Aphorismus

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Ein Aphorismus ist ein einzelner Gedanke, ein Urteil oder eine Lebensweisheit, welches aus nur einem Satz oder wenigen Sätzen selbständig bestehen kann. Oft formuliert er eine besondere Einsicht rhetorisch kunstreich als allgemeinen Sinnspruch (Sentenz, Maxime, Aperçu, Bonmot, Spruch, Weisheit). Dagegen gelten geflügelte Worte und pointierte Zitate literaturwissenschaftlich nicht als Aphorismen.

Aphoristiker über Aphorismen

  • Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916): Ein Aphorismus ist der letzte Ring einer langen Gedankenkette. (eröffnet den Band Aphorismen, 1880.)
  • Ambrose Bierce (1842–1914): Aphorismus, m. Vorverdaute Weisheit. (Original: „Predigested wisdom“, aus The Devil’s Dictionary, 1911.)
  • Friedrich Nietzsche (1844–1900): Ein Aphorismus, rechtschaffen geprägt und ausgegossen, ist damit, dass er abgelesen ist, noch nicht „entziffert“; vielmehr hat nun dessen Auslegung zu beginnen, zu der es einer Kunst der Auslegung bedarf. (aus der Vorrede zur Genealogie der Moral, 1887.)
  • Robert Musil (1880–1942): Aphorismus: das kleinste mögliche Ganze.
  • Theodor Fontane (1819–1898): Ein guter Aphorismus ist die Weisheit eines ganzen Buches in einem einzigen Satz.
  • Hans Kudszus (1901–1977): Jeder Aphorismus ist das Amen einer Erfahrung. (eröffnet den Band Jaworte, Neinworte. Aphorismen. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1970.)
  • Karlheinz Deschner (1924–2014): Ein Aphorismus ist der Versuch, schon den Ton als Konzert auszugeben. (Ärgernisse. Aphorismen. Rowohlt, Reinbek 1994.)
  • Elias Canetti (1905–1994): Die großen Aphoristiker lesen sich so, als ob sie einander gut gekannt hätten. (Aufzeichnungen 1942–1948. Hanser, München 1965.)
  • Helmut Arntzen (* 1931): Im Aphorismus ist der Gedanke nicht zu Hause, sondern auf dem Sprung. (Kurzer Prozess. Nymphenburger, München 1966.)
  • Elazar Benyoëtz (* 1937): Ein Aphoristiker sagt so viel, wie sich denken lässt, und nicht mehr, als man sich ausmalen kann. (Der Mensch besteht von Fall zu Fall. Reclam, Leipzig 2002, S. 82.)
  • Klaus von Welser (1942–2014): Der Systematiker führt seine Gedanken aus, der Aphoristiker führt sie heim. (Neuere Studien zur Aphoristik und Essayistik. Hrsg. v. G. Cantarutti. Peter Lang, Frankfurt am Main 1986, S. 31.)
  • Jacques Wirion (* 1944): Nur scheinbar kommt der Aphorismus denen entgegen, die keine Zeit haben. (Sporen. Esch/Sauer, Op der Lay 2005, S. 54.)
  • Alfred Grünewald (1884–1942): Als ich erkannte, daß man sich den Leuten nicht gut ohne Gebrauchsanweisung verschreiben kann, entschloß ich mich für den Aphorismus. (Alfred Grünewald, Ergebnisse. Ed. Memoria, Hürth bei Köln 1996, S.38.)
  • Karl Kraus (1874–1936): Ein Aphorismus braucht nicht wahr zu sein, aber er soll die Wahrheit überflügeln. Er muß mit einem Satz über sie hinauskommen. (Karl Kraus, Werke Bd. 3, ed. H. Fischer, S. 326.)
  • Karl Kraus: Der Aphorismus deckt sich nie mit der Wahrheit; er ist entweder eine halbe Wahrheit oder anderthalb. (Sprüche und Widersprüche. Karl Kraus, Fackel 270/271 32.)
  • Elazar Benyoëtz: Aphorismus — ein Wort in Sinn getaucht. (Treffpunkt Scheideweg. Elazar Benyoëtz.)

Siehe auch

Literatur

  • Hans Peter Balmer: Aphoristik, Essayistik, Moralistik. In: Theorien der Literatur, Grundlagen und Perspektiven, Hans Vilmar Geppert / Hubert Zapf (Hrsg.), Bd. III, A. Francke, Tübingen 2007, S. 191–211.
  • Stephan Fedler: Der Aphorismus. Begriffsspiel zwischen Philosophie und Poesie. Metzler, Stuttgart 1992. ISBN 3-476-45014-7
  • Harald Fricke: Aphorismus. Metzler, Stuttgart 1984. ISBN 3-476-10208-4
  • Werner Helmich: Der moderne französische Aphorismus. Innovation und Gattungsreflexion. Tübingen 1991. ISBN 3-484-55009-0
  • Heinz Krüger: Über den Aphorismus als philosophische Form. Dissertation. edition text + kritik, München 1988. ISBN 3-88377-301-8
  • Gerhard Neumann: Der Aphorismus. Zur Geschichte, zu den Formen und Möglichkeiten einer literarischen Gattung. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1976. ISBN 3-534-05731-7
  • Friedemann Spicker: Der Aphorismus. Begriff und Gattung von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis 1912. De Gruyter, Berlin/New York 1997. ISBN 3-11-015137-5
  • Friedemann Spicker: Studien zum deutschen Aphorismus im 20. Jahrhundert. Niemeyer, Tübingen 2000. ISBN 3-484-35079-2
  • Friedemann Spicker: Der deutsche Aphorismus im 20. Jahrhundert. Spiel, Bild, Erkenntnis. Niemeyer, Tübingen 2004. ISBN 3-484-10859-2
  • Friedemann Spicker: Kurze Geschichte des deutschen Aphorismus. Francke, Tübingen 2007. ISBN 978-3-7720-8247-4
  • Friedemann Spicker: Die Welt ist voller Sprüche. Große Aphoristiker im Porträt. Brockmeyer, Bochum 2010. ISBN 978-3-8196-0767-7
  • Joachim Stiller: Erkenne Dich selbst - Verschiedene Lehrsätze der Anthroposophie PDF
  • Thomas Stölzel: Rohe und polierte Gedanken. Studien zur Wirkungsweise aphoristischer Texte. Dissertation. Rombach, Freiburg im Breisgau 1998, ISBN 3-7930-9185-6
  • Klaus von Welser: Die Sprache des Aphorismus. Formen impliziter Argumentation von Lichtenberg bis zur Gegenwart. Peter Lang, Frankfurt am Main 1986. ISBN 3-8204-9170-8

Weblinks

 Wikiquote: Aphorismus – Zitate
 Wiktionary: Aphorismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikiversity: Schopenhauer Aphorismen zur Lebensweisheit – Kursmaterialien, Forschungsprojekte und wissenschaftlicher Austausch
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