Asasel und Warencharakter der menschlichen Arbeit: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Image:Azazel.jpg|thumb|Asasel-Darstellung aus dem 19. Jahrhundert]]
Der '''Warencharakter der menschlichen Arbeit''' entstand dadurch, dass ein Teil des Menschenwesens vom Kapitalismus in den Wirtschaftsprozess eingegliedert wurde:
'''Asasel''' ({{HeS|עזאזל}}, auch '''Azazel''', ''Azaël'', ''Asael'') ist ursprünglich der Name eines [[Dämon|Wüstendämons]], dem beim jüdischen Sühnenfest, mittels des sprichwörtlichen [[Wikipedia:Sündenbock|Sündenbock]]s, die [[Sünde]]n des Volkes Israel aufgeladen wurden. Nach [[Agrippa von Nettesheim]] ist Azazel einer der «vier Fürsten des bösen Geistes, in den Elementen verderblich»<ref>Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim: ''Die magischen Werke'', Fourier Verlag, Wiesbaden 1985, S 198</ref>; die anderen sind [[Samael]], [[Azael]] und [[Mehazael]].


== Ritual des Sündenbocks ==
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Am 10. Tag des Monats [[Wikipedia:Tischri|Tischri]] begingen die Israeliten den [[Wikipedia:Jom Kippur|Versöhnungstag]], ein Sühnefest, in dessen Verlauf zwei Böcke herbeigeführt wurden. Es wurde ausgelost, einer für den Herrn, der geschlachtet wurde, zum Zeichen der Sühne, der andere für Asasel. Dem Bock Asasels wurden vom [[Hoherpriester|Hohepriester]] die gesamten Sünden des versammelten Volkes auferlegt, anschließend wurde er in die Wüste, zu Asasel, geschickt ({{B|Lev|16|5–10}}.26{{Bpur|Lev|16|26}}). Dies ist allerdings auch die einzige Bezugnahme der ([[Wikipedia:Biblischer Kanon|kanon]]ischen) Bibel auf Asasel. Wer oder was er ist, wird an dieser Stelle nicht erklärt. Generell wird die Zeremonie dahingehend gedeutet, dass die Sünde symbolisch aus der Mitte Israels verbannt wird, und zu ihrem Ursprung (zum Teufel) zurück gejagt wird.
"Im Altertum gab es Sklaven. Der ganze Mensch wurde wie eine Ware verkauft. Etwas weniger vom Menschen, aber doch eben ein Teil des Menschenwesens selber wurde in den Wirtschaftsprozeß eingegliedert durch die Leibeigenschaft. Der [[Kapitalismus]] ist die Macht geworden, die noch einem Rest des Menschenwesens den Charakter der Ware aufdrückt: der Arbeitskraft." {{Lit|{{G|23|53}}}}
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"Sie können den größten menschlichen Scharfsinn, Sie können die tiefsten nationalökonomischen Erkenntnisse aufwenden, um darüber zu diskutieren, wie man das 
nun machen soll, daß im sozialen Organismus der Arbeiter nicht mehr seine [[Arbeitskraft]] als [[Ware]] zum Markte tragen soll, daß er diese letzte Konsequenz der [[Sklaverei]] aus der Welt schaffen könnte, und Sie werden, auch wenn Sie mit dem größten Scharfsinn, mit den tiefsten nationalökonomischen Erkenntnissen mehrere Menschenleben nachdenken könnten, Sie werden zu keinem Resultate kommen. Sie können zu keinem Resultate kommen, denn dies ist gerade im eminentesten Sinne eine Frage, welche nicht diskutiert werden kann, welche nicht theoretisch beantwortet werden kann, sondern welche nur vom Leben selbst beantwortet werden kann, nur dadurch beantwortet werden kann, daß man etwas schafft, was im Leben so wirkt, daß die Arbeitskraft des Warencharakters entkleidet wird." {{Lit|{{G|328|67f}}}}
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In der [[Wikipedia:Vulgata|Vulgata]] wird Asasel mit ''caper emissarius'' übersetzt, dies deutet darauf hin, dass das Wort ursprünglich kein Eigenname war, sondern eine Bezeichnung der Funktion, die der Bock hat (עז אזל = 'es 'osel ''Bock der wegträgt'' statt עזאזל = 'asasel). Dagegen scheint zu sprechen, dass 'es (עז) meist ein weibliches Tier bezeichnet, allerdings wird im gleichen Abschnitt (in {{B|Lev|16|5}}) ebenfalls dieses Wort benutzt, um die beiden (ausdrücklich männlichen!) Böcke als ''Ziegen''böcke zu bezeichnen.
Eine Antwort auf diese Frage liegt also nicht in theoretischen Resultaten, wie etwa
auch dem [[Marxismus]], sondern vielmehr in zu schaffenden praktischen Einrichtungen,  
wie etwa einem allgemein zugänglichen Bedingungslosen [[Grundeinkommen]].


