Das 1. Apokalyptische Siegel

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Siegel I

Erstes apokalyptisches Siegel

„Das erste Siegel stellt des Menschen ganze Erdenentwickelung im allgemeinsten dar. In der «Offenbarung St.Johannis» wird mit den Worten darauf hingedeutet: «Und als ich mich wandte, sah ich sieben güldne Leuchter, und mitten unter den sieben Leuchtern einen, der war eines Menschen Sohn gleich, der war angetan mit einem langen Gewände, und begürtet um die Brust mit einem güldenen Gürtel. Sein Haupt aber und sein Haar waren weiß wie weiße Wolle, als der Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme, und seine Füße gleich wie Messing, das im Ofen glühet, und seine Stimme wie groß Wasserrauschen, und hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand; und aus seinem Munde ging ein scharf, zweischneidig Schwert; und sein Angesicht leuchtete wie die helle Sonne.» In allgemeinen Zügen wird mit solchen Worten auf umfassendste Geheimnisse der Menschheitsentwickelung gedeutet. Wollte man darstellen in ausführlicher Art, was jedes der tief bedeutsamen Worte enthält: man müßte einen dicken Band schreiben. Unser Siegel stellt solches bildlich dar. Nur ein paar Andeutungen seien gemacht: Unter den körperlichen Organen und Ausdrucksformen des Menschen sind solche, die in ihrer gegenwärtigen Gestalt die abwärtsgehenden Entwicklungsstufen früherer Formen darstellen, die also ihren Vollkommenheitsgrad bereits überschritten haben; andere aber stellen die Anfangsstufen der Entwickelung dar; sie sind jetzt gleichsam die Anlagen zu dem, was sie in der Zukunft werden sollen. Der Geheimwissenschafter muß diese Entwickelungsgeheimnisse kennen. Ein Organ, das in der Zukunft etwas viel Höheres, Vollkommeneres sein wird, als es gegenwärtig ist, stellt das Sprachorgan dar. Indem man dieses ausspricht, rührt man an ein großes Geheimnis des Daseins, das oftmals auch das «Mysterium des schaffenden Wortes» genannt wird. Es ist damit eine Hindeutung auf den Zukunftszustand dieses menschlichen Sprachorgans gegeben, das einmal, wenn der Mensch vergeistigt sein wird, geistiges Produktions-(Zeugungs-)organ wird. In den Mythen und Religionen wird diese geistige Produktion durch das sachgemäße Bild von dem aus dem Munde kommenden «Schwert» angedeutet. So bedeutet jede Linie, jeder Punkt gewissermaßen auf dem Bilde etwas, was mit des Menschen Entwickelungsgeheimnis zusammenhängt. Daß solche Bilder gemacht werden, geht nicht etwa bloß aus einem Bedürfnisse nach einer Versinnlichung der übersinnlichen Vorgänge hervor, sondern es entspricht der Tatsache, daß das Hineinleben in diese Bilder - wenn sie die rechten sind - wirklich eine Erregung von Kräften bedeutet, welche in der Menschenseele schlummern, und durch deren Erweckung die Vorstellungen der übersinnlichen Welt auftauchen. Es ist nämlich nicht das Richtige, wenn in der Theosophie die übersinnlichen Welten nur in schematischen Begriffen beschrieben werden; der wahre Weg ist der, daß die Vorstellung solcher Bilder erregt wird, wie sie in diesen Siegeln gegeben werden. (Hat der Okkultist solche Bilder nicht zur Hand, so soll er mündlich die Beschreibung der höheren Welten in sachgemäßen Bildern geben.)“ (Lit.:GA 34, S. 596f)

„Siegel I stellt umfassend die ganze Erdenentwicklung des Menschen dar. Dieses sowie andere Siegel der Serie kann man in einem gewissen Sinne auch beschrieben finden in der «Offenbarung St. Johannis» (Apokalypse). Denn wer diese Schrift im geisteswissenschaftlichen Sinne zu verstehen vermag, der sieht in ihr nichts anderes als die in Worten gegebene Beschreibung dessen, was der «Seher» als Menschheitsentwicklung auf dem astralischen Plane urbildlich wahrnimmt. So versteht ein solcher auch die ersten Worte dieser Schrift, die (annähernd richtig wiedergegeben) so lauten: «Die Offenbarung Jesu Christi, die Gott ihm dargeboten hat, seinen Dienern zu veranschaulichen, wie in Kürze sich das notwendige Geschehen abspielt; dieses ist in Zeichen gesandt durch Gottes Engel seinem Diener Johannes. Dieser hat zum Ausdruck gebracht das ,Wort' Gottes und dessen Offenbarung durch Jesus Christus, in der Art, wie er es geschaut hat.» Die «Zeichen», die er geschaut hat, sind von dem Aufzeichner der «geheimen Offenbarunge dargestellt worden. – Man kann an den folgenden Siegeln finden, daß sie in vieler Beziehung ähnlich sind dem, was in der Apokalypse beschrieben ist, doch nicht ganz. Denn unseren Bildern liegt eine geisteswissenschaftliche Methode zugrunde, welche zwar mit allen Überlieferungen im Einklange ist, in ihrer eigenen Gestalt sich aber, den modernen geistigen Bedürfnissen der Menschheit entsprechend, seit dem vierzehnten Jahrhundert in jenen Kreisen ausgebildet hat, die seit jener Zeit die Aufgabe haben, diese Dinge zu pflegen. Dennoch soll hier, wo es darauf ankommt, die Beschreibung unter Hinweis auf die «Offenbarung St. Johannis» gegeben werden. Ausdrücklich bemerkt soll werden, daß manches von den sieben Siegeln schon in diesem oder jenem Werke der neueren Zeit . veröffentlicht ist; doch wird der in solchen Dingen Eingeweihte finden können, daß diese anderen Wiedergaben in manchen Punkten abweichen von der hier gegebenen Gestalt, welche die echte geisteswissenschaftliche Grundlage zur Darstellung bringen will.

