Hausschwein

Aus AnthroWiki
Hausschwein

Hausschwein (Sus scrofa domesticus): Sau mit Ferkel

Ordnung: Paarhufer (Artiodactyla)
Unterordnung: Schweineartige (Suina)
Familie: Echte Schweine (Suidae)
Gattung: Sus|Sus
Art: Wildschwein
Unterart: Hausschwein
der Art
Sus scrofa
Linnaeus, 1758
der Unterart
Sus scrofa domesticus
Erxleben, 1777

Das Hausschwein (lat. Sus scrofa domesticus) ist die domestizierte Form des Wildschweins und bildet mit ihm eine einzige Art. Es gehört damit zur Familie der Echten Schweine aus der Ordnung der Paarhufer. In einigen Teilen der Welt gibt es freilebende Schweinepopulationen, die aus verwilderten Hausschweinen hervorgingen. Schweine sind Allesfresser; sie fressen sowohl tierische als auch pflanzliche Nahrung.

Das Hausschwein ist eines der am frühesten domestizierten Haustiere in der menschlichen Zivilisationsgeschichte und wird seit vermutlich 9000 Jahren zur Fleischerzeugung gehalten. In Europa und Ostasien ist Schweinefleisch die am häufigsten gegessene Fleischsorte. Die Domestizierung erfolgte in unterschiedlichen Weltregionen unabhängig voneinander.

Lautäußerung eines Hausschweins

Benennung

Das weibliche Schwein heißt Sau (nds. Mutte) und das männliche wird Eber genannt. Jungtiere nennt man Ferkel. Spanferkel sind Ferkel, die noch am Span, der Zitze saugen (spänen). Bis zum Gewicht von 25 kg sind es Ferkel, zwischen 25 und 50 kg Läufer. Kastrierte männliche Tiere werden Borg oder Altschneider genannt. Endstufeneber bezeichnet zur Züchtung verwendete männliche Schweine, wenn in einem Zuchtprogramm mehrere Zuchtstufen verwendet werden. Der Endstufeneber ist der Vater des angestrebten Endproduktes. Als Leersau wird eine Muttersau in der Zucht bezeichnet, an der keine Ferkel mehr saugen, die aber noch nicht wieder tragend ist, das heißt, neu besamt oder gedeckt wurde.

Heranwachsen

Wollschweinferkel

Bei Schweinen beträgt die Trächtigkeitsdauer etwa 112 bis 114 Tage (drei Monate, drei Wochen, drei Tage), der anschließende Geburtsvorgang wird Ferkeln oder auch Abferkeln genannt.

Bei neugeborenen Ferkeln kann man bei ursprünglichen Rassen noch die Zeichnung erkennen, die bei Frischlingen so typisch ist. Wenn sie etwa sechs Monate alt sind bzw. etwa 100 kg Lebendgewicht haben, sind die Tiere schlachtreif. Schweine können, wenn sie nicht geschlachtet werden, etwa zehn Jahre alt werden.[1]

Gesundheit

Schweine können nicht schwitzen. Viele Schweinerassen sind stressanfällig und können auch ähnliche Herz- und Kreislaufkrankheiten entwickeln wie der Mensch. Sie werden deshalb auch als Labor- und Versuchstiere gehalten. Physiologisch sind sich Schwein und Mensch sehr ähnlich. Das betrifft nicht nur die ähnlichen Krankheitsausprägungen, sondern z. B. auch die Struktur und Beschaffenheit von Fleisch und Fettgewebe. In der Gerichtsmedizin werden beispielsweise Stich- und Schussverletzungen an frischgeschlachteten Schweinen nachgestellt.

Rassen

Hängebauchschwein
Iberische Schweine
Halbwilde Hausschweine auf Korsika
Eberferkel des Rotbunten Husumer Schweines

Heute gibt es eine Vielzahl von Schweinerassen. Sie entstanden alle erst in den letzten zwei Jahrhunderten. Bis dahin sorgte die Praxis der Eichelmast dafür, dass sich Hausschweine immer wieder mit Wildschweinen kreuzten.

In neuester Zeit wurden sehr kleine Schweinerassen, sogenannte Minischweine, auch als Haustiere ohne kommerzielle Endnutzung beliebt. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft werden immer weniger Rassen dort genutzt. Die meisten Schweine in den Mastställen sind Gebrauchskreuzungen, die von großen Zuchtunternehmen als sogenannte Hybridschweine vermarktet werden.


Einige der bekannteren Rassen sind:

Haltungsgeschichte

Molekularbiologische Untersuchungen an Haus- und Wildschweinen zeigten, dass sich während der Jungsteinzeit die Domestikation in vielen Gebieten der Erde unabhängig voneinander vollzog. Die Daten machen deutlich, dass bereits domestizierte Schweine aus dem Nahen Osten nach Europa eingeführt wurden. Nach etwa 500 Jahren wurden diese jedoch durch Tiere ersetzt, die von europäischen Wildschweinen abstammen. Die genetischen Untersuchungen zeigten, dass die aus dem Nahen Osten stammenden genetischen Linien allmählich durch die einheimischen Hausschwein-Linien ersetzt wurden.

Jungsteinzeit

Erste archäologische Nachweise der Haustierwerdung (Domestizierung) gibt es aus der Zeit vor 9000 Jahren auf dem Gebiet der heutigen Osttürkei. Zu den ältesten Fundorten von Knochen halbdomestizierter Schweine gehören die neolithischen Siedlungen von Jericho (Palästina), Jarmo (Irak), Çatalhöyük und Hallan Çemi (Türkei) sowie Argissa-Margula (Griechenland).[2] Hallan Çemi ist dabei einer der ältesten Fundorte, die auf eine Domestizierung von Schweinen hinweisen. Die Bewohner dieses jungsteinzeitlichen Dorfes aßen überwiegend junge männliche Schweine, und in den archäologischen Funden nehmen Funde von Schweineknochen sogar zu einem Zeitpunkt zu, zu dem die Bewaldung in dieser Region zurückging. Dies wird allgemein dahingehend interpretiert, dass Schweine sich dem Menschen weitgehend angeschlossen hatten und in der Nähe der Siedlung nach Nahrung suchten. Die Schweine, die in Hallan Çemi gegessen wurden, wiesen allerdings noch keine Merkmale auf, die auf eine Domestizierung hinweisen. Dies kann auf die kurze Zeit zurückzuführen sein, in der Hallan Çemi bewohnt war. Die Siedlung wurde nach rund 400 Jahren aufgegeben.[3]

Schweinekopf aus der Jungsteinzeit im Museum für Ur- und Frühgeschichte in Thüringen, Weimar

Eine längere Siedlungsgeschichte als Hallan Çemi weist Çayönü auf. An diesem Siedlungsplatz lässt sich die Entwicklung von den ersten Rundbauten einer frühen Ackerbaugemeinschaft aus dem 10. Jahrtausend v. Chr. zu einer großen Siedlung mit differenzierter Bebauung im 9. und 8. bis zum Anfang des 7. Jahrtausends nachvollziehen. Ähnlich wie in Hallan Çemi aßen die Bewohner von Çayönü überwiegend jüngere Schweine, und über die Jahrhunderte lässt sich bei diesen Schweinen eine Veränderung der Knochenstruktur nachweisen: Die verzehrten Tiere haben kürzere Schnauzen, die Zähne stehen im Gebiss enger zueinander. Die archäologischen Funde weisen hier darauf hin, dass Schweine sich über eine Zeitdauer von 2000 Jahren allmählich zum Hausschwein entwickelten.[4]

Mesopotamien und Altes Ägypten

Hieroglyphe für Schwein

Bereits im Alten Ägypten und in Mesopotamien zeigt sich eine soziale Differenzierung bei dem Verzehr von Schweinefleisch. Darauf weisen beispielsweise Funde im altägyptischen Dorf Kom el-Hisn hin, das während des Baus der Chephren-Pyramide um 2550 v. Chr. zu Nahrungsmittellieferungen an diese rund 100 Kilometer weiter südliche liegende Baustelle verpflichtet war.[5] Die Einwohner von Kom el-Hisn zogen dafür Rinder auf, aßen selbst aber nur wenig Rindfleisch. Lediglich die Knochen von alten Mutterkühen und kranken Kälbern wurden in den archäologischen Fundstellen dieses Dorfes gefunden.[6] Fleisch, das von den Dorfbewohnern verzehrt wurde, stammte überwiegend von Schweinen. Das Verhältnis gefundener Rinderknochen zu gefundenen Schweineknochen beträgt 1:25, d. h. für jeden gefundenen Rinderknochen werden 25 Schweineknochen gefunden. Man ist heute der Überzeugung, dass in Kom El-Hisn Schweine in Herden gehalten wurden, die ihr Futter in den Marschen des Nildeltas und den Abfällen des Dorfes fanden.[7]

Dass das Dorf Rinder liefern musste, seine Schweine jedoch behalten durfte, liegt an der spezifischen Natur dieses Haustieres. Rinder waren ebenso wie Ziegen und Schafe in der Lage, in der ariden Region auf dem Weg nach Süden ausreichend Nahrung zu finden. Schweine dagegen hätten weder Futter noch den Schatten, auf den sie angewiesen waren, auf dieser Wegstrecke gefunden.[7] Ähnliches zeigen die überlieferten Dokumente der 3. Dynastie von Ur (2114 bis 2004 v. Chr.), dass die zentrale Verwaltung dieses mesopotamischen Reiches zehntausende von Schafen und Kühen von ihren Untertanen einforderte und an Tempel und das Heer weiter verteilte. Schweine dagegen, obwohl gehalten, finden keine Erwähnung.[8] Es ist jedoch gesichert, dass Schweine gehalten wurden: Sowohl in Ägypten als auch Mesopotamien finden sich bis 2000 v. Chr. zahlreiche Belege für eine Schweinezucht, sofern die Dörfer in einer Region liegen, in der ausreichend Regen fiel, um eine Landbewirtschaftung ohne künstliche Bewässerung zu ermöglichen. Funde im Tell Halif, einer archäologischen Fundstelle, die heute im Süden Israels liegt, legen außerdem nahe, dass die Zahl der gehaltenen Schweine in Zeiten schwacher staatlicher Kontrolle anstieg.[9]

Insgesamt ging die Zahl der gehaltenen Schweine ab 2000 v. Chr. jedoch stark zurück: Zunehmende Desertifikation machte es zunehmend schwieriger, Schweine in Herden zu halten. Schweine finden sich noch in ärmeren Gebieten der nun größeren Städte, wo sich Schweine vom Unrat der Straßen ernährten, und über die Zeit bildete sich ein Ernährungsmuster, bei dem sich der Verzehr von Schweinefleisch auf die untersten Bevölkerungsschichten begrenzte. Schweine galten im Nahen Osten zunehmend als unrein, was sich unter anderem auch darin manifestiert, dass in den Religionen des Nahen Ostens Schweine, anders als Schafe, Ziegen und Rinder, nicht als Tempelopfer in Frage kamen.[10] Die Speisegesetze, wie sie vermutlich im 8. Jahrhundert v. Chr. im 3. und 5. Buch Mose festgelegt wurden und so die Basis der Jüdischen Speisegesetze legten, haben darin ihren Ursprung. Diese Speisegesetze bestimmten wiederum die des Islam.[11]

Griechen und Römer

Darstellung eines Schweineopfers (Epidromos-Maler, um 500 v. Chr.)

