Weiden (Salix)

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Weiden

Sal-Weide (Salix caprea), Illustration

Kerneudikotyledonen
Rosiden
Eurosiden I
Ordnung: Malpighienartige (Malpighiales)
Familie: Weidengewächse (Salicaceae)
Gattung: Weiden
Salix
L.

Die Weiden (Salix) sind eine Pflanzengattung aus der Familie der Weidengewächse (Salicaceae) und umfassen etwa 450 Arten. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich über alle Teile der nördlichen gemäßigten Zone bis zur Arktis; einige wenige Arten sind auch in den Tropen und der südlichen gemäßigten Zone heimisch.

Beschreibung

Vegetative Merkmale

Die Weiden (von althochdeutsch wîda ‚die Biegsame‘) sind Laubgehölze: Bäume, Sträucher und Zwergsträucher. Unter den Weidenarten gibt es bis 30 Meter hohe Bäume, aber auch Zwergsträucher, die nur 3 Zentimeter hoch werden. Die baumartig wachsenden Weidenarten sind in der Regel schnellwüchsig, aber auch relativ kurzlebig. Weiden bilden kräftige und stark verzweigte Wurzeln und festigen so das Erdreich. Weiden sind sehr ausschlagsfreudig. Deshalb wurden sie früher gern als Kopfweiden und heute bei der Anlage von Energiewäldern genutzt. Das gut trocknende Holz der Weiden ist weiß oder rötlich. Es ist biegsam, sehr leicht, zäh und faserig.

Die Laubblätter der Weiden sind sehr unterschiedlich. Die Form reicht von beinahe kreisrund bis schmal und lanzettförmig. Bei vielen Arten sind die Blätter hellgrün, und an der Blattunterseite lässt sich – bis auf wenige Ausnahmen – immer eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Behaarung erkennen. Bei allen dreht sich das nächste Blatt um jeweils 144°, also 25 Umdrehungen; jedes fünfte schaut wieder in dieselbe Richtung.

Generative Merkmale

Weiden sind zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch). Eine Ausnahme bildet lediglich die Trauerweide, bei der gelegentlich weibliche Blüten in den männlichen Kätzchen vorkommen. Die zu flaumigen Kätzchen versammelten Blüten sind bei manchen Weidenarten besonders auffällig und erscheinen schon vor oder gleichzeitig mit den neuen Blättern. Es lassen sich zwei verschieden geformte Kätzchen beobachten: dicke, eiförmige, welche die männlichen Staubbeutel enthalten und walzenförmige, grünlich gefärbte, die die weiblichen Narben tragen. Sowohl die männlichen als auch die weiblichen Kätzchen haben am Grunde jeder Einzelblüte zwei Nektardrüsen.

Ökologie

Junge Blütenkätzchen

Die meisten Weiden pflanzen sich generativ durch Samen fort. Viele Arten können sich auch sehr gut vegetativ vermehren, wie zum Beispiel die Salix fragilis: Bei Hochwasser werden Zweige abgebrochen und ans Ufer geschwemmt, wo sie wurzeln können. Die sehr gute vegetative Vermehrbarkeit wird auch wirtschaftlich zur Vermehrung in Baumschulen oder zur ingenieurbiologischen Böschungs- und Uferbefestigung genutzt.

Weiden sind zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch), es gibt männliche und weibliche Individuen. In natürlichen Beständen ist das Verhältnis beider Geschlechter zugunsten der weiblichen Exemplare verschoben.[1] Angepflanzte, vegetativ erzeugte Bestände können auch rein männlich oder rein weiblich sein.

Die Blütezeit der Weiden beginnt je nach Art bereits sehr zeitig im Frühjahr (März), spät blühende Arten wie Salix pentandra blühen etwa im Mai-Juni. Verschiebungen durch die geografische Lage innerhalb einer Art sind möglich. Die Blüten werden von Bienen und anderen nektarsammelnden Insekten aufgesucht und bestäubt. Für Hummeln, Wildbienen und die Honigbiene sind insbesondere die frühblühenden Arten Salix caprea, Salix cinerea, Salix viminalis oder Salix daphnoides sehr wichtig. Die Blütenstände der Weiden sind Kätzchen. Die in der insektenarmen Tundra und der ehemaligen Mammutsteppe beheimatete Kraut-Weide wird durch den Wind bestäubt.

Aus den weiblichen Blütenständen entwickeln sich nach Bestäubung vielsamige Kapselfrüchte. Die Samenentwicklung erfolgt ziemlich rasch, bereits nach vier bis sechs Wochen sind die Früchte reif, springen auf und geben den Samen frei. Allein die Früchte der Lorbeer-Weide reifen im Spätherbst und geben den Samen den ganzen Winter über frei, so dass ihr Same überwintert.

Weidensamen sind die wohl kleinsten einheimischen Gehölzsamen, zwischen 1 und 1,5 Millimeter lang und 15 Millimeter breit, von einem Haarkranz umgeben. Die Ausbreitung erfolgt durch den Wind (Windausbreitung). Weidensamen gehören zu den Haarfliegern und Schirmfliegern (Trichometeorochorie - Meteorochorie - Anemochorie). Die Samen können weite Strecken überwinden. Großstrauch- oder Baumweiden produzieren hunderttausende Samen jedes Jahr.

Bedingt durch seine geringe Größe ist der Weidensamen nur sehr notdürftig mit Vorratsstoffen für den Keimling ausgestattet. Die junge Pflanze ist auf sich allein gestellt und sehr anfällig gegenüber Austrocknung und Licht- und Nährstoffkonkurrenz durch andere Pflanzen. Auf dicht bewachsenen Flächen hat sie keine Chance. Weiden sind somit ausgesprochene Pionierpflanzen. Durch die weite Ausbreitung des Samens mit dem Wind können sie vegetationsfreie Standorte (Schwemmland-, Waldbrand- oder Bodenerosions-Flächen) schnell besiedeln, da hier keine Konkurrenz herrscht. Der Samen keimt bei guten Bedingungen innerhalb von 24 Stunden. Die Pflanzen können unter günstigen Umständen im ersten Jahr 0,3 bis 1 Meter Höhe erreichen. Die Fruchtbarkeit setzt ab dem 4. Lebensjahr ein.

Baumweiden erreichen selten ein Alter von mehr als 80 Jahren.

Nutzung

Neulandbesiedelung durch Weiden. Die Weiden (hier Salix viminalis) auf der Schwemmland-Fläche sind ½ Jahr alt und weisen Wuchshöhen von 0,3 bis 0,5 Metern auf.

Zierpflanzen

Harlekin-Weide Salix integra ‘Hakuro Nishiki’
Korkenzieher-Weide (Salix matsudana)
  • Echte, Chinesische oder Babylonische Trauerweide (Salix babylonica): Diese in China heimische Art ist in Europa ausgesprochen selten anzutreffen; sie ist hier nur äußerst selten angepflanzt. In Parks und Gärten häufig gepflanzt ist hingegen Salix ×sepulcralis Simonk., der winterhärtere Bastard der Echten Trauerweide mit der Silberweide (Salix alba). Er ist als Salix alba ‘Tristis’ oder (fälschlich als) Salix babylonica im Handel (siehe Gartenbaudatenbank). Die Chinesische Trauerweide ist an ihren braunen Zweigen deutlich von dieser Trauerweide mit ihren gelben Zweigen unterscheidbar.
  • Harlekin-Weide (Salix integra Thunb. ‘Hakuro Nishiki’)
  • Korkenzieher-Weide (Salix matsudana Koidz.): Zierpflanze aus China.

Bereits für das Mesolithikum sind Seile und Fischernetze aus Weidenbast nachgewiesen.[2]

Lebende Weiden sind ein wichtiges Arbeitsmittel in der Ingenieurbiologie. Wegen ihrer guten Bewurzelungseigenschaft und den geringen Ansprüchen an den Boden werden Weiden häufig zur Befestigung des Bodens verwendet, zum Beispiel an Hängen mit Rutschgefahr. Dazu eignen sich zum Beispiel die Salix purpurea oder, für feuchtere Hänge, die Schwarz- oder Großblatt-Weide. Wichtig ist, dass sie nicht zu nahe nebeneinander gepflanzt werden, da sie sich sonst gegenseitig zu viel Licht wegnehmen und teilweise degenerieren und somit nicht mehr fähig sind, den Boden zu befestigen.

Weiden werden häufig auch an Bächen, deren Ufer unterspült werden, gepflanzt. Die Silberweide (Salix alba) und die Bruchweide (Salix fragilis) eignen sich dazu sehr gut, da sie auch in sehr feuchten oder sogar häufig überschwemmten Böden gedeihen. Die Wurzeln reichen durchschnittlich bis in ungefähr zwei Meter Tiefe.

Heilkunde und Medizin

Die Borke der Weiden kann getrocknet und als Tee aufgebrüht werden. Sie enthält Gerbstoffe, Phenolglykoside, Salicin und acylierte Salicinderivate (u. a. Salicortin, Fragilin, Populin). Vor allem das Salicin wird im Körper zu Salicylsäure umgewandelt, welches der Grundstoff von Medikamenten auf der Basis von Acetylsalicylsäure (ASS) ist. Salicylsäure wirkt fiebersenkend, schmerzlindernd und antirheumatisch. Die Wirkung der Weidenborke (auch: Weidenrinde) ist aber stärker, als es dem Salicingehalt entspricht, daher werden synergistische (unterstützende) Wirkungen der sonstigen Inhaltsstoffe (v. a. der Flavonoide) vermutet. Das Weidenlaub wurde im Mittelalter als harntreibendes Mittel eingesetzt.[3]

Zweige und Blätter

Korb-Weide#Nutzung - Artikel in der deutschen Wikipedia

Ein Korbflechter bei der Arbeit

Die Zweige von Weiden, vor allem der Korb-Weide, dienen als Material zum Flechten von Flechtwerk (beispielsweise Körben) und Binden von Daubenware. Weidenzweige waren früher wichtig im Bauhandwerk, in Flechtwänden, in geflochtenen Ausfachungen von Fachwerk und als Bindemittel, den sogenannten Wieden beim Weichdach aus Ried oder Stroh. Die wirtschaftliche Bedeutung der Weidenflechterei hat im Zuge der Industrialisierung stark abgenommen. Früher wurden Weiden sehr häufig als Kopfweiden geschnitten, um jährlich einen hohen Ertrag von jungen biegsamen Zweigen zur Flechterei ernten zu können. In einigen Landstrichen (z. B. im Itzgrund) ist das heute noch der Fall.

Nach einer Faustregel gilt: Je schmaler die Blätter sind, desto besser lässt sich die Weide verflechten. Weiden mit runden Blättern sind oft recht brüchig.

Die Blätter der meisten Weidenarten sind als Viehfutter geeignet.

Holz

In Europa wird vor allem das Holz der Silberweide (Salix alba) sowie verschiedener Unterarten und Varietäten wie die Trauer-, die Cricket- und die Dotterweide genutzt. Es findet für unterschiedliche Anwendungen – insbesondere als Rund-, Industrie- und Schnittholz – Verwendung, zudem werden erhebliche Mengen energetisch verwertet (als biogener Brennstoff unter anderem in Heizwerken). Es wird zu Spanplatten und Spanholzformteilen sowie zu Schälfurnieren verarbeitet und als Blindholz für Möbel eingesetzt. Wie Pappelholz wird es zudem in der Zündholzindustrie verarbeitet, außerdem werden aus Schälfurnier der Weide Sperrholz, Schichtholz für gebogene Formteile, Spankörbe für Obst und Gemüse und Geschenkverpackungen produziert. Speziell in England stellt Weidenholz den Werkstoff zur Herstellung der Schlagbretter von Cricketschlägern dar und hat die Aufgabe, den bis zu 130 km/h schnellen Ball in seinem Aufprall zu dämpfen (die Cricketweide, eine Unterart der Silberweide, erhielt hierdurch ihren Namen).[4] Weidenholz wird ebenso wie Pappelholz zunehmend nicht nur im Forst, sondern auch in Kurzumtriebsplantagen erzeugt.

Kopfweiden sind eine durch den Menschen aufgrund der Nutzung zur Gewinnung von Flechtwerk oder Grünfutter (Laub) erzeugte Wuchsform von einigen Weidenarten.

Zur Systematik siehe auch

Zu weiteren Themen siehe auch

Siehe auch

Literatur

  • Gregor Aas: Systematik und Biologie einheimischer Weiden (Salix ssp.). In: Berichte aus der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft. Band 24, 1999, S. 5–9 (PDF-Datei; 39 kB).
  • Georg Franz Hoffmann: Historia salicum. Crusius, Leipzig 1785 (Digitalisat).
  • Elvira Hörandl, Florin Florineth, Franz Hadacek: Weiden in Österreich und angrenzenden Gebieten. Eigenverlag Ingenieurbiologie und Landschaftsbau, Universität für Bodenkultur Wien, 2002, ISBN 3-9501700-0-6 (Vorschau).
  • Dagmar Lautenschlager-Fleury, Ernst Lautenschlager-Fleury: Die Weiden von Mittel- und Nordeuropa: Bestimmungsschlüssel und Artbeschreibungen für die Gattung Salix L. 2. überarbeitete und erneuerte Auflage. Birkhäuser, Basel/Boston, 1994, ISBN 3-7643-2994-7.
  • Karl Heinz Rechinger, John R. Akeroyd: Salix.
  • H. M. Schiechtl: Weiden in der Praxis - Die Weiden Mitteleuropas, ihre Verwendung und ihre Bestimmung. Patzer, Berlin/Hannover 1992, ISBN 3-87617-082-6.
  • T. A. Volk et al.: Developing a Willow Biomass Crop Enterprise for Bioenergy and Bioproducts in the United States. (online).
  • M. Zander, K.-J. Endtmann, B. Schröter: Untersuchungen ausgewählter Salix-Sippen des NO-deutschen Tieflandes. Taxonomie, Soziologie, Verbreitung, Isoenzymanalysen. In: Schriften zu Genetischen Ressourcen. Band 1, 1994, S. 168–183 (PDF-Datei; 588 kB).

Weblinks

Commons: Weiden (Salix) - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. M. C. Alliende, J. L. Harper: Demographic Studies of a Dioecious Tree. I. Colonization, Sex and Age Structure of a Population of Salix cinerea. In: Journal of Ecology. Band 77, Nr. 4, 1989, S. 1029–1047
  2. Almut Bick: Die Steinzeit. Theiss WissenKompakt, Stuttgart 2006, ISBN 3-8062-1996-6.
  3. Jörg Mildenberger: Anton Trutmanns 'Arzneibuch', Teil II: Wörterbuch. Würzburg 1997, Band V, S. 2285.
  4.  D. Grosser, W. Teetz: Weide. In: Arbeitsgemeinschaft Holz e.V. (Hrsg.): Einheimische Nutzhölzer (Loseblattsammlung). Nr. 15, Informationsdienst Holz, Holzabsatzfond – Absatzförderungfonds der deutschen Forst- und Holzwirtschaft, Bonn 1998, ISSN 0446-2114.


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