Renaissance

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Der vitruvianische Mensch, Proportionsstudie nach Vitruv von Leonardo da Vinci (1492)

Renaissance [rənɛˈsɑ̃s] (entlehnt aus franz. renaissance „Wiedergeburt“) wird die europäische Kulturepoche in der Zeit des Umbruchs vom Mittelalter zur Neuzeit im 15. und 16. Jahrhundert genannt. Sie war geprägt von dem Bemühen um eine Wiederbelebung der kulturellen Leistungen der griechischen und römischen Antike. Ausgehend von den Städten Norditaliens beeinflussten die Künstler und Gelehrten der Renaissance mit ihrer innovativen Malerei, Architektur, Skulptur, Literatur und Philosophie auch die Länder nördlich der Alpen, wenn auch in jeweils unterschiedlicher Ausprägung. Die Bezeichnung „Renaissance“ wurde erst im 19. Jahrhundert geprägt.

Überblick

Bereits im Mittelalter hatte Europa auf die Antike zurückgeschaut, doch erst im Spätmittelalter wurden wichtige antike Texte wiederentdeckt und zugänglich gemacht. Im Renaissance-Humanismus wurde das antike Staatswesen studiert. Als für die Renaissance charakteristisch gelten ferner die vielen damals gemachten Erfindungen und Entdeckungen, die man als Folge eines allgemeinen geistigen Erwachens beschreiben kann (siehe Technik der Renaissance).

Als Kernzeitraum der Renaissance wird in der Kunstgeschichte das 15. (Quattrocento) und 16. Jahrhundert (Cinquecento) angesehen. Die Spätrenaissance wird auch als Manierismus bezeichnet. Das Ende der Epoche vollzieht sich im beginnenden 17. Jahrhundert in Italien durch den neu hervortretenden Stil des Barock. Außerhalb Italiens dominierten noch längere Zeit Formen der Gotik; die Übergänge sind hier fließend und ihre Einschätzung hängt davon ab, ob ein engerer Stilbegriff der Renaissance verwendet wird oder ein weiterer Epochenbegriff. Im protestantischen Nordeuropa wird der Epochenbegriff der Renaissance von dem der Reformation überlagert.

Als Künstler der Renaissance sind besonders Italiener wie Alberti, Donatello, Botticelli, Leonardo da Vinci, Bramante, Raffael, Michelangelo und Tizian sowie im deutschen Sprachraum Albrecht Dürer und die Donauschule bekannt. Zu dieser Epoche gehören aber auch bedeutende Schriftsteller von Dante Alighieri bis William Shakespeare. Der Staatsphilosoph Niccolò Machiavelli gilt als Analytiker und Vertreter einer selbstbewussten Machtpolitik. Erasmus von Rotterdam wiederum steht für Moral und Selbstreflexion. In der Musik verbindet man die Epoche vor allem mit verstärkter Mehrstimmigkeit und neuer Harmonie etwa bei Orlando di Lasso.

„Als Goethe nach Italien ging, suchte er nicht römisches Wesen auf - studieren Sie das, was Goethe in Italien erlebte; was suchte er? Griechisches Wesen in Italien! Überall suchte er durch das Römertum hindurch griechische Art und Weise zu erkennen. Wahrhaftig, so zusammenwachsen vergleichsweise — ich will das mehr als Bild sagen, was ich jetzt sagen werde -, so zusammenwachsen konnten wiederum in der Renaissance Griechentum und Christentum, daß jetzt die Nachwelt gar nicht mehr unterscheiden kann Griechentum und Christentum in den Schöpfungen der Renaissance. Gestritten wird, wie ich Ihnen öfter schon gesagt habe, ob das berühmte Bild Raffaels «Die Schule von Athen», wie es genannt wird, wirklich in den Mittelfiguren Plato und Aristoteles darstelle, oder ob es darstellt Petrus und Paulus. Für das eine wie für das andere sprechen gewichtige Gründe; das eine wie das andere wurde vertreten, so daß an einem der hervorragendsten der Bilder nicht zu unterscheiden ist, ob man es mit griechischen oder mit christlichen Gestalten zu tun hat. Aber es ist eben so zusammengewachsen, daß jene wunderbare Ehe, welche im griechischen Geistesleben geschlossen war zwischen dem Geistigen und dem Materiellen, daß jene wunderbare Ehe sich ebenso ausdrücken läßt durch Plato und Aristoteles, wie durch Petrus und Paulus. In dem Plato, den manche sehen wollen in dem Bilde, das man «Die Schule von Athen» nennt, sehen wir den Greis, der hinaufhebt die Hand ins himmlische Reich, neben ihm stehend Aristoteles mit seiner begrifflichen Welt, hinunterweisend nach der materiellen Welt, um den Geist in der Materie zu suchen. Ebensogut kann man in dem Hinaufweisenden den Petrus, in dem Hinunterweisenden den Paulus sehen. Aber immer ist während dieser Renaissance rechtmäßig die Sache auf zwei Personen verteilt.

