Anastasia-Bewegung

Aus AnthroWiki

Die Anastasia-Bewegung ist eine neue religiöse Bewegung im rechtsesoterischen Spektrum,[1] basierend auf der Anastasia-Buchreihe, einer Roman-Serie des russischen Autors Wladimir Megre (* 1950 als Wladimir Pusakow) mit esoterisch-spirituellen, verschwörungsideologischen, rassistischen und antisemitischen Inhalten.

Geschichte und Struktur

Gründer der Bewegung ist der Esoteriker und Geschäftsmann Wladimir Megre

Die Anastasia-Bewegung entstand um 1997 in Zentralrussland. Die Bewegung ist dem tiefenökologischen Zweig des New Age zuzuordnen und verbreitete sich zunächst in postsowjetischen Gesellschaften. Die Ideologie der Bewegung beruht auf dem 10-bändigen Romanwerk Anastasia – Die klingenden Zedern Russlands des russischen Esoterikers Wladimir Megre. Darin finden sich Ideen und Ansichten zu sämtlichen Bereichen der Lebensführung. Der Mensch im Verhältnis zur Natur, zu Gott und dem Universum wird thematisiert, ebenso wie ein Schöpfungsmythos und konkrete Ausrichtungen zum Geschlechterverhältnis und zur Kindererziehung.[2]

Nach ihrem Ursprung in Russland, der Ukraine und Weißrussland entstanden auch in Deutschland und Österreich Kommunen der Bewegung.[3] Alleine in Deutschland leben etwa 800 Anhänger in landwirtschaftlichen Siedlungen. Die Sektensiedlung Goldenes Grabow entstand 2014, im Jahre 2020 existieren 17 in ganz Deutschland.[4]

Die Anhänger der Bewegung versuchen, gemäß den Ideen Anastasias zu leben, vorwiegend durch Schaffung von Familienlandsitzen. Die Bewegung ist auch politisch aktiv und hat sich in einer Reihe lokaler oder regionaler Organisationen konstituiert, die locker zusammenarbeiten.

In Megres Werk wird auch die Schetinin-Schule detailliert thematisiert, ein russisches Internat unter der Leitung von Michail Schtschetinin (auch vereinfacht als Schetinin transkribiert). InfoSekta kritisiert deren ausgeprägten wedrussischen Nationalismus und ihre Militarismusaffinität[1] („wedrussisch“ bezieht sich auf die von Megre vertretene, auch „Rusvedismus“ genannte These, die vorchristliche slawische Zivilisation habe vedische Wurzeln). Auch die ähnlich ausgerichteten und von Schtschetinins Konzept inspirierten LAIS-Lerngruppen, die sich im deutschsprachigen Raum vor allem in Österreich ausbreiten, werden vielfach der Anastasia-Bewegung zugerechnet.[1][5][6]

Die zentralen Akteure der rechtsesoterischen Bewegung richteten 2019 und 2020 zur Gewinnung von Mitstreitern dezentrale Treffen aus (statt Großevents wie den bundesweiten Anastasia-Festspielen), beispielsweise Herbstfeste an verschiedenen Wochenenden im September, gegen die ein über- und außerparteiliches Bündnis für Zivilcourage und gegen Rechts im Harzkreis protestierte.[7]

Auseinandersetzung und Kritik

Während sich einige Politiker zu einzelnen Aspekten positiv äußerten, wie etwa der seinerzeitige russische Präsident Medwedew „die Idee der Familienlandsitze [… als] absolut positiv“ wertete[8], wird die Bewegung im Ganzen von Historikern und Religionswissenschaftlern sowie Vertretern der Russisch-Orthodoxen Kirche als „totalitäre, destruktive Sekte[9] oder „neuheidnische Bewegung, die sich unter dem Deckmantel ökologischer Lösungen an ihren Anhängern betrügerisch bereichern will“[10], kritisiert. Der Autor Wladimir Megre reagierte auf die Sektenvorwürfe mit einer Kurzgeschichte, in der sich einzelne Menschen und Familien jeweils als eigene „Ich-Sekte“ bezeichnen.[11]

Von Sektenbeauftragten, Wissenschaftlern und Kirchenvertretern wird die Bewegung aufgrund der rechtsesoterischen, verschwörungsideologischen und antisemitischen Inhalte sowie der rechtsextremen, nationalistisch-völkischen Blut-und-Boden-Ideologie kritisiert.

InfoSekta, eine schweizerische Fachstelle für Sektenfragen, stuft die Bewegung als problematisch ein. Sie besitze eine stark nationalistische, verschwörungstheoretische und rechtsesoterische Ausrichtung. Zahlreiche ihrer zentralen Protagonisten verträten Verschwörungstheorien und verkehrten in rechtsnationalistischen Kreisen. Kritisiert wird zudem der dezidierte Antisemitismus in den Verschwörungstheorien Megres.[1] Der steirische ESO-Jahresbericht 2015 beschreibt, wie sich rechtsextreme und nationalistische Kräfte, die ihre Ansichten „esoterisch verbrämt verbreiten“, unter den eher linksliberalen Mainstream der Szene mischen, und kritisiert das rege kommerzielle Geschäft, das sich rund um den Kult entwickelt habe.

Burkhard Körner, Präsident des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, stellte in einem TV-Beitrag des Bayerischen Rundfunks fest, dass man wegen der völkischen und antisemitischen Elemente ihrer Ideologie den Versuchen der Anastasia-Bewegung, Schulen zu gründen, „mit allen Mitteln entgegenwirken“ müsse.[12]

Siehe auch

Literatur

  •  Paul Hildebrandt: Die Aussteigerin. Rubrik „Glauben & Zweifeln“. In: Die Zeit. Nr. 25, 13. Juni 2019, S. 46.
  • Andrea Röpke, Andreas Speit: Völkische Landnahme: Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos. Ch. Links Verlag, Berlin, 2019, ISBN 978-3-86153-986-5.
  • Mattias Greuter: Arier sind die besseren Aliens. In: Schaffhauser AZ, 1. Mai 2018.
  • Silvio Duwe: Anastasia – ein völkisch-esoterischer Siedlungskult. In: Matthias Pöhlmann (Hrsg.): Verborgene Wahrheit? Verschwörungsdenken und Weltanschauungsextremismus (= EZW-Texte 269). Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Berlin, 20200, ISSN 0085-0357.

Fernsehberichte

Audios

Presseberichte

2016

2017

2018

2019

2020

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Einordnung der Anastasia-Bewegung im rechtsesoterischen Spektrum. (pdf; 424 kB) In: infoSekta.ch. 10. November 2016, abgerufen am 16. Dezember 2020.
  2. Rasa Pranskevičiūtė: The “Back to Nature” Worldview in Nature-based Spirituality Movements: The Case of the Anastasians. In: James R. Lewis, Inga Bårdsen Tøllefsen: Handbook of Nordic New Religions. S. 441–456, doi:10.1163/9789004292468.
  3. Roman Schweidlenka: ESO Jahresbericht 2015. Logo ESO.Info, Juli 2015.
  4. Andreas Speit: Rechtsesoterische Anastasia-Bewegung: Steuergeld für rechte Siedlung. In: taz.de. 29. Oktober 2020, abgerufen am 16. November 2020.
    Silvio Duwe, Lisa Wandt: Siedler-Bewegung Anastasia – Grüner Garten, brauner Boden. In: RBB/Das Erste, Sendung „Kontraste“. 11. April 2019, abgerufen am 15. Dezember 2020.
  5. Werner Reisinger: Lais-Lerngruppen – Grüne Schule, brauner Anstrich. In: wienerzeitung.at. 17. Juni 2017, abgerufen am 16. Dezember 2020.
  6. Werner Reisinger: Lais-Schulen: „Seid doch alle ein wenig natürlicher!“ In: wienerzeitung.at. 10. Juni 2017, abgerufen am 16. Dezember 2020.
    Ina Weber: Markhof: „Da machen wir nicht mit“. In: wienerzeitung.at. 23. Mai 2017, abgerufen am 16. Dezember 2020.
  7. Petra Korn, Ingo Kugenbuch: Protest: Nur ein Früchte-Fest? In: mz-web.de. 7. September 2020, abgerufen am 19. September 2020 (Artikelanfang abrufbar).
  8. Владимир Мамонтов (Wladimir Mamontow): Интернет-конференция с Дмитрием Медведевым. In: d-a-medvedev.ru. 28. Februar 2012, abgerufen am 16. Dezember 2020 (русский).
  9. Тоговый документ международной научно-практической конференции “Тоталитарные секты – угроза XXI века”, проходившей в нижнем новгороде 23 – 25 апреля 2001 г. In: iriney.ru. Zentrum für Religionswissenschaft im Namen des Heiligen Märtyrers Irenäus von Lyon, 25. April 2001, archiviert vom Original am 18. Februar 2007; abgerufen am 16. Dezember 2020 (русский, Abschlussdokument der Konferenz „Totalitäre Sekten – Bedrohung des 21. Jahrhunderts“).
  10. Александр Ярков (Alexander Jarkow): Босоногая девица Настя. In: Nesawissimaja Gaseta. 2. Juli 2008, archiviert vom Original am 5. Februar 2009; abgerufen am 16. Dezember 2020 (русский).
  11. Wladmir Megre: Die Ich-Sekte. In: Weda Elysia. 2003, archiviert vom Original am 6. März 2016; abgerufen am 16. Dezember 2020 (Übersetzung von Heidt; auch in: Taiga. 1/2004, Verlag Silberschnur).
  12. Silvio Duwe, Jens Kuhn: Die Story: Braune Ideologie hinter grüner Fassade. In: BR-Sendung „Kontrovers – Das Politikmagazin“. 21. November 2018, abgerufen am 15. Dezember 2020 (Video auf YouTube; 16:32 Minuten).
Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Anastasia-Bewegung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.