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Geldfunktion
Als Geldfunktion bezeichnet man in der Volkswirtschaftslehre die verschiedenen Formen von Nutzen, die Geld stiften kann. Im Allgemeinen unterscheidet man hier zwischen Zahlungsmittel-, Wertaufbewahrungs- und Wertmessfunktion. Je besser ein Gut die Geldfunktionen erfüllt, umso eher wird es als Geld angesehen.
Funktionen des Geldes
Die klassischen sieben Geldfunktionen sind:
- Geld als Tauschmittel
- Geld als Zahlungsmittel
- Geld als Kreditmittel
- Geld als Recheneinheit
- Geld als Wertmaßstab
- Geld als Wertaufbewahrungsmittel
- Geld als Wertübertragungsmittel
Zahlungsmittel
Unter dem Vorgang des „Zahlens“ versteht man synonym einerseits die Bewertung von Gütern und Produktionsmitteln sowie andererseits den Transfer von Geldbesitz. Der Zahlungsbegriff betrifft also die fundamentalste Eigenschaft des Gelds, nämlich seine Beweglichkeit. Daher lässt sich sagen, dass der Geldbegriff synonym ist mit dem des Zahlens (Geld „besteht“ nicht, indem es „ist“, sondern indem es gezahlt wird.). Zwar lässt sich Geld (eine Währung) aufbewahren, aber nicht sein stets veränderlicher Wert.
Geld ist Tausch- und Schuldentilgungsmittel. Unter einem Zahlungsmittel versteht man ein Medium, mit dem Tauschvorgänge durchgeführt werden können. Generell lassen sich zwei Formen von Tauschvorgängen unterscheiden:
direkt: Gut gegen Gut (Bsp.: Arbeit gegen Brot; Brot gegen Kleidung und Kultur)
indirekt: Gut gegen Geld, Geld gegen Gut (Bsp.: Arbeit gegen Geld, Geld gegen Brot, Kleidung oder Kultur etc.)
In einer Wirtschaft ohne allgemein akzeptiertes Zahlungsmittel (z. B. Geld) muss für eine erfolgreiche Transaktion zwischen zwei Wirtschaftssubjekten eine doppelte Übereinstimmung ihrer Tauschwünsche vorliegen.
Beispiel: Ein Bauer will Getreide verkaufen und benötigt Werkzeuge. Gleichzeitig will ein Handwerker sein Werkzeug gegen Fleisch eintauschen. Zwischen diesen beiden wird kein Handel stattfinden können, da die Verkaufsabsicht des Bauern nicht mit dem Kaufwunsch des Handwerkers übereinstimmt. Beide werden wahrscheinlich lange suchen müssen, bis sie auf jemanden mit entsprechenden Transaktionswünschen treffen. Kommt nun Geld ins Spiel, wird dieser Vorgang stark vereinfacht: Der Bauer kann sein Getreide bei einem Dritten verkaufen und das erhaltene Geld bei dem Handwerker gegen Werkzeug eintauschen. Der Handwerker kann mit dem erhaltenen Geld bei einem Vierten Fleisch kaufen. Es sind also nur noch eine einfache Übereinstimmung der Wünsche und die Einigung über den Preis nötig.
Wertaufbewahrung
Geld fungiert als Wertaufbewahrungsmittel. In Geld lässt sich das Versprechen eines Gegenwerts für andere Güter (Waren oder Dienstleistungen) speichern und zu anderer Zeit und an anderem Ort einlösen.[1] Zu diesem Zweck muss ein Wertaufbewahrungsmittel seinen Wert dauerhaft behalten können. Darum wurden fast immer unverderbliche Waren als „Geld“ vereinbart (z. B. Gold, Diamanten).
In der heutigen Wirtschaft erfüllt Geld allerdings nur für die einzelnen Wirtschaftsteilnehmer eine Wertaufbewahrungsmittelfunktion, nicht aber für die gesamte Volkswirtschaft. Denn heute wird Geld ausschließlich kreditär geschöpft und stellt daher immer eine Forderung/Verbindlichkeit dar, die der Gläubiger auf der Aktivseite seiner Bilanz als Forderung, der Schuldner auf der Passivseite seiner Bilanz als Verbindlichkeit verbucht (s.a. Kredittheorie). Zentralbankgeld ist eine Forderung einer Nichtbank oder Geschäftsbank an die Zentralbank und damit deren Verbindlichkeit, Sichtguthaben bei Geschäftsbanken sind eine Forderung an die Geschäftsbank und damit deren Verbindlichkeit, wie aus Zentralbankbilanzen und Geschäftsbankenbilanzen jederzeit ersichtlich ist[2]. So entspricht beispielsweise jeder Zentralbanknote in der Kasse einer Nichtbank oder Geschäftsbank, die dort auf der Aktivseite als Vermögen verbucht wird, eine gleich hohe Verbindlichkeit (Schuld) in der Bilanz der Zentralbank (Passivposten „Banknotenumlauf“).
