Kalanchoe pinnata (Kalanchoe pinnata)

Aus AnthroWiki
Kalanchoe pinnata

Kalanchoe pinnata
Tafel aus der Beschreibung als Bryophyllum calycinum von 1805 durch Richard Anthony Salisbury.

Ordnung: Steinbrechartige (Saxifragales)
Familie: Dickblattgewächse (Crassulaceae)
Unterfamilie: Kalanchoideae
Gattung: Kalanchoe
Sektion: Brutblätter (Bryophyllum)
Art: Kalanchoe pinnata
Kalanchoe pinnata
(Lam.) Pers.

Kalanchoe pinnata ist eine Pflanzenart der Gattung Kalanchoe in der Familie der Dickblattgewächse (Crassulaceae). Die sogenannte Goethe-Pflanze wird häufig mit Kalanchoe daigremontiana verwechselt.

Beschreibung

Diese kräftige, meist aufrechte, oft verzweigte, ausdauernde, sukkulente Pflanze erreicht Wuchshöhen von 0,3 bis zu 2 Metern. Die gegenständigen, gestielten Laubblätter sind sukkulent, ledrig, fleischig, 5 bis 20 cm lang und 2,5 bis 12 cm breit; die unteren sind einfach und eiförmig, die oberen sind gefiedert und bis 13 Zentimeter lang. An den Einbuchtungen der gekerbten bis gesägten Blattränder bilden sich oft Brutknospen. Der Blattstiel ist 2 bis 10 cm lang.

Es werden achselständige, rispige Blütenstände gebildet. Der Blütenstiel weist eine Länge von 10 bis 25 mm auf. Die gestielten, hängenden, großen Blüten sind zwittrig und fünfzählig. Die vier glatten, grün bis rot oder mit rot-violetten Streifen versehenen Kelchblätter sind zu einer Kelchröhre mit einer Länge von 2,1 bis 3 cm und einem Durchmesser von 0,6 bis 1,2 cm verwachsen; diese endet in dreieckigen Kelchzipfeln. Die vier glatten, roten oder violetten Kronblätter sind glockenförmig verwachsen, 3,4 bis 5,4 cm lang und 0,4 bis 0,7 cm breit. Es sind zwei Kreise mit je vier Staubblättern vorhanden. Die 2 bis 4,5 mm langen Staubblätter sind mit dem unteren Viertel der Kronröhre verwachsen. Die vier 6 bis 12 mm langen Fruchtblätter sind nur an ihrer Basis verwachsen. Die vier Griffel weisen eine Länge von 2 bis 3,5 cm auf. Die Nektarschüppchen weisen eine Länge von 1,5 bis 2,6 mm und eine Breite von 1 bis 1.8 mm auf.

Je Blüte werden vier Balgfrüchte gebildet; sie weisen eine Länge von 10 bis 14 mm auf, sind von papierartigen Kelch umhüllt und enthalten viele Samen. Die winzigen, eiförmigen Samen weisen eine Länge von 0,8 bis 1,2 mm und einen Durchmesser von 0,2 bis 0,35 mm auf.

Verbreitung, Chromosomenzahl und Systematik

Gut zu erkennen sind in dieser Illustration die unterschiedlich geformten Blätter: unten einfach und im Bereich des Blütenstandes zusammensetzt.

Das natürliche Verbreitungsgebiet von Kalanchoe pinnata ist Madagaskar. Diese Art ist in den tropischen Gebieten von Afrika, Asien und Amerika verwildert.

Die Chromosomenzahl ist .[1]

Eine erste Beschreibung erfolgte 1782 als Crassula pinnata durch den Sohn von Carl von Linné.[2] Jean-Baptiste de Lamarck ordnete die Art als Cotyledon pinnata der Gattung Cotyledon zu.[3] Christian Hendrik Persoon stellte sie 1805 unter ihrem heutigen Namen in die Gattung Kalanchoe. [4]

Es existieren zahlreiche Synonyme. Das wichtigste davon ist die 1805 vorgenommen Beschreibung von Bryophyllum calycinum durch Richard Anthony Salisbury. Die von ihm gleichzeitig aufgestellte Gattung Bryophyllum ist heute eine Sektion der Gattung Kalanchoe. Ein weiteres Synonym ist Bryophyllum pinnatum.

Die „Goethe-Pflanze“

Abbildung von Bryophyllum calycinum auf Tafel 22 in Band 2 von Augustin-Pyrame de Candolles Organographie végétale (1827).
Tafel 1409 mit Bryophyllum calycinum im von William Curtis herausgegebenen Botanical Magazin (Band 34 von 1811).

Das erste, 1814 unter dem Namen Bryophyllum calycinum nach Deutschland eingeführte, Exemplar stammte aus dem Botanischen Garten Kew und wurde im Botanischen Garten Hannover vermehrt. 1817 erhielt der Botanische Garten Belvedere in Weimar eines dieser Exemplare. Wenig später beobachtete Johann Wolfgang von Goethe dort, wie kleine Pflänzchen an den Blatträndern der Mutterpflanze wuchsen. Davon fasziniert, begann Goethe mit der Aufzucht und der genauen Beobachtung dieser Pflanze.

Der Präsident der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina Christian Gottfried Daniel Nees von Esenbeck bat Goethe, eine wissenschaftliche Abhandlung für die Nova Acta Physico-Media Academiae zu schreiben. Goethe fertigte, unter Verwendung der Darstellung der Pflanze in William Curtis Botanical Magazine, im September 1820 einen ersten Entwurf an, der jedoch nicht publiziert wurde. Auch ein zweites Manuskript vom März 1826 blieb im Entwurf stecken.[5] Zu Goethes Lebzeiten wurden nur kleine, fragmentarische Notizen von ihm über die Pflanze veröffentlicht.[6][7]

„Das frische Blatt umgebogen und mit beiden Enden in die Erde gesteckt brachte sogleich lebhaft wachsende Pflanzen hervor. Sechse trieben sogleich mächtig, dreie kamen nach. Im Monat Mai war das Blatt eingesteckt, die stärkste Pflanze trieb in weniger als einem Monat ihr gegeneinander überstehendes Blätterpaar, so daß man Ende März (26.) eilf vollständige Blätterpaare vor Augen sah. Das zwölfte hatte sich auch schon entwickelt und erschien zuerst als dreigeteilt. Die übrigen Pflanzen standen niedriger und hatten weniger Blätterpaare.

Die Blätter, wie sie sich zuerst entwickeln, gelangen zu bedeutender Größe, straff und stramm, bald fangen sie aber an, sich an den Enden zu krümmen, der Blattstiel beugt sich nieder, so daß die unteren Blätter, als würden sie vom Topf angezogen, sich an ihn anlegen und gegen ihn zu krümmen, sie scheinen sich überhaupt nach dem nächsten Gegenstande zu krümmen und die Eigenschaft der rankenden Pflanzen im zartesten zu manifestieren. Ende März waren schon sieben Blätterpaare mehrt oder weniger umgebogen, das achte fing auch schon an sich umzuschlagen.

Diese Blätter, an welchen sich schon die röthliche Farbe der einstigen Blume manifestirt, brachten in ihren Einschnitten Ende März Luftwurzeln hervor, sie hatten vom Licht abgewendet gestanden.

Gegen das Licht ist die Pflanze sehr empfindlich, sie biegt sich gegen dasselbe, desßwegen man durch Umdrehung des Topfes sie ganz gerade ziehen kann. Der Stengel in seinen jüngeren Stufen von oben herein biegt sich in wenigen Tagen um.“

Goethe: Zur Morphologie 1. Teil, S. 336f.[8]

Das Bryophyllum calycinum hatte auch Einfluss auf Goethes Dichtkunst. So schrieb er über die Pflanze beispielsweise das Gedicht Mit einem Blatt Bryophyllum calycinum[9]. Das Gedicht war Teil eines Briefes Goethes vom 19. April 1830 an Marianne von Willemer, dem auch ein Exemplar der Pflanze Brutblatt beigelegt war[10].

Medizinische Verwendung

Seit Jahrzehnten wird Kalanchoe pinnata in der Anthroposophischen Medizin zur Wehenhemmung (Tokolyse) eingesetzt.[11] Zahlreiche weitere positive Eigenschaften werden beschrieben, wie die Wirksamkeit bei Leishmaniose, Gelbsucht (Hepatitis), Bluthochdruck (arterieller Hypertonus) und bei der Wundheilung. Kalanchoe pinnata wird deswegen seit langem in der traditionellen Medizin Afrikas, Indiens, Chinas und Australiens eingesetzt. Darüber hinaus werden antidiabetische, antibakterielle, immunosupressive, antimutagene und Effekte bei Tumorerkrankungen beschrieben, die aber zum Teil noch Gegenstand experimenteller Untersuchungen sind.[12]

Siehe auch

Nachweise

Literatur

  •  Bernard Descoings: Kalanchoe pinnata. In: Urs Eggli (Hrsg.): Sukkulenten-Lexikon. Crassulaceae (Dickblattgewächse). Eugen Ulmer, Stuttgart 2003, ISBN 3-8001-3998-7, S. 175.
  • Hermann Jacobsen: Das Sukkulentenlexikon. 3. Auflage. Fischer, Jena 1983, S. 275.
  • Günter Steiger: Diesem Geschöpfe leidenschaftlich zugetan. Bryophyllum calycinum Goethes »pantheistische Pflanze«. Nationale Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen Literatur in Weimar 1986.

Einzelnachweise

  1. F. Friedmann: Sur de nouveaux nombres chromosomiques dans le genre Kalanchoë (Crassulacées) à Madagascar. In: Candollea. Band 26, Nr. 1, 1971, S. 103–107 (PDF; 211 kB).
  2. Carl von Linné: Supplementum Plantarum Systematis Vegetabilium Editionis Decimae Tertiae, Generum Plantarum Editiones Sextae, et Specierum Plantarum Editionis Secundae.. Braunschweig 1782, S. 191 (online).
  3. Encyclopedie Methodique. Botanique. Band 2, Paris 1786, S. 141 (online).
  4. Synopsis plantarum, seu Enchiridium botanicum, complectens enumerationem systematicam specierum hucusque cognitarum. Band 1, Paris 1805, S. 446 (online).
  5. Rudolf Steiner (Herausgeber):Goethes Werke. Abteilung II: Naturwissenschaftliche Schriften. Band 6, Weimar 1891
  6. Johann Wolfgang von Goethe: Nacharbeiten und Sammlungen. In: Zur Morphologie. Heft 2, März 1820.
  7. Johann Wolfgang von Goethe: Verstäubung, Verdunstung, Vertropfung. In: Zur Morphologie. Heft 3, Oktober 1820.
  8. Goethes Werke II. Abteilung 6. Band. Herausgegeben im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. Zur Morphologie 1. Teil. Hermann Böhlau, Weimar 1891, S. 336f archive.org
  9. Johann Wolfgang von Goethe: Goethe's sämtliche Werke. Band 6, J. G. Cotta, 1857, S. 161–162 (online)
  10. FAZ. 9. Juli 2010, S. 49
  11. Simões-Wüst, Rist: „Bryophyllum in der präklinischen und klinischen Forschung“. In: Der Merkurstab. Heft 5, 2007, S. 415-420 (PDF; 76 kB)
  12. A. Kamboj, A. K. Saluja: „Bryophyllum pinnatum (Lam.) Kurz.: Phytochemical and pharmacological profile : A review“. In: Phcog Rev [serial online]. 2009, Nummer 3, S. 364–374 (online)

Weblinks

Commons: Kalanchoe pinnata - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Kalanchoe pinnata (Kalanchoe pinnata) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.