James Lovelock

Aus AnthroWiki
James Lovelock, 2005

James Ephraim Lovelock, CH, CBE, FRS (* 26. Juli 1919 in Letchworth Garden City, England) ist ein unabhängiger britischer Wissenschaftler mit Abschlüssen in Chemie, Medizin und Biophysik.

Durch die Erfindung des Elektroneneinfangdetektors und seine Messungen zur Verbreitung von FCKW in der Erdatmosphäre 1971 leistete er einen wichtigen Beitrag zur Rettung der Ozonschicht.[1] Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Lovelock seit Mitte der 70er-Jahre zusammen mit Lynn Margulis als Begründer der Gaia-Hypothese zur Physiologie der Erde (Geophysiologie).[2] Als Autor zahlreicher populärwissenschaftlicher Bücher und Beiträge zum Thema Umwelt und Zukunft der Menschheit gilt er als einflussreicher Vordenker der Ökologie-Bewegung.

Seit 1974 ist er Mitglied der Royal Society, seit 1994 ist er Honorary Visiting Fellow am Green Templeton College der Universität Oxford.[3]

Arbeitsschwerpunkte

Lovelocks Elektroneneinfangdetektor

James Lovelocks Interesse gilt der Wissenschaft des Lebens, ursprünglich der Medizin, später der Erde als biologisches Gesamtsystem. Seine Spezialgebiete sind die Atmosphärenchemie, die Geophysiologie und die „Systemwissenschaft der Erde“. Sein zweites Interessengebiet ist die Instrumentenentwicklung. Lovelock hat den Elektroneneinfangdetektor (ECD) entwickelt,[4] der in der Umweltanalytik von großer Bedeutung ist. Erst mit dem ECD wurde es möglich, chlorierte Umweltgifte wie FCKW, PCB und chlorierte Pestizide wie DDT durch Gaschromatographie auch in geringen Spuren nachzuweisen.

Leben

Lovelock wuchs in seinem Geburtsort in einer Quäkergemeinde auf. Als er im Zweiten Weltkrieg zum Wehrdienst eingezogen werden sollte, verweigerte er sich. Doch nachdem er mehr Informationen über die Gräueltaten des NS-Staates gelesen hatte, meldete sich James Lovelock freiwillig. Die Kommission entschied jedoch, dass seine medizinischen Arbeiten wichtiger seien als ein unmittelbarer Fronteinsatz. So konnte er im Heimatland verbleiben[5] und zugleich 1941 einen weiteren Abschluss (Bachelor) in Chemie an der Universität Manchester machen. Bei einer Forschungsaufgabe im Jahr 1942, die klären sollte, ab welchen Temperaturen Zellen von Lebewesen beschädigt werden, standen ihm ursprünglich Kaninchen zur Verfügung, die anästetisiert werden sollten. Aus Achtung vor fremdem Leben führte er seine Versuche jedoch an eigenen Hautzellen durch.[5]

1948 promovierte er an der London School of Hygiene and Tropical Medicine als „Ph.D.“. 1954 begann er ein Auslandsstipendium in Medizin (Rockefeller Travelling Fellowship) an der Harvard University Medical School in Boston und zwischen 1954 und 1955 Rockefeller Travelling Fellowship in Medicine at Harvard University. 1958 war er Visiting Scientist an der Yale University Medical School, USA. 1959 erreichte er einen Abschluss an der Universität London in Biophysik.

Von 1961 bis 1964 war James Lovelock Professor für Chemie am Baylor College of Medicine in Houston, Texas. Zugleich entwickelte er im Auftrag der NASA Instrumente zur Analyse extraterrestrischer Atmosphären.[5] Ab 1964 führte er in den USA ein unabhängiges wissenschaftliches Labor.

Seine ehrenamtliche akademische Tätigkeit als Gastprofessor behielt er jedoch bei, zuerst an der Universität Houston, dann an der Universität Reading in U.K. Ab 1982 war er ein Vorstandsmitglied der Marine Biological Association at Plymouth und zwischen 1986 und 1990 deren Präsident.

Im Jahr 2000 veröffentlichte Lovelock eine Autobiographie. Bei einem Bericht in der Zeitung Die Welt war zu lesen, dass der damals 97-Jährige kaum gesundheitliche Probleme hat. Es hieß:[5] „Das hohe Alter scheint seinem Körper nichts anzuhaben, er braucht keinen Stock, steht behände aus dem Sessel auf und ist am Wochenende erst zwölf Kilometer die Küstenhänge hinausmarschiert.“