Sowohl die griechische als auch die römische Kultur der Antike hatten eine Einstellung zum Hausschwein, die sich gänzlich von der des Nahen Ostens unterscheidet. Schweine waren in beiden Kulturen das häufigste Opfertier.[12] In Athen wurden von den Priestern vor jeder öffentlichen Zusammenkunft Frischlinge geopfert, und in Rom waren Schweineopfer bei Abschlüssen von Verträgen, Geburten und Hochzeiten üblich.[12] Zu den Attributen der griechischen Fruchtbarkeitsgöttin Demeter gehört neben Weizenähre, Mohn und Delfin auch das Schwein. Der griechische Held Odysseus ist stolzer Besitzer von Schweineherden und wird bei seiner Rückkehr nach jahrelanger Irrfahrt von dem ihm loyal ergeben gebliebenen Schweinehirten Eumaios empfangen.[13]

Die Bedeutung der Schweinehaltung lässt sich auch an den überkommenen Werken aus der römischen Zeit festmachen. Zu den römischen Agrarschriftstellern, die sich mit Fragen der Schweinehaltung auseinandersetzten, zählen insbesondere der spätrepublikanische Autor Varro sowie Lucius Iunius Moderatus Columella und Plinius der Ältere, die in der frühen Kaiserzeit schrieben. De re coquinaria, das älteste erhaltene Kochbuch aus der Zeit der römischen Antike, bestätigt diese Vorliebe: Gerichte, bei denen Schweinefleisch verwendet wird, sind die häufigsten genannten.[14]

Kaiser Augustus, der erste römische Kaiser, war auch der erste, der kostenlose Lebensmittel in Form von Getreide unter der römischen Bevölkerung verteilen ließ. Kaiser Aurelian erweiterte dies um 270 n. Chr. durch eine Verteilung von kostenlosem Schweinefleisch. Um 450 n. Chr. erhielten rund 140.000 Bürger Roms über die fünf Wintermonate jeweils fünf Pfund Schweinefleisch.[15] Die römischen Essgewohnheiten beeinflussten die der benachbarten Regionen: Während in Kampanien in republikanischer Zeit vor allem Rindfleisch verzehrt wurde, näherte sich der Schweinefleischkonsum in der Kaiserzeit dem in Rom an. In Hispanien verdoppelte sich nach der römischen Eroberung der Anteil der verzehrten Schweine. In Britannien, Griechenland, Ober- und Niedergermanien nahm die Schweinezucht dagegen keinen vergleichbaren Aufschwung. Nie Fuß fassen konnte sie in Syrien und Ägypten. Diejenigen der dort stationierten Soldaten, die aus schweinefleischkonsumierenden Regionen kamen, passten sich in der Regel den örtlichen Vorlieben an.[16]

Mittelalter

Schweinehirt und Schweineherde während der Eichelmast, Kalenderbild November, Stundenbuch des Herzogs von Berry, 15. Jahrhundert

In der Zeit des Mittelalters, das über ein Jahrtausend von etwa 5. Jahrhundert bis zum Ende des 15. Jahrhunderts währte, hatte das Schwein in der Ernährung eine sehr unterschiedliche Bedeutung. Es war zeitweilig ein Fleisch, das nur von einer kleinen Oberschicht verzehrt wurde, während sich der Fleischkonsum der unteren Schichten auf Tiere wie Kühe beschränkte, die das Ende ihres produktiven Lebens erreicht hatten, und entwickelte sich dann zunehmend zu einem Nahrungsmittel der Unterschicht.

Hausschweine liefen oft frei in den Städten und Dörfern umher und suchten sich auf den Straßen aus dem Unrat ihr Fressen zusammen. Schlachtzeit für Schweine waren gewöhnlich die Monate November und Dezember, und das Fleisch wurde durch Pökeln, Dörren und Räuchern haltbar gemacht. Dieses Fleisch musste bis mindestens Ostern reichen; der Speck wurde noch im nächsten Sommer verwendet. Schrotschwein bezeichnete man das Schwein mit geringem Speckanteil.

Schweinetrieb

Kühe, Schafe und Ziegen werden seit Jahrtausenden über lange Distanzen getrieben, weil sie einen natürlich entwickelten Herdentrieb haben, der dies ermöglicht. Sie benötigen außerdem nur Weide und Wasser, um während dieses Viehtriebs Nahrung zu finden. Der Trieb von Schweinen über lange Strecken ist anspruchsvoller, weil die Tiere Schatten benötigen und weniger einfach in Herden zusammengehalten werden können. Der Schweinetrieb ist entsprechend historisch seltener.[17]

In Mesopotamien und im Alten Ägypten war die Schwierigkeit, eine Herde von Schweinen über arides Land zu treiben, einer der Gründe, warum Schweine in der zentral gesteuerten Lebensmittelverteilung keine Rolle spielten. Es gibt trotzdem über die Jahrtausende Belege für Schweinetriebe über hunderte Kilometer. Im römischen Reich dagegen war man darauf angewiesen, dass Schweineherden über lange Distanzen getrieben wurden, um Rom mit Schweinefleisch zu versorgen. Die Schweine kamen aus den bewaldeten Regionen Kampaniens, Samniums und Lucianas.[14] Die Schweine verloren während des Triebes erheblich an Gewicht, so dass zusätzliche Mittel bereitgestellt werden mussten, um diesen Gewichtsverlust auszugleichen.

In der Neuzeit hatte der Schweinetrieb vor allem in den jungen Vereinigten Staaten eine große Bedeutung. Der Historiker Essig schätzt ihn als nicht weniger bedeutend ein als den Rindertrieb von Texas nach Kansas.[18] Bei diesem Viehtrieb wurden zwar jährlich bis zu 600.000 Rinder langsam nach Norden getrieben, das aber hatte eine Bedeutung nur über einen Zeitraum von 15 Jahren. Die Einführung des Stacheldrahts führte innerhalb sehr kurzer Zeit dazu, dass er nicht mehr wirtschaftlich möglich war.[19] Beim Schweinetrieb in den Vereinigten Staaten wurden dagegen in Hochzeiten mehrere hunderttausend Schweine nach Südosten getrieben, und einige der Routen bestanden über fast ein Jahrhundert.

Vorurteile

Hausschwein in einer Suhle. Schweine senken so bei hohen Temperaturen ihre Körpertemperatur

Schweine werden in der Umgangssprache regelmäßig als dumm und dreckig bezeichnet. Verschiedene Untersuchungen legen weder das eine noch das andere nahe. Schweine, die in ausreichend weitläufigen Ställen gehalten werden, nutzen generell eine Ecke als Kotecke. Ihr Suhlen in feuchtem Schlamm ist eine angeborene Verhaltensweise, die der Reinigung dient, bei hohen Temperaturen ihre Körpertemperatur senkt und sie vor Sonnenbrand schützt. Schweine haben keine Schweißdrüsen.[20]

Auch das Vorurteil geringer Intelligenz trifft auf Schweine nicht zu. Untersuchungen an der Pennsylvania State University haben ergeben, dass Schweine mit einem Joystick im Maul an einem Monitor Erkennungsaufgaben sehr gut lösen können. Man geht davon aus, dass ihre kognitiven Fähigkeiten durchaus mit denen mancher Primaten vergleichbar sind.[20][21]

Es gibt immer wieder Berichte über Schweine, die vergleichsweise hohe Intelligenz zeigen.[22]

Das Schwein in Religion und Mythologie

Negative Besetzung

Sowohl im jüdischen als auch im islamischen Speisegesetz gilt Schweinefleisch als unrein und darf nicht gegessen werden. Als Ursprung dieser Speisegesetze gilt die in Mesopotamien und im Alten Ägypten entstandene Einordnung des Schweines als unreines Tier, die etwa im 8. Jahrhundert im 3. und 5. Buch Mose kodifiziert wurde und darüber auch die Speisegesetze des Islams prägte. Die Theorie, dass die Trichinellose der ausschlaggebende Grund für das Verbot des Schweinefleischverzehrs war, gilt heute einhellig als überholt. Sie kam nach 1859 auf, als Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen Trichinella spiralis und rohem oder nicht durchgekochtem Schweinefleisch bewiesen. Es ist nicht gesichert, dass dieser Parasit im antiken Palästina überhaupt existierte, und wegen der langen Dauer zwischen dem Verzehr von infiziertem Schweinefleisch und einer Erkrankung gilt es als weitgehend ausgeschlossen, dass dieser Schluss gezogen wurde und zu dem Verbot führte[23]. Dagegen ist vorstellbar, dass das Schwein wegen seiner Eigenart als Allesfresser, der auch vor Kadavern nicht haltmacht, verbunden mit den ortsüblichen Begräbnissitten (nur in Leichentüchern und ohne Sarg) als Leichenfresser in Verruf kam, so dass Menschen, die Schweinefleisch aßen, sich des indirekten Kannibalismus schuldig machen konnten. Weiterhin wird vermutet, dass das Schwein wegen der zunehmenden Entwaldung des vorderen Orients immer mehr zum Nahrungskonkurrenten des Menschen wurde, da es nicht wie die Wiederkäuer von Gras leben kann und zudem viel mehr Wasser und Schatten benötigt als diese.

Die Speisegesetze haben zur Folge, dass für etwa ein Viertel der Weltbevölkerung der Verzehr von Schweinefleisch zumindest religiös untersagt ist.[11] In vielen islamischen Staaten ist der Import oder Konsum auch rechtlich verboten bzw. stark eingeschränkt. Für das Judentum entwickelten sich die Speisegesetze zu einem identitätsstiftenden Merkmal. Das Judentum hatte seit 70 n. Chr. kein religiöses Zentrum und keinen eigenen Staat mehr. Die Rabbinen schufen allein mit der Halacha, dem Religionsgesetz, die Voraussetzung dafür, dass sich Juden, egal in welchem Land sie lebten, egal welche Sprache ihre Muttersprache war, als ein zusammengehöriges „Volk“ verstehen konnten.

Das jüdische Schweinefleisch-Verbot ist auch im Alten Testament der Bibel enthalten. Die meisten christlichen Kirchen betrachten es jedoch wegen Röm 14,3ff EU nicht als verbindlich. Paulus schreibt dort: „Wer Fleisch isst, tut es zur Ehre des Herrn; denn er dankt Gott dabei. Wer kein Fleisch isst, unterlässt es zur Ehre des Herrn, und auch er dankt Gott. [...] Auf Jesus, unseren Herrn, gründet sich meine feste Überzeugung, dass an sich nichts unrein ist; unrein ist es nur für den, der es als unrein betrachtet.“ Zu den Ausnahmen zählt unter anderem die äthiopisch-orthodoxe Kirche. Für Hindus gilt es mit Ausnahme der unteren Kasten.

Positive Besetzung

Bereits für die germanischen Völker war insbesondere der Eber ein heiliges Tier. Der Wagen des Gottes Freyr wird vom Eber Gullinborsti gezogen. Das Schwein ist ein Zeichen für Wohlstand und Reichtum, da es als Symbol der Fruchtbarkeit und Stärke gilt. Als Glücksbringer hat es sich in Deutschland bis heute gehalten. „Schwein haben“ ist eine Redensart und bedeutet „Glück haben“.

In der chinesischen Astrologie ist das Schwein ein Erdzweigsymbol. Ihm zu Ehren wurde unter anderem das Saha Chat-Denkmal in Bangkok, Thailand, errichtet.

Siehe auch

Literatur

  • Mark Essig: Lesser Beasts: A Snout-to-Tail History of the Humble Pig. Basic Books, 2015, ISBN 978-0-465-05274-5.
  • Ingo König, Ingeborg Tschinkel, Heinz Scheller: Schweinebesamung. Biologie, Technik, Organisation. Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin 1971.
  • Lyall Watson: „The whole hog“. Exploring the extraordinary potential of pigs. Profile Books, London 2004, ISBN 1-86197-736-0.
  • Gustav Adolf Henning, Fotos: Georg Fischer: Schweine: Der große Wurf. In: Geo-Magazin. Hamburg 1979,5, S.112-132. Informativer Erlebnisbericht mit vielen Details über Zucht und Verwertung der Hausschweine. ISSN 0342-8311

Weblinks

Commons: Hausschwein - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wiktionary: Hausschwein – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wiktionary: Schwein – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Jürgen Weiss u. a.: Tierpflege in Forschung und Klinik. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-8304-1077-5.
  2. Artikel Hogs in The Cambridge World History of Food, ed. by Kenneth F. Kiple
  3. Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 2: Out of the Wild, Ebook-Position 561
  4. Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 2: Out of the Wild, Ebook-Position 577.
  5. Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 3: The Pig is Impure, Ebook-Position 596.
  6. Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 3: The Pig is impure, Ebook-Position 602.
  7. 7,0 7,1 Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 3: The Pig is impure, Ebook-Position 609.
  8. Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 3: The Pig is impure, Ebook-Position 628.
  9. Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 3: The Pig is impure, Ebook-Position 644.
  10. Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 3: The Pig is impure, Ebook-Position 705.
  11. 11,0 11,1 Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 3: The Pig is impure, Ebook-Position 740.
  12. 12,0 12,1 Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 5: Monstrosities of Luxury, Ebook-Position 886.
  13. Homer, Odyssee 13, 187 – 16, 321; Bibliotheke des Apollodor, Epitome 7, 26–32.
  14. 14,0 14,1 Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 5: Monstrosities of Luxury, Ebook-Position 921.
  15. Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 5: Monstrosities of Luxury, Ebook-Position 948.
  16.  David S. Potter: The Roman Empire at Bay. Routledge, London – New York 2004, ISBN 0-415-10057-7, S. 13–15.
  17. Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 12: Twenty Bushels of Corn on Four Legs, Ebook-Position 2056.
  18. Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 12: Twenty Bushels of Corn on Four Legs, Ebook-Position 2064.
  19. Reviel Netz: Barbed Wire: An Ecology of Modernity. Wesleyan University Press, Middletown 2004, ISBN 978-0-8195-6959-2, S. 22
  20. 20,0 20,1 Elise Titia Gieling, Rebecca Elizabeth Nordquist, Franz Josef van der Staay : Assessing learning and memory in pigs. In: Animal Cognition. Bd. 14, Nr. 2, 2011, ISSN 1435-9448, S. 151–173, doi:10.1007/s10071-010-0364-3, PMID 21203792, PMC 3040303 (freier Volltext), (Open Access).
  21. Birgitte Kornum, Gitte M. Knudsen: Cognitive testing of pigs (Sus scrofa) in translational biobehavioral research. In: Neuroscience and biobehavioral reviews. Bd. 35, Nr. 3, Januar 2011, ISSN 1873-7528, S. 437–451, doi:10.1016/j.neubiorev.2010.05.004, PMID 20553757, (Review).
  22. Keller Breland, Marian Breland: A field of applied animal psychology. In: The American psychologist. Bd. 6, Nr. 6, Juni 1951, ISSN 0003-066X, S. 202–204, doi:10.1037/h0063451, PMID 14847139.
  23. Mark Essig: Lesser Beasts. Kapitel 4: Of Their Flesh Shall Ye not Eat, Ebook-Position 763.


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Hausschwein aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.