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Geosynklinaltheorie
Die Geosynklinaltheorie (von griech. συγκλίνειν synklinein „zueinander neigen“) ist eine mittlerweile veraltete geowissenschaftliche Theorie, die bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts als dominierendes Modell zur Erklärung der Gebirgsbildung galt. Diese Theorie besagt, dass die Entstehung von Gebirgen auf die Absenkung und nachfolgende Auffaltung riesiger Sedimentbecken, sogenannter Geosynklinalen, zurückzuführen sei. Obwohl diese Theorie mittlerweile durch die Plattentektonik abgelöst wurde, bietet sie einen Einblick in die Entwicklung der Geowissenschaften und zeigt, wie unser Verständnis der Erdprozesse im Laufe der Zeit gereift ist.

Ursprung und Grundlagen der Geosynklinaltheorie
Die Geosynklinaltheorie wurde im 19. Jahrhundert entwickelt, als die ersten systematischen Versuche unternommen wurden, die Gebirgsbildung zu erklären. Der Begriff „Geosynklinale“ wurde von James Hall und James Dwight Dana in den 1850er Jahren geprägt. Geosynklinalen waren demnach große, langgestreckte Senken in der Erdkruste, in denen sich im Laufe von Millionen Jahren große Mengen an Sedimenten ansammelten[1]. Diese Ablagerungen wurden anschließend durch tektonische Kräfte gestaucht und aufgefaltet, was zur Bildung von Gebirgsketten wie den Alpen oder dem Himalaya führte [2].
Geologische Beobachtungen als Grundlage der Geosynklinaltheorie
Die Geosynklinaltheorie beruhte auf verschiedenen geologischen Beobachtungen, die Geologen im 19. und frühen 20. Jahrhundert machten. Eine der wichtigsten Beobachtungen war die Existenz großer Sedimentbecken, in denen sich über lange Zeiträume hinweg mächtige Sedimentschichten abgelagert hatten. Diese Sedimente fanden sich häufig in Regionen, die heute Gebirge darstellen. Es wurde festgestellt, dass diese Gesteinsschichten oft stark gefaltet, gestaucht und gehoben waren, was darauf hindeutete, dass sie intensiven tektonischen Kräften ausgesetzt gewesen sein mussten.
Ein weiteres wichtiges Indiz waren die fossilen Überreste, die in diesen Sedimentschichten gefunden wurden. Diese Fossilien wiesen darauf hin, dass die betreffenden Gesteine einst in flachen Meeresbecken oder Küstenregionen abgelagert worden waren, bevor sie durch tektonische Prozesse emporgehoben und zu Gebirgen geformt wurden. Diese Beobachtungen deuteten auf eine deutliche Veränderung der geologischen Umgebung hin, was die Idee der Absenkung und nachfolgenden Auffaltung der Geosynklinalen unterstützte.
Darüber hinaus zeigten sich in vielen Gebirgsregionen Hinweise auf metamorphen Wandel, der durch hohen Druck und hohe Temperaturen verursacht wurde. Die Verwandlung der ursprünglichen Sedimentgesteine in metamorphe Gesteine schien ein weiterer Beleg für die intensiven tektonischen Prozesse zu sein, die während der Gebirgsbildung stattfanden. Geologen wie Leopold von Buch und Hans Stille beobachteten, dass Gebirgsregionen oft sowohl gefaltete als auch metamorphe Gesteine enthielten, was auf eine komplexe Geschichte der Sedimentation, Deformation und Metamorphose hinwies[3].
Die Beobachtung von Diskordanzen, also von Schichtlücken oder Schichtneigungen, die auf Phasen der tektonischen Aktivität folgten, gab zudem Hinweise auf zyklische Hebungs- und Absenkungsprozesse in der Erdkruste. Diese Diskordanzen unterstützten die Vorstellung, dass Gebirgsbildung ein wiederkehrender Prozess war, bei dem sich Senkungen (Geosynklinalen) und Hebungen (Geoantiklinalen) abwechselten.
Mechanismen der Geosynklinalbildung
Nach der Geosynklinaltheorie durchliefen Geosynklinalen verschiedene Entwicklungsstadien, die zu ihrer Auffaltung und Erhebung führten. Zunächst bildete sich eine Absenkung der Erdkruste, in der große Mengen von Sedimenten deponiert wurden. Diese Sedimente wurden durch das Gewicht weiterer Ablagerungen verdichtet und verfestigt. Im letzten Stadium kam es zu einer Gebirgsbildung, die durch horizontale Kräfte verursacht wurde, die die Sedimente zusammenpressten und auffalteten [3].
