Wolf Singer: Unterschied zwischen den Versionen

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1981 wurde Singer zum Direktor der ''Abteilung für Neurophysiologie'' am [[Wikipedia:Max-Planck-Institut für Hirnforschung|Max-Planck-Institut für Hirnforschung]] in [[Wikipedia:Frankfurt am Main|Frankfurt am Main]] berufen. Zusammen mit [[Wikipedia:Walter Greiner|Walter Greiner]] und [[Wikipedia:Horst Stöcker|Horst Stöcker]] begründete er 2004 das ''[[Wikipedia:Frankfurt Institute for Advanced Studies|Frankfurt Institute for Advanced Studies]]'' (FIAS) und das ''Brain Imaging Center'' (BIC) sowie 2006 das [[Wikipedia:Ernst-Strüngmann-Forum|Ernst-Strüngmann-Wissenschaftsforum]] und das [[Wikipedia:Ernst Strüngmann Institut|Ernst Strüngmann Institut]] (ESI).
1981 wurde Singer zum Direktor der ''Abteilung für Neurophysiologie'' am [[Wikipedia:Max-Planck-Institut für Hirnforschung|Max-Planck-Institut für Hirnforschung]] in [[Wikipedia:Frankfurt am Main|Frankfurt am Main]] berufen. Zusammen mit [[Wikipedia:Walter Greiner|Walter Greiner]] und [[Wikipedia:Horst Stöcker|Horst Stöcker]] begründete er 2004 das ''[[Wikipedia:Frankfurt Institute for Advanced Studies|Frankfurt Institute for Advanced Studies]]'' (FIAS) und das ''Brain Imaging Center'' (BIC) sowie 2006 das [[Wikipedia:Ernst-Strüngmann-Forum|Ernst-Strüngmann-Wissenschaftsforum]] und das [[Wikipedia:Ernst Strüngmann Institut|Ernst Strüngmann Institut]] (ESI).


Schwerpunktsmäßig untersucht Singer vor allem die [[neuron]]alen [[Prozess]]e, die mit komplexeren [[Kognition|kognitiven]] [[Fähigkeit]]en zusammenhängen, insbesondere mit der [[Visuelle Wahrnehmung|visuellen Wahrnehmung]]. Sein besonderes Interesse gilt dabei auch dem sog. [[Bindungsproblem]], bei dem es um die Frage geht, durch welche neuronalen Vorgänge die Vielzahl der [[Sinneswahrnehmung|Sinneseindrücke]] zu einer einheitlichen [[Wahrnehmung]] verbunden werden. Einer der wesentlichen Koordinationsmechanismen scheint dabei die Synchronisation der neuronalen Aktivität durch Phasenkopplung ({{EnS|''phase-locking''}}) selbsterregter Netzwerkoszillationen zu sein.<ref>{{Scholarpedia|Binding by synchrony|Wolf Singer}}</ref>. Nach theoretischen Vorarbeiten von P. M. Milner<ref>Milner, P. M.: ''A model for visual shape recognition''. Psychological Review. 1974; 81(6), 521-535. </ref> (1974), S. Grossberg<ref>Grossberg, S.: ''Adaptive pattern classification and universal recoding, II: Feedback, expectations, olfaction, and illusions''. Biol. Cybernetics, 187-202.</ref> (1976) und [[Wikipedia:Christoph von der Malsburg|Christoph von der Malsburg]] (1981) gelangen erste experimentelle Bestätigungen im Labor von Wolf Singer<ref>Gray, C. M. and Singer, W.: ''Stimulus-specific neuronal oscillations in orientation columns of cat visual cortex''. Proc. Natl. Acad. Sci. USA. 1989; 86, pp. 1698-1702</ref>.
Schwerpunktsmäßig untersucht Singer vor allem die [[neuron]]alen [[Prozess]]e, die mit komplexeren [[Kognition|kognitiven]] [[Fähigkeit]]en zusammenhängen, insbesondere mit der [[Visuelle Wahrnehmung|visuellen Wahrnehmung]]. Sein besonderes Interesse gilt dabei auch dem sog. [[Bindungsproblem]], bei dem es um die Frage geht, durch welche neuronalen Vorgänge die Vielzahl der [[Sinneswahrnehmung|Sinneseindrücke]] zu einer einheitlichen [[Wahrnehmung]] verbunden werden. Einer der wesentlichen Koordinationsmechanismen scheint dabei die Synchronisation der neuronalen Aktivität durch Phasenkopplung ({{EnS|''phase-locking''}}) selbsterregter Netzwerkoszillationen zu sein.<ref>{{Scholarpedia|Binding by synchrony|Wolf Singer}}</ref>. Nach theoretischen Vorarbeiten von P. M. Milner<ref>Milner, P. M.: ''A model for visual shape recognition''. Psychological Review. 1974; 81(6), 521-535. </ref> (1974), S. Grossberg<ref>Grossberg, S.: ''Adaptive pattern classification and universal recoding, II: Feedback, expectations, olfaction, and illusions''. Biol. Cybernetics, 187-202.</ref> (1976) und [[Wikipedia:Christoph von der Malsburg|Christoph von der Malsburg]] (1981) gelangen erste experimentelle Bestätigungen im Labor von Wolf Singer<ref>Gray, C. M. and Singer, W.: ''Stimulus-specific neuronal oscillations in orientation columns of cat visual cortex''. Proc. Natl. Acad. Sci. USA. 1989; 86, pp. 1698-1702 [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC286768/pdf/pnas00245-0276.pdf pdf]</ref>.


