Thomas Metzinger

Aus AnthroWiki
Thomas Metzinger (2010)

Thomas Metzinger (* 12. März 1958 in Frankfurt am Main) ist ein deutscher Philosoph und Professor für theoretische Philosophie an der Universität Mainz. Seine Hauptarbeitsgebiete sind die Philosophie des Geistes, die Wissenschaftstheorie der Neurowissenschaften und die Neuroethik.

Leben

Metzinger studierte Philosophie, Ethnologie und Theologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. 1985 promovierte er dort mit einer Arbeit über das Leib-Seele-Problem. 1992 habilitierte er sich an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. 2000 wurde Metzinger als Professor für Philosophie der Kognitionswissenschaft an die Universität Osnabrück berufen, wechselte jedoch noch im selben Jahr an die Universität Mainz.[1]

Metzinger hat die Association for the Scientific Study of Consciousness mitgegründet, war dort von 1995 bis 2008 Vorstandsmitglied und von 2009 bis 2011 Präsident. Von 2005 bis 2007 war er Präsident der deutschen Gesellschaft für Kognitionswissenschaft, ist Adjunct Fellow am Frankfurt Institute for Advanced Studies und Mitglied des Beirates der Giordano-Bruno-Stiftung. Von 2008 bis 2009 war er Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin.

Werk

Mit Hilfe philosophischer und kognitionswissenschaftlicher Methoden entwickelte er eine Theorie der „Selbstmodelle“, die die Einheit, Reflexivität und Intentionalität unseres Bewusstseins erklären soll. Teil dieses Programms ist auch eine repräsentationalistische Theorie der Subjektivität. Allgemein hat sich Metzinger seit vielen Jahren für die interdisziplinäre Öffnung der analytischen Philosophie des Geistes eingesetzt.

Metzinger gilt als einer der Philosophen, die am stärksten den Austausch der Philosophie mit den Neuro- und Kognitionswissenschaften suchen. So beschäftigt er sich etwa mit der philosophischen Interpretation der Suche nach neuronalen Korrelaten des Bewusstseins.

Im Jahr 2009 veröffentlichte er mit Der Ego-Tunnel eine Darstellung seiner Theorie, die den Anspruch erhebt, für Interessierte außerhalb der akademischen Philosophie und Wissenschaft zugänglich zu sein. Metzinger spricht hier auch von zahlreichen eigenen außerkörperlichen Erfahrungen und luziden Träumen, die er als Beipiele typischer gehirnerzeugter Illusionen nennt. In diesem Buch diskutiert er darüber hinaus die ethischen, kulturellen und sozialen Konsequenzen der Bewusstseinsforschung und ihrer Ergebnisse.

Ein weiterer Arbeitsbereich Metzingers ist die angewandte Ethik. Dort versucht er Ergebnisse der Anthropologie und der Philosophie des Geistes auf moraltheoretische Debatten anzuwenden. So entstand unter der Leitung von Thomas Metzinger ein zweisprachiges Webportal für Neuroethik mit fachspezifischer Bibliografie. Metzinger ist Verbundkoordinator einer Forschungsgruppe, die sich mit ethischen Fragestellungen im Zusammenhang mit Neuroenhancement („Gehirndoping“), herbeigeführt etwa durch Medikamente, die der Verbesserung kognitiver Fähigkeiten dienen sollen (sogenannte Nootropika), auseinandersetzt. Er ist ferner Initiator und Koordinator der MIND-Group, einer Gruppe von interdisziplinären Wissenschaftlern und Philosophen mit dem Ziel der Zusammenführung und gegenseitigen Ergänzung empirischer und philosophischer Ansätze bei der Erforschung des Bewusstseins.[2]

Literatur

Monografien

  • 1985: Neuere Beiträge zur Diskussion des Leib-Seele-Problems. Peter Lang, Frankfurt am Main, ISBN 3-8204-8927-4.
  • 1993: Subjekt und Selbstmodell. Die Perspektivität phänomenalen Bewußtseins vor dem Hintergrund einer naturalistischen Theorie mentaler Repräsentation. mentis, Paderborn, ISBN 3-89785-081-8 (online; PDF-Datei; 2,18 MB).
  • 2003: Being No One. The Self-Model Theory of Subjectivity. MIT Press, Cambridge, MA., ISBN 0-262-13417-9 (gebunden), ISBN 0-262-63308-6 (Taschenbuch). (online; PDF-Datei; 5,8 MB).
  • 2009: The Ego Tunnel. The Science of the Mind and the Myth of the Self. Basic Books, New York, ISBN 0-465-04567-7.
  • 2009: Der Ego-Tunnel. Eine neue Philosophie des Selbst: Von der Hirnforschung zur Bewusstseinsethik. Berlin Verlag, Berlin, ISBN 3-8270-0630-9 (als E-Book ISBN 978-3-8270-7037-1).
  • 2011: Being No One. The Self-Model Theory of Subjectivity. MIT Press, Cambridge MA (E-Book).