Gegenüber der Renaissance, die ein Wiederaufleben des Griechentums war, muß etwas Ursprüngliches wieder kommen. Das kann nur kommen durch Synthese, durch die höhere Synthese. Sie ist dadurch gegeben, daß in derselben Person die eine wie die andere Geste sein wird: die Geste hinauf zum Himmlischen, die Geste hinunter zum Irdischen. Dann braucht man allerdings das Luziferische und das Ahrimanische, einander kontrastierend. Was Sie sehen in einem der größten Kunstwerke der Renaissance auf zwei Personen verteilt, müssen Sie in unserer Gruppe, die geschaffen werden soll, sehen in der einen Person des Menschheitsrepräsentanten: die eine wie die andere Geste!“ (Lit.:GA 171, S. 23f)

„Die Menschen lechzten nach einem Geistesleben, aber es kam nicht ein neues Geistesleben herauf. Es wurde nicht das Geistesleben auf den eigenen Boden der neuzeitlich geistig produzierenden Persönlichkeiten gestellt. Es kam nur herauf die Reformation und die Renaissance, eine Erneuerung des Alten. Heute leben wir in einer großen, in einer wichtigen Zeit. Heute dürfen wir nicht mit einer Renaissance eines alten Geisteslebens uns begnügen; heute müssen wir appellieren an ein ganz neues Geistesleben. Das kann aber nicht gedeihen im Schatten eines Wirtschaftslebens, im Schatten einer Staatsordnung. Das kann nur gedeihen, wenn es frei auf sich selbst gestellt ist.“ (Lit.:GA 336, S. 315)

Begriff

Erstmals wurde der Begriff (ital.rinascita oder Rinascimento [riˌnaʃːiˈmento] „Wiedergeburt“) 1550 von dem italienischen Künstler und Künstlerbiographen Giorgio Vasari verwendet, um die Überwindung der mittelalterlichen Kunst zu bezeichnen. Vasari unterscheidet in der Entwicklung der Kunst drei Zeitalter:

  1. das glanzvolle Zeitalter der griechisch-römischen Antike
  2. ein Zwischenzeitalter des Verfalls, das etwa mit der Epoche des Mittelalters gleichgesetzt werden kann
  3. das Zeitalter des Wiederauflebens der Künste und der Wiedergeburt des antiken Geistes im Mittelalter seit etwa 1250

Nach Vasari hatten bereits die italienischen Bildhauer, Architekten und Maler der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, darunter Arnolfo di Cambio, Niccolò Pisano, Cimabue oder Giotto, „in dunkelsten Zeiten den Meistern, die nach ihnen kamen, den Weg gewiesen, der zur Vollkommenheit führt“.

Um 1820/30 wurde der Begriff „Renaissance“ in der heute geläufigen Schreibweise aus dem Italienischen ins Französische übernommen. Etwa 1840 erfolgte im deutschsprachigen Schrifttum eine Entlehnung aus dem Französischen, um eine kulturgeschichtliche Epoche Europas während des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit zu benennen. Der Begriff wurde in dieser Bedeutung maßgebend vom Basler Historiker Jacob Burckhardt mit seinem Werk „Die Kultur der Renaissance in Italien“ (1860) geprägt.

Allgemein spricht man auch in anderen Zusammenhängen von Renaissance, wenn alte Werte oder Ideen wieder zum Durchbruch gelangen. So bezeichnet man es oft als Renaissance, wenn regionale Kulturen im 19. und 20. Jahrhundert sich verstärkt für ihre Eigenarten (und Sprachen) interessiert haben, wie in der irischen Renaissance. Im Englischen bezeichnet man ferner als renaissance man einen Menschen mit besonders vielen und verschiedenen Fähigkeiten.

Zeitliche Einordnung

Leonardo da Vinci – Abendmahl (1495–1498)

Die Anfänge der Renaissanceepoche werden im späten 14. Jahrhundert in Italien gesehen; als Kernzeitraum gilt das 15. und 16. Jahrhundert. Gegenüber dem älteren wissenschaftlichen Modell einer Initialbewegung in Italien und der unaufhaltsamen nachfolgenden Ausbreitung über Europa geht man heute in den Kulturwissenschaften immer mehr von einer mehrsträngigen und vernetzten Situation wechselseitiger Einflüsse aus.[1][2]

Die vorausgehende kulturgeschichtliche Epoche der Renaissance war die Gotik, die nachfolgende der Barock.

