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Politik
Politik bezeichnet die Regelung der Angelegenheiten eines Gemeinwesens durch verbindliche Entscheidungen.[1] Sehr allgemein kann jegliche Einflussnahme, Gestaltung und Durchsetzung von Forderungen und Zielen in privaten oder öffentlichen Bereichen als Politik bezeichnet werden.[2] Zumeist bezieht sich der Begriff nicht auf das Private, sondern auf die Öffentlichkeit und das Gemeinwesen im Ganzen. Dann können das öffentliche Leben der Bürger, Handlungen und Bestrebungen zur Führung des Gemeinwesens nach innen und außen sowie Willensbildung und Entscheidungsfindung über Angelegenheiten des Gemeinwesens als Politik beschrieben werden.[3] Im engeren Sinne bezeichnet Politik die Strukturen (Polity), Prozesse (Politics) und Inhalte (Policy) zur Steuerung politischer Einheiten, zumeist Staaten, nach innen und ihrer Beziehungen zueinander.
In der Politikwissenschaft hat sich allgemein die Überzeugung durchgesetzt, dass Politik „die Gesamtheit aller Interaktionen definiert, die auf die autoritative [durch eine anerkannte Gewalt allgemein verbindliche] Verteilung von Werten [materielle wie Geld oder nicht-materielle wie Demokratie] abzielen“.[4] Politisches Handeln kann durch folgenden Merksatz charakterisiert werden: „Soziales Handeln, das auf Entscheidungen und Steuerungsmechanismen ausgerichtet ist, die allgemein verbindlich sind und das Zusammenleben von Menschen regeln“.[5]
Wortherkunft
Der Ausdruck Politik wurde, mit Umwegen über das Lateinische (politica, politicus), nach griech. Πολιτικά (politiká) gebildet. Dieses Wort bezeichnete in den Stadtstaaten des antiken Griechenlands alle diejenigen Tätigkeiten, Gegenstände und Fragestellungen, die das Gemeinwesen – und das hieß zu dieser Zeit: die Polis – betrafen. Entsprechend ist die wörtliche Übersetzung von politiká anzugeben als „Dinge, die die Stadt betreffen“ bzw. die „politischen Dinge“. In dieser Bedeutung ist „Politik“ vergleichbar mit dem römischen Begriff der res publica, aus dem der moderne Terminus der „Republik“ hervorgegangen ist. Eine begriffsgeschichtlich besonders prominente Verwendung fand das Wort als Titel eines Hauptwerks des antiken Philosophen Aristoteles, der Politik.
Politikbegriffe
Kategorie | Definition |
---|---|
Macht |
– Machiavelli, um 1515
– Ossip K. Flechtheim, 1958: S.70
– Max Weber, 1919 |
Staat |
– Brockhaus, 1903, Bd. 13: S.236
|
Führung |
– Arnold Bergstraesser, 1961
– Werner Wilkens, 1975 |
Hierarchie / Herrschaft |
– Georges Burdeau, 1964: S.61 |
Ordnung |
– Otto Suhr, 1950 |
Frieden |
– Dolf Sternberger, 1961: S.18 |
Freiheit |
– Franz Neumann, 1950 |
Demokratie |
– Jörg Kammler, 1968: S.20 |
Konsens |
|
Konflikt |
– Gerhard Lehmbruch, 1968: S.17
– David Easton, 1954/1964 |
Kampf |
– Christian Graf von Krockow, 1976 |
Klassenkampf |
– Wörterbuch der marxistisch-leninistischen Soziologie 1969: S.340 |
Die Menge der kontroversen Politikbegriffe und -definitionen kann dabei in drei Dimensionen sortiert werden, ohne dass diese sich untereinander ausschlössen. (--> Hauptartikel Politik).