Zum ersten Siegel kann man vergleichen dessen Beschreibung in der Apokalypse. «Und ich wandte mich hin, zu vernehmen die Laute, welche zu mir drangen; und da schaute ich sieben güldene Lichter, und inmitten der Lichter des Menschensohnes Bild, mit langem Gewande und mit einem goldenen Gürtel um die Lenden; und sein Haupt und Haar waren weißglänzend wie weiße Wolle oder Schnee, und seine Augen funkelnd im Feuer. Und seine Füße waren feuerflüssig wie im feurigen Ofen erglüht, und seine Stimme glich dem Zusammenklange rauschender Wassermassen. Und in seiner Rechten waren sieben Sterne, und aus seinem Munde kam ein zweischneidiges scharfes Schwert, und sein Antlitz in seinem Glanze glich der leuchtenden Sonne.» In allgemeinen Bildern wird da auf umfassendste Geheimnisse der Menschheitsentwicklung gedeutet. Wollte man in ausführlicher Art darstellen, was der Seher aus diesen Bildern sehen kann, so müßte man ein dickes Buch schreiben. Nur ein paar Andeutungen seien gemacht. Jedes Zeichen, jede Form an den Siegelbildern ist vielsagend, und was hier gesagt wird, kann nur Etwas von Vielem sein. Unter den Organen und Ausdrucksmitteln des Menschen sind solche, welche in ihrer gegenwärtigen Gestalt die abwärtsgehenden Entwicklungsstufen früherer Formen darstellen, die also ihren Vollkommenheitsgrad bereits überschritten haben; andere aber stellen die Anfangsstufen einer Entwicklung dar, die in aufsteigender Richtung sich bewegt. Solche Glieder am Menschen sind heute erst noch unvollkommen und werden künftig ganz andere höhere Aufgaben zu erfüllen haben. Ein Organ, das in der Zukunft etwas viel Höheres, Vollkommeneres sein wird als es gegenwärtig ist, stellt das Sprachorgan dar, mit allem, was am Menschen zu ihm gehört. Indem man dieses andeutet, rührt man an ein großes Geheimnis des Daseins, welches auch das «Mysterium des schaffenden Wortes» genannt wird. Es ist damit eine Hindeutung auf den Zukunftszustand dieses Organs gegeben, das einmal, wenn der Mensch vergeistigt sein wird, Produktions- (Zeugungs-) Organ sein wird.

In den Mythen und religiösen Erzählungen wird diese zukünftige vergeistigte Produktionsform durch das sachgemäße Bild von dem aus dem Munde kommenden feurigen «Schwert» angedeutet. Die ersten Stufen der Erdenentwicklung des Menschen verliefen in einer Zeit, als die Erde noch «feurig» war; und aus dem Elemente des Feuers haben sich die ersten menschlichen Verkörperungen herausgestaltet; am Ende seiner Erdenlaufbahn wird der Mensch selbst sein Inneres durch die Kraft des Feuerelementes schöpferisch nach außen strahlen. Dieses Fortentwickeln vorn Erdenanfang zum Erdenende erschließt sich dem «Seher», wenn er auf dem Astralplan das Urbild des werdenden Menschen erblickt, wie es im ersten Siegel wiedergegeben ist. Der Anfang der Erdenentwicklung steht da in den feurigen Füßen, das Ende in dem feurigen Antlitz und die vollkommene zuletzt zu erringende Kraft des «schöpferischen Wortes» in dem feurigen Schwert, das aus dem Munde kommt. Während diese Entwicklung abläuft, steht des Menschen Werden und seine dabei entfalteten Kräfte nacheinander unter dem Einfluß von Kräften, die sich in den sieben Sternen der Rechten ausdrücken. So stellt jede Linie, jeder Punkt gewissermaßen auf dem Bilde etwas dar, was mit dem umfassenden Entwicklungsgeheimnis des Menschen zusammenhängt.“ (Lit.:GA 284, S. 91f)

„Das erste zeigt einen Menschen mit weißen Kleidern angetan, seine Füße wie Metall, wie Erzfluß; aus seinem Munde ragt ein feuriges Schwert hervor; seine Rechte ist umgeben von den Zeichen unseres Planeten: Saturn, Sonne, Mond, Mars, Merkur, Jupiter, Venus. Wer die Apokalypse des Johannes kennt, wird sich erinnern, daß dort eine ziemlich übereinstimmende Beschreibung dieses Bildes zu finden ist, denn Johannes war ein Eingeweihter. Dieses Siegel stellt nämlich, man könnte sagen, die Idee der ganzen Menschheit dar. Wir werden das begreifen, wenn wir an einige Vorstellungen erinnern, die den Älteren hier schon bekannt sind.

