Beobachtbares Universum

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Künstlerische Darstellung des beobachtbaren Universums in logarithmischer Skalierung und Zentrierung auf das Sonnensystem. Abgebildet sind die inneren und äußeren Planeten des Sonnensystems, der Kuipergürtel, die Oortsche Wolke, Alpha Centauri, der Perseusarm, die Milchstraße, der Andromedanebel, Nachbargalaxien, Filamente und Voids, die kosmische Hintergrundstrahlung und der Plasmazustand kurz nach dem Urknall.

Das beobachtbare Universum ist im Standardmodell der Kosmologie der Teil des Universums, der im Prinzip von der Erde aus unserer Beobachtung zugänglich ist. Unter der Annahme, dass das Universum isotrop ist, besitzt das von der Erde aus beobachtbare Universum die Gestalt einer Kugel mit dem Beobachter auf der Erde im Mittelpunkt. Dies ist unabhängig von der Form des Universums im Ganzen. Jeder Ort im Universum hat sein eigenes beobachtbares Universum, das sich mit dem unsrigen überlappen kann, aber nicht muss. Es gibt verschiedene Ansätze, den Radius dieser Kugel zu bestimmen.

Beobachtungshorizont

Der Beobachtungshorizont oder auch Partikelhorizont bzw. Teilchenhorizont begrenzt den Teil des Universums, von dem uns seit dem Urknall Informationen erreicht haben können.

Die Entfernung bis zum Beobachtungshorizont ist jedoch nicht durch das Alter des Universums multipliziert mit der Lichtgeschwindigkeit gegeben. Sie ist also nicht 13,8 Milliarden Lichtjahre. Sie wird im Rahmen des Urknall-Standardmodells auf 46,6 Milliarden Lichtjahre beziffert, entsprechend einem Durchmesser von 93,2 Milliarden Lichtjahren.[1] Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass sich das Universum weiter ausgedehnt hat, während sich das Licht vom Beobachtungshorizont zur Erde bewegte, d. h., bereits zurückgelegte Strecken sind nachträglich länger geworden.[2] Die entferntesten Objekte, deren Licht wir heute wahrnehmen können, befanden sich zu der Zeit, als sie dieses Licht aussandten, in einer Entfernung von gerade einmal 40 Millionen Lichtjahren zur Erde – kaum näher als der damalige Ereignishorizont. Heute trennen uns von diesen Objekten die besagten 46,6 Milliarden Lichtjahre. Da sie aber schon seit langer Zeit den Ereignishorizont überschritten haben, gibt es keine Möglichkeit, jemals etwas über die derzeitigen Vorgänge in dieser Entfernung zu erfahren. Das Verhältnis dieser Entfernungen ist der Faktor der Expansion des Universums über diesen Zeitraum und zugleich die Rotverschiebung.

Oft wird auch die gleichwertige, umgekehrte Betrachtung zur Definition benutzt: Der Partikelhorizont ist dann die Kugeloberfläche, bis zu der lichtschnelle Strahlung vorgedrungen wäre, wenn sie an unserem Standpunkt unmittelbar nach dem Urknall ausgesendet worden wäre und sich ungehindert hätte ausbreiten können.

Zusammenhang mit dem Skalenfaktor

Die Entfernung zum heutigen Partikelhorizont ergibt sich aus dem Integral über den Kehrwert der Skalenfunktion:[3][4]

wobei die Lichtgeschwindigkeit ist und die Zeit, die beim Urknall mit zu Null festgelegt wird. ist gleich dem heutigen Weltalter. Die Größe ist der Skalenfaktor. Das ist eine dimensionslose Größe, deren Verlauf über der Zeit die Ausdehnung des Universums angibt. ist der Wert des Skalenfaktors bei . Es gilt also .

Wenn das Integral für ein gegebenes divergiert, so besitzt das zugehörige Universum keinen Partikelhorizont.

Kosmische Hintergrundstrahlung als Grenze

Vereinfachte Darstellung des beobachtbaren Universums:
Zeitachse nach oben, Raumdimensionen waagerecht nach außen;
theoretischer Beobachtungshorizont als äußerer und kosmische Hintergrundstrahlung bzw. tatsächlicher Beobachtungshorizont als innerer Kegel,
zwischen beiden – hellgrau dargestellt – das undurchsichtige Plasma.
Die über die Zeit ungleichmäßige Expansion des Universums ist nicht dargestellt.
Darstellung des beobachtbaren Universums und seiner Horizonte mit Berücksichtigung der über die Zeit ungleichmäßigen Expansion des Universums.[5] Die grau gestrichelten Linien zeigen den Hubblefluss.

In der Praxis ist für elektromagnetische Strahlung bei den meisten Wellenlängen der Beobachtungshorizont geringfügig näher, weil das frühe Universum für Licht undurchlässig war. Die am weitesten zurückliegende Information und damit die Information über die am weitesten entfernten Bereiche, die man über elektromagnetische Wellen erhält, stammt aus der Zeit von etwa 380.000 Jahren nach dem Urknall, als das Universum durchsichtig wurde. Diese als kosmische Hintergrundstrahlung bekannte Strahlung stammt also vom Rand des heute beobachtbaren Universums.

