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Cent (Musik)
Das Cent (von lat. centum „hundert“) ist eine additive Maßeinheit (genauer: Hilfsmaßeinheit), mit der ein sehr genauer Vergleich der Größen musikalischer Intervalle möglich ist.
Definition
Das Cent ist definiert durch:
- 100 Cent = 1 gleichstufiger Halbton
Da eine Oktave zwölf Halbtöne umfasst, gilt auch:
- 1200 Cent = 1 Oktave
Aus der additiven Struktur der Intervallgrößen folgt:
- 2 Oktaven = 2400 Cent
- 3 Oktaven = 3600 Cent usw.
Bekanntermaßen sind zum Beispiel 12 Quinten ≈ 7 Oktaven, also umfasst die Quinte ungefähr 7/12 Oktaven ≈ 700 Cent (genauer – siehe unten – 702 Cent.)
Da dies dem additiven Intervall-Empfinden des Gehörs (Hörereignis) entspricht, ist der Vergleich von Tonhöhen, Tonsystemen und Stimmungen mittels der Einheit Cent praxisnäher als Angaben zu Frequenz-Verhältnissen, bei denen ein Größenvergleich nicht unmittelbar möglich ist.
Für das Frequenzverhältnis (höhere Frequenz geteilt durch tiefere) des Intervalls 1 Cent gilt:
da 2 gerade das Frequenzverhältnis der Oktave ist. Daraus folgt:
Das Cent ist genormt in DIN 13320 (siehe unten).
Entstehung
Die Bezeichnung Cent wurde 1875 von Alexander John Ellis (1814–1890) im Anhang zu seiner Übersetzung von Hermann von Helmholtz’ Lehre von den Tonempfindungen als Einheit zum Größenvergleich von Intervallen vorgeschlagen.
Die Cent-Einheit ist so gewählt, dass wahrnehmbare Frequenzunterschiede hinreichend genau als ganzzahlige Vielfache von Cents ausgedrückt werden können. Grob kann angenommen werden, dass der kleinste erkennbare Frequenzunterschied für nacheinander erklingende Sinustöne beim Menschen bei Frequenzen ab 1000 Hz bei etwa drei bis sechs Cent liegt; bei gleichzeitigem Erklingen sind durch Schwebungseffekte noch wesentlich geringere Intervallunterschiede hörbar. Bei größeren Tonabständen lassen sich Intervallgrößen durch Schwebungen der harmonischen Obertöne, die in musikalisch verwendeten Tönen meistens vorhanden sind, sehr genau bestimmen. Bei tiefen Sinustönen mit geringer Lautstärke (Schalldruckpegel) steigt die Unterscheidungsschwelle auf über 100 Cent, also mehr als einen Halbton.
Verwendung in der Musiktheorie
Das Centmaß ist proportional zur Intervallgröße, die als Vielfaches einer Oktave angegeben werden kann. Die Oktave ist ein logarithmisches Maß der Frequenzverhältnisse, die sich exponentiell zur Basis 2 verhalten.
Intervall | Frequenzverhältnis | Größe |
---|---|---|
1 Oktave | 2 | 1200 Cent |
2 Oktaven | 4 | 2400 Cent |
3 Oktaven | 8 | 3600 Cent |
… | ||
k Oktaven | 2k | 1200·k Cent |
log2(q) Oktaven | q[1] | 1200·log2(q) Cent |
kleine Terz | 6⁄5 | 1200·log2(6⁄5) Cent = 315,641 Cent |
große Terz | 5⁄4 | 1200·log2(5⁄4) Cent = 386,314 Cent |
Quarte | 4⁄3 | 1200·log2(4⁄3) Cent = 498,045 Cent |
Quinte | 3⁄2 | 1200·log2(3⁄2) Cent = 701,955 Cent |
Werden Intervalle hintereinander ausgeführt, so kann man ihre Größen addieren, während ihre Frequenzverhältnisse (Proportionen) multipliziert werden müssen.
- Beispiel:
- Quinte + Quarte = 702 Cent + 498 Cent = 1200 Cent = Oktave. (Frequenzverhältnisse: 3/2·4/3 = 2/1.)
- Kleine Terz + große Terz = 316 Cent + 386 Cent = 702 Cent = Quinte. (Frequenzverhältnisse: 6/5·5/4 = 3/2.)
Auswirkungen auf die musikalische Praxis
Die Einheit Cent verwendet man vor allem für die Darstellung der feinen Unterschiede der Intervalle in den verschiedenen mitteltönigen und wohltemperierten Stimmungen. So müssen z. B. gegenüber reinen Quinten und Terzen leichte Verstimmungen in Kauf genommen werden, um möglichst viele Tonarten (bei einer zwölfstufigen Skala der Oktave) spielbar zu machen:
- bei den mitteltönigen Stimmungen treten Abweichungen bis etwa 8 Cent auf, wenn nur C-Dur-nahe Akkorde verwendet werden:
Beispiel | reine Quinte
702 Cent |
mitteltönige Quinte
697 Cent |
- mit 14 Cent Abweichung hat man sich abzufinden, wenn man auf Tasteninstrumenten auch Tonleitern nutzen will, die weiter von C-Dur entfernt sind. Dabei wird ausgenutzt, dass das menschliche Gehör sich „die Intervalle zurechthört“:
Beispiel (erst die Terz, dann im Akkord) |
reine große Terz (220 Hz und 275 Hz)
386 Cent |
gleichstufige große Terz (220 Hz und 277 Hz)
400 Cent |
- noch größere Abweichungen wie etwa die Wolfsquinte der mitteltönigen Stimmung bei stark von C-Dur entfernten Tonarten werden von Musikern nicht geduldet.
Tabellen der mehr oder weniger reinen Terzen und Quinten in verschiedenen Stimmungssystemen: siehe Stimmung.
Umrechnung
Von Proportionen in Cent
Gegeben sei die Proportion (Frequenzverhältnis) eines beliebigen Intervalls.[2] Das logarithmische Intervallmaß errechnet sich dann nach der (inhaltlich seit ca. 1650 bekannten) Definitionsformel:
Diese Gleichung übersetzt die multiplikativen akustischen Proportionen in die additiven logarithmischen Intervallmaße (Beispiel oben).
Mit
erhalten wir:
Nach Umrechnung des Zweier-Logarithmus in einen Zehner-Logarithmus über entsteht eine für Taschenrechner bequem handhabbare Gleichung:
Von Cent in Proportionen
Die umgekehrte Umrechnung eines beliebigen in Cent angegebenen Intervalls in die Proportion (Frequenzverhältnis) wird seltener benötigt. Dafür löst man die Gleichung nach auf, indem man beide Seiten durch 1200 Cent dividiert und anschließend zur Basis 2 potenziert (dadurch wird auf der einen Seite der Logarithmus entfernt):
Mit bekannten Rechenregeln für Potenzen ergibt sich für den Taschenrechner folgende Näherung:
Bei den Dreiklangsintervallen erhält man folgende Umrechnung:
Intervall in Cent | Proportion | Intervall |
---|---|---|
316 Cent | reine kleine Terz | |
386 Cent | reine große Terz | |
702 Cent | reine Quinte |
In andere Intervallmaße
- 1 Cent = Millioktaven ≈ 0,8333 Millioktaven
- 1 Cent = Savart ≈ 0,2509 Savart
Berechnung von Frequenzen
Der oben genannte Faktor ist die Proportion (das Frequenzverhältnis) eines Tonunterschieds von einem Cent. Die Frequenzberechnung erfolgt daher mit dieser Zahl als Basis und dem Intervall in Cent im Exponenten.
Beispiele einiger als Stimmton a’ verwendeter Frequenzen, ausgehend von 440 Hz:
- Erhöhung um 100 Cent:
- Erhöhung um 1 Cent:
- Verringerung um 1 Cent:
- Verringerung um 100 Cent:
Beispiel aus der Musiktheorie
Der Ton a’ hat die Frequenz von 440 Hz. Der Ton c’’ liegt eine kleine Terz darüber.
Der Ton c’’ hat demnach
- in reiner Stimmung (Frequenzverhältnis 6:5 der kleinen Terz) die Frequenz
- in gleichstufiger Stimmung (kleine Terz = 3 Halbtöne = 300 Cent) die Frequenz .
DIN-Norm
Nach DIN 13320 „Akustik; Spektren und Übertragungskurven; Begriffe, Darstellung“[4] bezeichnet „Cent“ ein Frequenzmaßintervall, dessen Frequenzverhältnis beträgt. Das Cent kann wie eine Einheit benutzt werden; somit kann das Frequenzmaßintervall der Frequenzen f1 und f2 > f1 bezeichnet werden als .
Absolutes Cent
Man kann auch dem gesamten Frequenzbereich eine Skala fester Cent-Werte zuordnen. Zur Berechnung dieses absoluten Cents wird 1 Hz = 0 Cent gesetzt. Es ergeben sich dann: 2 Hz = 1200 Cent, 4 Hz = 2400 Cent usw. mit den entsprechenden Zwischenwerten.[5]
Siehe auch
- Cent (Musik) - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Millioktave - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Savart - Artikel in der deutschen Wikipedia
Literatur
- Hermann von Helmholtz: Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik. Vieweg, Braunschweig 1863 (Unveränderter Nachdruck: Minerva-Verlag, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-8102-0715-2, Auszug).
- John R. Pierce: Klang. Musik mit den Ohren der Physik. Spektrum – Akademischer Verlag, Heidelberg u. a. 1999, ISBN 3-8274-0544-0.
Weblinks
- Intervall Umrechnung: Frequenzverhältnis nach Cent und Cent nach Frequenz (ratio)
- Umrechnung Cent in Frequenzverhältnis Ratio und zurück in Excel
- Joachim Mohr: Das Centmaß für Intervalle.
Einzelnachweise
- ↑ 2k = q <=> log2(q) = k
- ↑ Im Normalfall sollte sein. Wenn es umgekehrt ist, wird das Umrechnungsergebnis negativ mit dem gleichen Absolutwert.
- ↑ Zum Beispiel hat die Quinte das Frequenzverhältnis . Ihre Größe berechnet sich dann zu
- ↑ Webseite zur DIN 13320 beim Beuth Verlag
- ↑ Riemann Musiklexikon. Sachteil. Mainz 1967, S. 150.
Dieser Artikel basiert auf einer für AnthroWiki adaptierten Fassung des Artikels Cent (Musik) aus der freien Enzyklopädie de.wikipedia.org und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |