Hässlichkeit

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Hässlichkeit, im ursprünglichen Sinn das Hassenswerte, Ekelige oder Feindseligen, ist das Gegenteil der Schönheit und wurde namentlich in der griechisch-lateinischen Kultur insbesonders auf die menschliche Gestalt bezogen und als Ausdruck eines moralischen Defekts angesehen. Diese Haltung ist unserem gegenwärtigen Bewusstseinsseelenzeitalter nicht mehr angemessen, nicht in künstlerischer und noch weniger in moralischer Hinsicht.

„Sehen Sie, der Mensch ist unter dem Einflüsse desselben Irrwahns, der den göttlichen Mächten gewisse luziferische Eigenschaften beigelegt hat, heute geneigt, einseitig in der Darstellung des Schönen zum Beispiel ein Ideal zu sehen. Gewiß, man kann das Schöne als solches darstellen. Aber man muß sich bewußt sein: Würde man sich nur an das Schöne hingeben als Mensch, dann würde man in sich kultivieren diejenigen Kräfte, die in das luziferische Fahrwasser hineinführen. Denn in der wirklichen Welt ist ebensowenig wie die einseitige Entwickelung - zu der die rückläufige gehört, zu der Evolution die Devolution — einseitig vorhanden das bloße Schöne. Das bloße Schöne, verwendet von Luzifer, um die Menschen zu fesseln, zu blenden, würde gerade die Menschheit frei machen von der Erdenentwickelung und sie nicht mit der Erdenentwickelung Zusammenhalten. In der Wirklichkeit haben wir, so wie mit einem Ineinanderspiel von Evolution und Devolution, es zu tun mit einem Ineinanderspielen, und zwar einem harten Kampfe der Schönheit gegen die Häßlichkeit. Und wollen wir Kunst wirklich fassen, so dürfen wir niemals vergessen, daß das letzte Künstlerische in der Welt das Ineinanderspielen, das Im-Kampfe-Zeigen des Schönen mit dem Häßlichen sein muß. Denn allein dadurch, daß wir hinblicken auf den Gleichgewichtszustand zwischen dem Schönen und dem Häßlichen, stehen wir in der Wirklichkeit darinnen, nicht einseitig in einer nicht zu uns gehörigen Wirklichkeit, die aber mit uns erstrebt wird in der luziferischen, in der ahrimanischen Wirklichkeit. Es ist sehr notwendig, daß solche Ideen, wie ich sie eben geäußert habe, in die menschliche Kulturentwickelung einziehen. In Griechenland - Sie wissen, mit welchem Enthusiasmus ich von dieser Stelle aus oftmals über die griechische Bildung gesprochen habe —, da konnte man sich einseitig der Schönheit widmen, denn da war noch nicht die Menschheit von der absteigenden Erdenentwickelung ergriffen, wenigstens nicht im Griechenvolke. Seit jener Zeit aber darf der Mensch den Luxus sich nicht mehr gönnen, etwa bloß das Schöne zu kultivieren. Das würde Flucht aus der Wirklichkeit sein. Er muß sich kühn und tapfer gegenüberstellen dem realen Kampfe zwischen Schönem und Häßlichem. Er muß die Dissonanzen im Kampfesspiel mit den Konsonanzen in der Welt empfinden können, mitfühlen, miterleben können.“ (Lit.:GA 194, S. 56f)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
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Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.