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Farbenlehre (Steiner)
Die Farbenlehre Rudolf Steiners wurde von Rudolf Steiner in einem kleinen Zyklus von drei Vorträgen dargestellt, die er von 6. - 8. Mai 1921 in Dornach gehalten hat, um damit Anregungen für ein geistgemäßes künstlerisch-malerisches Schaffen zu geben.
Rudolf Steiner unterscheidet darin zwischen Bildfarben und Glanzfarben. Die Bildfarben, im Gegensatz zu den Glanzfarben, haben immer etwas Schattenhaftes und sie zeigen nicht ihr eigenes Wesen, sondern bilden etwas anderes ab. Steiner nennt folgende vier Bildfarben:
- Schwarz ist das geistige Bild des Toten.
- Weiß ist das seelische Bild des Geistes.
- Grün ist das tote Bild des Lebens.
- Pfirsichblüt ist das lebendige Bild des Seelischen.
Die drei Glanzfarben sind:
- Gelb ist der Glanz des Geistes; es ist das Ausstrahlende.
- Blau ist der Glanz des Seelischen; sein Charakter ist das Sich-innerlich-Zusammennehmen, das Sich-Stauen, das Sich-innerlich-Erhalten.
- Rot ist der Glanz des Lebendigen; sein Wesen ist das gleichmäßige Erfülltsein des Raumes, es bildet den Ausgleich zwischen Gelb und Blau.
„Schwarz, Weiß, Grün, Pfirsichblüt haben Bildcharakter, sie bilden etwas ab. In Gelb, Blau und Rot erglänzt etwas.
Gelb, Blau, Rot: das ist die Außenseite des Wesenhaften. Grün, Pfirsichblüt, Schwarz, Weiß sind immer hingeworfene Bilder, sind immer etwas Schattiges.
So daß wir sagen könnten: Schwarz, Grün, Pfirsichblüt und Weiß sind im Grunde genommen im weitesten Sinne die Schattenfarben. Der Schatten des Geistes in das Seelische ist Weiß. Der Schatten des Toten in den Geist ist Schwarz. Der Schatten des Lebendigen in das Tote ist Grün. Der Schatten des Seelischen in das Lebendige ist Pfirsichblüt. Schatten oder Bilder ist etwas Verwandtes.“ (Lit.: GA 291, S. 48)
„Nun sagen wir - Glanz; aber Glanz führt uns darauf, daß etwas glänzt. Was glänzt denn? Ja, sehen Sie, wenn wir das Gelb haben, da brauchen Sie ja nur das folgende - aber Sie müssen das mit der Empfindung, nicht mit dem abstrahierenden Verstände als Erwägung anstellen - sich vor die Seele zu stellen, brauchen sich nur zu sagen: Indem ich das Gelb empfange, werde ich von dem Gelben eigentlich so berührt, daß es innerlich in mir weiterlebt. Das Gelb lebt innerlich in mir weiter. Bedenken Sie, das Gelbe macht uns heiter. Heiter sein, heißt aber im Grunde genommen, sich mit einer größeren inneren seelischen Lebendigkeit im Inneren erfüllen. Wir werden also eigentlich mehr nach unserem Ich hin gestimmt durch das Gelbe. Wir werden durchgeistet, mit anderen Worten, Wenn Sie also das Gelbe in seiner Urwesenheit nehmen, wie es nach außen hin verschwimmt, und wenn Sie sich vorstellen, es glänzt nun, weil es ein Glanz ist, nach Ihrem Inneren, und wenn es in Ihrem Innerei als Geist aufglänzt, so werden Sie sagen müssen:
Das Grün ist das Bild des Lebendigen, und das Rot ist der Glanz des Lebendigen. Das zeigt sich Ihnen ja wunderschön, wenn Sie versuchen, ein Rot auf einer weißen Fläche anzusehen, ein ziemlich gesättigtes Rot; schauen Sie dann rasch weg, so sehen Sie das Grün als Nachbild, so sehen Sie dieselbe Fläche als grünes Nachbild. Das Rot glänzt in Sie herein; es bildet sein eigenes Bild im Inneren. Was ist aber das Bild des Lebendigen im Inneren? Sie müssen es ertöten, um ein Bild zu haben. Das Bild des Lebendigen ist das Grün. Es ist kein Wunder, daß das Rote als Glanz, wenn es in Sie hineinglänzt, das Grün als sein Bild gibt.
So daß wir also eben diese drei ganz andersartigen Farbennaturen bekommen. Es sind die aktiven Farbennaturen. Es ist dasjenige, was glänzt, was gewissermaßen in seiner Wesenheit die Differenzierung hat; die anderen Farben sind ruhige Bilder. Wir haben etwas hier, was den Analogon hat im Kosmos. Wir haben im Kosmos den Gegensatz von Tierkreisbildern, die ruhige Bilder sind, und das den Kosmos Differenzierende in den Planeten. Es ist nur ein Vergleich, aber ein Vergleich, der innerlich sachlich begründet ist. Wir können sagen: Wir haben in Schwarz, Weiß, Grün und Pfirsichblüt etwas, was wie das Ruhende wirkt. Selbst wenn es in Bewegung ist, wenn es ineinanderfließt, so muß es noch innerlich ruhig sein, wie beim Schwarz-Weißen im Pfirsichblüt. Und wir haben in den drei Farbennuancen, im Rot, Gelb und Blau, ein innerlich Bewegtes, ein Planetarisches. Ein Fixsternhaftes in Schwarz, Weiß, Pfirsichblüt und Grün; ein Planetarisches in Gelb, Blau und Rot. Gelb, Blau und Rot nuancieren die anderen Farben. Das Weiße wird nuanciert durch Gelb und Blau zum Grün; das Pfirsichblüt wird nuanciert durch das Rote, indem es hineinglänzt in das ineinanderwirkende Weiß und Schwarz.
Sie sehen hier förmlich den Farbenkosmos. Sie sehen die Welt als Farbe in ihrem Ineinanderwirken, und Sie sehen, daß wir wirklich zu den Farben gehen müssen, wenn wir die Gesetzmäßigkeiten des Farbigen studieren wollen. Wir müssen nicht von den Farben weggehen zu etwas anderem hin, sondern wir müssen in den Farben selber bleiben. Und wenn wir eine Auffassung für die Farben haben, dann kommen wir schon dazu, in den Farben selber dasjenige zu sehen, was ihre gegenseitige Beziehung ist, was in ihnen das Glänzende, Leuchtende ist, was in ihnen das Schattige, Bildgebende ist.“ (S. 51f)
Literatur
- Rudolf Steiner: Das Wesen der Farben, GA 291 (1991), ISBN 3-7274-2910-0
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
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