Arianischer Streit

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Als arianischen Streit bezeichnet man die im 4. Jahrhundert leidenschaftlich geführten Auseinandersetzungen um die als Arianismus bezeichneten Lehren und die damit aufgeworfene Frage, ob der in Jesus Christus inkarnierte Logos göttlich, gottähnlich oder anders als Gott, nämlich geschöpflich sei. Da es ab dem Konzil von Nicäa 325, auf dem Arius verurteilt worden war, gar nicht mehr um Arius selbst ging, sondern arianisch vorwiegend zum Kampfbegriff gegen die Kritiker des Konzils wurde, wird in der neueren Dogmengeschichtsschreibung vorgeschlagen, für die Phase nach 325 eher vom trinitarischen oder subordinatianischen Streit zu sprechen.

Es handelte sich dabei nicht nur um einen Streit unter Theologen; die allgemeine Bevölkerung war dabei ebenfalls sehr engagiert.

Der Streit spielte sich nicht nur auf theologischer, sondern vielfach auch oder sogar wesentlich auf politischer Ebene ab. Im Wesentlichen sind drei Phasen zu unterscheiden:

  • die Entwicklung des Streits vor dem Konzil von Nicäa etwa 318–325;
  • die Reaktion gemäßigter und radikaler Kritiker der Konzilsentscheidung auf verschiedenen weiteren Konzilien von 325 bis 361;
  • der Wiederaufschwung der Anhänger des Konzils von Nicäa, der sogenannten Jungnizäner, bis zu ihrem Sieg auf dem Konzil von Konstantinopel 381.

Personenüberblick

Da die beteiligten Herrscher und Bischöfe oft ähnliche oder gleiche Namen, jedoch unterschiedliche Ansichten hatten, folgt hier eine Orientierungstabelle.

Kaiser (inkl. Regierungszeit)

Arianisch Schwankend/neutral Trinitarisch
Constantia, Schwester von Konstantin, Frau von Licinius Konstantin der Große (306–337)  
Constantius II., Sohn von Konstantin I., (337–361)   Konstantin II. (337–340)

Constans (337–350)

  Julian (361–363) Jovian (363)
Valens (364–378)   Valentinian I. (364–375)
Valentinian II. (375–392)

vertreten durch Mutter Justina

Gratian (367–383)  
    Theodosius I. (379–395)

Bischöfe und Priester (mit Amtszeiten)

Arianisch Schwankend/neutral Trinitarisch
Arius, Priester († 336)   Alexander von Alexandria, Alexandria († 327)

Silvester I., Rom (314-335)
Alexander von Konstantinopel, Konstantinopel († 337)

Eusebius von Nikomedia, Konstantinopel († 341)

Gregor von Kappadozien, Alexandria († 345)

Eusebius von Caesarea, Palästina († 337-40) Athanasius von Alexandria, Alexandria (327-373)

Markell von Ankyra, Rom
Hilarius von Poitiers (350-367)

Wulfila (340-383)

Macedonius, Konstantinopel (342-346)

  Julius I., Rom
Georg von Kappadozien, Alexandria (356-361)

Felix II., Rom

Liberius, Rom (352-366)  
Eudoxius von Antiochia, Konstantinopel (360-370)

Demophilus, Konstantinopel (370-379)

Damasus I., Rom (366-384) Basilius von Caesarea, Caesarea (370-378)
Maxentius, Konstantinopel (380)   Gregor von Nazianz, Konstantinopel (380-381)

Gregor von Nyssa, Nyssa (372-395)
Ambrosius von Mailand, Mailand (374-397)
Amphilochius von Ikonium, Mailand (374-395)

Verlauf

Entwicklung bis zum Konzil von Nicäa

Die Kontroverse begann 318 in Alexandria während einer informellen Diskussion über die Dreieinigkeit, die der Bischof Alexander mit seinen Ältesten führte. Einer der Ältesten, Arius, warf dem Bischof in der Diskussion Sabellianismus vor (Sabellianismus sieht Gott als eine Person, die sich auf dreifache Weise manifestiert) und erklärte dagegen seine Meinung: es gab eine Zeit, da Jesus nicht war und aus dem Nichts ist er geschaffen, die er mit einigen Bibelversen belegte.

Gegen diese Lehre wehrte sich später ein junger Diakon des Bischofs, Athanasius, energisch. Ihm ging es nicht um philosophische Überlegungen, er kämpfte für die Erlösung. Jesus, der Retter der Welt und aller Menschen, konnte nicht selbst ein erlösungsbedürftiges Geschöpf sein. Wenn Arius aus Jesus ein Geschöpf mache, raube er der Menschheit den Erlöser. Athanasius erinnerte an Johannes 1.

Es kam 319 zu einer von Alexander einberufenen lokalen Synode der Bischöfe von Libyen und Ägypten. Die von Arius vertretene Lehre, dass Jesus Christus als Sohn Gottes ganz klar Gott untergeordnet, also „subordiniert“ sei, wurde einmütig als Irrlehre verurteilt und Arius aus Alexandria verbannt. Arius verbreitete jedoch seine Lehre mit Unterstützung der einflussreichen Bischöfe Eusebius von Nikomedia und Eusebius von Caesarea weiter, und die Kontroverse dehnte sich innerhalb kurzer Zeit auf den gesamten christlichen Osten aus.

Kaiser Konstantin persönlich appellierte an Bischof Alexander und Arius, sie sollten sich in der christologischen Frage um die Beziehung zwischen Gott und Jesus Christus einigen. Als er sah, dass eine gütliche Schlichtung nicht möglich war und der Streit auch in der Bevölkerung eskalierte, so dass er die Stabilität im Reich gefährdet sah, berief er 325 über 1800 Bischöfe zu einem allgemeinen Konzil nach Nicäa bei Konstantinopel ein.

Jedoch kamen nur 318 Bischöfe zusammen, und nach hitzigen Diskussionen setzte sich die Position des Alexander gegen die Anhänger des Arius, die Arianer, durch.

Das Konzil von Nicäa

Aufgrund einer Intervention Konstantins erarbeitete das Konzil schließlich die Formeln gezeugt aus dem Wesen des Vaters und gezeugt und ungeschaffen, wesenseins (griechisch ὁμοούσιος homoousios, von gleicher Substanz) mit dem Vater. Das Konzil betonte, dass der Sohn Teil der Dreieinigkeit sei und nicht Teil der Schöpfung.

Allen Arianern wurde mit der Exkommunikation gedroht, falls sie nicht dem Nicäischen Glaubensbekenntnis, das diese Lehre zusammenfasste, zustimmten. Arius stimmte nicht zu und wurde verbannt. Seine Schriften wurden verbrannt, auf ihren Besitz stand nunmehr die Todesstrafe (was allerdings in der Praxis vom Kaiser nicht durchgesetzt wurde, nachdem bereits vier Jahre später der Arianer Eusebius von Nikomedia sein Hofbischof war).

Die Reaktion der Arianer

Zwei Jahre später wurde Arius begnadigt, der Kaiser verlangte (vergeblich) seine Wiederaufnahme in die Kirche von Alexandria. Im selben Jahr starb Bischof Alexander von Alexandria, und Athanasius wurde sein Nachfolger.

Die erhoffte Einigung blieb aus. Im Volk waren die Meinungen sehr geteilt und wurden in jedem Fall leidenschaftlich vertreten. Innerhalb weniger Jahre war die Christenheit des Ostens tief gespalten. Alexandria war die Hochburg der Trinitarier, die Exegetenschule von Antiochia stand auf der Seite von Arius. Die folgende Zeit war geprägt von gegenseitigen Anklagen der nizänischen Partei und der Arianer, von Verleumdungen, Absetzungen und Verbannungen. Die arianische Partei gewann in den Jahren nach Nizäa besonders bei der höheren Geistlichkeit und den hellenistisch Gebildeten bei Hof und im Kaiserhaus viele Anhänger, so dass 360 die Mehrheit der Bischöfe freiwillig oder gezwungen arianisch stimmten. Es traten verschiedene arianische Synoden zusammen, die zwischen 340 und 360 vierzehn verschiedene nichttrinitarische Bekenntnisse absegneten.

Eine Synode von Tyros und Jerusalem, bei der sowohl Eusebius von Caesarea als auch Eusebius von Nikomedia eine führende Rolle spielten, nahm Arius und seine Glaubensgenossen 335 wieder in die Kirche auf. Dieselbe Synode setzte Athanasius ab, und es gelang ihr, Kaiser Konstantin auf ihre Seite zu ziehen. Athanasius wurde nach Trier verbannt, wo er sich mit Constantius II., dem Sohn Kaiser Konstantins, befreundete. Ob der heilige Antonius, wie Athanasius in seiner Vita Antonii berichtet, damals tatsächlich aus seiner Einsiedelei in Oberägypten nach Alexandria geeilt ist, um seinem Freund Athanasius beizustehen und ihn vor der Verbannung zu bewahren, muss sehr vorsichtig bewertet werden.

336 starb Arius in Konstantinopel kurz vor seiner durch den Kaiser erzwungenen Wiederaufnahme in die Kirche, was der nizänische Bischof von Konstantinopel als Gottesurteil feierte (er hatte vorher gebetet, dass entweder er selbst oder Arius den Tag der Wiederaufnahme nicht erleben würde).

337 starb Kaiser Konstantin, nachdem er von Eusebius von Nikomedia getauft worden war. Die Grabrede hielt Eusebius von Caesarea. Das Reich wurde unter Konstantins drei Söhne aufgeteilt: Constantius II. bekam den Osten, Konstantin II. Britannien und Gallien, Constans Italien und Illyrien. Constantius berief Athanasius zurück nach Alexandrien, wo er mit Begeisterung empfangen wurde.

Der Arianer Eusebius von Nikomedia wurde 338 Bischof von Konstantinopel, was damals dem Rang des Bischofs von Rom gleichkam. Im selben Jahr setzte ein Konzil in Antiochia Athanasius ab, er wurde ein zweites Mal in die Verbannung geschickt. Gregor von Kappadozien wurde als Bischof von Alexandria eingesetzt (nicht identisch mit Gregor von Nazianz oder Gregor von Nyssa, die beide zwar ebenfalls Kappadozier, aber zu dieser Zeit noch im Schulalter waren). Im selben Jahr starb Eusebius von Caesarea.

Ab etwa 340 bekehrte der Arianer Wulfila die Goten zum (arianischen) Christentum. In den nächsten Jahrzehnten wurden die Goten ein wesentlicher Faktor im arianischen Streit, da sie einen großen Teil des kaiserlichen Heeres stellten und damit auch politischen Einfluss hatten.

Nach dem Tod Konstantins II. 340 wurde Constans alleiniger Herrscher des Westens. Er unterstützt die Nicäaner, während sein Bruder Constantius auf Seiten der Arianer stand. Auch Bischof Julius I. von Rom unterstützte die Trinitarier und nahm Athanasius auf. Athanasius entwickelte in dieser Zeit gute Beziehungen zur römischen Kurie.

Solange Konstantin der Große lebte, war das Bekenntnis von Nicäa unantastbar gewesen, aber nach seinem Tod arbeiteten die Eusebianer energisch daran, die Formel von Nicäa wieder aufzuheben. Zu Lebzeiten des Constans geschah das noch in moderater Form. 341 und 344 wurden in Antiochia zwei arianische Konzile gehalten. Sämtliche anwesenden Bischöfe waren aus dem Osten, die meisten gegen Athanasius. Sie verfassten vier arianische Bekenntnisse, die eher moderat sind, das Homoousion weglassen und den extremen Arianismus verurteilen. Sie erklärten, keine Arianer zu sein, da sie als Bischöfe nicht einem Priester (Arius war nur Priester gewesen) folgen könnten. In diesem Jahr starb Eusebius von Nikomedia.

Das Konzil, das Constantius in Serdica zusammenrief, um die Einheit der Kirche wieder herzustellen, wurde ein Fiasko. Der Westen war gegen den Arianismus, der Osten dafür – beide Seiten verurteilten einander. Auch die „Arianer“ waren gespalten (siehe Acacius von Caesarea, Basilius von Ancyra und Aetios).

345 starb Gregor von Kappadokien und im folgenden Jahr wurde Athanasius wieder als Bischof von Alexandria eingesetzt. Er wurde erneut mit Begeisterung empfangen und arbeitete in den nächsten zehn Jahren als Bischof – und weiterhin als Kämpfer für den trinitarischen Glauben.

350 wurde Constans, der Kaiser des Westens, ermordet. Constantius war damit Alleinherrscher und plante, im ganzen Reich die Trinitarier auszuschalten. 355 wurde Athanasius ein drittes Mal verbannt, dieses Mal verbrachte er die Verbannung in der Wüste von Oberägypten. Constantius berief Konzilien ein in Arles (353), Mailand (355) und Beziers (356), in denen er die Verurteilung des Athanasius unter Gewaltandrohung durchsetzte. Die Menge an Konzilien fiel sogar heidnischen Beobachtern auf. So kommentiert einer: »Die Straßen sind voll von galoppierenden Bischöfen.«

Auf der arianischen Seite bekam die extreme Partei mehr Gewicht. Auf dem dritten Konzil von Sirmium (357) wurde ein Bekenntnis verfasst, das durchwegs eine Subordination Jesu unter den Vater vertritt; auf Konzilien in Nicäa und Konstantinopel wurde Jesus als ähnlich (»homoiousios«; mit zusätzlichem Iota) wie Gott bezeichnet (359). Hieronymus kommentierte zwanzig Jahre später: »Die Welt erwachte mit einem Stöhnen und entdeckte, dass sie arianisch war.«

Wiederaufschwung der Trinitarier

361 starb Constantius und sein Vetter Julian (Kaiser der westl. Provinzen) erhob sich zum Alleinherrscher. Julian war als Nichtchrist weder Arianer noch Trinitarier, sondern wollte die alte römische Religion wieder einführen. In Alexandria gab es einen Aufstand, der arianische Bischof wurde von den Heiden ermordet und Athanasius von seinen eigenen Leuten zurückgerufen.

Nach Julians gewaltsamem Tod 363 (Perserfeldzug) kam - nach einem kurzen Zwischenspiel des trinitarischen Kaisers Jovian - im Osten der arianische Kaiser Valens an die Macht, im Westen wiederum der trinitarische Kaiser Valentinian I., dessen Frau Justina jedoch auf der Seite der Arianer stand.

Zu einer Wende kam es erst in den 370er Jahren: Basilius von Caesarea wurde 370 Metropolit von Caesarea und setzte trotz Druckversuchen von Kaiser Valens seinen ganzen Einfluss für die trinitarische Seite ein. Er bemühte sich, auch Papst Damasus zu einem aktiven Einsatz zu bewegen, erreichte jedoch nicht viel, denn nach dem Tod von Athanasius war zwischen Rom und dem Osten eine Entfremdung eingetreten (nicht jedoch zwischen Mailand und dem Osten). In Kleinasien setzte sich unter dem Einfluss von Basilius die trinitarische Seite durch. Die Hauptstadt Konstantinopel blieb hingegen immer noch arianisch.

374 wurde Ambrosius Bischof von Mailand und arbeitete nicht nur theologisch, sondern auch mit politischem Einfluss für die trinitarische Sache - auch Mailand war jetzt, trotz aller Intrigen der Kaiserin Justina, trinitarisch, der Tod Valentinians, dem sein vierjähriger Sohn auf den Thron folgte (unter Vormundschaft seiner arianischen Mutter) konnte daran nichts ändern.

Basilius starb 379, im selben Jahr wurde sein Freund Gregor von Nazianz von der trinitarischen Minoritengemeinde nach Konstantinopel berufen. Er begann in einem Kellerlokal zu predigen, die Kirchen waren ihm verschlossen – seine theologisch und rhetorisch überragenden Predigten hatten jedoch, trotz massiver tätlicher Angriffe der Arianer, einen solchen Erfolg, dass er ein Jahr später unter Begeisterungsstürmen der Bevölkerung zum Metropoliten von Konstantinopel ernannt wurde.

Ebenfalls 379 kam Kaiser Theodosius an die Macht, der sich 380 trinitarisch taufen ließ und ab 380 mit Gregor von Nazianz in Konstantinopel die trinitarische Lehre durchsetzte.

Das Konzil von Konstantinopel

Theodosius berief 381 das Erste Konzil von Konstantinopel ein, wo unter der Führung Gregors von Nazianz und Gregors von Nyssa, des Bruders Basilius' von Caesarea, eine Neufassung des nicänischen Glaubensbekenntnisses erarbeitet wurde.

Damit war der arianische Streit in der Kirche beendet. Während der Arianismus unter den germanischen Völkern, die während der arianischen Vorherrschaft christianisiert wurden (Goten, Vandalen) noch einige Jahrhunderte fortbestand, wurde der Entscheid von Konstantinopel in der orthodoxen Kirche und in der katholischen Kirche nie wieder in Frage gestellt. Mit dem Übertritt des fränkischen Königs Chlodwig I. zum römisch-katholischen Glauben begann der Siegeszug des Trinitarismus auch in der germanischen Welt.

Siehe auch

Literatur

  • John Henry Newman: Arians of the Fourth Century. 1871. (Online-Version)
  • William G. Rush: The Trinitarian Controversy. 1980, ISBN 0800614100.
  • Richard E. Rubenstein: When Jesus Became God. 2000, ISBN 0156013150.
  • Karlmann Beyschlag: Grundriß der Dogmengeschichte. Band I: Gott und Welt, Darmstadt 21987, S. 254-308
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