Üblicherweise teilt man die kunstgeschichtliche Epoche der Renaissance, vor allem die italienische Renaissance, in drei Perioden ein:

  1. Frührenaissance
  2. Hochrenaissance
  3. Spätrenaissance oder Manierismus

Im Gegensatz zum 19. Jahrhundert sieht die heutige Kunstgeschichte (und die Geschichtswissenschaft allgemein) den Bruch zwischen Mittelalter und Renaissance weniger schroff. Bereits im 13. Jahrhundert oder davor kündigten sich Entwicklungen an, die an die Renaissance erinnerten, wie der Städtebau. Als Karolingische Renaissance bezeichnet man die Rückbesinnung auf die Antike, die unter Karl dem Großen um 800 eingesetzt hatte.

Siehe auch

Literatur

  • Walter Paatz: Die Kunst der Renaissance in Italien. Kohlhammer, Stuttgart 1961.
  • Rudolf Wittkower: Grundlagen der Architektur im Zeitalter des Humanismus. München 1969.
  • Hartmut Biermann: Renaissance. Heyne, München 1976. (Heyne-Bücher; 5).
  • Leonid M. Batkin: Die historische Gesamtheit der italienischen Renaissance. Verlag der Kunst, Dresden 1979.
  • Ludwig Heinrich Heydenreich: Studien zur Architektur der Renaissance. Fink, München 1981.
  • Ernst Gombrich: Zur Kunst der Renaissance. Ausgewählte Aufsätze. 4 Bände. Klett-Cotta, Stuttgart 1985–1988.
  • Georg Kauffmann: Die Kunst des 16. Jahrhunderts. Propyläen-Verlag, Berlin 1990.
  • Michael Jäger: Die Theorie des Schönen in der italienischen Renaissance. DuMont, Köln 1990.
  • Johan Huizinga: Das Problem der Renaissance. Wagenbach, Berlin 1991, ISBN 3-8031-5135-X.
  • Jörg Traeger: Renaissance und Religion. Die Kunst des Glaubens im Zeitalter Raphaels. Beck, München 1997, ISBN 3-406-42801-0.
  • Thomas DaCosta Kaufmann: Höfe, Klöster und Städte. Kunst und Kultur in Mitteleuropa 1450–1800. DuMont, Köln 1998, ISBN 3-7701-3924-0.
  • Boris von Brauchitsch (Hrsg.): Renaissance. Das 16. Jahrhundert, Galerie der großen Meister. DuMont, Köln 1999, ISBN 3-7701-4620-4.
  • Volker Reinhardt: Die Renaissance in Italien. Geschichte und Kultur. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47991-X.
  • Anne Schunicht-Rawe, Vera Lüpkes (Hrsg.): Handbuch der Renaissance. Deutschland, Niederlande, Belgien, Österreich. DuMont, Köln 2002, ISBN 3-8321-5962-2.
  • Jacob Burckhardt: Die Kultur der Renaissance in Italien. Insel-Verlag, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-933203-89-9. (Das Werk erschien 1860; auch erschienen im Kröner Verlag 2009)
  • Manfred Wundram: Renaissance. Reclam, Stuttgart 2004, ISBN 3-15-018173-9.
  • Erwin Panofsky: Die Renaissancen der europäischen Kunst. Suhrkamp, Frankfurt/M. 2004.
  • Jeffrey C. Smith: The Northern Renaissance. Phaidon Books, London 2004, ISBN 0-7148-3867-5.
  • Peter Burke: Die europäische Renaissance. Zentren und Peripherien. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52796-5.
  • Hubertus Günther: Was ist Renaissance? Eine Charakteristik der Architektur zu Beginn der Neuzeit. Primus, Darmstadt 2009, ISBN 978-3-89678-654-8.
  • Stephen Greenblatt: Die Wende. Wie die Renaissance begann. München 2012, ISBN 978-3-88680-848-9.
  • Rudolf Steiner: Innere Entwicklungsimpulse der Menschheit. Goethe und die Krisis des neunzehnten Jahrhunderts, GA 171 (1984), ISBN 3-7274-1710-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  • Rudolf Steiner: Die großen Fragen der Zeit und die anthroposophische Geist-Erkenntnis, GA 336 (2005), ISBN 978-3727433603 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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Weblinks

 Wiktionary: Renaissance – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Renaissance - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Peter Burke: Die europäische Renaissance. Zentren und Peripherien. München 1998.
  2. Marina Belozerskaya: Rethinking the Renaissance. Burgundian Arts across Europe, Cambridge 2002.
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