Gaius Cornelius Gallus

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Marmorporträt im Cleveland Museum of Art, möglicherweise des C. Cornelius Gallus[1]

Gaius Cornelius Gallus (* um 70 v. Chr. angeblich in Forum Iulii (Fréjus)[2]; † 27/26 v. Chr.) war ein römischer Politiker und Dichter.

Leben

Gaius Cornelius Gallus wurde kurz nach dem Jahre 70 v. Chr. geboren und stammte aus niederen Verhältnissen. In der Zeit nach Caesars Ermordung befand er sich in der Gesellschaft des Politikers und Feldherrn Gaius Asinius Pollio. Als dessen praefectus fabrum lernte er den Dichter Vergil kennen und half ihm bei der Bedrohung seines Landbesitzes. Seit damals entstand zwischen den beiden Männern ein sehr herzliches Verhältnis und diese Sympathie übertrug sich auch auf die Dichtung. Wahrscheinlich begann nach dieser Zeit der literarische Erfolg des Cornelius Gallus.

Laut den Quellen wandte sich Gallus nach dem Ausscheiden Pollios aus der aktiven Politik im Jahr 39 v. Chr. Oktavian, dem späteren Augustus, zu. Im Kampf zwischen Oktavian und Marcus Antonius kommandierte er dessen Truppen und verlieh durch den Vormarsch nach Alexandria dem Bürgerkrieg ein glückliches Ende. Die Inschrift eines Obelisken, der später auf im Circus am Vatikan in Rom aufgestellt wurde, zeigt, dass Gallus als praefectus fabrum im Auftrag Oktavians ein forum Iulium gründete. Durch sein entschlossenes Vorgehen empfahl er sich für höhere Aufgaben. Als Oktavian 30 v. Chr. Ägypten verließ, verlieh er Cornelius Gallus den Posten des ersten Statthalters von Ägypten (praefectus Alexandreae et Aegypti), eine Machtposition, die vor ihm kein römischer Ritter und in ihrer umfassenden Machtfülle kein senatorischer Statthalter innegehabt hatte. Er war persönlicher Repräsentant seines Dienstherren in Ägypten, militärischer Befehlshaber der dort stationierten Legionen, Appellationsinstanz in Rechtsfragen und Spitze der Bürokratie. Einmal jährlich reiste er durch das Land. Das Amt galt über weite Strecken der Kaiserzeit als Gipfel der ritterlichen Laufbahn.

Im Jahr 26/27 v. Chr. wurde Gallus aus nicht genau bekannten Gründen abgesetzt und angeklagt. Angeblich wurde er angeklagt, weil er auf der Insel Philae eine dreisprachige Inschrift errichtete[3], die als sein Tatenbericht dienen sollte und sich an den Pyramiden in Ägypten verewigte. Aber dieser Sachverhalt ist fraglich. Es stehen eine Reihe literarischer Befunde zur Verfügung, aber sie beanspruchen meistens nur den Status einer Notiz. Laut den Quellen begann der Sturz des Gallus in der ersten Jahreshälfte 27 v. Chr. und verlief in zwei Phasen: Der einleitende Schritt betraf vor allem das Verhältnis zwischen Augustus und Gallus und endete mit der formellen Aufkündigung der Freundschaft (renuntiatio amicitiae) durch den Prinzeps. Sie bedeutete kein Strafurteil im juristischen Sinne, sondern leitete endgültig den Freundschaftsbruch zwischen Augustus und Gallus ein.

Für Cornelius Gallus war die Freundschaftskündigung des Augustus von vernichtender Wirkung. Seine politische Karriere war damit endgültig beendet. Daraufhin setzte in einem zweiten Schritt unter maßgeblicher Mitwirkung des Senats eine Flut von Anklagen ein, die Cornelius Gallus dann endgültig dazu trieben, sich das Leben zu nehmen. Der Prozess gegen ihn wurde aber noch zu Ende geführt.

Werk

Gallus galt den Römern durch seine vier Bücher mit Elegien auf seine Lycoris genannte Geliebte (die Schauspielerin Cytheris) als Begründer der römischen Elegie. Ein Hexametergedicht, das er in der Tradition des Euphorion verfasste, wurde von Vergil in der Dichterweihe seiner 6. Ekloge lobend erwähnt. Er war auch der erste Dichter, der seine Dichtkunst als Mittel zu Liebeswerbung nutzte. In der Forschung gilt er als der Vater der augusteischen Liebeselegie. Properz und Ovid huldigten ihm nach seinem Tod, Quintilian schätzte ihn hingegen nicht besonders.