Als [[Neurowissenschaften|Neurowissenschaftler]] vertritt Singer einen kompromisslosen [[Naturalismus]] und spricht dem [[Mensch]]en dezidiert die [[Willensfreiheit]] ab. Bekannt wurde er in der Öffentlichkeit vor allem durch seine Aussage: „''Verschaltungen legen uns fest: Wir sollten aufhören, von Freiheit zu sprechen''“<ref>Wolf Singer in:  Christian Geyer (Hrsg.): ''Hirnforschung und Willensfreiheit'', 2004, S. 30ff.</ref> Singer fordert entsprechende [[Ethik|ethische]] und [[Rechtsleben|juristische]] Konsequenzen bezüglich der [[Schuld]]fähigkeit des Menschen.
Als [[Neurowissenschaften|Neurowissenschaftler]] vertritt Singer einen kompromisslosen [[Naturalismus]] und spricht dem [[Mensch]]en dezidiert die [[Willensfreiheit]] ab. Bekannt wurde er in der Öffentlichkeit vor allem durch seine Aussage: „''Verschaltungen legen uns fest: Wir sollten aufhören, von Freiheit zu sprechen''“<ref>Wolf Singer in:  Christian Geyer (Hrsg.): ''Hirnforschung und Willensfreiheit'', 2004, S. 30ff.</ref> Singer fordert entsprechende [[Ethik|ethische]] und [[Rechtsleben|juristische]] Konsequenzen bezüglich der [[Schuld]]fähigkeit des Menschen.

Version vom 28. Juni 2018, 15:21 Uhr

Wolf Singer (Oktober 2008)

Wolf Joachim Singer (* 9. März 1943 in München) ist ein deutscher Neurophysiologe.

Leben und Forschungstätigkeit

Wolf Singer studierte ab 1962 an der Ludwig-Maximilians-Universität München Medizin, wo er 1968 mit der Arbeit Die Funktion der telencephalen Kommissuren für bilaterale Synchronisierung des EEG promovierte. 1975 habilitierte er sich an der Technischen Universität München für das Fach Physiologie.

1981 wurde Singer zum Direktor der Abteilung für Neurophysiologie am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main berufen. Zusammen mit Walter Greiner und Horst Stöcker begründete er 2004 das Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) und das Brain Imaging Center (BIC) sowie 2006 das Ernst-Strüngmann-Wissenschaftsforum und das Ernst Strüngmann Institut (ESI).

Schwerpunktsmäßig untersucht Singer vor allem die neuronalen Prozesse, die mit komplexeren kognitiven Fähigkeiten zusammenhängen, insbesondere mit der visuellen Wahrnehmung. Sein besonderes Interesse gilt dabei auch dem sog. Bindungsproblem, bei dem es um die Frage geht, durch welche neuronalen Vorgänge die Vielzahl der Sinneseindrücke zu einer einheitlichen Wahrnehmung verbunden werden. Einer der wesentlichen Koordinationsmechanismen scheint dabei die Synchronisation der neuronalen Aktivität durch Phasenkopplung (eng. phase-locking) selbsterregter Netzwerkoszillationen zu sein.[1]. Nach theoretischen Vorarbeiten von P. M. Milner[2] (1974), S. Grossberg[3] (1976) und Christoph von der Malsburg (1981) gelangen erste experimentelle Bestätigungen im Labor von Wolf Singer[4].

Als Neurowissenschaftler vertritt Singer einen kompromisslosen Naturalismus und spricht dem Menschen dezidiert die Willensfreiheit ab. Bekannt wurde er in der Öffentlichkeit vor allem durch seine Aussage: „Verschaltungen legen uns fest: Wir sollten aufhören, von Freiheit zu sprechen[5] Singer fordert entsprechende ethische und juristische Konsequenzen bezüglich der Schuldfähigkeit des Menschen.

Zur Kritik

Das Gehirn ist nicht kausal geschlossen, so der Philosoph und Anthroposoph Joachim Stiller. Wäre der Mensch vollständig determinert, würde er sich niemals als Subjekt erleben, sondern immer nur als passiver Beobachter fremder Mechanismen. Und das sei tatsächlich nicht der Fall. Der Mensch "erlebt" sich grundsätzlich als Subjekt und damit als frei. Diesen Widerspruch kann Wolf Singer aber nicht auflösen, ohne dass es zu einem unendlichen Regress kommt. Das kann nur mindestens ein Dualismus.

Werke (Auswahl)

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. [Binding by synchrony Wolf Singer]. In: Scholarpedia. (englisch, inkl. Literaturangaben)
  2. Milner, P. M.: A model for visual shape recognition. Psychological Review. 1974; 81(6), 521-535.
  3. Grossberg, S.: Adaptive pattern classification and universal recoding, II: Feedback, expectations, olfaction, and illusions. Biol. Cybernetics, 187-202.
  4. Gray, C. M. and Singer, W.: Stimulus-specific neuronal oscillations in orientation columns of cat visual cortex. Proc. Natl. Acad. Sci. USA. 1989; 86, pp. 1698-1702 pdf
  5. Wolf Singer in: Christian Geyer (Hrsg.): Hirnforschung und Willensfreiheit, 2004, S. 30ff.
  6. Rez. hier (a. hier); Singers Reaktion darauf samt Entgegnung des Rezensenten hier und dessen Schlusswort zu einer daraufhin massiv eingesetzten Diskussion mit Links zu den Beiträgen weiterer Diskussionspartner hier.