Rotverschiebung

Die Strahlung, die wir von einem Objekt beobachten, ist umso stärker rotverschoben, je näher es dem Beobachtungshorizont ist. Für Objekte direkt am Beobachtungshorizont ist die Rotverschiebung unendlich. Allerdings ist die Annahme falsch, dass sich Objekte am Beobachtungshorizont heute mit Lichtgeschwindigkeit von uns weg bewegen, wie man das bei einer Interpretation der kosmologischen Rotverschiebung als Dopplereffekt meinen könnte. Objekte am Beobachtungshorizont entfernen sich scheinbar mit mehr als 3-facher Lichtgeschwindigkeit von uns. Das steht nicht im Widerspruch zur Relativitätstheorie, weil die Expansion des Universums keine Bewegung im Raum, sondern eine Expansion des Raumes selbst ist. Heute ist, wie gesagt, auch keine Informationsübertragung von einem Objekt am Beobachtungshorizont zu uns (oder umgekehrt) mehr möglich.

Hubble-Radius

Der Hubble-Radius bezeichnet diejenige Entfernung, wo die Geschwindigkeit einer entfernten Galaxie aufgrund der Expansion des Universums gerade der Lichtgeschwindigkeit c entspricht. Die zugehörige Sphäre wird dementsprechend auch Hubble-Sphäre genannt. Die Geschwindigkeit aufgrund der Expansion des Universums wird Flucht- oder Rezessionsgeschwindigkeit genannt.[6]

Der Hubble-Radius ist umgekehrt proportional zum Hubble-Parameter und berechnet sich gemäß:

Mitbewegte Objekte innerhalb der Hubble-Sphäre entfernen sich von der Erde mit einer Geschwindigkeit kleiner als c, Objekte außerhalb mit Überlichtgeschwindigkeit. Liegt zusätzlich zur Fluchtgeschwindigkeit eine Pekuliargeschwindigkeit vor, kann diese dazuaddiert werden. Ein ausgehendes Photon am Hubble-Radius würde sich beispielsweise mit 2c von uns entfernen und ein eingehendes mit 0c.

Der momentane Hubble-Radius beträgt etwa 14,2 Milliarden Lichtjahre, was einer Rotverschiebung von z = 1,46 entspricht. Der Hubble-Radius startet gemäß Standardmodell der Kosmologie beim Urknall mit dem Wert Null, steigt anschließend stark bis zum heutigen Wert an und wird in einigen Milliarden Jahren bei einem Wert etwas über dem heutigen stagnieren. Der Hubble-Parameter ist entsprechend seit dem Urknall stark gefallen und fällt auch heute noch weiter.

Ereignishorizont

Hauptartikel: Ereignishorizont

Der Ereignishorizont gibt an, wie weit ein Objekt heute maximal von uns entfernt sein darf, sodass uns sein Licht in einem theoretischen Grenzwert in der unendlichen Zukunft gerade noch prinzipiell erreichen kann.[4] Es scheint zunächst, dass diese Entfernung deckungsgleich mit dem Hubble-Radius sein müsste, da uns Lichtstrahlen gerade dann nie erreichen können, wenn sie in einem Bereich ausgesendet werden, der sich mit Überlichtgeschwindigkeit von uns entfernt. Tatsächlich liegt der Ereignishorizont etwas weiter entfernt. Im Standardmodell liegt der Ereignishorizont bei 16,2 Mrd. Lichtjahren[7]. Durch die Dynamik der Ausdehnung des Universums wächst der Hubble-Radius mit der Zeit an. Daher werden in Zukunft manche Objekte beobachtbar werden, die heute zu weit entfernt sind.

Ereignisse und Objekte hinter dem kosmologischen Ereignishorizont jedoch stehen in keinem kausalen Zusammenhang mit uns. Es kann von ihnen keinerlei Information zu uns gelangen. Sie werden auch in ferner Zukunft nicht in den wachsenden Hubble-Radius eintauchen, sondern vorher eine größere Entfernung erreicht haben. Auch bereits sichtbare Objekte werden durch die Expansion des Weltalls mit der Zeit aus dem einsehbaren Hubble-Radius entweichen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. J. Richard Gott III, Mario Jurić, David Schlegel u. a.: A Map of the Universe. Auf: astro.princeton.edu. 2005. (Englisch; PDF; 3,7 MB).
  2. Frequently Asked Questions in Cosmology. (Englisch). Auf: Astro.ucla.edu. Abgerufen am 20. April 2013.
  3. Torsten Fließbach: Allgemeine Relativitätstheorie. 4. Auflage, ISBN 3-8274-1356-7, S. 321.
  4. 4,0 4,1 Tamara M. Davis, Charles H. Lineweaver: Expanding Confusion: common misconceptions of cosmological horizons and the superluminal expansion of the universe. In: Publications of the Astronomical Society of Australia. 21, Nr. 1, 2004, S. 97. arxiv:astro-ph/0310808. bibcode:2004PASA...21...97D. doi:10.1071/AS03040.
  5. Tamara Davis, Charles Lineweaver: Expanding Confusion. S. 3, arxiv:astro-ph/0310808
  6. Tamara Davis, Charles Lineweaver: Expanding Confusion. S. 18, arxiv:astro-ph/0310808
  7. Lineweaver, Charles (2005). Misconceptions about the Big Bang. Scientific American. Abgerufen am 6. November 2008.
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