== Asasel in den Apokryphen ==
== Arbeit ist ein Recht und nicht eine Ware ==
In späteren Traditionen wird Asasel mit den [[Gefallener Engel|gefallenen Engeln]] in Verbindung gebracht. Laut des [[Apokryphen|apokryphen]] [[Äthiopisches Henochbuch|1. Buches Henoch]] lehrte er die Menschen die Metallbearbeitung, den Gebrauch von Waffen, Edelsteinen und Färbemitteln, sowie die Kunst des Schminkens,<ref>1. Henoch 8,1</ref> wodurch er zur Verderbnis der Menschen beitrug und − darin ähnlich [[Prometheus]] − die Geheimnisse des Himmels den Menschen verriet.<ref>1. Henoch 9,6</ref> Zur Strafe wurde er von dem Engel [[Raphael (Erzengel)|Raphael]] gebunden, gesteinigt und in die Finsternis geworfen:
:„Mache in der Dudael-Wüste eine Grube, und wirf ihn hinein. Lege scharfe, spitze Steine unter ihn und bedecke ihn mit Finsternis. Laß ihn dort für immer wohnen und bedecke sein Antlitz, damit er kein Licht schaue. Am Tag des Endgerichts soll er in den Feuerpfuhl geworfen werden! […] Die ganze Erde war doch durch die von Asasel gelehrten Werke verdorben worden.“<ref>1. Henoch 10,4–6.8</ref>


In späteren [[Dämonologie|dämonologischen]] Werken gilt Asasel als ein bocksgestaltiger Dämon zweiten Ranges, und erster Bannerträger der Höllenarmeen, wird aber auch mit [[Samael]] gleichgesetzt. In der [[Islam|islamischen]] Tradition ist ''Azazil'' der Name des [[Iblis]] vor seinem Fall.
Im gesunden [[Sozialer Organismus|sozialen Organismus]] darf die Arbeit nicht mehr zur Ware werden, sondern muss den Charakter eines [[Recht]]es bekommen, das im [[Rechtsleben]] verankert ist und nicht im [[Wirtschaftsleben]]. Es muss folglich eine '''Trennung von Arbeit und Einkommen''' zustande kommen, die [[Rudolf Steiner]] schon 1905 als notwendige Konsequenz des von ihm formulierten [[Soziales Hauptgesetz|Sozialen Hauptgesetzes]] gefordert hat.


