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Vier Tiere (Daniel)

Aus AnthroWiki

DanLUT: Die nächtliche Vision besteht aus einer Abfolge von Szenen, die jeweils mit „Ich hatte eine Vision/sah/schaute“ eingeleitet sind. Die „Nacht“ ist Bild für die tödliche Verfolgung, der Juden in Israel damals ausgesetzt waren. Vers 2–8 beschreibt den Aufstieg von vier großen Raubtieren aus dem von den vier Himmelswinden aufgewühlten Meer. Die Winde signalisieren eine weltweite Thematik: Es geht um die Weltgeschichte. Das Meer steht für die Urflut, das Gottes ordnender Schöpfung entgegengesetzte Chaos (Gen 1,2). Die Tiere (Löwe, Bär, Panther) sind Bilder für antike Weltreiche, deren bestialische Bedrohlichkeit sich steigert: Während die Flügel des Löwen gestutzt und durch ein Menschenherz ersetzt werden, frisst der Bär Fleisch und der Panther hat mehr Flügel und Köpfe als seine Vorgänger. Das vierte Tier erscheint als besonders grausames, maßloses Wesen, das mit gewaltigen eisernen Zähnen alles frisst und zermalmt und mit seinen Füßen alles zertritt. Das elfte seiner Hörner habe drei vorige Hörner ausgerissen und mit einem menschlichen Maul anmaßend geredet. Auf diese Blasphemie folgt in Vers 9–12 das Endgericht: Gott (der „Hochbetagte“) und sein Rat nehmen auf dem Feuerthron Platz, während ungezählte Menschenmengen ihm dienen; Bücher werden aufgeschlagen. Den Tieren wird ihre Macht genommen und sie werden im Feuer verbrannt. Beim vierten Tier wird der Grund wiederholt („wegen der anmaßenden Worte, die das Horn redete“). In Vers 13–14 erscheint der Menschensohn mit den Himmelswolken. Gott übergibt ihm seine Macht, so dass die Menschen „aller Völker, Nationen und Sprachen“ ihm dienen. Sein Reich werde ewig sein.

Gemäß dem Vier-Tiere-Schema in Dan 2 wird der geflügelte Löwe mit Babylonien, der aufgerichtete Bär mit Medien, der vierköpfige Panther meist mit Persien und das vierte Tier dann mit dem Reich Alexanders und seiner Nachfolger identifiziert. Manchmal wird das zweite Tier mit Medien und Persien, schon das dritte dann mit Alexanders Reich und das vierte nur mit den Diadochenreichen identifiziert. Konsens besteht darin, dass das elfte Horn sich auf Antiochos IV., seine Großmäuligkeit sich auf die auch in 1 Makk benannte Tempelentweihung (167 v. Chr.) bezieht.

Deutlich ist der symbolische Kontrast zwischen der aus dem Chaos geborenen Gewalt und Grausamkeit der Weltreiche und dem vom Himmel kommenden Reich des Menschensohns: Während die Tiere alles rauben, fressen und zerstören, herrscht er ohne Gewalt, so dass ihm alle Menschen freiwillig dienen. Das, so die Aussage, sei kein mögliches Ergebnis einer innerhistorischen Entwicklung, sondern allein Gottes Werk, der alle Gewaltherrschaft abbrechen und vernichten werde. Gleichwohl sei es ein wirkliches, irdisches Reich auf dieser Erde.

Die folgende, einem Engel in den Mund gelegte Deutung (Vers 15–27) bestätigt das: Dort wird der Menschensohn mit den „Heiligen des Höchsten“, das heißt dem Volk der toratreuen, in der Verfolgung standhaften Juden identifiziert. Er repräsentiert also in der Vision sowohl Gottes ewige Herrschaft als auch das erwählte Gottesvolk, dem sie zugute kommt. Damit bewahrt diese apokalyptische Vision nach dem Ende des israelitischen Königtums die früheren prophetischen Verheißungen, das endzeitliche Israel werde eines Tages von aller Gewaltherrschaft befreit sein und den weltweiten Völkerfrieden geschenkt erhalten.