Da dem Guthaben des Gläubigers auf der Schuldnerseite Schulden in gleicher Höhe gegenüberstehen, addieren sich hier sämtliche Guthaben und Schulden gesamtwirtschaftlich unabhängig von der Höhe der Guthaben/Schulden aus saldenmechanischen (und damit rein logischen) Gründen immer zu Null[3]. Gesamtwirtschaftlich existiert daher in einem Kreditgeldsystem keinerlei Netto-Geldvermögen, sondern nur Sach- oder Realvermögen. Damit erfüllt Geld gesamtwirtschaftlich keine Wertaufbewahrungsfunktion, denn im gesamtwirtschaftlichen Saldo ist sein Wert immer gleich Null: eine geschlossene Volkswirtschaft als ganze kann heute aus rein logischen Gründen niemals „Sparen“ im Sinne von „Nettogeldvermögen anhäufen“[4]. Aus demselben Grund kann eine geschlossene Volkswirtschaft, in der Geld ausschließlich kreditär entsteht, niemals ver- oder gar überschuldet sein.
Wertmess- bzw. Recheneinheit
Geld ist ein Wertmaßstab. Es dient zudem als Vergleichsmaßstab für die Menge von Lohnarbeit, Waren und Dienstleistungen, die damit entlohnt bzw. erworben werden kann. Die Menge Geld, die jemand besitzt, entspricht dem Anteil am Sozialprodukt, den er erwerben kann, wenn er das Geld ausgibt. Der Wert einer Geldeinheit wird als Kaufkraft des Geldes bezeichnet.
Dient Geld als allgemeines Wertmaß, werden alle Preise einer Ökonomie in Geldeinheiten (GE) ausgedrückt. Der Effizienzvorteil ist in der Anzahl der Tauschverhältnisse zu sehen. In einer Ökonomie mit 1 Million Gütern existieren etwa 500 Milliarden relative Preise, welche die paarweise vorliegenden Austauschverhältnisse der Güter untereinander angeben (z. B. 1 h Arbeit = 5 Brote = 1 Hose). Bei n Gütern ergeben sich (n²-n)/2 Wertverhältnisse (relative Preise). Bei Verwendung von Geld als allgemeines Wertmaß reduziert sich dies wieder auf n Austauschverhältnisse (z. B. 1 h Arbeit = 5 GE = 5 Brote), was den Preisvergleich weniger mühsam macht.
Siehe auch
- Geldfunktion - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Geldtheorie - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Geldgeschichte - Artikel in der deutschen Wikipedia
Literatur
- Karl Marx: Das Kapital. Erster Band, Erster Abschnitt: Ware und Geld und Zweiter Abschnitt: Die Verwandlung von Geld in Kapital, Dietz Verlag Berlin 1972, S. 49–191
- Bernhard Felderer, Stefan Homburg: Makroökonomik und neue Makroökonomik, 7. Auflage, 1999, Springer Verlag, ISBN 3-540-66128-X
- Franz Scheuring: VWL für Berufsschulen (S.25), Gabler Wiesbaden, 5. Auflage 1997
- Scholz/Heinen/Hagemann: Volkswirtschaftslehre - Grundzüge und Probleme der Volkswirtschaft, Verlag H. Stam, Köln-Porz 1975, S. 227ff
- Baßeler/Heinrich/Utecht: Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft, Schäffer-Poeschel Vlg., Stuttgart 2010, S. 525ff
Einzelnachweise
- ↑ Alfred Lansburgh (als Argentarius): Vom Gelde – Briefe eines Bankdirektors an seinen Sohn. 1921, Nachdruck vom Verlag der Sammlung Bokelberg, Hamburg, 1982. S. 56 ff. (ohne ISBN)
- ↑ „Das Zentralbankgeld besteht aus Forderungen an die Zentralbank, das bei den Kreditbanken unterhaltene Giralgeld aus Forderungen an die Kreditbanken. (…) Da die Existenz einer Forderung immer Ausdruck einer Kreditbeziehung ist, können wir auch sagen, daß die Zahlungsmittel der heutigen Wirtschaft ein Geschöpf des Kredits sind. Charakter und Wesen unserer heutigen Zahlungsmittel sind mithin ohne Eindringen in das Kredittheorie|Wesen der Kreditwirtschaft nicht zu verstehen.“ Erich Schneider: Einführung in die Wirtschaftstheorie, III. Teil: Geld, Kredit, Volkseinkommen und Beschäftigung. Tübingen: Mohr Siebeck 1973, S. 9/11
- ↑ Rolf-Dieter Grass, Wolfgang Stützel: Volkswirtschaftlehre. München 1988, S. 10f.: Das Geldvermögen in der Welt
- ↑ Johannes Schmidt: Sparen - Fluch oder Segen? Anmerkungen zu einem alten Problem aus Sicht der Saldenmechanik. In: Lehren aus der Krise der Makroökonomik, Marburg 2012, Schriftenreihe Normative und institutionelle Grundfragen der Ökonomik, Bd. 11 (PDF; 125 kB)
Dieser Artikel basiert auf einer für AnthroWiki adaptierten Fassung des Artikels Geldfunktion aus der freien Enzyklopädie de.wikipedia.org und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |