Medea

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Medea mit Iason, der das Vlies ergreift, auf einem Sarkophag des 2. Jahrhunderts, Palazzo Altemps, Rom

Medea (griech. Μήδεια Mḗdeia „die Ratwissende“) war nach der griechischen Mythologie die zauberkundige Tochter des Königs Aietes von Kolchis.

Als die Argonauten im Auftrag des Königs Pelias von Iolkos in Thessalien unter der Führung von Pelias’ Neffen Iason nach Kolchis kommen, um das Goldene Vließ zu erbeuten. Medea, die sich in Iason verliebt hat, hilft Iason, indem sie den Drachen einschläfert, der das Vlies bewacht. Sie entflieht gemeinsam mit den Argonauten und heiratet Iason, mit dem sie zwei Söhne hat. Zuhause angekommen erfährt Iason, dass Pelias seinen Vater Aison mit der Lüge, die Argo wäre untergegangen, in den Tod getrieben hat. Meda hilft Isaon, Rache zu nehmen, indem sie die Töchter des Pelias mit der Lüge, sie würden Pelias durch diese Tat verjüngen, dazu bringt, Pelias zu zerschneiden und zu kochen. Danach entflieht sie gemeinsam mit Iason. Um die Verfolger aufzuhalten, tötet und zerstückelt Medea ihren Halbbruder Absyrtos und verstreute die Einzelteile im Meer. Als sie nach Korinth kommen, wird Medea von Iason verstoßen, da dieser Glauke, die Tochter des Königs Kreon von Korinth, heiraten will. Medea rächt sich, indem sie Glauke als Hochzeitsgeschenk ein verzaubertes Gewand sendet. Als Kreon seiner Tochter hilft, das Gewand anzulegen, entzündet es sich und beide verbrennen. Danach tötet Medea ihre beiden Kinder und entflieht nach Athen. Dort heiratet sie König Aigeus, wodurch sie zur Stiefmutter des Helden Theseus wird. Nach einer Auseinandersetzung mit Theseus muss sie das Land verlassen und geht nach Asien.

„Phrixus und seine Schwester Helle, die Kinder eines böotischen Königs, litten viel von ihrer Stiefmutter. Die Götter sandten ihnen einen Widder mit einem goldenen Fell (Vlies), der sie durch die Lüfte davontrug. Als sie über die Meerenge zwischen Europa und Asien kamen, ertrank Helle. Die Meerenge heißt daher Hellespont. Phrixus gelangte zum Könige von Kolchis, am östlichen Ufer des Schwarzen Meeres. Er opferte den Widder den Göttern und schenkte das Vlies dem Könige Aetes. Dieser ließ es in einem Haine aufhängen und von einem furchtbaren Drachen bewachen. Der griechische Held Jason unternahm es, im Verein mit andern Helden, Herakles, Theseus, Orpheus, das Vlies aus Kolchis zu holen. Es wurden ihm behufs Erlangung des Schatzes von Aetes schwere Arbeiten aufgetragen. Aber Medea, die zauberkundige Tochter des Königs, unterstützte ihn. Er bändigte zwei feuerschnaubende Stiere, er pflügte einen Acker und säte Drachenzähne, so daß geharnischte Männer aus der Erde hervorwuchsen. Auf Medeas Rat warf er einen Stein unter die Männer, worauf sie sich gegenseitig mordeten. Durch ein Zaubermittel der Medea schläfert Jason den Drachen ein und kann dann das Vlies gewinnen. Er tritt mit demselben die Rückfahrt nach Griechenland an. Medea begleitet ihn als seine Gattin. Der König eilt den Flüchtenden nach. Medea tötet, um ihn aufzuhalten, ihr Brüderchen Absyrtus und streut die Glieder ins Meer. Aetes wird durch das Einsammeln aufgehalten. So konnten die beiden mit dem Vlies Jasons Heimat erreichen. - Jede einzelne Tatsache fordert da eine tiefere Sinnerklärung heraus. Das Vlies ist etwas, das zum Menschen gehört, das ihm unendlich wertvoll ist; das in der Vorzeit von ihm getrennt worden ist und dessen Wiedererlangung an die Überwindung furchtbarer Mächte geknüpft ist. So ist es mit dem Ewigen in der Menschenseele. Es gehört zum Menschen. Aber dieser findet sich getrennt von ihm. Seine niedere Natur trennt ihn davon. Nur wenn er diese überwindet, einschläfert, dann kann er es wieder erlangen. Es ist ihm möglich, wenn ihm das eigene Bewußtsein (Medea) mit seiner Zauberkraft zu Hilfe kommt. Für Jason wird Medea, was für Sokrates die Diotime, als Lehrmeisterin der Liebe, wurde (vgl. S. 71). Die eigene Weisheit des Menschen hat die Zauberkraft, um das Göttliche nach Überwindung des Vergänglichen zu erlangen. Aus der niederen Natur kann nur ein Menschlich-Niederes hervorgehen, die geharnischten Männer, die durch die Kraft des Geistigen, den Rat der Medea, überwunden werden. Auch wenn der Mensch schon sein Ewiges, das Vlies, gefunden hat, ist er noch nicht in Sicherheit. Er muß einen Teil seines Bewußtseins (Absyrtus) opfern. Dies fordert die Sinnenwelt, die wir nur als eine mannigfaltige (zerstückelte) begreifen können. Man konnte für alles dieses noch tiefer in die Schilderung der hinter den Bildern liegenden geistigen Vorgänge eingehen; doch sollte hier nur das Prinzip der Mythenbildung angedeutet werden.“ (Lit.:GA 8, S. 85f)

Medea lässt Absyrtos von Bord der Argo werfen, um die Verfolger aufzuhalten (Herbert James Draper, 1904)

„Halten wir uns den ganzen Mythos erst einmal vor Augen. Es wird uns erzählt, daß Phrixos und Helle viel zu leiden hatten von ihrer bösen Stiefmutter Ino. Deshalb erschien dem Phrixos seine göttliche Mutter Nephele und riet ihm, mit der Schwester zu entfliehen. Sie gab ihm auch einen großen Widder mit einem goldenen Vlies, mit dem sie über das Meer reiten sollten. Helle sei dann abgestürzt und im Meer ertrunken, das danach den Namen Hellespont erhielt; Phrixos dagegen sei mit dem Widder nach Kolchis gekommen. Dort soll er den Widder dem Zeus geopfert und das Fell dem König Aietes gegeben haben, der es an einer Eiche vor einer Höhle aufgehängt habe. Später machte sich der griechische Held Jason gemeinsam mit den bedeutendsten der damaligen griechischen Eingeweihten — Orpheus, Theseus, Herakles und anderen - auf, um das Widderfell von den barbarischen Völkern in Kolchis wieder zurückzuholen. Dadurch, daß er die jüngste Tochter des Königs Aietes, Medea, für sich gewann, wurde es ihm möglich, das Widderfell wieder nach Griechenland zurückzubringen. Er mußte zuerst zwei feuerschnaubende Stiere besiegen. Weiterhin mußte er Drachenzähne ausstreuen; aus den Drachenzähnen wuchsen geharnischte Männer hervor, welche in Streit kamen. Durch Medea wurde er befähigt, diesen Streit zu schlichten. Sie war es auch, die Jason ermöglichte, das Widderfell zu nehmen und mit ihm und ihr die Heimreise nach Griechenland anzutreten. Medea hatte, um ihren Vater zu täuschen, ihren Bruder mitgenommen, ihn getötet und zerstückelt ins Meer geworfen. Während der jammernde Vater die Glieder sammelte, konnten sie die Flucht nach Griechenland fortsetzen.

Im 8. und 9. Jahrhundert vor Christi Geburt, also am Eingang der griechischen Kulturperiode, wurde die okkulte Bedeutung dieser Sage den griechischen Geheimschülern gelehrt. Diese okkulte Bedeutung liegt in der Mitteilung, daß diejenigen Wesenheiten, welche sich der trockenen, nüchternen Intelligenz der Menschen bedienen, von diesem Zeitpunkt an eine besondere Bedeutung erlangten. Die Sehnsucht nach der Urkultur, welche einmal bestanden hatte, als die Sonne zum vorletztenmal durch den Widder gegangen war, erwachte jetzt wieder. Daß das Zwillingspaar Phrixos und Helle vom Widder nach Kolchis gebracht wurde, heißt nichts anderes, als daß eine vorhergehende Unterrasse, die persisch-iranische mit ihrer Zwillingsnatur - sie haben unter dem Zeichen des Guten und Bösen, Ormuzd und Ahriman, gestanden -, die Verbindung von Erkenntnis und Liebe wiedergewinnen will. Die vorhergehende Unterrasse hatte dieses in verborgene Gebiete getragen. Früher, in der atlantischen Zeit, war dieses Fell, diese Weisheit, Gemeingut der menschlichen Kultur gewesen, dann war es in ferne Geheimschulen getragen worden. Es muß zurückgeholt werden. So sehen wir ausgedrückt in der Argonauten-Sage die Begründung der Geheimschulen in Griechenland.

Es gab also eine Urweisheit bei der atlantischen Rasse, so wird uns erzählt. Diese Urweisheit war damals Gemeingut der Menschheit. Sie ist verlorengegangen und nur noch in den Höhlen und Krypten der Mysterienschulen zu finden. Die Griechen aber haben für ihre Eingeweihten die Mysterien neu errichtet, und Theseus, Orpheus, Herkules und andere waren die Begründer dieser Weisheitsschulen dadurch, daß sie die Urweisheit wieder zurückgeholt haben nach Griechenland. Durch Thales, Anaximenes, Sokrates und andere Philosophen ist eine nüchterne, kalte Verstandesweisheit heraufgebracht worden, die objektiv ist. Die Mysterienweisheit ist mit der Liebe verbunden. Sie ist eine Weisheit, die nicht erlangt werden kann ohne die Läuterung der Leidenschaften, der Kamakräfte. Die Verstandeswissenschaft dagegen kann ohne Läuterung von Kama erlangt werden. In der so wichtigen Argonauten-Sage ist uns also der Übergang von der dritten zur vierten Kulturperiode unserer gegenwärtigen Wurzelrasse dargestellt. Der Übergang besteht darin, daß der früher gemeinsame Strom der menschlichen Kultur sich teilte in zwei Strömungen: in Mysterienweisheit und in die äußere Verstandeswissenschaft. Der eine Strom war verborgen, aber so, daß er doch wirksam war und Einfluß bekam auf die griechische Kunst und Kultur - er ist dargestellt als das Zurückholen des Widderfelles. Nur auf die Verstandeswissenschaft sollte er fortan keinen Einfluß haben. Das ist die Sage von dem Argonautenzug.“ (Lit.:GA 92, S. 74ff)

Siehe auch

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Das Christentum als mystische Tatsache und die Mysterien des Altertums, GA 8 (1989), ISBN 3-7274-0080-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Die okkulten Wahrheiten alter Mythen und Sagen, GA 92 (1999), ISBN 3-7274-0920-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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