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Tiere
Die Tiere (lat. animal; griech. ζῷον, zóon; hebr. בְּהֵמָה Behema, „Tier, Haustier, Vieh“), die auf Erden neben Mineralen, Pflanzen und Menschen ein eigenständiges Naturreich bilden, sind beseelte Lebewesen, die über einen eigenständigen Ätherleib und Astralleib, aber über kein individuelles Ich verfügen. Das Ich der Tiere, die jeder Art und Gattung zugehörige Gruppenseele der Tiere, lebt jedoch als wesenhafte geistige Realität auf dem Astralplan. Die Gesamtheit des Tierreichs bzw. der Tierwelt wird auch als Fauna bezeichnet (abgeleitet von Faunus, dem römischen Gott der Natur und des Waldes).
Das Tierreich als sechstes Elementarreich
Gegenwärtig stehen wir mit unserer Erdentwicklung im vierten, physischen Formzustand des vierten Lebenszustandes, dem Mineralreich. Alle irdischen Wesen erscheinen daher vorerst nur in ihrem mineralischen Abglanz. In seiner eigentlichen Natur wird sich das Tierreich erst im sechsten Lebenszustand offenbaren, welcher zugleich das sechste Elementarreich bildet. Das in feste Formen gebannte Mineralreich, welches in der vierten Runde erlöst wurde, wird es dann nicht mehr geben.
Der Astralleib der Tiere
Die Tiere verfügen über einen eigenen Astralleib, doch ist er nicht so in sich abgeschlossen, wie der des auf Erden verkörperten Menschen. Eine ähnliche Gestalt zeigt allerdings der werdende Astralleib, den sich der Mensch bildet, bevor er zur irdischen Inkarnation herabsteigt.
"Der menschliche Astralleib hat eine in Grenzen eingeschlossene Gestalt, er hat bestimmte Konturen. Solche bestimmten Umrisse hat der Astralkörper der Tiere nicht. Die Astralkörper der Tiere sehen ganz anders aus. Sie gehören nicht zu einem einzelnen Wesen, sondern für ganze Gruppen von Tieren sind Gruppenseelen vorhanden. Gleichsam an einem gemeinsamen Stamm hängen die einzelnen physischen Tiere, und von diesen einzelnen Tieren führen dann eine Art Stränge zu den Gruppenseelen, welche die Tiere bewegen. Sie können auch gewisse Tiergestalten, welche nicht im Physischen angetroffen werden können, im Astralraum entdecken. Diese Astralkörper sind werdende Menschen, die ihre Astralkörper ausbilden und weiter entwickeln, um für solche, die aus der geistigen Welt herabkommen, ein geeignetes Vehikel zu bilden." (Lit.: GA 88, S. 67f)
Das Gruppen-Ich der Tiere
Indem das Gruppen-Ich der Tiere gestaltend in den Astralleib hineinwirkt, bildet sich die tierische Gruppenseele, die von den Hebräern Nephesch genannt wurde. Sie umschwebt das einzelne Tier gleichsam von außen und reguliert namentlich die Atmungstätigkeit. Erst beim Menschen zieht Nephesch als Empfindungsseele ins Innere ein.
"Beim Tier liegt ein Atmungsprozeß vor, der sozusagen streng von außen geregelt ist, der dem inneren individuellen Ich in der heute geschilderten Beziehung nicht unterliegt. Das, was den Atmungsprozeß unterhält, was ihn eigentlich regelt, das nannte man zum Beispiel in der alttestamentlichen Geheimlehre die «Nephesch». Das ist in Wahrheit das, was man die «tierische Seele» nennt. Also was beim Tier ein Gruppen-Ich ist, das ist die Nephesch. Und in der Bibel heißt es ganz richtig: Und der Gott blies - oder hauchte - dem Menschen die Nephesch - die tierische Seele - ein, und der Mensch ward eine lebendige Seele in sich selber. - Dies versteht man natürlich sehr häufig falsch, weil man in unserer Zeit solche tiefen Schriften nicht lesen kann, denn man liest einseitig. Wenn zum Beispiel dasteht: Und der Gott hauchte dem Menschen die Nephesch ein, die tierische Seele -, so heißt das nicht, er schuf sie in diesem Moment, sondern sie war schon da. Daß sie vorher nicht da war, das steht nicht da. Sie war vorhanden, äußerlich. Und was der Gott tat, war, daß er das, was vorher als Gruppenseele äußerlich vorhanden war, dem Menschen in das Innere verlegte. Das ist das Wesentliche, daß man einen solchen Ausdruck in seiner wirklichen Gründlichkeit versteht. Man könnte fragen: Was entstand denn dadurch, daß die Nephesch in das menschliche Innere verlegt wurde? Dadurch wurde es möglich, daß der Mensch jene Erhabenheit über das Tier erlangte, die es ihm möglich machte, sein Ich innerlich tätig zu entfalten, zu lachen und zu weinen und damit Freude und Schmerz in der Weise zu erleben, daß sie an ihm selber arbeiten." (Lit.: GA 107, S. 269f)
Das Wahrnehmungsvermögen der Tiere
Da die Tiere über kein individuelles Ich verfügen, nehmen sie die Welt ganz anders wahr als der Mensch.
"So aber, wie die menschlichen Sinne wahrnehmen, kann nur wahrgenommen werden in einem Organismus, in welchem ein Ich sitzt. Die heutige oberflächliche Betrachtungsweise setzt natürlich voraus, daß zum Beispiel auch ein Tier ebenso die äußere Welt wahrnimmt, wie der Mensch sie durch seine Sinne wahrnimmt. Das ist eine ganz konfuse Anschauung, und die Menschen würden sich sehr wundern, wenn sie, was ja auch einmal wird geschehen müssen, eingeführt würden in die Art und Weise, wie sich das Weltbild eines Pferdes, eines Hundes oder eines anderen Tieres ausnimmt. Die Umgebung des Hundes oder die Umgebung des Pferdes gleichsam hingezeichnet, hingemalt, würde sich ganz anders ausnehmen als das, was das Weltbild des Menschen ist. Denn damit die Sinne so die Welt wahrnehmen, wie der Mensch sie wahrnimmt, dazu gehört, daß das Ich sich ausgießt über die Welt und die Sinnesorgane, Augen, Ohren und so weiter, erfüllt. Also nur ein Organismus, in dem ein Ich wohnt, hat ein solches Weltbild, wie der Mensch es hat, und der äußere Organismus des Menschen steht da drinnen, gehört nur diesem Weltbilde an." (Lit.: GA 124, S. 93f)
Die Tiergestalten als Imaginationen Ahrimans
Die Hohlraumbildung, die weitgehend abgeschlossene Körperhöhle, ist das zentrale gestaltende Motiv bei Tier und Mensch. Während die Pflanze beinahe ungehemmt in den Raum hinein wächst, muss sich das Leben bei Tier und Mensch auf die Durchformung dieses eng begrenzten Hohlraums beschränken. Fehlgeleitetes Leben, das auch im Innern unbegrenzt und undifferenziert weiter wuchern will, führt zum bösartigen Krebswachstum und zerstört die ganze organische Einheit. Die innere Gestaltung des tierischen und menschlichen Leibes ist wesentlich komplexer als die nach außen gerichteten Wachstumsformen der Pflanzen. Den Krebsgeschwüren mangelt gerade diese differenzierte Durchgestaltung.
Was dem Tier an Lebenskraft fehlt, gewinnt es an Bewusstseinskraft hinzu. Im Tier entsteht erstmals ein solches Bewusstsein, das zum Erleben innerer seelischer Bilder führt, die aber einen stark luziferischen Charakter haben und sehr stark die sinnlichen Triebe und Begierden erwecken, während die leibliche Gestaltung viel stärker als bei den Pflanzen von den ahrimanischen Kräften bestimmt wird. Die Tiergestalten sind eigentlich Imaginationen Ahrimans, sagt Rudolf Steiner ganz zurecht.
"Tiere, auch Pflanzen in ihren äußeren Formen — aber Pflanzen weniger als Tiere und am wenigsten die Mineralien — sind Imaginationen Ahrimans. Unsere Physiker suchen nach den materiellen Gesetzen in den äußeren Naturreichen; der okkultistische Erkenner kommt immer mehr und mehr darauf, daß die äußeren Naturreiche, insofern sie sich als materielle Wesenheiten darstellen, Imaginationen Ahrimans sind. Wir wissen ja, daß den Tieren zum Beispiel Gruppenseelen zugrunde liegen. Die Gruppenseelen sind nicht Imaginationen Ahrimans, sondern die einzelnen Individuen der Tiere in äußeren Gestalten sind die Imaginationen Ahrimans. Wenn wir also das Reich der Löwen haben, so ist die Gruppenseele derselben angehörig sozusagen den guten geistigen Wesenheiten, und der Kampf Ahrimans gegen die guten geistigen Wesenheiten besteht eben darin, daß er ihnen ihre Gruppenseele preßt in die einzelnen individuellen Gestalten der Tiere und denen aufprägt seine Imaginationen. Die einzelnen Löwengestalten, wie sie draußen real herumlaufen in der Welt, sind aus den Gruppenseelen herausgezwängt durch Ahriman. So zeigt sich uns auch die Umwelt allmählich sich verwandelnd in etwas ganz anderes, als sie in der Maja erscheint." (Lit.: GA 145, S. 174f)
Abstammung der Tiere vom Menschen
Entgegen der heute vorherrschenden Interpretation der Evolution stammt nicht der Mensch von den Tieren ab, sondern es ist genau umgekehrt. Der Mensch, natürlich noch nicht in seiner heutigen Gestalt, hat die Tiere im Zuge seiner Entwicklung aus sich herausgesetzt.
„Das gesamte Tierreich war einstmals im Menschen darinnen, das heißt der Mensch stand auf einer Stufe zwischen dem heutigen Tierreich und Menschenreich. Um sich weiter entwickeln zu können, mußte er die Teile aus sich ausscheiden, die seine Entwickelung nicht mitmachen konnten. Er schied damals das aus, was dann heute unser Tierreich bildet. Ursprünglich also waren die Tiere weit weniger vom Menschen unterschieden als jetzt. Sie degenerierten dann allmählich. Nun ging das Ausscheiden des Tierreiches aber nicht plötzlich vor sich, sondern ganz allmählich. Erst die Fische, dann Reptilien und Amphibien, dann Vögel und Säugetiere. Und bei diesen Gruppen gab es ja auch wieder nur ein allmähliches Ausscheiden. So wurden die Raubtiere zum Beispiel früher ausgeschieden als die Affen. Als nun die Löwen ausgeschieden wurden, da nannte man das Sternbild, in dem die Sonne stand, Löwe, und als der Mensch die Stiernatur ausschied, nannte man das Sternbild Stier. Die Namen der vier apokalyptischen Tiere in der Offenbarung des Johannes deuten auf dasselbe hin. Sie heißen Adler, Löwe, Stier, Mensch.“ (Lit.: GA 95, S. 157f)
„Es gibt sechzehn Gruppen menschlicher Instinkte und Leidenschaften und so gibt es auch sechzehn Tiergruppen. Das wird auch die Zoologie einmal einsehen, wie all das sich nach und nach heraussetzte. Wir können leicht angeben, wie die verschiedenen Glieder der Säugetiernatur sich abgliedern mußten. Die Hufbildung trat zum Beispiel dadurch ein, daß sich die Natur des Tieres in ganz besonderer Weise gegen die Außenwelt abschloß. Durch das Aggressive bildeten sich die Krallen oder Tatzen. Eine ganz andere Entwickelungsstufe als die der Huftiernatur drückt die Krallennatur aus. Einen solchen Gegensatz sehen wir auch ausgedrückt in den Kentaur- und Sphinxgestalten.
In dem zweiten Teil des «Faust», einem okkult sehr wichtigen Buche, wird das dargestellt, wo die Sphinxe dem Mephistopheles begegnen und ihn auslachen wegen seines Pferdehufes als Zeichen der sich im Hufe verhärteten Natur, einer Natur, die sich egoistisch gegen die Welt abgeschlossen hat.“ (Lit.: GA 104a, S. 108)
Was der Mensch den Tieren karmisch schuldet
Wenn der Mensch, wie Rudolf Steiner aufzeigt, die Tiere aus seinem Wesen gleichsam herausgesetzt hat, um sich selbst höher entwickeln zu können, so ist damit zwangsläufig eine kollektive karmische Schuld der gesamten Menschheit gegenüber dem ganzen Tierreich verbunden, die im Lauf der weiteren Entwicklung abgetragen muss. Dazu kommt die individuelle karmische Schuld, die Menschen durch die Misshandlung einzelner Tiere auf sich geladen haben.
„Der Mensch konnte nicht anders, als sich höher entwickeln; er mußte andere Wesen in den Abgrund stoßen, um selbst höher zu steigen. Er konnte den Tieren nicht geben eine Individualität, die im Karma ausgleicht, was die Tiere leiden müssen; er konnte ihnen nur den Schmerz überliefern, ohne ihnen die karmische Gesetzmäßigkeit des Ausgleiches geben zu können. Was er ihnen aber früher nicht geben konnte, das wird ihnen der Mensch einst geben, wenn er zur Freiheit und zum Selbstlos-Sein seiner Individualität gekommen ist. Dann wird er - in bewußter Weise - auch auf diesem Gebiet die karmische Gesetzmäßigkeit fassen und wird sagen: Den Tieren verdanke ich, was ich bin. Was ich den einzelnen tierischen Wesen nicht mehr geben kann, welche von einem Einzeldasein in ein Schattendasein hinuntergegangen sind, was ich sozusagen einstmals an den Tieren verschuldet habe, das muß ich jetzt an den Tieren wieder gutmachen durch die Behandlung, welche ich ihnen angedeihen lasse! - Daher wird mit dem Fortschreiten der Entwickelung durch das Bewußtsein der karmischen Verhältnisse auch wieder ein besseres Verhältnis des Menschen zum Tierreich eintreten, als es jetzt, besonders im Abendlande, vorhanden ist. Eine Behandlung der Tiere wird kommen, durch welche der Mensch die Tiere, die er hinuntergestoßen hat, wieder heraufzieht.
So sehen wir Karma und Tierreich denn doch in einem gewissen Verhältnis zueinander. Was das Tier als Schicksal erlebt, das können wir, wenn wir nicht alles durcheinanderwerfen wollen, nicht mit dem menschlichen Karma vergleichen. Aber wenn wir die ganze Erdentwickelung betrachten und was um der Menschheit und ihrer Entwickelung willen geschehen mußte, dann werden wir sehen, daß wir in der Tat von einer Beziehung des Menschheitskarma zu der Tierwelt sprechen können.“ (Lit.: GA 120, S. 54)
Siehe auch
Literatur
- Rudolf Steiner: Über die astrale Welt und das Devachan, GA 88 (1999), ISBN 3-7274-0880-4
- Rudolf Steiner: Vor dem Tore der Theosophie, GA 95 (1990), ISBN 3-7274-0952-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Aus der Bilderschrift der Apokalypse des Johannes, GA 104a (1991), ISBN 3-7274-1045-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Geisteswissenschaftliche Menschenkunde, GA 107 (1988), ISBN 3-7274-1070-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Die Offenbarungen des Karma, GA 120 (1992), ISBN 3-7274-1200-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Exkurse in das Gebiet des Markus-Evangeliums, GA 124 (1995), ISBN 3-7274-1240-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Welche Bedeutung hat die okkulte Entwicklung des Menschen für seine Hüllen (physischer Leib, Ätherleib, Astralleib) und sein Selbst?, GA 145 (2005), ISBN 3-7274-1450-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Karl König: Bruder Tier. Mensch und Tier in Mythos und Evolution, Vlg. Freies Geistesleben, Stuttgart 1981
- Hermann Poppelbaum: Mensch und Tier. Fünf Einblicke in ihren Wesensunterschied, Fischer TB, Farnkfurt a.M. 1981
- L.F.C. Mees: Tiere sind, was Menschen haben, J. Ch. Mellinger Verlag, Stuttgart 1987, ISBN 978-3880692237
- Ernst-Michael Kranich: Wesensbilder der Tiere. Einführung in die goetheanistische Zoologie. 2. Aufl., Stuttgart 1995, ISBN 978-3-772-51554-5
- Frits Hendrik Julius: Die zwölf Triebe in Tier und Mensch: Eine kosmisch orientierte Triebpsychologie, Urachhaus Verlag, Stuttgart 1996, ISBN 978-3825170769
- Wolfgang Schad: Säugetiere und Mensch: Ihre Gestaltbiologie in Raum und Zeit, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2012, ISBN 978-3772511509
- Johannes Weinzirl (Hrsg.), Peter Heusser (Hrsg.): Der Mensch, ein Tier? Das Tier, ein Mensch?, Wittener Kolloquium für Humanismus, Medizin und Philosophie, Band 45, Königshausen u. Neumann 2016, ISBN 978-3826059476
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