Hydraulischer Widder

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Hydraulischer Widder mit Windkessel. Das restaurierte Gerät aus Eisenguss steht als Schauobjekt in Zwischenflüh im Diemtigtal, bei der Staldenmaadhütte der SAC-Sektion Kirchberg, Kanton Bern.
Hydraulischer Widder (Rohrplan und Prinzip)
Die grundlegende Komponenten eines hydraulischen Widders:
1. Einlass - Antriebsrohr (ohne Fallrohr)
2. Freier Durchfluss am Ablassventil
3. Ausgang - Druckleitung (Steigrohr)
4. Ablassventil
5. Rückschlagventil im Auslass
6. Druckbehälter
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Stoßventil in Aktion

Ein hydraulischer Widder (eng. hydraulic ram), auch Stoßheber, Staudruck-Wasserheber oder Wasserwidder genannt, ist eine spezielle Pumpe, die zum Transport inkompressibler Flüssigkeiten dient, meist Wasser, aber im Gegensatz zu herkömmlichen Pumpen keine externe Energiequelle benötigt, sondern durch den Staudruck des strömende Wasser selbst angetrieben wird. Sie nutzt die Energie, die durch den Fall eines Teils des Wassers in einer Zuleitung (Fallrohr) erzeugt wird, um einen kleineren Wassermengenanteil auf eine höheres Niveau zu heben.

Der Schlüssel zur Funktionsweise des hydraulischen Widders liegt in der geschickten Nutzung des Wasserschlags und der Konversion von kinetischer Energie (Bewegung des Wassers) in potentielle Energie (höher gelegenes Wasser), ohne dass dazu externe Energiequellen nötig sind. Dies macht den hydraulischen Widder besonders nützlich in abgelegenen Gebieten, wo keine Stromversorgung vorhanden ist, aber ein stetiger Bedarf an der Förderung von Wasser auf höher gelegene Orte besteht.

Funktionsprinzip

Der hydraulische Widder funktioniert in groben Zügen wie folgt:

  1. Startphase: Wasser fließt dank der Schwerkraft durch das Fallrohr bzw. Antriebsrohr (1) in den Pumpenkörper, wodurch sich in diesem der Druck erhöht und zunächst aus dem Ablassventil (4) das Wasser herausspritzt (2).
  2. Stoßventil: Der erhöhte Druck führt dazu, dass sich das Ablassventil (4) schließt. Das plötzliche Schließen des Stoßventils erzeugt einen Druckstoß (Wasserschlag), der die Energie im System drastisch erhöht.
  3. Druckanstieg und -umwandlung: Der Druck, der durch den Wasserschlag entsteht, wird genutzt, um einen Teil des Wassers durch ein Rückschlagventil (5) in einen Druckluftbehälter (Windkessel) (6) zu drücken. Die Druckluft im Behälter dämpft die Druckwellen und speichert Energie.
  4. Förderung: Das im Windkessel unter Druck stehende Wasser wird dann durch die Auslassleitung (Steigleitung) (3) zu einem höher gelegenen Ort gefördert.
  5. Wiederholung: Nachdem der Druck im Pumpenkörper abfällt, öffnet sich das Stoßventil (4) automatisch wieder, wodurch Wasser erneut durch das Fallrohr strömen kann. Der Zyklus beginnt von vorne.

Der hydraulische Widder als Modell der Herztätigkeit

Rudolf Steiner weist in seinen Vorträgen über «Geisteswissenschaft und Medizin» auf den hydraulischen Widder hin, der erstmals von dem österreichischen Arzt Karl Schmid[1] als vereinfachtes Modell zur Erklärung der Herztätigkeit herangezogen wurde.

„Der einzige hoffnungsvolle Anfang, der gemacht worden ist, wenigstens diese mechanische Grundlage der Herztätigkeit - mehr allerdings nicht - wenigstens diese mechanische Grundlage einmal ins Auge zu fassen, der ist gemacht worden von einem österreichischen Arzte Dr. Karl Schmid, der Arzt in der nördlichen Steiermark war und der darüber eine Veröffentlichung hat erscheinen lassen in der «Wiener Medizinischen Wochenschrift» 1892, Nr. 15-17, «Über Herzstoß und Pulskurven». Es ist nicht sehr viel noch in dieser Abhandlung enthalten, aber man muss sich sagen, dass wenigstens da einmal jemand aus seiner medizinischen Praxis heraus bemerkt hat, dass man es nicht zu tun hat mit dem Herzen als mit einer gewöhnlichen Pumpe, sondern mit dem Herzen als einem Stauapparat. Schmid denkt sich den ganzen Vorgang der Herzbewegung und des Herzstoßes wie die Tätigkeit eines hydraulischen Widders, der durch die Strömungen in Bewegung gesetzt wird. Darinnen liegt das Wahre, was den Ausführungen des Dr. Karl Schmid innewohnt. Aber man ist erst bei dem Mechanischen, wenn man alles, was Herztätigkeit ist, auffasst als die Folge dieser ineinandergehenden - ich kann sie jetzt symbolisch Strömungen nennen -, der flüssigen Strömung und der luftförmigen Strömung. Aber man ist erst bei dem Mechanischen, wenn man alles, was Herztätigkeit ist, auffasst als die Folge dieser ineinandergehenden - ich kann sie jetzt symbolisch Strömungen nennen -, der flüssigen Strömung und der luftförmigen Strömung. Denn letzten Endes, was ist das Herz? Letzten Endes ist das Herz nämlich ein Sinnesorgan. Und wenn wir auch dasjenige, was die Sinnestätigkeit des Herzens ist, nicht unmittelbar im Bewusstsein haben, wenn es auch zu den unterbewussten Sinnestätigkeiten gehört, was im Herzen vorgeht, so ist deshalb doch das Herz dazu da, dass gewissermaßen die oberen Tätigkeiten des Menschen wahrnehmen, empfinden können die unteren Tätigkeiten des Menschen. So, wie Sie mit Ihren Augen wahrnehmen die äußeren Farbvorgänge, so nehmen Sie, aber allerdings im dumpfen Unterbewusstsein, durch das Herz wahr dasjenige, was in Ihrem Unterleibe sich vollzieht. Ein Sinnesorgan zum inneren Wahrnehmen ist zuletzt das Herz. Als solches ist es anzusprechen.“ (Lit.: GA 312, S. 36f)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Dr. Karl Schmid: «Über Herzstoß und Pulskurven», Vortrag gehalten in der Monatsversammlung des Vereins der Ärzte Steiermarks zu Graz am 26. Oktober 1891, in: Wiener Medizinische Wochenschrift, 1892, Nr. 15-17 (9, 16, 23. April 1892), Sp. 577-580, 622-625, 662-665.