== Wirkung auf den Esoteriker ==
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"Man sieht auch, daß diese Wirtschaftsform der menschlichen Arbeitskraft den Charakter der Ware aufgeprägt hat. Aber man sieht nicht, wie es im Wirtschaftsleben selbst liegt, daß alles ihm Eingegliederte zur Ware werden muß. In der Erzeugung und in dem zweckmäßigen Verbrauch von Waren besteht das Wirtschaftsleben. Man kann nicht die menschliche Arbeitskraft des Warencharakters entkleiden, wenn man nicht die Möglichkeit findet, sie aus dem Wirtschaftsprozeß herauszureißen." {{Lit|{{G|23|54}}}}
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"Geld und Arbeit sind keine austauschbaren Werte, sondern nur Geld und Arbeitserzeugnis. Gebe ich daher Geld für Arbeit, so tue ich etwas Falsches. Ich schaffe einen Scheinvorgang. Denn in Wirklichkeit kann ich nur Geld für Arbeitserzeugnis geben." {{Lit|{{G|23|77}}}}
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Azazel wirkt beim Esoteriker besonders auf den [[Lichtäther]].
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"Im gesunden sozialen Organismus muss zutage treten, dass die Arbeit nicht bezahlt werden kann. Denn diese kann nicht im Vergleich mit einer Ware einen wirtschaftlichen Wert erhalten. Einen solchen hat erst die durch Arbeit hervorgebrachte Ware im Vergleich mit andern Waren." {{Lit|{{G|23|78}}}}
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"Ferner müssen wir unsere Aufmerksamkeit richten auf alles,
"Durch soziale Einrichtungen, die in der Richtung des hier
was mit der Unwahrhaftigkeit zusammenhängt. Wir begehen
Dargestellten liegen, wird der Boden geschaffen für ein
zwar durch unsere Erziehung keine groben Unwahrheiten, dennoch
wirklich freies Vertragsverhältnis zwischen Arbeitleiter und
haben wir stets den Hang, besser zu scheinen, als wir im
Arbeitleister. Und dieses Verhältnis wird sich beziehen nicht
Grunde wirklich sind. Oder aber, wenn es uns um Hals und
auf einen Tausch von Ware (beziehungsweise Geld) für
Kragen geht, die Wahrheit zu gestehen, sie lieber zu verschweigen
Arbeitskraft, sondern auf die Festsetzung des Anteiles, den
und zu verschleiern. Dies alles wirkt ebenfalls schädigend
eine jede der beiden Personen hat, welche die Ware gemeinsam
auf das Weltgeschehen und somit auf den Menschen selber vernichtend
zustande bringen." {{Lit|{{G|23|99}}}}
zurück. Die Wirkungen solcher Unwahrhaftigkeiten
wirken auf unseren Astralleib, dann auf unseren Ätherleib, und
zwar auf denjenigen Teil, den wir Lichtäther nennen. Von hier
aus wirken solche schädigende Einflüsse auf den physischen
Leib, besonders auf das Nervensystem. Diese luziferischen Wesenheiten,
die hiermit zusammenhängen, deren Anführer Azazel
ist, offenbaren sich dem Hellseher auch menschenähnlich, meistens
als Kopf mit Rabenflügeln. - Wer zu Unwahrhaftigkeiten
neigt, wird meistens ein würgendes, kratzendes Gefühl im Halse
verspüren können, auch hat er oft das Gefühl, als würde er gezwickt mit Zangen und von tausend Armen gepeinigt. Jeder, der
genau sich selbst beobachtet, wird dann merken, wie tief er noch
in der Lüge und Verstellung verstrickt ist!" {{Lit|{{G|266b|130f}}}}
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== Rechtlich bestimmte Arbeit als Vorgegebenheit für das Wirtschaften ==
{{GZ|Wenn aus den Impulsen dieses Rechtsorganismus heraus die
Begrenzung der menschlichen Arbeitskraft, die fortan nicht den Charakter
der Ware hat, sondern den Charakter eines Rechts hat, wenn diese
Arbeitskraft so in einen bestimmten Wirtschaftszweig hineinfließt, daß
sich dieser Wirtschaftszweig nicht rentiert, dann wird dieser Wirtschaftszweig
ebenso in bezug auf dieses Nichtrentieren angesehen werden müssen, wie wenn er sich durch das zu Teure eines Rohstoffes nicht
rentiert. Das heißt: Die menschliche Arbeitskraft wird ein Beherrschendes
werden mit Bezug auf das Wirtschaftsleben, nicht ein Unterdrücktes,
nicht ein Versklavtes. Aber das wird nicht dadurch erreicht, daß
man gewisse Gesetze gibt, sondern daß man im lebendigen Leben einen
Körper schafft, der einfach dadurch, daß etwas anderes an menschlichen
Impulsen in diesem abgetrennten Körper da sein muß, fortdauernd von
Epoche zu Epoche die Arbeit dem Warencharakter entreißt, denn sie
muß dem Warencharakter entrissen werden, sonst wird sie immer wiederum
aufgesogen werden, weil der Wirtschaftskörper immer die Tendenz
hat, die Arbeitskraft aufzusaugen und sie zur Ware zu machen.
Immer muß der Staatskörper wachen, um wiederum die Arbeitskraft
des Warencharakters zu entkleiden.|328|69f.}}
{{GZ|Wenn nicht diese
Warenzirkulation bestimmt Entlohnung, Arbeitszeit, Arbeitsrecht
überhaupt, sondern wenn unabhängig von der Warenzirkulation, von
dem Warenmarkt, auf dem Gebiete des staatlichen Rechtslebens, bloß
aus den menschlichen Bedürfnissen, bloß aus rein menschlichen Gesichtspunkten
heraus die Arbeitszeit festgesetzt werden wird, dann wird
es so sein, daß einfach eine Ware so viel kostet, als das Notwendige
kostet zu ihrer Aufbringung der Zeit, die für eine bestimmte Arbeit notwendig
ist, die aber geregelt ist durch ein von dem Wirtschaftsleben unabhängiges
Leben, während zum Beispiel das Wirtschaftsleben heute
von sich aus regelt das Arbeitsverhältnis, so daß nach den Preisen der
Ware sich vielfach im volkswirtschaftlichen Prozeß regeln muß Arbeitszeit,
Arbeitsverhältnis. Das Umgekehrte wird eintreten bei einer richtigen
Gliederung des sozialen Organismus.|328|121}}
{{GZ|Ein solches Verhältnis der Arbeit zur Rechtsordnung wird die im
Wirtschaftsleben tätigen Assoziationen nötigen, mit dem, was «rechtens
ist» als mit einer Voraussetzung zu rechnen. Doch wird dadurch erreicht,
daß die Wirtschaftsorganisation vom Menschen, nicht der Mensch von
der Wirtschaftsordnung abhängig ist.|23|79 (Fußnote)}}
== Siehe auch ==
*[[Arbeit]]
*[[Ware]]
*[[Dienstleistung]]
*[[Soziale Dreigliederung]]
*[[Soziales Hauptgesetz]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Wikipedia:Bernd Janowski|Bernd Janowski]]: Artikel ''Azazel.'' In: K. van der Toorn, B. Becking, Pieter W. van der Horst (Hrsg.): ''Dictionary of Deities and Demons in the Bible.'' 2. Aufl. Leiden, Boston, Köln, 1999. S. 128–131
 