Kontroverse um Klimawandel und Atomenergie

Als Ausgangspunkt aller Überlegungen und Forschungen Lovelocks dient seine These „die Erde ist samt der sie umhüllenden Atmosphäre ein Lebewesen“. Ab dem Jahr 2004 mischte sich Lovelock streitbar in die aktuelle Klima- und Zukunftsdiskussion ein. Er vertritt die Ansicht, dass durch den vom Menschen verursachten Klimawandel die Erde in naher Zukunft weitgehend unbewohnbar werden wird. Mit seiner These, dass die massive Nutzung der Kernkraft gegenüber der massiven Nutzung fossiler Brennstoffe das kleinere Übel sei, da nur so die verheerenden Folgen des Klimawandels abgemildert werden könnten, stieß er viele Umweltaktivisten vor den Kopf.[6] In den Folgejahren legte er seine Überzeugungen in zwei Büchern dar, zuerst in Gaias Revenge (2006), später in Vanishing Face (2009), sowie in diversen Zeitungsartikeln, etwa in The Independent vom 16. Januar 2006.[7] Die Bezeichnung Gaia für die Erde ist dem Griechischen entlehnt und geht auf eine Idee des Literaturnobelpreisträgers William Golding zurück, mit dem Lovelock befreundet war.[5]

Ein umfangreiches Medienecho gab es in der deutschen Presse. Hier war ein Hauptkritikpunkt, dass Lovelock die Atomenergie über- und die erneuerbaren Energien unterschätze.[8][9][10][11] Sein Eintreten für die Atomenergie beruht darauf, dass er glaubt, dass nur unter Nutzung dieser Möglichkeit der CO2-Ausstoß schnell und nachhaltig reduziert werden kann. Zugleich sieht er eine erste reale Möglichkeit, dass sich die Menschheit vor Meteoriteneinschlägen schützen kann: mit rechtzeitig abgeschossenen Raketen und Atomsprengköpfen.[5]

Veröffentlichungen

James Lovelock hat über 200 wissenschaftliche Veröffentlichungen in Medizin, Biologie, Instrumentenforschung und Geophysiologie verfasst und über 50 Patente angemeldet, zumeist für Detektoren, die in der chemischen Analyse ihre Anwendung finden.

Populärwissenschaftliche Bücher
  • 1979: Gaia: A new Look an Life and Earth
  • 1982: Unsere Erde wird überleben. Gaia: eine optimistische Ökologie. 222 Seiten, Piper, München 1982, ISBN 3-492025803.
  • 1988: The ages of Gaia. Norton, New York 1988, ISBN 0-393-02583-7.
    • Das Gaia-Prinzip. Die Biographie unseres Planeten. Artemis und Winkler, Zürich/München 1991, ISBN 3-7608-1050-0.
  • 1991: Gaia: The Practical Science of Planetary Medicine. Gaia Books, London 1991, ISBN 1-85675-040-X.
    • Gaia. Die Erde ist ein Lebewesen. Was wir heute über Anatomie und Physiologie des Organismus Erde wissen und wie wir ihn vor der Gefährdung durch den Menschen bewahren können. Scherz, München 1992, ISBN 3-502174202.
  • 2000: Homage to Gaia. Oxford University Press, Oxford 2000, ISBN 0-19-286213-8.
  • 2006: The Revenge of Gaia. Why the Earth is Fighting Back and How We Can Still Save Humanity. Allen Lane, London 2006, ISBN 0-465-04168-X
  • 2009: The Vanishing Face of Gaia: A Final Warning. Allen Lane, London 2009, ISBN 978-1-84614-185-0.
  • 2015: A Rough Ride to the Future. Verlag Penguin, 2. April 2015. ISBN 0-241961416.
  • 2016: James Lovelock et al. Die Erde und ich. Taschen, Köln 2016, ISBN 978-3-8365-5391-9.
  • 2019: Novacene: The coming age of hyperintelligence. Allen Lane, London 2019, ISBN 978-0-24139-936-1.

Weblinks

Commons: James Lovelock - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Bernhard Pötter: In letzter Minute. 6. September 2007 im Portal zeit.de (abgerufen am 17. April 2018).
  2. James Lovelock, Lynn Sagan: Atmospheric homeostasis by and for the biosphere: the Gaia hypothesis In: Tellus. Series A. Stockholm: International Meteorological Institute. Band 26 (1–2), 1974, S. 2–10.
  3. Curriculum Vitae im Portal jameslovelock.org (abgerufen am 1. August 2019)
  4. New Scientist, 6. Februar 1975, S. 307. (Volltext in der Google Buchsuche)
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 Arno Widmann: Cyborgs werden Mutter Erde retten. In: Berliner Zeitung, 26. Juli 2019, S. 21 (Printausgabe).
  6. Marco Evers: Öko-Guru fordert Ende der grünen Romantik. Artikel vom 2. Februar 2007 im Portal spiegel.de (abgerufen am 17. April 2018).
  7. Übersetzung des Artikels im Independent (2006) bei Umweltdebatte.de (Marko Ferst)
  8. Lang-Feature 2006 bei dradio.de, Der große Luftozean, die Lange Nacht vom Klima.
  9. Telepolis 2006 über Gaias Rache
  10. Kritik von Johannes Kaiser 2007 an Gaias Rache bei dradio.de
  11. Interview 2010, Lovelock bei heise.de


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel James Lovelock aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.