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Nikolaus I. (Papst)
Papst Nikolaus I. (* 820 in Rom; † 13. November 867 ebenda), auch bekannt als Nikolaus der Große, war einer der einflussreichsten Päpste des 9. Jahrhunderts und eine wichtige Figur in der Geschichte der katholischen Kirche. Sein Pontifikat erstreckte sich von 858 bis 867, und während dieser Zeit spielte er eine entscheidende Rolle bei der Festigung der kirchlichen Autorität und der Verteidigung des katholischen Glaubens.
Leben
Geboren wurde Nikolaus im Jahr 800 in Rom und wuchs in einer wohlhabenden und angesehenen Familie auf. Er erhielt eine ausgezeichnete Bildung und entwickelte früh eine tiefe Religiosität. Im Jahr 850 wurde er zum Papst gewählt, und sein Pontifikat begann in einer Zeit großer Herausforderungen für die Kirche und das Papsttum.
Eine der bedeutendsten Aufgaben von Papst Nikolaus I. war die Verteidigung der Kirche gegenüber den verschiedenen politischen und religiösen Kräften, die damals in Europa am Werk waren. In seinem Bemühen, die kirchliche Autorität zu stärken, betonte er die Autorität des Papstes als den höchsten religiösen Führer der Christenheit und setzte sich gegenüber weltlichen Herrschern für die Unabhängigkeit der Kirche ein. Diese Standhaftigkeit trug dazu bei, die Position des Papsttums in der Christenheit zu festigen und seine Rolle als spirituelles Oberhaupt zu unterstreichen.
Papst Nikolaus I. war auch maßgeblich an der Lösung von theologischen Kontroversen seiner Zeit beteiligt. Insbesondere setzte er sich für die orthodoxe Lehre von der Dreifaltigkeit ein und verurteilte die Irrlehren des Patriarchen Photios von Konstantinopel. Dies trug dazu bei, die Einheit der katholischen Kirche zu wahren und die Verbreitung von Häresien zu verhindern.
Ein weiteres wichtiges Anliegen von Papst Nikolaus I. war die Förderung der Missionstätigkeit der Kirche. Er unterstützte die Verbreitung des Christentums in verschiedenen Teilen Europas und förderte die Bildung von Bistümern und Diözesen, um die kirchliche Struktur zu stärken.
Nikolaus der Große war auch ein Mann der Nächstenliebe und der Wohltätigkeit. Er setzte sich für die Armen ein und gründete Suppenküchen und Krankenhäuser für Bedürftige. Seine Mildtätigkeit und sein soziales Engagement machten ihn zu einer beliebten Figur nicht nur unter den Gläubigen, sondern auch in der gesamten Bevölkerung Roms.
Papst Nikolaus I. verstarb im Jahr 867, aber sein Erbe und seine Lehren leben in der katholischen Kirche bis heute weiter. Seine Bemühungen zur Festigung der kirchlichen Autorität, zur Verteidigung des Glaubens und zur Förderung der Nächstenliebe haben die Kirche in einer kritischen Zeit gestärkt und ihre Präsenz in der Welt gefestigt.
Der geistige Hintergrund seines Wirkens
Rudolf Steiner hat die Bedeutung von Nikolaus I. für die Entwicklung der dogmatischen Glaubensvorstellungen wie folgt beschrieben:
„Von ganz besonderer Bedeutung ist es, daß mit dem 9. Jahrhundert von Rom aus und mitbewirkt durch die Trennung vom orientalischen Christentum, in ganz eminenter Weise nun mit den europäischen Volkselementen, Volksverhältnissen gerechnet worden ist, als unter Nikolaus I., dem großen Papste, der Orient anfing, sich innerhalb des christlichen Elementes zu trennen von dem Abendlande.“ (Lit.: GA 180, S. 302)
„Ich möchte sagen, ein Knotenpunkt historischer Entwickelung innerhalb Europas, an dem man außerordentlich viel sehen kann von dem, was später bedeutend und einschneidend geworden ist, ein solcher Knotenpunkt europäischer Entwickelung ist die Regierungszeit des Papstes Nikolaus I., etwa in der Mitte des 9. Jahrhunderts, gewesen. Nikolaus I., er regierte von 858 bis 867, war jener römische Papst, der vor seiner Seele drei geistige Strömungen stehen sah, die, ich möchte sagen, wie große Fragezeichen der Zivilisation vor ihm auftraten.
Die eine Strömung bewegte sich wie in einer Art geistiger Höhe von Asien herüber nach Europa. Wir können sagen: diese Strömung setzt in einer sehr modifizierten, veränderten Form orientalische Religionserkenntnisse über den Süden von Europa, über den Norden von Afrika fort nach Spanien, nach Frankreich, nach den Britischen Inseln, aber namentlich nach Irland. Nehmen wir also ihren Ausgangspunkt an etwa von den arabischen Gegenden Asiens. Dann zieht sie herüber über Griechenland, Italien, aber auch über Afrika nach Spanien hinein und über den Westen herauf, aber verschiedentlich ihr Wesen auch nach dem übrigen Europa ausstrahlend.
Diese Strömung spricht sich wenig in dem aus, was als äußerliche Geschichte erzählt wird. Diese Strömung, die eigentlich ungeheuer vieles enthält, wollen wir heute nur nach zweien ihrer Eigentümlichkeiten charakterisieren. Das eine, das in ihr lebt, ist etwas, was man nennen könnte eine esoterische Auffassung des Mysteriums von Golgatha. Ich habe Sie öfters darauf aufmerksam gemacht, wie diejenigen Persönlichkeiten, die noch Reste der alten, vor dem Mysterium von Golgatha liegenden Initiationserkenntnisse bewahrt hatten, das Mysterium von Golgatha aufgefaßt haben. In der Bibel selbst ist das in der Erscheinung der drei Magier oder Könige aus dem Morgenlande zu erkennen, die aus dem Geheimnis der Sternenwelt heraus das Christus-Ereignis erahnen und suchen, die also vorzugsweise zu denjenigen gehören, denen die irdische Persönlichkeit des Jesus von Nazareth weniger bekannt war, denen vor allen Dingen die Tatsache wichtig war, daß eine geistige Wesenheit, der Christus, heruntergestiegen war aus geistig-seelischen Welten, in dem Leibe des Jesus von Nazareth Wohnung genommen hatte und einen Impuls auf die fernere Erdenentwickelung ausüben sollte. Ganz übersinnlich schauten diese Menschen das Ereignis von Golgatha an, und diese übersinnliche Anschauung konnte nur in solchen Seelen stattfinden, die noch die alten Initiationsprinzipien bewahrten. Denn mit Hilfe dieser Initiationsprinzipien ließ sich so etwas verstehen, was ja innerhalb der natürlichen und der historischen Erdenwelt nicht verstanden werden kann. Innerhalb dieser Initiationsprinzipien ließ sich dieses rein übersinnliche Ereignis verstehen.
Es wurde aber im Verlaufe der Zeiten immer schwieriger, diese alten Initiationsprinzipien festzuhalten, und so wurde es immer weniger möglich, sich überhaupt auszudrücken, wenn man sagen wollte, wie der Christus aus überirdischen Welten heruntergestiegen ist und das Mysterium von Golgatha so vollendet hat, daß seine Wirkung durch die geschichtliche Erdenentwickelung fortdauert. Die Menschen hatten einfach keine Möglichkeit, ihre Begriffe so auszubilden, ihre Ideen so zu gestalten, daß sie in einer ideellen Form hätten Worte finden können, um zu sagen, was durch den Christus mit Hilfe des Mysteriums von Golgatha geschehen ist.
Und so war man immer mehr und mehr genötigt, um dieses Geheimnis auszudrücken, zu bildhaften Darstellungen zu greifen. Eine solche bildhafte Darstellung ist die Erzählung von dem Heiligen Gral, von jener kostbaren Schale, von der einerseits gesagt wird, daß in ihr der Christus Jesus mit seinen Aposteln das Abendmahl genommen hat, und andererseits, daß es dieselbe Schale sei, mit der der römische Kriegsknecht unter dem Kreuze das Blut des Erlösers aufgefangen hat. Diese Schale wird dann von Engeln nach dem Montsalvatsch getragen. Sie sehen, es wird da auf Übersinnliches angespielt, und man stammelt, was alte Initiierte noch in konturierten Begriffen hätten ausdrücken können und was man jetzt nur noch ausdrücken konnte, indem man zu Bildern griff. Engel trugen also diese Schale herüber nach dem spanischen Berge Montsalvatsch, wo sie von dem erhabenen König Titurel empfangen wurde, der dieser Schale einen Tempel gründete, den dann die Ritter des Heiligen Grals bewohnten, um so zu bewachen und zu bewahren, was eigentlich der Hort des Fortwirkens jenes Impulses ist, der von dem Mysterium von Golgatha ausgegangen war.
