Darm

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Das Verdauungssystem

Der Darm (lat. Intestinum, griech. ἔντερον enteron) dient bei Tier und Mensch der Verdauung der aufgenommenen Nahrung und gliedert sich in den

  • Dünndarm (lat. Intestinum tenue), weiter gegliedert in
  • sowie den Dickdarm (lat. Intestinum crassum), bestehend aus
    • Blinddarm (lat. Cæcum) mit dem Wurmfortsatz (lat. Appendix vermiformis, umgangssprachlich fälschlich als „Blinddarm“ bezeichnet),
    • Grimmdarm (griech./lat. Colon) mit aufsteigendem (Colon ascendens), querverlaufendem (Colon transversum) absteigendem (Colon descendens) und S-förmig verlaufendem (Colon sigmoideum) Teil und
    • Mastdarm (lat. Rectum) auch als Enddarm bezeichnet.

An den Mastdarm schließt sich der (innere und äußere) Schließmuskel an, der aber histologisch gesehen nicht mehr Bestandteil des Darms ist, da er nicht mit einer Schleimhaut ausgekleidet ist. Durch den Anus (lat. ānus, deutsch ‚(Fuß)ring‘,[1] altgriech. πρωκτός prōktos[2]), deutsch After (mhd. after, ahd. aftero, eigentlich „Hinterer“; substantiviert von „hinter, nachfolgend“[3]) wird der Kot ausgeschieden.

Nach Rudolf Steiner korrespondiert die Entwicklung des Darms der Gehirnbildung und bei der Verdauung der Nahrung sind auf leiblicher Ebene dieselben Kräfte tätig, die seelisch an der Gedächtnisbildung beteiligt sind.

„Mit dieser Erinnerungskraft ist es etwas Eigenartiges. Wir beherrschen sie und beherrschen sie doch nicht ganz. Gar mancher Mensch kämpft diesen oder jenen Augenblick seines Lebens damit, daß er sich an etwas erinnern möchte, aber er kann sich nicht erinnern. Dieses Sich-erinnern-Mögen und Sich-nicht-vollständig-erinnern-Können, das rührt davon her, daß dieselbe Kraft, die wir seelisch als Erinnerungskraft benützen, dazu dient, unsere aufgenommenen Nahrungsstoffe umzuwandeln in solche Substanzen, die von unserem Leib gebraucht werden können. Wenn Sie also ein Stück Brot essen und dieses Brot umgewandelt wird in Ihrem Leib in eine solche Substanz, daß diese Substanz Ihrem Leben dient, so ist das scheinbar ein physischer Vorgang. Aber dieser physische Vorgang wird beherrscht von übersinnlichen Kräften. Diese übersinnlichen Kräfte sind dieselben, die Sie anwenden, wenn Sie sich erinnern. So daß dieselbe Kräfteart verwendet wird auf der einen Seite zur Erinnerung, auf der anderen Seite zur Verarbeitung der Nahrungsstoffe im menschlichen Leben.“ (Lit.:GA 191, S. 33f)

"Wenn Sie wirklich das ausführen — den jüngeren Herren lege ich das besonders ans Herz —, daß Sie vergleichende Studien machen über die Umformung des ganzen Darmsystems, sagen wir, von den Fischen herauf über die Amphibien, Reptilien — besonders die Beziehungen der Amphibien, Reptilien in bezug auf das Darmsystem sind außerordentlich interessant —, hinauf zu dem Vogel auf der einen Seite, zu dem Säugetiere und dann bis herauf zum Menschen auf der anderen Seite, so werden Sie finden, daß merkwürdige Umformungen der Organe stattfinden, das Auftreten zum Beispiel der Blinddärme, desjenigen, was dann beim Menschen zum Blinddarm wird, bei niederen Säugetieren oder da, wo die Vogelorganisation etwas aus sich herausfällt und Blinddarmansätze beim Vogel auftreten; die ganze Art und Weise dann, wie sich aus dem bei den Fischen ja ganz und gar nicht vorhandenen Dickdarme — man kann nicht reden von einem Dickdarm bei den Fischen —, durch den Heraufgang durch sogenannte vollkommenere Ordnungen das ergibt, was Dickdarm ist, was dann Blinddärme und beim Menschen Blinddarm ist — gewisse andere Tiere haben mehrere Blinddärme —: da finden Sie ein merkwürdiges Wechselverhältnis.

