Monadologie

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Manuskriptseite der Monadologie
Quentin Massys (1466–1530): Le prêteur et sa femme (Ausschnitt)

Die Monadologie (von griechisch μονάς monás „Eins“, „Einheit“) ist die von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646—1716) begründete Monadenlehre und Titel des Werkes von 1714, in dem er diese in 90 Paragraphen darlegt. Die dort erläuterte Monadologie ist die Lehre von den Monaden oder einfachen Substanzen bzw. letzten Elementen der Wirklichkeit und ist das zur Lösung metaphysischer Probleme dienende Kernstück der Philosophie Leibniz’.[1]

Dabei ist zu bemerken, dass das Werk keine umfassende Darstellung von Leibniz’ philosophischem System als solchem bietet und als solches auch von ihm nicht zur Veröffentlichung vorgesehen worden war.[2] Vielmehr verfasste Leibniz den Text mit dem Ziel, die metaphysische Komponente seines philosophischen Systems dem Gelehrtenkreis um den französischen Platoniker Nicolas François Rémond darzulegen. Den Text ließ Leibniz Rémond im Juli 1714 unter dem Titel Eclaircissement sur les Monades zukommen. Der deutsche Titel Monadologie wurde von Heinrich Köhler in seiner ersten Übersetzung ins Deutsche aus dem Jahre 1720 gewählt.[3]

Inhalt

Die Urmonade ist Gott; alle anderen Monaden sind ihre Erzeugnisse; sie können nur von Gott vernichtet oder erschaffen werden und nicht von selbst entstehen oder vergehen. Die Welt besteht aus Aggregaten von vielen Monaden, die alle voneinander verschieden und jedoch insofern gleichsam als Entelechien autonom tätig sind, als sie Appetit auf und die Fähigkeit zur Perzeption aufweisen (Prinzip der Vielheit in der Einheit). Perzeptionen sind prinzipiell nicht durch bloß mechanische Gründe erklärbar: Selbst wenn man eine Maschine bauen könnte, die zu Perzeptionen befähigt wäre und die man betreten könnte, würde man im Inneren nur sich stoßende Teile vorfinden, niemals aber eine Erklärung für eine Perzeption. Der Vorgang der Perzeption gleiche dem Vorgang in einer Mühle: „Dies vorausgesetzt, würde man, in dem man sie von innen besichtigt, nur Teile finden, die sich gegenseitig stoßen, und niemals etwas, das eine Perzeption erklären könnte.“[4] Perzeption ist der bloße Vorgang der fortwährenden Wahrnehmung selbst.

Jede Pflanze, jedes Mineral, ja jeglicher Materiepartikel (bis ins unendlich Kleinste, die Monade selbst) ist ein Körper mit (kontingent) dazugehöriger Monade mit je unterschiedlichen Graden unbewusster Vorstellungen (der Maßstab, nach dem alle Monaden voneinander verschieden sind); Monaden als Tierseelen haben Empfindung und Gedächtnis. Die menschliche Seele (Geist) ist ebenfalls eine Monade, und unterscheidet sich nur insofern von den Tieren, als sie (qua Satz vom zureichenden Grund und Satz vom Widerspruch) vernunftbegabt ist. Außerdem kommt zu den Perzeptionen und Appetitionen in der menschlichen Seele noch die Apperzeption hinzu – Selbstwahrnehmung bzw. Selbstbewusstsein – und Einsicht in die notwendigen und ewigen Wahrheiten, womit eine mögliche Vorstellung von Gott selbst verbunden ist (Leibniz verbindet hiermit auch eine Disposition der Menschen (bzw. Geister) zum sozialen Zusammenschluss in der moralischen Welt des Gottesstaates).

Jede Monade kreist in sich – nichts kommt aus ihr heraus und nichts in sie hinein: Sie „[…] haben keine Fenster, durch die irgend etwas ein- oder austreten könne“, weshalb sie auch keine Wirkung aufeinander ausüben können, wiewohl sie aber jede für sich „[…] ein immerwährender lebendiger Spiegel des Universums“ sind. Jede Monade drückt wie ein lebendiger Spiegel aus ihrer Perspektive die ganze Welt aus, je nach Seinsstufe. Allerdings perzipiert sie, bis auf Gott, der für vollständige Proportionalität gesorgt hat, das Universum nie vollständig in aller Deutlichkeit, da sie den ihr zugehörigen Körper stets deutlicher vorstellt als den Rest.

Der Zusammenhang der Monaden wird durch die Theorie der prästabilierten Harmonie gewährleistet, qua derer Gott die Vollkommenheit der Monaden (allerdings gleichsam vom Anbeginn der Dinge an und für alle Zeiten) miteinander vergleicht, aus der sich ihr Wirkungsgrad aufeinander ableitet: Je vollkommener, d. h. umso mehr Realität ein Geschöpf innehat, desto mehr Gründe gibt es qua seiner Natur a priori, dass es Wirkung auf ein anderes Geschöpf ausübt. In synchroner Weise sind die zugehörigen Monaden tätig, wenn sie deutliche Perzeptionen haben und leiden, wenn sie verworrene Perzeptionen haben.

Nur Gott hat adäquate und vollsachliche monadologische Vorstellungen, da er, als höchste und absolut vollkommene Substanz („Ursprüngliche Einheit“ bzw. „Ursubstanz“), auch das Höchstmaß an Realität in sich hat, die durch nichts begrenzt wird. Gott ist auch die einzige Macht, die über das Sein der Monaden bestimmt: Da Monaden aufgrund ihrer Einfachheit nicht dem natürlichen Entstehen und Vergehen der aus Teilen zusammengesetzten Körper unterworfen sind, können sie nur durch Schöpfung entstehen und nur durch Vernichtung vergehen.

Ausgaben

  • Gottfried Wilhelm Leibniz: Lehr-Sätze über die Monadologie, ingleichen von Gott und seiner Existentz, seinen Eigenschafften und von der Seele des Menschen etc. wie auch Dessen letzte Vertheidigung seines Systematis Harmoniae praestabilitae wider die Einwürffe des Herrn Bayle. Aus dem Französischen übersetzt von Heinrich Köhler. Meyers sel. Witwe Buchhandlung in Jena, Frankfurt und Leipzig 1720.
  • G. W. Leibniz: Monadologie (Französisch/Deutsch). Übersetzt und herausgegeben von Hartmut Hecht, Reclam, Stuttgart 1998, ISBN 3-15-007853-9.
  • Nicholas Rescher: G. W. Leibniz's Monadology. An Edition for Students. Pittsburgh 1991, ISBN 0-8229-5449-4 (Französischer Text, englische Übersetzung, Parallelstellen in anderen Werken und Kommentar).

Einzelbelege

  1. Vgl. P. Prechtl (Hrsg.): Philosophie. Metzler kompakt, Stuttgart 2005, S. 121.
  2. Hubertus Busche: Einführung. In: Hubertus Busche (Hrsg.): Gottfried Wilhelm Leibniz. Monadologie. Akademie-Verlag, Berlin 2009, S. 1–35, hier: S. 3.
  3. Hubertus Busche: Einführung. In: Hubertus Busche (Hrsg.): Gottfried Wilhelm Leibniz. Monadologie. Akademie-Verlag, Berlin 2009, S. 1–35, hier: S. 3f.
  4. G. W. Leibniz: Monadologie. § 17.

Literatur

  • W. Abraham: Monads and the Empirical World. In: Studia Leibnitiana Supplementa. Nr. 21, 1980, S. 183–99.
  • Johannes Bronisch: Der Mäzen der Aufklärung. Ernst Christoph von Manteuffel und das Netzwerk des Wolffianismus. De Gruyter, Berlin, New York 2010 (Frühe Neuzeit 147) (darin besonders S. 232–305: Der Wolffianismus und Manteuffel im Monadenstreit 1746–1748).
  • J. Earman: Perceptions and Relations in the Monadology. In: Studia Leibnitiana. Nr. 9, 1977, S. 212–30.
  • M. Furth: Monadology. In: Philosophical Review. Nr. 76, 1967, S. 169–200; Wiederabdruck in H. G. Frankfurt (Hrsg.): Leibniz. A Collection of Critical Essays. University of Notre Dame Press, Notre Dame 1976.
  • J. Mittelstrass: Monade und Begriff. In: Studia Leibnitiana. Nr. 2, 1970, S. 171–200.
  • F. Monadori: Solipsistic Perception in a World of Monads. In: M. Hooker (Hrsg.): Leibniz. Critical and Interpretive Essays, Minneapolis 1982, S. 21–44.
  •  Hubertus Busche (Hrsg.): Gottfried Wilhelm Leibniz. Monadologie. In: Klassiker auslegen. 34, Akademie Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-05-004336-4 (Enthält Arbeiten in deutscher und englischer Sprache).

Weblinks

Commons: Monadology - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema


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