Politik und Recht
Das Verhältnis von Politik und Recht ist Thema der Politischen Philosophie und der Rechtsphilosophie, aber auch anderer Forschungszweige:
„Politik und Recht wirken vielfältig aufeinander. Politisches Handeln führt zu Rechtsnormen. Rechtsnormen regeln politisches Handeln. Politische Gemeinschaften geben sich beispielsweise eine Verfassung. Die Verfassung normiert dann deren Entscheidungen. Diese tatsächlichen und normativen Wechselwirkungen zwischen Politik und Recht sind in ihrer historischen Dimension Gegenstand der Rechtsgeschichte, in ihrer empirischen Dimension Gegenstand der beschreibenden Politikwissenschaft und Rechtssoziologie, in ihrer positivrechtlich-normativen Dimension schließlich Gegenstand der Rechtsdogmatik, insbesondere der Dogmatik des Öffentlichen Rechts.“ (Lit.: Dietmar von der Pfordten, 2003 [1])
„Recht und Politik stehen in einem komplexen Verhältnis zueinander: Einerseits erscheinen sie als unterscheidbare gesellschaftliche Systeme, deren Interaktionen und Wechselwirkungen zwar offensichtlich sind, die aber grundsätzlich als verschiedene Denk- und Handlungsweisen trennbar bleiben. Andererseits sind sie in vielfältiger Art und Weise miteinander verflochten oder „verzahnt“, ihre Abgrenzung voneinander, ihre tatsächliche oder wünschenswerte Beziehung schwer zu definieren.“ (Lit.: Dietmar von der Pfordten, 2002, zitiert nach: [2])
Politik und Verwaltung
„Das Verhältnis zwischen Regierenden (heute: Politik) und der Verwaltung war schon immer spannungsgeladen. Dies macht die Geschichte deutlich: Das Ideal war zwar stets eine Beamtenschaft, die sich für den Fürsten und seine Ziele aufopferte, sich selbst in den Hintergrund stellte und sich damit auf das beschränkte, was heute als Politikimplementation bezeichnet wird. Bereits im Hochmittelalter vollzog sich jedoch eine Dynamik zwischen dem «Sein» (Adel) und dem «Können» (Ministeriale, Beamte), die auch später beobachtbar bleibt: Während der Adel degeneriert und die Regierungsfunktion oft unzuverlässig wahrnimmt, steigt der Einfluss der Beamten dank Können und Wissen (...), und damit die Abhängigkeit der Regierenden von den Beamten. (...)
Das politisch-administrative System und mit ihm die politische Kultur in einem Land hat einen wesentlichen Einfluss auf das Zusammenspiel von Verwaltung und Politik. Während in anglo-amerikanischen Systemen versucht wird, eine klare Trennlinie zwischen Verwaltung und Politik zu ziehen, sind in den lateinischen Ländern Europas die Grenzen sehr durchlässig. Während etwa in Deutschland die Einhaltung formeller Vorgaben höchste Priorität geniesst und die Verwaltung nach wie vor von Juristen dominiert ist, präsentieren sich die skandinavischen Länder als pragmatische Systeme, wo sich Verwaltung und Politik in vernetzten Strukturen stark an der effektiven Lösung von Problemen orientieren. (...) Die Schweiz gilt insgesamt ebenfalls als Land mit einer pragmatischen Kultur, die überdies harmonische Lösungen anstrebt und dadurch eine hohe Kompromissfähigkeit entwickelt hat.“ (Lit.: Kuno Schedler und Angela Eicher: Das Verhältnis von Verwaltung und Politik, in: Ladner Handbuch der öffentlichen Verwaltung, S. 369f. [3])
Rudolf Steiner über Politik
„Die Politik, die politische Tätigkeit von jetzt wird sich dadurch äußern, daß sie den Menschen schablonenhaft behandeln wird, daß sie viel weitergehend als jemals versuchen wird, den Menschen in Schablonen einzuspannen. Man wird den Menschen behandeln wie einen Gegenstand, der an Drähten gezogen werden muß, und wird sich einbilden, daß das einen denkbar größten Fortschritt bedeutet.“ (Lit.: GA 300a, S. 61f)
„Das Politische ist in der Weltgeschichte ein sekundäres Produkt. Das beruht lediglich darauf, daß die primitiven, vielleicht höchst unsympathischen, aber ganz ehrlichen Machtverhältnisse allmählich die Form des Krieges unter den Menschen angenommen haben. Man kann zwar nicht sagen, der Krieg sei die Fortsetzung der Politik nur mit anderen Mitteln, aber die Politik ist der ins Geistige übertragene moderne Krieg. Denn dieser Krieg beruht darauf, daß man den Gegner täuscht, daß man irgendwelche Situationen herbeiführt, die ihn täuschen. Jede Umgehung im Kriege, alles Mögliche, was nicht direkte offene Angriffe sind, beruhen auf einer Täuschung des Gegners. Und der Feldherr wird sich um so größere Verdienste zuschreiben, je besser es ihm gelingt, den Feind zu täuschen. Das ist, übertragen aufs Geistige, die Politik. Sie finden ganz dieselben Kategorien in der Politik darin. Wenn man von der Politik redet, so möchte man sagen: Es müßte danach gestrebt werden, daß die Politik in allem überwunden wird, selbst in der Politik. Wir haben nämlich im Grunde genommen erst dann eine wirkliche Politik, wenn sich alles das, was auf politischem Felde spielt, in rechtlichen Formen abspielt. Dann haben wir aber eben den Rechtsstaat.“ (Lit.: GA 341, S. 41f.)
Siehe auch
- Kategorie:Politik - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Politik - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Politisches System - Artikel in der deutschen Wikipedia
Literatur
- Rudolf Steiner: Konferenzen mit den Lehrern der Freien Waldorfschule 1919 bis 1924, GA 300 a-c (1995), ISBN 3-7274-3000-1
- Band I: Ausführliche Einleitung (E. Gabert) / Konferenzen 1919–1921 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Nationalökonomisches Seminar, GA 341 (1986), ISBN 3-7274-3410-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv. Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen. Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners. |
Weblinks
- Ulrich Rösch: Anthroposophie und Politik (2008)
- Gerhard Schuster: Anthroposophie und Politik (2013)
- Gerald Häfner: Verantwortung und Grenzen der Politik (Interview) (1994)
- Christoph Gusy: Politisches Recht Uni Bielefeld
- Für eine demokratische Polarisierung. Wie man dem Rechtspopulismus den Boden entzieht. Jürgen Habermas im Interview. In: Blätter für deutsche und internationale Politik, 61. Jahrgang, Heft 11/2016, Blätter Verlagsgesellschaft Berlin
- Dietmar Hübner: Politische Philosophie Gesamtvorlesung an der Leibniz-Universität Hannnover
Einzelnachweise
- ↑ Dieter Fuchs/Edeltraud Roller: Politik. In: Dieter Fuchs/Edeltraud Roller (Hrsg.): Lexikon Politik. Hundert Grundbegriffe. Reclam, Stuttgart 2009, S. 205-209.
- ↑ Politik. In: Klaus Schubert/Martina Klein: Das Politiklexikon. 5., aktualisierte Auflage, Dietz, Bonn 2011. Zuletzt abgerufen am 6. Februar 2015
- ↑ Vgl. Manfred G. Schmidt: Politik. In: Manfred G. Schmidt: Wörterbuch zur Politik. Zweite, vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 2004, S. 538 f.
- ↑ Frank Schimmelfennig: Internationale Politik. Verlag Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Paderborn 2010, S. 19-21.
- ↑ Thomas Bernauer et al.: Einführung in die Politikwissenschaft. Studienkurs Politikwissenschaft. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2009, S. 32.
Dieser Artikel basiert auf einer für AnthroWiki adaptierten Fassung des Artikels Politik aus der freien Enzyklopädie de.wikipedia.org und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |