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(Annie Besant 1885, From a photograph by H.S. Mendelssohn, 27, Cathcart Road, South Kensington, London)
 
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Der '''Sohar''', [[Hebräische Sprache|hebräisch]] '''[[Zajin|ז]][[He (Hebräisch)|ה]][[Resch|ר]]''', gilt als das bedeutendste Schriftwerk der [[Kabbala]]. Der Name bedeutet "Glanz" und geht zurück auf biblische Texte bei den [[Prophet]]en [[Ezechiel]] (Ez 1,28; 8,2) und [[Daniel (Prophet)|Daniel]] (Dan 2,31; 12,3).
[[Annie Besant]] 1885, From a photograph by H.S. Mendelssohn, 27, Cathcart Road, South Kensington, London
Das in [[Aramäische Sprache|Aramäisch]], zu geringen Teilen in Hebräisch verfasste Werk der [[Judentum|jüdischen]] [[Mystik]] enthält vor allem Kommentare zu Texten der [[Tora]] in Form von [[Homilie|homiletischen]] Meditationen, Erzählungen und Dialogen.
 
== Entstehung ==
Der Sohar ist eine Sammlung von Texten in fünf Bänden. Als Autor wird [[Schimon ben Jochai]] genannt, ein bedeutender [[Talmud|talmudischer]] [[Rabbiner]] des zweiten Jahrhunderts, der auch die wichtigste handelnde Person ist. Schimon ben Jochai gilt zwar historisch als "Vater der Kabbala", seine tatsächliche Autorschaft für den Sohar ist jedoch vor allem aus sprachlichen Gründen fraglich, sodass von einem [[Pseudepigraph|pseudepigraphischen]] Charakter der Schrift ausgegangen werden muss.
Der Sohar tauchte zuerst gegen Ende des 13. Jhdts. in [[Spanien]] auf. Um seine Herausgabe und Verbreitung hat sich der Kabbalist [[Mosche de Leon|Mosche ben Schemtow de León]] verdient gemacht, der bis 1305 in [[Kastilien]], zuletzt in [[Ávila]] lebte. Aufgrund literarischer, sprachlicher und quellentheoretischer Beobachtungen wurde de León historisch auch die Autorschaft des Sohar zugeschrieben.
 
== Inhalt ==
Der Sohar versucht das Wesen Gottes zu erfassen und dieses dem Menschen mitzuteilen. Da Gott verborgen ist, kann dies nur in höchst spekulativer und [[Kontemplation|kontemplativer]], nicht in beschreibender oder lehrhafter Form geschehen. Dabei steht immer die Auslegung der [[Tora]] als des wesentlichen religiösen Fundaments im Vordergrund. Der Sohar erkennt für die biblische [[Exegese]] vier Stufen des Verständnisses:
# der wortwörtliche Text (Literalsinn, hebr. ''pschat'')
# die übertragene Bedeutung (Allegorie, hebr. ''remes'')
# die Bedeutung im Leben (Auslegung, Auskunft, hebr. ''drasch'')
# die mystische Bedeutung (Geheimnis, hebr. ''sod'')
Die Anfangsbuchstaben dieser vier hebräischen Wörter bilden den Begriff ''PaRDeS'' (Obstgarten, verwandt mit dem deutschen Wort Paradies), wodurch der Sinn des Schriftstudiums angedeutet wird als Gang durch einen blühenden Garten. Dieser Gang wird auch interpretiert als geistiger Gang durch die verschiedenen Hallen des jüdischen Tempels.
 
Der Sohar nimmt die kabbalistischen Vorstellungen der zehn ''[[Sefirot]]'' auf als Sphären der Manifestation Gottes. Als letzter Ausdruck göttlichen Seins wird darüber das "Nichts" (hebr. ''en-sof'') erkannt. Aus dem ''en-sof'' entsteht das Sein wie in einem einzigen Punkt, der sich in der Bewegung ausfächert zu den vielen Erscheinungen des Lebens.
 
In der [[Ethik]] vertritt der Sohar als höchsten Wert die tätige Liebe zu Gott (hebr. ''debekuth''), die sich auch in der sozialen Hinwendung zum Mitmenschen äußert. Daneben vertritt der Sohar ein starkes Armutsideal. Der gerechte Mensch (hebr. ''[[Zaddik]]'') ist sowohl ein Tora-Gelehrter und Gottsucher, als auch der Wohltäter, der seine eigenen Bedürfnisse hinter die Sorge für den Nächsten radikal zurückstellt.
 
== Bedeutung ==
Schon bald nach seiner Entstehung hat der Sohar eine außergewöhnliche Bedeutung zuerst unter Kabbalisten, dann auch im Judentum allgemein gewonnen. Seine Verbreitung nahm insbesondere nach der Vertreibung der Juden aus [[Spanien]] (1492) stark zu. Vor allem für die [[Chassidismus|chassidische]] Tradition im osteuropäischen Judentum erlangte der Sohar geradezu [[kanonisch|kanonisches]] Ansehen.<br>
Auch unter christlichen Gelehrten hat der Sohar einige Resonanz hervorgerufen. Die spekulative Kraft seiner Sprache hat sogar dazu geführt, thematische Verbindungslinien zur christlichen Lehre zu ziehen bis hin zu Ähnlichkeiten im Wesen des [[Dreifaltigkeit|dreifaltigen]] Gottes.<br>
Andererseits wird auch der Sohar Elemente eines esoterischen Christentums im Südeuropa des 12. Jhdts. integriert haben, so dass eine klare Bewertung von Ursachen und Wirkungen schwer fällt. Grundsätzlich zeigen sich in mystischen Traditionen noch die stärksten und fruchtbarsten Verbindungen zwischen den Religionen.
 
==Aufbau==
Die fünf Bände des Sohar bestehen aus folgenden Teilen:
* '''Sohar''' (Hauptteil, Kommentar zur Tora gemäß den Abschnitten der [[Synagoge|synagogalen]] [[Parascha|Wochenlesung]]en)
* '''Sifra di-Zeniutha''' ("Buch der Verborgenheit", ein dunkler Kommentar zu den ersten 6 Kapitel des Buches [[1. Buch Mose|Genesis]])
* '''Idra Rabba''' ("Große Versammlung", ekstatische Vorträge des Schimon ben Jochai und seiner Schüler zu Themen der Schöpfung)
* '''Idra Sutta''' ("Kleine Versammlung", Erzählung vom Tode Schimon ben Jochais und seiner Vermächtnisrede)
* '''Hechaloth''' ("Hallen", Beschreibung der Hallen des Tempels, die von den Seelen der Frommen durchschritten werden)
* '''Rasa de-Rasin''' ("Das Geheimnis der Geheimnisse", Abhandlungen über die Verbindung von Seele und Körper)
* '''Saba''' ("Der Greis", Erkenntnisse eines greisen Kabbalisten über die Seele und die Seelenwanderung)
* '''Jenuka''' ("Das Kind", Erkenntnisse eines Wunderkindes über die Tora)
* '''Rab Methibtha''' ("Das Haupt der Schule", Visionärer Gang durch das Paradies mit Betrachtungen über das Schicksal der Seelen)
* '''Sithre Tora''' ("Geheimnisse der Tora", Deutungen verschiedener Abschnitte der Tora)
* '''Mathnithin''' (Auslegungen zur Tora im Stil der [[Mischna]]).
* '''Sohar zum [[Hohelied|Hohenlied]]'''
* '''Kaw ha-Midda''' ("Das Maß des Maßes", Auslegungen zum [[Schma Jisrael]], einem der Hauptgebete des Judentums)
* '''Sithre Othioth''' ("Geheimnisse der Zeichen", Deutungen zu den Buchstaben des Gottesnamens und des Textes der Schöpfungsgeschichte)
* '''[[Midrasch]] ha-ne'elam''' zur Tora (mystischer Kommentar zur Tora)
* '''[[Midrasch]] ha-ne'elam''' zum Buch [[Ruth]]
* '''Ra'ja Mehemna''' ("Der treue Hirte", Deutung der Gebote und Verbote der Tora)
* '''Tikkune Sohar''' ("Vollendung des Sohar", ein weiterer Kommentar zu den ersten sechs Kapiteln der Tora)
 
==Ausgaben==
* Zohar. Vol. 1-23 (Aramäisch-Hebräisch). Hg. von Rav Michael Berg. Kabbalah Publishing 2001. ISBN 1571891994
* Zohar. Vol. 1-23 (Englisch). Rav Yehuda Ashlag, Michael Berg (Editors). Kabbalah Publishing 1993. ISBN 1571892397
* The Zohar. Pritzker Edition by Daniel C. Matt (Übersetzer). Stanford 2004 (engl.). ISBN 0804747474
* Der Sohar. Das heilige Buch der Kabbala. Nach dem Urtext hrsg. von Ernst Müller. Wien 1932
* Der Sohar. Das heilige Buch der Kabbala. Hrsg. von Ernst Müller. München 1993 = Diederichs Gelbe Reihe Bd. 35 (Auswahltexte; Ausgabe ist vergriffen, Neuauflage in Vorbereitung).
 
==Literatur==
[[Gershom Scholem|Scholem, Gershom]]: Der Sohar I + II, in: ders., Die jüdische Mystik in ihren Hauptströmungen. Frankfurt 1980, S. 171-266. ISBN 3518079301
 
{{Wikipedia}}
 
[[Kategorie:Kabbala]]

Version vom 18. Februar 2007, 00:38 Uhr

Annie Besant 1885, From a photograph by H.S. Mendelssohn, 27, Cathcart Road, South Kensington, London