* [[Rudolf Steiner]]: ''Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, Band II: 1910 – 1912'', [[GA 266/2|GA 266b]] (1996), ISBN 3-7274-2662-4 {{Schule|266b}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Kernpunkte der Sozialen Frage'', [[GA 23]] (1976), ISBN 3-7274-0230-X; '''Tb 606''', ISBN 978-3-7274-6061-6 {{Schriften|023}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die soziale Frage'', [[GA 328]] (1977), ISBN 3-7274-3280-2 {{Vorträge|328}}


{{GA}}
{{GA}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* Henrike Frey-Anthes: [http://www.bibelwissenschaft.de/de/nc/wibilex/das-bibellexikon/details/quelle/WIBI/referenz/31946/cache/1ce7e29e54abc0d69f8c160ff9aae5ea/ Sündenbock/Asasel]. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen (Hrsg.): ''Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet'' (WiBiLex)
* [https://www.youtube.com/watch?v=Wf-LLGoGmkA Benediktus Hardorp zum Grundeinkommen und zur Steuerfinanzierung] YouTube
 
== Einzelnachweise ==
<references />


[[Kategorie:Dämon]]
[[Kategorie:Marxistische Wirtschaftstheorie]]
[[Kategorie:Luzifer]]
[[Kategorie:Wirtschaftswissenschaften]]
[[Kategorie:Dämon (Judentum)]]
[[Kategorie:Philosophie des Sozialen]]
{{Wikipedia}}
[[Kategorie:Soziale Dreigliederung]]
[[Kategorie:Sozialphilosophie]]
[[Kategorie:Wirtschaftsleben]]
[[Kategorie:Soziale Kunst]]
[[Kategorie:Arbeitswelt]]
[[Kategorie:Soziologie]]
[[Kategorie:Wirtschaft]]
[[Kategorie:Arbeit]]

Version vom 13. Januar 2021, 01:21 Uhr

Der Warencharakter der menschlichen Arbeit entstand dadurch, dass ein Teil des Menschenwesens vom Kapitalismus in den Wirtschaftsprozess eingegliedert wurde:

"Im Altertum gab es Sklaven. Der ganze Mensch wurde wie eine Ware verkauft. Etwas weniger vom Menschen, aber doch eben ein Teil des Menschenwesens selber wurde in den Wirtschaftsprozeß eingegliedert durch die Leibeigenschaft. Der Kapitalismus ist die Macht geworden, die noch einem Rest des Menschenwesens den Charakter der Ware aufdrückt: der Arbeitskraft." (Lit.: GA 23, S. 53)

"Sie können den größten menschlichen Scharfsinn, Sie können die tiefsten nationalökonomischen Erkenntnisse aufwenden, um darüber zu diskutieren, wie man das nun machen soll, daß im sozialen Organismus der Arbeiter nicht mehr seine Arbeitskraft als Ware zum Markte tragen soll, daß er diese letzte Konsequenz der Sklaverei aus der Welt schaffen könnte, und Sie werden, auch wenn Sie mit dem größten Scharfsinn, mit den tiefsten nationalökonomischen Erkenntnissen mehrere Menschenleben nachdenken könnten, Sie werden zu keinem Resultate kommen. Sie können zu keinem Resultate kommen, denn dies ist gerade im eminentesten Sinne eine Frage, welche nicht diskutiert werden kann, welche nicht theoretisch beantwortet werden kann, sondern welche nur vom Leben selbst beantwortet werden kann, nur dadurch beantwortet werden kann, daß man etwas schafft, was im Leben so wirkt, daß die Arbeitskraft des Warencharakters entkleidet wird." (Lit.: GA 328, S. 67f)

Eine Antwort auf diese Frage liegt also nicht in theoretischen Resultaten, wie etwa auch dem Marxismus, sondern vielmehr in zu schaffenden praktischen Einrichtungen, wie etwa einem allgemein zugänglichen Bedingungslosen Grundeinkommen.

Arbeit ist ein Recht und nicht eine Ware

Im gesunden sozialen Organismus darf die Arbeit nicht mehr zur Ware werden, sondern muss den Charakter eines Rechtes bekommen, das im Rechtsleben verankert ist und nicht im Wirtschaftsleben. Es muss folglich eine Trennung von Arbeit und Einkommen zustande kommen, die Rudolf Steiner schon 1905 als notwendige Konsequenz des von ihm formulierten Sozialen Hauptgesetzes gefordert hat.

"Man sieht auch, daß diese Wirtschaftsform der menschlichen Arbeitskraft den Charakter der Ware aufgeprägt hat. Aber man sieht nicht, wie es im Wirtschaftsleben selbst liegt, daß alles ihm Eingegliederte zur Ware werden muß. In der Erzeugung und in dem zweckmäßigen Verbrauch von Waren besteht das Wirtschaftsleben. Man kann nicht die menschliche Arbeitskraft des Warencharakters entkleiden, wenn man nicht die Möglichkeit findet, sie aus dem Wirtschaftsprozeß herauszureißen." (Lit.: GA 23, S. 54)

"Geld und Arbeit sind keine austauschbaren Werte, sondern nur Geld und Arbeitserzeugnis. Gebe ich daher Geld für Arbeit, so tue ich etwas Falsches. Ich schaffe einen Scheinvorgang. Denn in Wirklichkeit kann ich nur Geld für Arbeitserzeugnis geben." (Lit.: GA 23, S. 77)