Herausgeberschaft

  • 1995: Bewußtsein. Beiträge aus der Gegenwartsphilosophie. mentis, Paderborn, ISBN 3-89785-012-5.
  • 1995: Conscious Experience. Imprint Academic, Thorverton und mentis, Paderborn, ISBN 0-907845-10-X.
  • 2000: Neural Correlates of Consciousness. Empirical and Conceptual Questions. MIT Press, Cambridge (MA), ISBN 0-262-13370-9.
  • 2006: Grundkurs Philosophie des Geistes, Band 1: Phänomenales Bewusstsein. mentis, Paderborn, ISBN 3-89785-551-8.
  • 2007: Grundkurs Philosophie des Geistes, Band 2: Das Leib-Seele-Problem. mentis, Paderborn, ISBN 3-89785-552-6.
  • 2010: Grundkurs Philosophie des Geistes, Band 3: Intentionalität und mentale Repräsentation. mentis, Paderborn, ISBN 978-3-89785-553-3 (Gesamtwerk: ISBN 978-3-89785-554-0).

Ausgewählte Artikel und Buchbeiträge

  • 2003: The emergence of a shared action ontology: building blocks for a theory, zusammen mit Vittorio Gallese. In G. Knoblich, B. Elsner, G. von Aschersleben, T. Metzinger (Hrsg.): Self and Action. Special issue of Consciousness & Cognition, S. 549–571.
  • 2003: Phenomenal transparency and cognitive self-reference. Phenomenology and the Cognitive Sciences, S. 353–393.
  • 2003: Phänomenale Transparenz und kognitive Selbstbezugnahme. In U. Haas-Spohn (Hrsg.): Intentionalität zwischen Subjektivität und Weltbezug. mentis, Paderborn, S. 411–459.
  • 2003: Why are identity-disorders interesting for philosophers? In: Thomas Schramme, Johannes Thome (Hrsg.): Philosophy and Psychiatry. de Gruyter, Berlin, S. 311–25. Diese Arbeit wurde mit dem Preis für Philosophie in der Psychiatrie 2006 der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) ausgezeichnet.
  • 2004: Précis: Being No One (ZIP; 6,6 MB). In PSYCHE – An Interdisciplinary Journal of Research on Consciousness, S. 1–35.
  • 2005: Out-of-body experiences as the origin of the concept of a “soul” (PDF; 1,7 MB). Mind and Matter, S. 57–84.
  • 2005: Die Selbstmodell-Theorie der Subjektivität: Eine Kurzdarstellung in sechs Schritten. In: C. S. Herrmann, M. Pauen, J. W. Rieger, S. Schicktanz (Hrsg.): Bewusstsein: Philosophie, Neurowissenschaften, Ethik. UTB / Fink, Stuttgart, S. 242–269.
  • 2006: Being No One – Eine sehr kurze deutsche Zusammenfassung. In Grundkurs Philosophie des Geistes, Band 1: Phänomenales Bewusstsein, S. 424–475.
  • 2006: Conscious volition and mental representation: Towards a more fine-grained analysis. In N. Sebanz, W. Prinz (Hrsg.): Disorders of Volition. MIT Press, Cambridge (MA), S. 19–48.
  • 2007: Video Ergo Sum: Manipulating bodily self-consciousness, zusammen mit B. Lenggenhager, T. Tadi und O. Blanke. Science, 317, S. 1096–1099.
  • 2008: Empirical perspectives from the self-model theory of subjectivity: A brief summary with examples. In Rahul Banerjee, Bikas K. Chakrabarti: Progress in Brain Research, 168. Elsevier, Amsterdam, S. 215–246.
  • 2009: Full-body illusions and minimal phenomenal selfhood, mit O. Blanke. In: Trends in Cognitive Sciences 13(1), S. 7–13.
  • 2010: The No-Self-Alternative (11. Kapitel). In S. Gallagher (Hrsg.): Oxford Handbook of the Self. Oxford University Press, Oxford (UK), S. 277–294.

DVD-Set

  • 2009: Philosophie des Bewusstseins – 15 Vorlesungen an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz vom Wintersemester 2007/8, Auditorium-Netzwerk, 5 DVDs.

Weblinks

Commons: Thomas Metzinger - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Thomas Metzinger auf den Seiten der Universitätsbibliothek Mainz; abgerufen am 21. September 2015
  2. About the MIND-Group
Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Thomas Metzinger aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.