Die Auffaltung der Gebirge erfolgte nach der Vorstellung der Geosynklinaltheorie durch seitliche Kompression, die durch Bewegungen innerhalb der Erdkruste hervorgerufen wurde. Diese horizontalen Kräfte waren das Resultat einer allgemeinen Schrumpfung der Erdkruste, die durch die langsame Abkühlung des Erdinneren verursacht wurde. Man ging davon aus, dass sich die Erdkruste bei der Abkühlung zusammenzog, wodurch die Geosynklinalen als schwache Zonen in der Kruste unter Druck gerieten. Der horizontale Druck führte schließlich zur Verformung und Auffaltung der in den Geosynklinalen abgelagerten Sedimente. Die dabei wirksamen Kräfte wirkten ähnlich wie bei einem zusammengedrückten Teppich, der in Falten geworfen wird. Diese Faltenbildung resultierte in der Entstehung von Gebirgen, wobei die Sedimente zunächst plastisch verformt und schließlich durch weiteren Druck gehoben wurden, bis sie die heutigen Gebirgshöhen erreichten.
Zusätzlich zu den horizontalen Kräften spielte auch die vertikale Bewegung der Erdkruste eine Rolle. Infolge der zunehmenden Ablagerung von Sedimenten in den Geosynklinalen senkte sich die Kruste weiter ab, wodurch sich immer mehr Sedimente ansammeln konnten. Diese vertikalen Bewegungen schufen die Voraussetzungen für die spätere Auffaltung. In der letzten Phase der Gebirgsbildung wurden die verdichteten Sedimente durch die seitliche Kompression zu komplexen Faltenstrukturen und Überschiebungen verformt, die typisch für viele Gebirgsketten sind. Das Zusammenspiel von vertikalen und horizontalen Kräften war demnach von zentraler Bedeutung für die Vorstellung der Gebirgsbildung nach der Geosynklinaltheorie.
Die Theorie betrachtete die Erdkruste als relativ statisch und ging davon aus, dass die Gebirgsbildung primär durch vertikale und horizontale Bewegungen verursacht wurde. Diese Ansicht war typisch für das damalige Verständnis der Geologie, in dem die Vorstellung von einer dynamischen, sich bewegenden Erdkruste noch weitgehend fehlte.
Geoantiklinalen als Gegenstück zu Geosynklinalen
Als Gegenstück zu den Geosynklinalen wurden in der Geosynklinaltheorie die sogenannten Geoantiklinalen betrachtet. Eine Geoantiklinale ist ein Bereich der Erdkruste, der im Gegensatz zur Geosynklinale eine Aufwölbung darstellt. Während sich in den Geosynklinalen große Mengen an Sedimenten ansammeln, handelt es sich bei den Geoantiklinalen um stabile, hochgelegene Bereiche, die oft als Quellregionen für Sedimente fungierten. Die Geoantiklinalen wurden als die strukturellen Gegenspieler zu den Geosynklinalen betrachtet und bildeten oft die Bereiche, die während der Gebirgsbildung weniger stark deformiert wurden. Diese Aufwölbungen waren entscheidend für das Verständnis der damaligen Geologen, da sie die Entstehung von Becken und Gebirgen im Rahmen eines zyklischen Prozesses erklärten.
Die Vorstellung von Geoantiklinalen und Geosynklinalen verdeutlichte das Modell der vertikalen Bewegungen in der Erdkruste, welches typisch für die Geosynklinaltheorie war. Heutige Modelle der Plattentektonik, die horizontale Bewegungen als Hauptmechanismus für die Bildung von Gebirgen betrachten, haben diese Konzepte jedoch abgelöst.
Die Bedeutung der Entdeckung der Mittelozeanischen Rücken
Die Entdeckung der Mittelozeanischen Rücken spielte eine entscheidende Rolle beim Übergang von der Geosynklinaltheorie zur Plattentektonik. In den 1950er und 1960er Jahren wurde durch geophysikalische Untersuchungen festgestellt, dass sich in den Ozeanen langgestreckte Gebirgszüge befinden, die als Mittelozeanische Rücken bezeichnet werden. Diese Rücken sind aktive Bereiche, in denen neue ozeanische Kruste gebildet wird, was auf divergente Plattengrenzen hindeutet [4]. Harry Hammond Hess und andere Wissenschaftler entwickelten das Konzept der seafloor spreading (Meeresbodenspreizung), das besagt, dass die ozeanische Kruste an den Mittelozeanischen Rücken auseinanderdriftet und kontinuierlich neue Kruste entsteht.
Die Entdeckung der Mittelozeanischen Rücken lieferte den entscheidenden Beweis dafür, dass die Erdkruste nicht statisch ist, sondern dynamisch von sich bewegenden Platten gebildet wird. Dies widerlegte das Modell der Geosynklinaltheorie, die vertikale Bewegungen betonte, und führte zur Etablierung der Plattentektonik als dominierendes geologisches Modell. Die Mittelozeanischen Rücken zeigten deutlich, dass die Bewegungen der Erdplatten sowohl konvergente als auch divergente Grenzen umfassen, wodurch Gebirgsbildungen, ozeanische Gräben und andere geologische Strukturen besser erklärt werden konnten.
Kritik und Ablösung durch die Plattentektonik
Mit der Weiterentwicklung der Geowissenschaften wurde die Geosynklinaltheorie zunehmend in Frage gestellt. Besonders die Arbeiten von Alfred Wegener und seine Theorie der Kontinentalverschiebung lieferten erste Hinweise darauf, dass die Erdkruste aus großen Platten besteht, die sich bewegen [5]. In den 1960er Jahren wurde das Konzept der Plattentektonik entwickelt, das die Bewegung der tektonischen Platten als zentralen Mechanismus zur Erklärung der Gebirgsbildung darstellt [6]. Die Plattentektonik konnte viele Phänomene erklären, die mit der Geosynklinaltheorie unzureichend verstanden wurden, wie etwa die Verteilung von Erdbeben, Vulkanen und ozeanischen Gräben.
Im Gegensatz zur Geosynklinaltheorie erklärt die Plattentektonik die Gebirgsbildung durch das Zusammenstoßen und die Wechselwirkung von tektonischen Platten. Gebirge wie der Himalaya entstanden beispielsweise durch die Kollision der indischen mit der eurasischen Platte. Die Geosynklinaltheorie konnte solche großflächigen Bewegungen der Erdkruste nicht erfassen und geriet daher allmählich in den Hintergrund.
Historische Bedeutung der Geosynklinaltheorie
Obwohl die Geosynklinaltheorie heute als überholt gilt, spielte sie eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Geowissenschaften. Sie war das erste systematische Modell, das versuchte, die Prozesse der Gebirgsbildung im Kontext großer Erdbewegungen zu erklären, und legte damit den Grundstein für spätere, weiterentwickelte Theorien. Die Geosynklinaltheorie ermöglichte es Geologen, die Bedeutung der Ansammlung von Sedimenten und die Rolle von tektonischen Kräften bei der Gebirgsbildung zu verstehen, auch wenn ihr mechanistisches Verständnis begrenzt war.
Mit der Entwicklung der Plattentektonik erfuhr das Verständnis der Geologie eine fundamentale Umwälzung. Die Erkenntnis, dass die Erdkruste aus dynamischen, beweglichen Platten besteht, die auf einer zähflüssigen Asthenosphäre „schwimmen“, veränderte die Sichtweise auf viele geologische Prozesse grundlegend. Dennoch bleibt die Geosynklinaltheorie ein interessantes Kapitel in der Geschichte der Geowissenschaften, das zeigt, wie wissenschaftliche Theorien sich über die Zeit hinweg entwickeln und anpassen.
Literatur
- James Hall: Contributions to the Geological History of the American Continent. Albany: Geological Survey of New York 1859.
- James Dwight Dana: On Some Results of the Earth's Contraction from Cooling, Including a Discussion of the Origin of Mountains, and the Nature of the Earth's Interior. American Journal of Science and Arts 1873.
- Hans Stille: Grundfragen der vergleichenden Tektonik. Gebrüder Borntraeger 1924.
- Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Vieweg+Teubner Verlag Braunschweig 1915.
- J. Tuzo Wilson: Did the Atlantic Close and Then Re-Open?. Nature 211, 676–681 (1966) doi:10.1038/211676a0
- Harry Hammond Hess: History of Ocean Basins. Princeton University Press 1962.