"Im gesunden sozialen Organismus muss zutage treten, dass die Arbeit nicht bezahlt werden kann. Denn diese kann nicht im Vergleich mit einer Ware einen wirtschaftlichen Wert erhalten. Einen solchen hat erst die durch Arbeit hervorgebrachte Ware im Vergleich mit andern Waren." (Lit.: GA 23, S. 78)

"Durch soziale Einrichtungen, die in der Richtung des hier Dargestellten liegen, wird der Boden geschaffen für ein wirklich freies Vertragsverhältnis zwischen Arbeitleiter und Arbeitleister. Und dieses Verhältnis wird sich beziehen nicht auf einen Tausch von Ware (beziehungsweise Geld) für Arbeitskraft, sondern auf die Festsetzung des Anteiles, den eine jede der beiden Personen hat, welche die Ware gemeinsam zustande bringen." (Lit.: GA 23, S. 99)

Rechtlich bestimmte Arbeit als Vorgegebenheit für das Wirtschaften

„Wenn aus den Impulsen dieses Rechtsorganismus heraus die Begrenzung der menschlichen Arbeitskraft, die fortan nicht den Charakter der Ware hat, sondern den Charakter eines Rechts hat, wenn diese Arbeitskraft so in einen bestimmten Wirtschaftszweig hineinfließt, daß sich dieser Wirtschaftszweig nicht rentiert, dann wird dieser Wirtschaftszweig ebenso in bezug auf dieses Nichtrentieren angesehen werden müssen, wie wenn er sich durch das zu Teure eines Rohstoffes nicht rentiert. Das heißt: Die menschliche Arbeitskraft wird ein Beherrschendes werden mit Bezug auf das Wirtschaftsleben, nicht ein Unterdrücktes, nicht ein Versklavtes. Aber das wird nicht dadurch erreicht, daß man gewisse Gesetze gibt, sondern daß man im lebendigen Leben einen Körper schafft, der einfach dadurch, daß etwas anderes an menschlichen Impulsen in diesem abgetrennten Körper da sein muß, fortdauernd von Epoche zu Epoche die Arbeit dem Warencharakter entreißt, denn sie muß dem Warencharakter entrissen werden, sonst wird sie immer wiederum aufgesogen werden, weil der Wirtschaftskörper immer die Tendenz hat, die Arbeitskraft aufzusaugen und sie zur Ware zu machen. Immer muß der Staatskörper wachen, um wiederum die Arbeitskraft des Warencharakters zu entkleiden.“ (Lit.:GA 328, S. 69f.)

„Wenn nicht diese Warenzirkulation bestimmt Entlohnung, Arbeitszeit, Arbeitsrecht überhaupt, sondern wenn unabhängig von der Warenzirkulation, von dem Warenmarkt, auf dem Gebiete des staatlichen Rechtslebens, bloß aus den menschlichen Bedürfnissen, bloß aus rein menschlichen Gesichtspunkten heraus die Arbeitszeit festgesetzt werden wird, dann wird es so sein, daß einfach eine Ware so viel kostet, als das Notwendige kostet zu ihrer Aufbringung der Zeit, die für eine bestimmte Arbeit notwendig ist, die aber geregelt ist durch ein von dem Wirtschaftsleben unabhängiges Leben, während zum Beispiel das Wirtschaftsleben heute von sich aus regelt das Arbeitsverhältnis, so daß nach den Preisen der Ware sich vielfach im volkswirtschaftlichen Prozeß regeln muß Arbeitszeit, Arbeitsverhältnis. Das Umgekehrte wird eintreten bei einer richtigen Gliederung des sozialen Organismus.“ (Lit.:GA 328, S. 121)

„Ein solches Verhältnis der Arbeit zur Rechtsordnung wird die im Wirtschaftsleben tätigen Assoziationen nötigen, mit dem, was «rechtens ist» als mit einer Voraussetzung zu rechnen. Doch wird dadurch erreicht, daß die Wirtschaftsorganisation vom Menschen, nicht der Mensch von der Wirtschaftsordnung abhängig ist.“ (Lit.:GA 23, S. 79 (Fußnote))

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks