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Lobbyismus
Lobbyismus, Lobbying oder Lobbyarbeit ist eine aus dem Englischen (lobbying) übernommene Bezeichnung für Interessenvertretung in Politik und Gesellschaft, bei der Interessengruppen („Lobbys“) – vor allem durch die Pflege persönlicher Verbindungen – die Exekutive, die Legislative zu beeinflussen versuchen.[1][2] Außerdem wirkt Lobbying auf die öffentliche Meinung durch Öffentlichkeitsarbeit ein. Dies geschieht vor allem mittels der Massenmedien.[3] Gängige Bezeichnungen für Lobbyarbeit sind zum Beispiel Public Affairs, politische Kommunikation und Politikberatung. Unternehmen und Organisationen unterhalten bisweilen ein Hauptstadtbüro oder eine Hauptstadtrepräsentanz, aber auch Büros bei den Landesregierungen.
Allgemeines
Lobbying ist ein Aspekt des öffentlichen politischen Entscheidungsprozesses in Demokratien und ist nicht per se eine unmoralische Praxis. Das Herantragen von Interessen an Entscheidungsträger gehört zum Wesensmerkmal parlamentarischer Demokratie[4] und lässt sich dem intermediären Bereich zwischen Bürger und Staat[5] zuordnen. Um Entscheidungen im Gesamtinteresse der Gesellschaft treffen zu können, müssen Politiker sich über hochkomplexe Fragestellungen und Inhalte informieren. Dabei sind sie auf gut aufbereitete Informationen und Argumente verschiedener Interessengruppen angewiesen. Vice versa gehen Interessensvertretungen mit den Politikern in den Dialog, um politische Entscheidungsprozess zu beeinflussen.
Durch regelmäßig bekannt werdende Lobbyismus-Affären (kurz Lobby-Affären) wird dieses idealtypische Bild von Lobbyismus aber getrübt. In diesen werden in der Regel Politiker in Machtpositionen von Unternehmen mit Geld bestochen, um Politik im Sinne der Geldgeber zu machen. In solchen Fällen ist Lobbyismus eine Form von Korruption. Der Begriff hat daher häufig eine negative Konnotation, sodass Interessenverbände nicht immer unter diesem Begriff auftreten.
Im Jahr 2006 führten Thomas Leif und Rudolf Speth in Analogie zur Bezeichnung Vierte Gewalt für die Massenmedien den Begriff Fünfte Gewalt für den Lobbyismus ein,[6] was jedoch von anderen Autoren als übertrieben angesehen wird.[7] Thilo Bode titelte zum Glyphosat-Skandal 2017 in den Blättern für Deutsche und internationale Politik, in der Ausgabe, Oktober 2018: „Lobbyismus 2.0: Der industriell-politische Komplex.“[8]
Zu vielen weiteren Themen siehe auch
- Lobbyismus - Artikel in der deutschen Wikipedia
Siehe auch
- Lobbyismus - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Advocacy Coalition - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Agenda Setting - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Antichambrieren - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Drehtür-Effekt - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Evangelisches Büro - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Influencer - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Katholisches Büro - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Kommunikationsstrategie - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Kuratorium Unteilbares Deutschland - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Lobbypedia - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Parlamentarischer Abend - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Spin-Doctor - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Transparency International - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Initiative Transparente Zivilgesellschaft - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Umweltlobbyismus - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Verein katholischer Edelleute Deutschlands - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Verwaltungsethik - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Volkswartbund - Artikel in der deutschen Wikipedia
Literatur
Aufsätze
- Andreas Geiger: Ökonomische Aspekte des Lobbying in der EU. In: Zeitschrift für Politikberatung. Volume 2, Issue 3 (2009), S. 427.
- Geiger: EU-Lobbying und Demokratieprinzip. In: Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht. (EWS), Heft 7/2008, S. 257.
- Anda: Möglichkeiten und Grenzen der Politikbeeinflussung. In: Axel Sell, Alexander N. Krylov: Interaktionen zwischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Verlag Peter Lang, Frankfurt 2009, ISBN 978-3-631-58487-3, S. 273–278.
