Gestaltpsychologie

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Nach längerer Betrachtung „kippt“ der Würfel. Man hat dieses Kippen als Gestaltwechsel bezeichnet

Als Gestaltpsychologie wird eine Richtung innerhalb der Psychologie bezeichnet, die die menschliche Wahrnehmung als Fähigkeit beschreibt, Strukturen und Ordnungsprinzipien in Sinneseindrücken auszumachen. Das Wort „Gestaltpsychologie“ kann nur bedingt als klar definierbarer wissenschaftlicher Begriff gelten; es ist zum Teil ein durch seinen Gebrauch organisch gewachsener Name für eine Anzahl ähnlicher Auffassungen. Die Gestaltpsychologien unterschiedlicher Richtung leiten sich jedoch aus einer einzigen Arbeit aus dem Jahre 1890 her, in der der Philosoph Christian von Ehrenfels seine Erkenntnis berichtete, die Wahrnehmung enthalte Qualitäten, die sich nicht aus der Anordnung einfacher Sinnesqualitäten ergeben. So sei die Melodie eine solche Gestaltqualität, denn die Töne als Elemente der Melodie könnten durch ganz andere Töne ersetzt werden, und es wäre dennoch dieselbe Melodie, wenn nur die Anordnungsbeziehung zwischen den Tönen erhalten bliebe.

Gestalttheorie ist ein allgemeinerer Begriff für den Ansatz, der Anfang des 20. Jahrhunderts unter der Bezeichnung Gestaltpsychologie bekannt wurde. Mit dem Begriff Gestalttheorie wird darauf verwiesen, dass es sich zwar um eine psychologische Theorie handelt, dass diese aber für sich in Anspruch nimmt, auch über die Psychologie hinaus für andere Wissenschaftszweige als Metatheorie relevant zu sein.

Bilder, die in der phänomenalen Wahrnehmungswelt auf Grundlage von Gehirnprozessen vervollständigt werden

Gestaltgesetze

Max Wertheimer formulierte sechs Gesetze:[1][2]

Gesetz der Nähe
Gesetz der Nähe
Elemente mit geringen Abständen zueinander werden als zusammengehörig wahrgenommen.
Gesetz der Ähnlichkeit
Gesetz der Ähnlichkeit
Einander ähnliche Elemente werden eher als zusammengehörig erlebt als einander unähnliche.
Gesetz der guten Gestalt (oder Einfachheit bzw. Prägnanz)
Es werden bevorzugt Gestalten wahrgenommen, die in einer einprägsamen (Prägnanztendenz) und einfachen Struktur (= „Gute Gestalt“) resultieren.
Gesetz der guten Fortsetzung (oder der durchgehenden Linie)
Linien werden immer so gesehen, als folgten sie dem einfachsten Weg. Kreuzen sich zwei Linien, so gehen wir nicht davon aus, dass der Verlauf der Linien an dieser Stelle einen Knick macht, sondern wir sehen zwei gerade durchgehende Linien.
Die Kanten des Würfels sind imaginär; sie werden von unserem Gehirn nach dem Gesetz der Geschlossenheit erzeugt
Gesetz der Geschlossenheit
Es werden bevorzugt Strukturen wahrgenommen, die eher geschlossen als offen wirken.
Gesetz des gemeinsamen Schicksals
Zwei oder mehrere sich gleichzeitig in eine Richtung bewegende Elemente werden als eine Einheit oder Gestalt wahrgenommen.

Zusätzlich zu diesen von Wertheimer formulierten Gesetzen fand Stephen Palmer in den 1990er Jahren drei weitere Gestaltgesetze:[3]

Gesetz der gemeinsamen Region
Elemente in abgegrenzten Gebieten werden als zusammengehörig empfunden.
Gesetz der Gleichzeitigkeit
Elemente, die sich gleichzeitig verändern, werden als zusammengehörig empfunden.
Gesetz der verbundenen Elemente
Verbundene Elemente werden als ein Objekt empfunden.

Siehe auch

Weblinks

Einzelanchweise

Literatur

  • Hans Büchenbacher: Über Gestalts- und Ganzheitspsychologie, in: Abhandlungen zur Philosophie und Psychologie, Heft II, 1953, Philosophisch-Anthroposophischer Verlag am Goetheanum
  • Helmut Kiene: Die Paradigmen der komplementären Methodenlehre – die erkenntnistheoretischen Grundlagen der individuellen Wirksamkeitsbeurteilung, in: Komplementäre Methodenlehre der klinischen Forschung: Cognition-based Medicine, Springer Vlg., Heidelberg/New York 2001, Volltext online, S. 17 - 32
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.


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