"Diese Schrift möchte zur Verlebendigung des materialistisch erstarrten Weltbildes beitragen und an seine Stelle eine allseitig dynamisierte, geistdurchdrungene Welterfassung treten lassen, wie sie sich der unvoreingenommenen seelischen Beobachtung darstellt." (S. 113)

  1. Sich selbst merklich machendes Wahrnehmliches 116
  2. Beseitigung des solipsistischen Mißverständnisses 121

"Die vorgelegte Darstellung ist nicht Psychologie, sondern Ontologie." (S. 121)

"Aufgabe dieser Schrift ist es, die Geistbeschaffenheit und -geschaffenheit der Wirklichkeit als Ergebnis der strukturphänomenologischen Forschung wissenschaftlich zu begründen." (S. 122)

  1. Zusammenfassung einiges Vorangehenden 122
  2. Efferenz und Afferenz 124
  3. Grund und Sinn von Gestalt und Bewegung. Der Sinn der Sinne 134

"Gestalt und Bewegung werden daher in der vorliegenden Darstellung nicht vorausgesetzt, sondern erklärt. Es wird verständlich gemacht, wodurch es möglich ist, daß die Wirklichkeit in diesen beiden Grundgebilden und -prozessen erscheint, welche Strukturen diese aufweisen und wie sie sich in Verwandtschaft und Unterschied aufeinander beziehen. (Von hieraus lassen sich auch, wie nur beiläufig erwähnt sei, die Rätsel lösen, die uns Raum und Zeit aufgeben)." (S. 135)

  1. Die zu erfassende Einbettung, der Sinn der Evolution 137
  2. Die Geistigkeit der äußeren Welt. Die Ästhetisierung der Wissenschaft 145
  3. Die soziale Bedeutung des Dargestellten 146

"Im übrigen fällt vermutlich der hier umrissene Darstellungsinhalt dem eiligen Leser besonders auch dadurch lästig, daß er ihn nicht mit facts versorgt, die er ohne Anstrengung konsumierend in Empfang nehmen kann. Vielmehr wird ihm angesonnen, den wesentlichen Inhalt dieser Ausführungen erst durch das Vollziehen der vorgeschlagenen Beobachtungsübungen durch eigenes Produzieren in seinem Bewußtsein entstehen zu lassen." (S. 147)

  1. Das Schauorgan für die Wirklichkeit. Die Begründung einer neuen Kulturepoche 149
  2. Resultat 149

Inhaltsangaben

Personen- und Sachregister

Literaturverweise

Literatur