Von seinem Werk hat sich jedoch so gut wie nichts erhalten. Lange Zeit war das einzige erhaltene Fragment ein einziger Vers, der in dem spätantiken geographischen Lexikon des Vibius Sequester zitiert ist („uno tellures dividit amne duas“: „mit einem einzigen Strom teilt er zwei Länder“). Erst 1979 wurde ein zweites, umfangreicheres Fragment publiziert, das auf einem Papyrus im ägyptischen Qasr Ibrim gefunden worden war. Enthalten sind darauf neun Verse, deren Zuschreibung an Gallus zunächst angezweifelt wurden, heute aber aufgrund der Übereinstimmung mit den sonstigen bekannten Informationen zu seinem Werk allgemein als echt angesehen werden.[4]

In der Renaissance wurden Gaius Cornelius Gallus zudem einige Werke fälschlicherweise zugeschrieben. Ins Interesse der Literaturwissenschaft rückte er dann vor allem den Fund des Papyrus-Fragments sowie der Rekonstruktion der von ihm gesetzten Inschrift auf dem Vatikanischen Obelisken, der jetzt vor dem Petersdom in Rom steht. Trotz seines Schicksals ist er in der populären Antikenrezeption so gut wie nie wahrgenommen worden. Im 19. Jahrhundert war er allerdings Titelfigur des didaktischen Romans Gallus oder römische Scenen aus der Zeit Augusts zur Erläuterung der wesentlichsten Gegenstände aus dem häuslichen Leben der Römer von Wilhelm Adolf Becker.

Textedition

  • R. D. Anderson, Peter J. Parsons, Robin G. M. Nisbet: Elegiacs by Gallus from Qaṣr Ibrîm. In: The Journal of Roman Studies. Band 69, 1979, S. 125–155 (online – Editio princeps des Neufunds).

Siehe auch

Literatur

  • Frederick M. Ahl, J. Garthwaite: The Rider and the Horse. Politics and Power in Roman Poetry from Horace to Statius. In: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt. Teil II: Principat. Band 32, 1. Teilband: Sprache und Literatur (Literatur der julisch-claudischen und der flavischen Zeit). de Gruyter, Berlin/New York 1984, ISBN 3-11-010363-X, S. 52–53 (Bibliographie).
  • Jean-Paul Boucher: Caius Cornelius Gallus (= Bibliothèque de la Faculté des Lettres de Lyon. Band 11). les Belles lettres, Paris 1966.
  • Mario Capasso: Il ritorno di Cornelio Gallo: il papiro di Qaṣr Ibrîm venticinque anni dopo (= Album del Centro di studi papirologici dell'Università degli studi di Lecce. Band 5). Graus, Napoli 2003, ISBN 978-88-8346-045-6.
  • Werner Eck: Augustus und seine Zeit. 4. Auflage, Beck, München 2006, ISBN 3-406-41884-8, S. 50f.
  • Niklas Holzberg: Die römische Liebeselegie. Eine Einführung. 2., völlig überarbeitete Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2001, ISBN 3-534-15041-4, S. 31–35.
  • Franz Skutsch: Cornelius 164: C. Cornelius Gallus. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band IV,1, Stuttgart 1900, Sp. 1342–1350.
  • Timo Stickler: „Gallus amore peribat“. Cornelius Gallus und die Anfänge der augusteischen Herrschaft in Ägypten. Leidorf, Rahden (Westfalen) 2002, ISBN 3-89646-832-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. So erstmals Günter Grimm: Zu Marcus Antonius und C. Cornelius Gallus. In: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts. Band 85, 1970, S. 158–170; siehe auch Klaus Parlasca: Porträt des Cornelius Gallus. In: Herbert Beck u. a. (Hrsg.): Ägypten Griechenland Rom. Abwehr und Berührung. Katalog zur Ausstellung, Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie, 26. November 2005 – 26. Februar 2006 in Frankfurt am Main. Wasmuth, Tübingen 2005, S. 710 Nr. 321.
  2. Hieronymus, Chronik, zum Jahr 27 v. Chr.: Cornelius Gallus Foroiuliensis poeta. Allerdings hat Forum Iulii in der Provinz Gallia Narbonensis diesen Namen erst von Gaius Iulius Caesar erhalten, so dass verschiedene andere Orte vorgeschlagen worden sind. Vgl. Francis Cairns: Sextus Propertius: The Augustan Elegist. University Press, Cambridge, 2006, ISBN 0-521-86457-7, S. 72; Ronald Syme: The Origin of Cornelius Gallus. In: The Classical Quarterly. Band 32, Nr. 1, Januar 1938, S. 39–44.
  3. Friedhelm Hoffmann, Martina Minas-Nerpel, Stefan Pfeiffer: Die dreisprachige Stele des C. Cornelius Gallus (= Archiv für Papyrusforschung. [AfP] Beihefte 9). Berlin/ New York 2009.
  4. Kai Brodersen: Ein abgeschlossenes Sammelgebiet? Neufunde paganer lateinischer Literatur aus der Antike. In: Gymnasium. Band 118, 2011, S. 29–42, hier S. 31 f. (mit deutscher Übersetzung der beiden Fragmente).


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