Wenn wir in der Menschenentwickelung zurückgehen, gelangen wir in eine Zeit, wo sich der Mensch noch auf einer sehr unvollkommenen Stufe befand. So zum Beispiel hatte er noch nicht das, was Sie heute auf Ihren Schultern tragen; den Kopf. Es würde recht grotesk klingen, wenn man den damaligen Menschen beschreiben würde. Der Kopf hat sich nämlich erst nach und nach entwickelt und wird sich immer weiter entwickeln. Es gibt heute im Menschen Organe, die sozusagen an ihrem Abschluß angelangt sind; sie werden später nicht mehr im Menschenleib sein. Andere gibt es, die werden sich umbilden, so unser Kehlkopf, der eine gewaltige Zukunft hat, freilich im Zusammenhange mit unserem Herzen. Heute ist der Kehlkopf des Menschen erst im Beginne seiner Entwickelung, er wird dereinst das in das Geistige umgewandelte Fortpflanzungsorgan sein. Sie werden eine Vorstellung von diesem Mysterium bekommen, wenn Sie sich klarmachen, was heute der Mensch mit seinem Kehlkopf bewirkt. Indem ich hier spreche, hören Sie meine Worte: Dadurch, daß dieser Saal von Luft erfüllt ist und in dieser Luft gewisse Schwingungen hervorgerufen werden, werden Ihnen meine Worte zu Ihrem Ohr, zu Ihrer Seele übertragen. Wenn ich ein Wort ausspreche, zum Beispiel «Welt», schwingen Wellen der Luft - das sind Verkörperungen meiner Worte. Das, was der Mensch heute so hervorbringt, nennt man das Hervorbringen im mineralischen Reiche. Die Bewegungen der Luft sind mineralische Bewegungen; durch den Kehlkopf wirkt der Mensch mineralisch auf seine Umgebung. Aber der Mensch wird aufsteigen und einst pflanzlich wirken; nicht nur mineralische, sondern auch pflanzliche Schwingungen wird er alsdann hervorrufen. Er wird Pflanzen sprechen. Die nächste Stufe wird dann sein, daß er empfindende Wesen spricht; und auf der höchsten Stufe der Entwickelung wird er durch seinen Kehlkopf seinesgleichen hervorrufen. Wie er jetzt nur den Inhalt seiner Seele durch das Wort aussprechen kann, wird er dann sich selbst aussprechen. Und wie der Mensch in der Zukunft Wesen sprechen wird, so waren die Vorgänger der Menschheit, die Götter, mit einem Organ begabt, mit dem sie alle Dinge aussprachen, die heute da sind. Sie haben alle Menschen, alle Tiere und alles andere ausgesprochen. Sie alle sind ausgesprochene Götterworte im wörtlichen Sinne.

«Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und ein Gott war das Wort!» Das ist nicht ein philosophisches Wort im spekulativen Sinne - eine Urtatsache hat Johannes hingestellt, die ganz wörtlich zu nehmen ist.

Und am Ende wird das Wort sein, und die Schöpfung ist eine Verwirklichung des Wortes; und was der Mensch in der Zukunft hervorbringen wird, wird eine Verwirklichung dessen sein, was heute Wort ist. Dann aber wird der Mensch nicht mehr solche physische Gestalt haben wie heute; er wird bis zu jener Gestalt vorgeschritten sein, die auf dem Saturn war, bis zur Feuermaterie. So verbindet sich die schöpferische Kraft im Anfang der Weltentwickelung mit unserer eigenen Schöpferkraft am Ende der Weltentwickelung.

Diejenige Wesenheit, welche alles hinausgesprochen hat in die Welt, was heute darinnen ist, sie ist das große Vorbild der Menschen. Sie hat hinausgesprochen in die Welt den Saturn, die Sonne, den Mond, die Erde - in ihren beiden Hälften Mars-Merkur -, den Jupiter, die Venus. Das deuten die sieben Sterne an; sie sind ein Zeichen dafür, bis zu welcher Höhe der Mensch sich entwickeln kann. In der Feuermaterie wird der Planet am Ende wieder sein; und der Mensch wird in dieser Feuermaterie schöpferisch sprechen können: das ist das feurige Schwert, das aus seinem Munde ragt. Alles wird feurig sein, daher die Füße von flüssigem Erz.“ (Lit.:GA 284, S. 74f)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

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