So haben wir, ich möchte sagen, in ein Geheimnisvolles auslaufend, eine tief esoterische Strömung. Wir sehen auf der einen Seite, wie diese Strömung in Asien drüben Schulen begründet, die den alten griechischen Philosophen Aristoteles studieren, die dort mit Hilfe der griechischen Begriffe des Aristoteles das Ereignis von Golgatha verstehen wollen. Wir sehen, wie aus der europäischen Zivilisation heraus später in einer Dichtung wie im «Parzival» versucht wird, in bildhafte Worte zu fassen, was in dieser Strömung lebte. Wir sehen, wie in den Lehren, die namentlich in den Schulen Irlands auftreten, all das durchschimmert, was in dieser Strömung lebt. Wir sehen, wie in diese Strömung hineingegossen ist das Beste, was von den Arabern gekommen ist, wie da aber zu gleicher Zeit ein fremdes Element durch die Araber hineinkommt, das in Asien drüben durch das türkische Element noch ganz besonders vergröbert und verbarbarisiert wird.
Welchen Charakter diese Strömung hier durch die Araber annahm, durch den immer weiteren Fortgang vom Osten nach dem Westen, das wollen wir gleich nachher erörtern, wenn wir die andern Strömungen haben auf uns wirken lassen. Aber wenn wir den Grundcharakter dieser Strömung angeben wollen, so müssen wir ihn etwa so charakterisieren: Diejenigen, die irgendwie innerhalb dieser Geistesströmung lebten, die sahen eigentlich alles Heil darin - und man kann das noch nachklingen hören in der Parzival-Dichtung des Wolfram von Eschenbach -, von dem Sinnlichen aus sich hinaufzuheben ins Übersinnliche, also eine Art von wenigstens annäherndem Schauen der übersinnlichen Welten zu haben, den Menschen an den übersinnlichen Welten Anteil nehmen zu lassen, ihn wissen zu lassen, daß seine Seele einer Strömung angehört, die nicht unmittelbar wahrgenommen werden kann, wenn man die Sinne auf die irdischen Ereignisse richtet. Das war das Eigentümliche: dieses Hinaufschauen in überirdische, in übersinnliche Regionen, dieses Empfinden, daß der Mensch, wenn er ein vollständiger Mensch sein will, Welten angehören müsse, die gewissermaßen über dem Sinnlich-Natürlichen dahinschweben, in denen Ereignisse geschehen, die sich dem äußeren Auge so verbergen wie die Taten der Gralsritter. Für das äußere Auge sollte das Geheimnis nicht zu schauen sein, das innerhalb dieser Strömung dahinflutete. Das war die eine Strömung, die im 9. Jahrhundert nur ganz leise, aber doch als etwas Feindliches wahrgenommen wurde innerhalb des Rom, in dem Nikolaus I. dazumal Papst war. Es war schon in Rom vollständig die Stimmung vorhanden, diese Strömung als eine feindliche zu betrachten, als eine solche, welche eigentlich den abendländischen Menschen unheilsam ist, wenn sie sich ihr hingeben. Nichts Esoterisches und nichts, was auch nur vom Esoterischen herstammt, sollte innerhalb des Religiösen und des Erkenntnislebens in Europa sein.
Es war ganz ohne Zweifel das erste, aber auch das furchtbarste Fragezeichen gerade für Nikolaus I., denn er empfand noch das Grandiose des spirituellen Lebens in dieser Strömung, die ja schon seit dem 3., 4. Jahrhundert stark verglommen war - man hatte sogar in Italien eine Gesellschaft zur Ausrottung aller spirituellen Erkenntniswege begründet -, die aber dennoch auf mancherlei geheimnisvollen Wegen in die Herzen der Menschen hereinleuchtete und sich da und dort zeigte. Was da oftmals aus geheimnisvollen Untergründen des welthistorischen Geschehens durchbrach in den Erlebnissen der Menschenseelen, das klagte man der Ketzerei an. Man hatte auch das Gefühl, daß sich allmählich das römisch-lateinische Wesen so entwickelt hatte, daß es in seinen Begriffen, die sich immer mehr aus der früheren griechisch-orientalischen Innigkeit zu der römisch-lateinischen Rhetorik, also zu einer gewissen Äußerlichkeit, gebildet hatten, nicht mehr aufnehmen konnte, was da noch von verglimmender Esoterik lebte. Auf der andern Seite aber war wiederum das Aufleben im einzelnen Menschen und in einzelnen Gemeinschaften, die man als Sekten denunzierte, doch ein außerordentlich Mächtiges.
Das zweite Fragezeichen, das in welthistorischer Beziehung vor Nikolaus I. stand, war dieses, daß er nach allem, was die katholischchristliche Kirche bis dahin an Erfahrungen gesammelt hatte, die Bevölkerung des europäischen Abendlandes für nicht geeignet halten mußte, die hochgeistige Spannung zu ertragen, die in den Seelen bewirkt wird, wenn sie sich in der geschilderten Weise zu einem spirituell-esoterischen Erfassen hinaufranken sollen. Man möchte sagen, in der Seele dieses Nikolaus I. lagerte sich ab der große Zweifel: Was soll werden, wenn zuviel von dieser esoterisch-spirituellen Strömung in europäische Seelen hineinkommt?
Im Orient selbst verwirrte sich immer mehr und mehr, was da vorhanden war. Eigentlich am reinsten hielt sich diese eine Strömung, die sich bis nach Irland hinein erstreckte, und in Irland waren wirklich eine Zeitlang spirituelle Schulen, welche die heiligen Geheimnisse dieser Strömung in einer hohen Reinheit bewahrten.
Nun aber sagte sich Nikolaus I.: Für die europäische Bevölkerung taugt das nichts. - Er wollte im Grunde genommen nur dasselbe, was in einer etwas andern Weise schon Bonifatius gewollt hatte, der es als eine europäische Eigentümlichkeit angesehen hatte, daß die europäische Bevölkerung nicht geeignet sei, das spirituelle Leben in die Seelen aufzunehmen. Und so stellt sich denn das Eigentümliche heraus, daß im Orient der eigentliche esoterische Gehalt abschmolz. Die Menschen im Orient, auch im europäischen Orient nach dem heutigen Rußland herein, konnten ihre Seelen nicht zusammenbringen mit diesem esoterisch-spirituellen Gehalt. Sie hatten aber ein Empfinden dafür, insofern solche Empfindungen nicht von den heranrückenden turanischen Bevölkerungen gründlich ausgerottet wurden, die dann eben sich als die Türken offenbarten. Es hatten diese Menschen des Ostens ein dumpfes, stumpfes Gefühl davon, daß alles das, was hohe Esoterik ist und vom Menschen mit seinem heranrückenden Intellekt nicht erfaßt werden kann, im Kultus strömt und flutet, aber nur dann, wenn der Kultus zu gleicher Zeit einen äußerlich realen Mittelpunkt, gewissermaßen ein geographisches Zentrum hat.
So entstand im Osten von Europa, wo das eigentlich EsoterischSpirituelle vergessen wurde, die Hinneigung zum Kultus, verbunden aber mit einem ungeheuren Hängen an dem, was man als den Mittelpunkt des Kultus empfand, mit einem Hängen an dem Grab des Erlösers. Da an dem Grab des Erlösers in Jerusalem war die Stätte, wo der Erlöser mit seinen Aposteln zusammen das Abendmahl zuerst gefeiert hatte, jenes Abendmahl, das dann in seiner weiteren Metamorphose zu dem Tode auf Golgatha geworden war, sich durch den Tod auf Golgatha erst erfüllt hatte, und das dann fortlebte in der Mittelpunktszeremonie, in dem Meßopfer und in dem übrigen Zeremoniell. Und indem man gewissermaßen sich von dem eigentlichen Spirituellen entfremdete, weil man nicht hinaufgelangte bis zum esoterischen Erfassen, hing man mit dem Herzen an dem Kultus und an dem, womit dieser Kultus äußerlich zusammenhing, an dem Grab des Erlösers, an der Stätte in Jerusalem. Das Pilgern nach Jerusalem sollte, ich möchte sagen, krönen die zeremoniellen Festlichkeiten, die an jenen Orten begangen werden konnten. All die Zeremonien mit ihren Ritualien, die an den einzelnen Orten begangen werden konnten, sollten für den einzelnen Menschen die Krönung finden dadurch, daß er gewissermaßen das, was er im Abbilde, im Zeremoniell erlebte, dann mit seinem Herzen durchdrang, indem er selber einmal hinpilgerte zu dem Grabe des Erlösers.
[...]
Je weiter man daher in der Zeit des Papstes Nikolaus I. vorrückte, um so mehr sah man im Osten eine innige, herzliche Verehrung des Kultus und ein inniges, herzliches Hängen an dem Zusammenwirken des Kultus und alles dessen, was man am Kultus erleben, empfinden konnte, mit dem, was man dann als die Krönung dieser Empfindungen, gewissermaßen als die größte Kultushandlung empfand: das Hinpilgern zu dem Heiligen Grabe. Wenn man von dem Rom des 9. Jahrhunderts, von dem Rom des Papstes Nikolaus I. nach Osten hinübersah, da sah man das eine, wovon sich Nikolaus I. und seine Ratgeber sagten, daß das nicht für die europäische, nicht für die mittelund nicht für die westeuropäische Bevölkerung tauge. Diese mittelund diese westeuropäische Bevölkerung habe zuviel von dem in der Menschheitsentwickelung heranstürmenden Intellekt, um an dem bloßen, allerdings durch das Herz innig durchtränkten Anschauen des Zeremoniells und an dem Gange nach dem Heiligen Grabe zu hängen. Zuviel habe die europäische Menschheit von herauf kommendem Intellektualismus, um in einer solchen Weise ganz Mensch sein zu können. Man sah, daß das im Osten möglich ist, aber mutete es der Menschheit Mitteleuropas und des Westens nicht zu.
Auf der andern Seite sah man auch das erste Fragezeichen. Man sah es als eine ungeheure Gefahr an, wenn nach Europa herüberkommen sollte, was innerhalb dieser Strömung lag, die so viel von Esoterik, so viel von dem in sich hatte, was nun wirklich durch die spirituali- sierten Ideen eigentlich erst völlig begriffen werden kann. Und so möchte ich sagen: Wenn man von dem Rom des Papstes Nikolaus I. nach dem Westen hinüber Ausblick hielt, dann sah man Gefahr; blickte man nach dem Osten, sah man Gefahr. Im Osten sah man eine Strömung sich ausbreiten, die tief nach Europa hereinging - eigentlich eine Reihe von Strömungen -, die Strömung des esoterischen Kultus, im Gegensatz zu jener andern esoterischen Strömung. Mitteleuropa kann und darf nicht ergriffen werden, weder von der einen noch von der andern Strömung - so sagte man sich an dem päpstlichen Hofe von Nikolaus I. Was hat zu geschehen? Es muß dasjenige Gut, das die richtigen Angehörigen dieser esoterischen Strömung schauten, es muß dieses spirituelle Gut in dogmatische Formen gebracht werden. Man muß Worte, Sätze dafür haben, es muß ausgesprochen werden. Aber man muß die Menschen davor behüten, daß sie das Ausgesprochene schauen können, erkennen können.
Es entstand die Glaubensvorstellung. Es entstand die Vorstellung: man muß den Menschen, ohne ihnen die Möglichkeit des Schauens zu geben, in abstrakt-dogmatischer Form den Inhalt geben, an den sie glauben können. Und so entstand diese dritte Strömung, die Mittelund Westeuropa religiös und auch wissenschaftlich ergriff, die zunächst für den heranstürmenden Intellekt die Dogmen hatte, aber nicht so, daß diese Dogmen in Begriffe gefaßtes Schauen gewesen wären, sondern diese Strömung hatte die Dogmen so, daß sie ausgesprochen wurden. Das, was sie darstellten, schaute man nicht mehr, man sollte nur daran glauben.
Hätte diese esoterische Strömung, die bis nach Irland hineingereicht hat und da in den neueren Zeiten verglommen ist, sachgemäß verfolgt werden sollen, dann hätten die Menschen sich innerhalb ihrer einleben müssen in eine Vereinigung der Seele mit der spirituellen Welt. Denn im Grunde genommen war das, was in dieser esoterischen Strömung lebte, die große Frage: Wie gelangt der Mensch dazu, in der ätherischen Welt, im ätherischen Kosmos sich zurechtzufinden? - Denn die Schauungen, die auch das Geheimnis von Golgatha in der Art einschlossen, wie ich es gerade vorhin wiederum charakterisiert habe, bezogen sich auf das Ätherische des Kosmos. So daß man sagen konnte: Hier war die große Frage nach der Eigentümlichkeit des ätherischen Kosmos. Aber was sich auf den ätherischen Kosmos bezog, das wurde für die mittlere Strömung, für diejenige Strömung, die vorzugsweise in die Form des Lateinertums, bis tief ins Mittelalter hinein, gefaßt worden ist, zum dogmatischen Inhalt.“ (Lit.: GA 216, S. 125ff)
Siehe auch
- Nikolaus I. (Papst) - Artikel in der deutschen Wikipedia
Literatur
- Johannes Fried: Nikolaus I. In: Theologische Realenzyklopädie. Band 24. Berlin/New
- Anton Greinacher: Die Anschauungen des Papstes Nikolaus I. über das Verhältnis von Staat und Kirche., Walther Rothschild Berlin/Leipzig, 1909 (Dissertation)
- Rudolf Steiner: Mysterienwahrheiten und Weihnachtsimpulse. Alte Mythen und ihre Bedeutung, GA 180 (1980), ISBN 3-7274-1800-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Die Grundimpulse des weltgeschichtlichen Werdens der Menschheit, GA 216 (1988), ISBN 3-7274-2160-6 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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