Haus der Weisheit (Bagdad)

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Gelehrte in einer abbasidischen Bibliothek in Bagdad. Illustration von Yahyá al-Wasiti, 1237.

Das Haus der Weisheit (arab. بيت الحكمة Bayt al-Hikma, DMG bait al-ḥikma) war eine Art Akademie, die im Jahr 825 von dem Abbasiden-Kalifen al-Maʾmūn in Bagdad gegründet wurde. Als Vorbild des Hauses der Weisheit diente die wesentlich ältere Akademie von Gundishapur.

Im Haus der Weisheit arbeiteten zeitweise rund 90 Menschen an wissenschaftlichen Übersetzungen, vor allem aus dem Griechischen, aber auch aus dem Aramäischen und Persischen in die arabische Sprache. Al-Maʾmūn schickte dafür einen Gelehrten seines Hofs nach Byzanz und bat den Kaiser, ihm mathematische Werke (u. a. die des Euklid) zu übergeben. Im Haus wurden alle Werke der Antike übersetzt, die aufzufinden waren, unter anderem von Galen, Hippokrates, Platon, Aristoteles, Ptolemäus oder Archimedes. Unter der Leitung des christlichen Arztes Hunayn ibn Ishaq entwickelten sie ebenso eine Technik des konzeptionellen anstelle des wörtlichen Übersetzens. Auch sein Sohn Ishāq ibn Hunayn wirkte hier als Übersetzer von Euklids Elementen mit dem ebenfalls dort wirkenden Mathematiker und Astronomen Thabit ibn Qurra.

In Bagdad arbeiteten nach Aussagen des Historikers Ibn al-Qifti in der Epoche des Aufbaus des Hauses 37 Christen, 8 Sabäer und 9 Juden. Sie waren aufgrund ihrer Fachkenntnisse sowie Sprachkenntnisse wichtig für den Aufbau des Hauses. Unter den Mitarbeitern waren neben den erwähnten Hunayn ibn Ishaq und Thabit ibn Qurra unter anderem al-Abbas ibn Said al-Dschauhari, der Philosoph al-Kindi, die Banū Mūsā Brüder und der Mathematiker al-Chwarizmi.

Neben dem Übersetzungszentrum zählt man zum Haus der Weisheit auch ein Observatorium, eine Akademie und eine reichhaltige Bibliothek sowie ein Krankenhaus. Nach dem Vorbild der Institution wurden ähnliche Einrichtungen in Córdoba und Sevilla geschaffen. Der Fatimiden-Kalif al-Hakim ließ um 1000 ein Haus der Weisheit in Kairo einrichten.

Bagdad wurde im Jahre 1258 nach kurzer Belagerung von den Mongolen unter Hülegü erobert, das Haus der Weisheit dabei zusammen mit allen anderen Bibliotheken zerstört.

Die Gründung des Hauses wurde durch die Entwicklung der Papierherstellung im arabischen Raum begünstigt. In Bagdad baute man zu dieser Zeit eine Papiermühle. Auf dem Suq al-Warraqin, dem Papiermarkt, gab es 100 Papiergeschäfte, von denen manches, von Lehrern und Schriftstellern betrieben, ein eigenes kleines Wissenschafts- und Literaturzentrum war. Die berühmtesten Papierhändler waren Ahmad ibn Abi Tahir (819–893) und Abu l-Faradsch Muhammad ibn Ishaq (gest. 995).[1]

Literatur

  • Marie-Geneviève Guesdon: Le Bayt Al-Hikma de Baghdad. In: Arabica. Revue d´études Arabes. Band 39, 1992, ISSN 0570-5398, S. 131–150
  • Jim Al-Khalili: Pathfinders. The Golden Age of Arabic Science. Allen Lane, London 2010, ISBN 978-1-84614-161-4.
    • deutsch: Im Haus der Weisheit. Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur. Aus dem Englischen übersetzt von Sebastian Vogel S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-10-000424-6, Kapitel 5.
  • Cristina D’Ancona Costa: La casa della sapienza. La trasmissione della metafisica greca e la formazione della filosofia araba (= Socrates 18). Guerini e Associati, Milano 1996, ISBN 88-7802-702-2.

Einzelnachweise

  1. Jonathan M. Bloom: Revolution by the Ream. A History of Paper. In: Aramco World magazine. Vol. 50, No. 3, May/June 1999, ISSN 0146-4132, S. 26–39 (deutsch: Eine Revolution in Bögen. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Karl-Heinz Ziessow). online.


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