Auf dieses Wechselverhältnis müßte eigentlich ein vergleichendes Studium sehr scharf hinweisen. Sie können einfach äußerlich fragen — ja, Sie wissen, wie oft gefragt wird: Wozu ist denn nun überhaupt so etwas, was sich dann nach außen abschließt, wie der Blinddarm beim Menschen vorhanden? Es wird oftmals nach dieser Sache gefragt. Wenn man eine solche Frage aufwirft, so beachtet man gewöhnlich das Folgende nicht: daß sich tatsächlich der Mensch als eine Dualität offenbart und daß, was entsteht, auf der einen Seite im Unteren immer das Parallelorgan ist für etwas, was entsteht im Oberen, daß im Oberen gewisse Organe nicht entstehen könnten, wenn sich nicht die Parallelorgane, gewissermaßen die entgegengesetzten Pole im Unteren entwickeln könnten. Und je mehr das Vorderhirn in der Tierreihe die Gestalt annimmt, welche es beim Menschen dann entwickelt, desto mehr gestaltet sich der Darm gerade nach der Seite hin aus, die zur Ablagerung der Nahrungsüberreste führt. Es ist ein inniger Zusammenhang zwischen der Darmbildung und der Gehirnbildung, und würde nicht im Laufe der Tierreihe Dickdarm, Blinddarm auftreten, so könnten auch nicht zuletzt denkende Menschen entstehen physischer Natur, weil der Mensch sein Gehirn, sein Denkorgan auf Kosten, durchaus auf Kosten seiner Darmorgane hat. Und die Darmorgane sind die getreue Reversseite der Gehirnorgane. Damit Sie auf der einen Seite entlastet werden von physischer Tätigkeit für das Denken, müssen Sie auf der anderen Seite Ihren Organismus belasten mit demjenigen, wozu Veranlassung ist zur Belastung durch den ausgebildeten Dickdarm und die ausgebildete Blase. So daß gerade die in der menschlichen physischen Welt vorkommende höchste geistigseelische Tätigkeit, insoferne sie gebunden ist an eine vollkommene Ausbildung des Gehirnes, zugleich gebunden ist an die dazu gehörige Ausbildung des Darmes. Das ist ein außerordentlich bedeutsamer Zusammenhang, ein Zusammenhang, der auf das ganze Schaffen der Natur ungeheuer viel Licht wirft. Denn Sie können sich, wenn es auch etwas paradox klingt, nun sagen: Warum haben denn die Menschen einen Blinddarm? — Damit sie in entsprechender Weise menschlich denken können, können Sie sich zur Antwort geben. Denn dasjenige, was sich da im Blinddarm ausbildet, das hat sein Entgegengesetztes im menschlichen Gehirn. Alles auf der einen Seite entspricht dem anderen." (Lit.: GA 312, S. 93ff)

Es gibt daher auch einen Zusammenhang zwischen Gehirnkrankheiten und Darmkrankheiten:

"Wenn Sie zusammennehmen die Prozesse, die sich unten abspielen, so ist im wesentlichen ein Ergebnis da, das im gewöhnlichen Leben meistens mißachtet wird: es sind die Ausscheidungsprozesse, Ausscheidungen durch den Darm, Ausscheidungen durch die Nieren und so weiter, alle Ausscheidungsprozesse, die sich nach unten ergießen. Diese Ausscheidungsprozesse betrachtet man meistens eben nur als Ausscheidungsprozesse. Aber das ist ein Unsinn. Es wird nicht bloß ausgeschieden, damit ausgeschieden werden soll, sondern in demselben Maße, in dem Ausscheidungsprodukte erscheinen, erscheint im unteren Menschen geistig etwas Ähnliches, wie oben physisch das Gehirn ist. Das, was im unteren Menschen geschieht, ist ein Vorgang, der auf halbem Wege stehenbleibt in bezug auf seine physische Entwickelung. Es wird ausgeschieden, weil die Sache ins Geistige übergeht. Oben wird der Prozeß vollendet. Da bildet sich physisch das herein, was da unten nur geistig ist. Oben haben wir physisches Gehirn, unten ein geistiges Gehirn. Und wenn man das, was unten ausgeschieden wird, einem weiteren Prozeß unterwerfen würde, wenn man fortfahren würde, es umzubilden, dann würde die letzte Metamorphose vorläufig sein das menschliche Gehirn. Die menschliche Gehirnmasse ist weitergebildetes Ausscheideprodukt. Das ist etwas, was ungeheuer wichtig zum Beispiel auch in medizinischer Beziehung ist, und was im 16., 17. Jahrhundert die damaligen Ärzte noch durchaus gewußt haben. Gewiß, man redet heute in einer sehr abfälligen Weise, und in bezug auf manches auch mit Recht, von der alten «Dreckapotheke». Aber weil man nicht weiß, daß in dem Drecke eben noch vorhanden waren die sogenannten Mumien des Geistes. Natürlich soll das nicht eine Apotheose sein auf das, was in den allerletzten Jahrhunderten als Dreckapotheke figuriert hat, sondern ich weise hin auf viele Wahrheiten, die einen so tiefen Zusammenhang haben wie den, den ich eben ausgeführt habe.

Das Gehirn ist durchaus höhere Metamorphose der Ausscheidungsprodukte. Daher der Zusammenhang der Gehirnkrankheiten mit den Darmkrankheiten; daher auch der Zusammenhang der Heilung der Gehirnkrankheiten und der Darmkrankheiten." (Lit.: GA 230, S. 137f)

Störungen in der Verdauungstätigkeit können sich sehr leicht in farbenprächtigen Visionen ausleben.

"Es ist zum Beispiel außerordentlich interessant, die Vorgänge im Ätherischen des Menschen sich zu vergegenwärtigen, wenn man eine Unpäßlichkeit in den Gedärmen hat, oder zu beobachten, was der Ätherleib tut, wenn die Verdauungsvorgänge vor sich gehen. Es ist ebenso interessant, wie wenn man gewöhnlich Anatomie oder Physiologie studiert, ja noch interessanter. Aber unberechtigt ist es, wenn man dasjenige, was nichts anderes als ein Vorgang im Ätherleib bei der Verdauung ist, als großartigen Vorgang der kosmischen Welt ansieht." (Lit.: GA 164, S. 218f)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1.  Joseph Maria Stowasser, M. Petschenig, F. Skutsch, R. Pichl, H. Reitterer, E. Sattmann, J. Semmler, K. Smolak, W. Winkler: Der Kleine Stowasser. Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch. 2. Auflage. Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1987, ISBN 3-209-00225-8.
  2.  Wilhelm Pape: Handwörterbuch der griechischen Sprache. 2, Braunschweig, 1914, S. 803 (Stichwort „πρωκτός“. In: Zeno.org.).
  3. After, der, duden.de, abgerufen am 11. Juli 2017