- Ulrich von Alemann, Florian Eckert: Lobbyismus als Schattenpolitik. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. 15–16/2006.
- Florian Eckert: Lobbyismus – zwischen legitimem politischem Einfluss und Korruption. In: Ulrich von Alemann (Hrsg.): Dimensionen politischer Korruption. VS-Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-531-14141-4.
- Thomas Faust: Vom aktivierenden zum aktivierten Staat? Lobbying zwischen Korruption und Kooperation. In: Verwaltung und Management. 5/2009, S. 251–260.
- Tilman Hoppe: Transparenz per Gesetz? Zu einem künftigen Lobbyisten-Register. In: Zeitschrift für Rechtspolitik. 2009, 39, tilman-hoppe.de (PDF; 811 kB)
- Thomas Leif, Rudolf Speth: Die fünfte Gewalt. Zeit Online, 2. März 2006.
- Klemens Joos: Entscheidungen ohne Entscheider? Prozesskompetenz ist der entscheidende Erfolgsfaktor für die Reduzierung von Komplexität in der Interessenvertretung bei den Institutionen der Europäischen Union In: Silke Bartsch; Christian Blümelhuber (Hrsg.): Always Ahead im Marketing: Offensiv, digital, strategisch. Springer Gabler 2015, ISBN 978-3-658-09029-6.
- Konstadinos Maras: Lobbyismus in Deutschland. In: APuZ. 3–4/2009, S. 33–38.
- Hans-Jörg Schmedes: Die im Dunkeln sieht man nicht. In: Berliner Republik. 3/2009, S. 69–71.
- Hans-Jörg Schmedes: Mehr Transparenz wagen? Zur Diskussion um ein gesetzliches Lobbyregister beim Deutschen Bundestag. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen. 3/2009, S. 543–560.
Sammelbände und Monografien
- Stefan Schwaneck: Lobbyismus und Transparenz. Eine vergleichende Studie einer komplexen Beziehung. Schriftenreihe Vergleichende Politikwissenschaft, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 2019, ISBN 978-3-658-26898-5.
- Klemens Joos: Politische Stakeholder überzeugen. Wiley-VCH Verlag, 2015, ISBN 978-3-527-50859-4 (auch auf Englisch erschienen: Convincing Political Stakeholders. 2016)
- Wolfgang Gründinger: Lobbyismus im Klimaschutz. Die nationale Ausgestaltung des europäischen Emissionshandelssystems. VS Verlag, Wiesbaden 2012.
- Kim Otto, Sascha Adamek: Der gekaufte Staat. Wie Konzernvertreter in deutschen Ministerien sich ihre Gesetze selbst schreiben. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008, ISBN 978-3-462-03977-1.
- Andreas Geiger: EU Lobbying Handbook. Helios Media, 2007, ISBN 978-3-9811316-0-4.
- Ralf Kleinfeld, Annette Zimmer, Ulrich Willems (Hrsg.): Lobbying. Strukturen, Akteure, Strategien. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-8100-3961-3.
- Jörg Rieksmeier (Hrsg.): Praxisbuch: Politische Interessenvermittlung: Instrumente – Kampagnen – Lobbying. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-15547-0.
- Thomas von Winter, Willems, Ulrich (Hrsg.): Interessenverbände in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-14589-1.
- Cerstin Gammelin, Götz Hamann: Die Strippenzieher. Manager, Minister, Medien – Wie Deutschland regiert wird. 5. Auflage. Econ Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-430-13011-5.
- Thomas Leif, Rudolf Speth (Hrsg.): Die fünfte Gewalt. Lobbyismus in Deutschland. BpB, Bonn 2006, ISBN 3-89331-639-6. (Inhaltsverzeichnis) (PDF)
- Gunnar Bender, Lutz Reulecke: Handbuch des deutschen Lobbyisten: Wie ein modernes und transparentes Politikmanagement funktioniert. Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-89981-005-8.
- Steffen Dagger (Hrsg.): Politikberatung in Deutschland: Praxis und Perspektiven. VS-Verlag, Wiesbaden 2004, ISBN 3-531-14464-2.
- Ulrich Müller, Sven Giegold, Malte Arhelger (Hrsg.): Gesteuerte Demokratie? Wie neoliberale Eliten Politik und Öffentlichkeit beeinflussen. VSA, 2004, ISBN 3-89965-100-6.
- Nicola Berg: Public Affairs Management. Gabler, Wiesbaden 2003, ISBN 3-409-12387-3.
- Manfred Strauch: Lobbying. Wirtschaft und Politik im Wechselspiel. Gabler, Wiesbaden 1993, ISBN 3-409-19183-6.
Literatur mit Schwerpunkt Europäische Union
- Klemens Joos: Erfolg durch Prozesskompetenz. Paradigmenwechsel in der Interessenvertretung nach dem Vertrag von Lissabon, erschienen in: Doris Dialer; Margarethe Richter (Hrsg.): Lobbying in der Europäischen Union: Zwischen Professionalisierung und Regulierung. Springer VS 2014, ISBN 978-3-658-03220-3.
- Alexander Classen: Interessenvertretung in der Europäischen Union. Zur Rechtmäßigkeit politischer Einflussnahme, Springer VS, Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-658-05410-6.
- Rinus van Schendelen: Die Kunst des EU-Lobbyings. Erfolgreiches Public Affairs Management im Labyrinth Brüssels. Lexxion, Der Juristische Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-86965-194-1.
- Wolfgang Gründinger: Lobbyismus im Klimaschutz. Der Einfluss der Interessengruppen auf die nationale Ausgestaltung des EU-Emissionshandels. VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2012, ISBN 978-3-531-18348-0.
- Klemens Joos: Lobbying im neuen Europa: Erfolgreiche Interessenvertretung nach dem Vertrag von Lissabon. Wiley-VCH Verlag, 2010, ISBN 978-3-527-50564-7 (auch auf Englisch erschienen: Lobbying in the new Europe: Successful representation of interests after the Treaty of Lisbon. 2011)
- Klemens Joos: Interessenvertretung deutscher Unternehmen bei den Institutionen der Europäischen Union. Dissertation an der betriebswirtschaftlichen Fakultät der LMU München, BWV – Berliner Wissenschafts-Verlag, 1998, ISBN 3-87061-773-X.
- Bernd Hüttemann: Europäisches Regieren und deutsche Interessen. Demokratie, Lobbyismus und Art. 11 EUV, Erste Schlussfolgerungen aus „EBD Exklusiv“, 16. November 2010 in Berlin. In: EU-in-BRIEF. Nr. 1, Berlin 2011, ISSN 2191-8252 (online).
- Hans-Jörg Schmedes: Das Mosaik der Interessenvermittlung im Mehrebenensystem Europas. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Nr. 19 (Lobbying und Politikberatung), Bonn 2010 (online).
- Steffen Dagger, Michael Kambeck (Hrsg.): Politikberatung und Lobbying in Brüssel. VS-Verlag, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-15388-9.
- Irina Michalowitz: Lobbying in der EU. UTB (Taschenbuch) / facultas wuv, Wien 2007, ISBN 978-3-8252-2898-9 (Europa kompakt Band 2).
- Claudia Albrecht: Die Rolle der Mitgliedsländer für die regionale Integration in der Europäischen Union: Analyse der Parameter unter Berücksichtigung interessengesteuerter Interaktionsprozesse. Dissertation. Uni Hamburg, 2008.
- Reiner Eising, Beate Kohler-Koch: Interessenpolitik in Europa. (Regieren in Europa 8). Nomos, Baden-Baden 2005, ISBN 3-8329-0779-3.
Fallstudien
- Carsten Bockstette: Konzerninteressen, Netzwerkstrukturen und die Entstehung einer europäischen Verteidigungsindustrie. Eine Fallstudie am Beispiel der Gründung der European Aeronautic, Defence and Space Company (EADS). Kovač, Hamburg 2003, ISBN 3-8300-0966-6.
- Steffen Dagger: Energiepolitik & Lobbying: Die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2009. ibidem-Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-8382-0057-6.
- David Krahlisch: Lobbyismus in Deutschland – Am Beispiel des Dieselpartikelfilters. VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2007, ISBN 978-3-8364-2316-8.
- Diana Wehlau: Lobbyismus und Rentenreform. Der Einfluss der Finanzdienstleistungsbranche auf die Teil-Privatisierung der Alterssicherung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-531-16530-1.
- Hans-Jörg Schmedes: Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbände im Mehrebenensystem. Lobbyingaktivitäten britischer, deutscher und europäischer Verbände. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-15631-6.
- Johanna Veit: EU-Lobbying im Bereich der grünen Gentechnik: Einfluss- und Erfolgsfaktoren. Tectum Verlag, 2010, ISBN 978-3-8288-2257-3.
- Johannes Lahner: Boombranche kommerzielles Lobbying? Eine komparative Studie über das kommerzielle Lobbying in den USA und Deutschland anhand der Automobilbranche. Kovač, Hamburg 2013, ISBN 978-3-8300-7406-9.
- Die Lobbyisten werden untersucht. In: Die Welt, 11. März 2005
Weblinks


Europa/EU
- Exzerpt aus Europe Inc. In: SWB 01/1998. cbgnetwork.org
- corporateeurope.org Corporate Europe Observatory (CEO), Brüsseler Nichtregierungsorganisation, welche die „Macht des Lobbying“ aufzeigen will
- Ruth Reichstein: Die wahren Strippenzieher: Lobbyisten in Brüssel. deutschlandfunk.de, Hintergrund Wirtschaft (Archiv), 2. Oktober 2005
- Liste der eingetragenen Interessenvertreter im freiwilligen Lobbyregister des Europäischen Parlaments. europarl.europa.eu
- lobbycloud.eu (Von Politikern ins Netz gestellte Lobby-Dokumente, die in der EU-Bürokratie kursieren)
- Website lobbyfacts.eu (englisch)
- lobbyingtransparency.org
- Lobbyismus – Die stille Macht. (PDF; 2,2 MB) netzwerkrecherche.de
Deutschland
- „Die Hintermänner“: Lobbys nehmen immer stärker Einfluss auf die Politik. Gefährdet das die Demokratie? brandeins.de, September 2012
- Lobbyismus in Deutschland. uni-leipzig.de (Abstract von der Fachtagung des Forschungsjournals Neue Soziale Bewegungen in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung und der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, 24.–26. Januar 2003)
Österreich
- alpac.at ALPAC, Austrian Lobbying and Public Affairs Council
- oepav.at ÖPAV, Österreichische Public Affairs-Vereinigung
Weitere Länder
- sourcewatch.org Fokus USA
- spinwatch.org Fokus auf England
Einzelnachweise
- ↑ Lobbying. duden.de
- ↑ Lobbyarbeit. duden.de
- ↑ Lobbyismus. duden.de
- ↑ Christian Lange,, Bernhard Kaster: Pro und Contra: Lobbyistenregister in Deutschland?. In: Recht und Politik. 47, Nr. 4, 2011, ISSN 0344-7871, S. 196–197, doi:10.3790/rup.47.4.196.
- ↑ Bernd Hüttemann, Elena Sandmann: Im Mittelfeld der Europapolitik: Zivilgesellschaft, Lobbyismus und Partizipative Demokratie im Mehrebenensystem der EU. In: Forschungsjournal Soziale Bewegungen. 32, Nr. 4, 25. Februar 2020, ISSN 2365-9890, S. 557–569, doi:10.1515/fjsb-2019-0061.
- ↑ Hans-Jürgen Papier: Zum Spannungsverhältnis von Lobbyismus und parlamentarischer Demokratie. (PDF; 102 kB) Vortrag anlässlich der Vorstellung des Buches Die fünfte Gewalt. Lobbyismus in Deutschland am 24. Februar 2006 im Berliner Reichstag.
- ↑ Peter Lösche: Verbände und Lobbyismus in Deutschland. Stuttgart 2007, S. 10.
- ↑ Thilo Bode: Lobbyismus 2.0: Der industriell-politische Komplex | Blätter für deutsche und internationale Politik. In: https://www.blaetter.de/. Blätter Verlagsgesellschaft mbH, 2018, abgerufen am 6. Januar 2020.
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