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Die Glasfenster des ersten Goetheanums

Aus AnthroWiki
Das rote Westfenster des ersten Goetheanums.

Für die Glasfenster des ersten Goetheanums, mit denen der große Kuppelsaal ausgestattet war, wurde nach den Angaben Rudolf Steiners eine spezielle Form der Glaskunst entwickelt, nämlich eine Form der Glasradierung, bei der einfarbigen Glasscheiben gestaltete Motive mit einem Carborundum-Schleifgerät nach der sogenannten Schrägstrichmethode einradiert wurden. Durch die so entstandene unterschiedliche Glasdicke kamen die Motive im einfallenden Sonnenlicht besonders deutlich zur Geltung. Die farbigen Glasfenster des Goetheanums wurden im sogenannten Glashaus hergestellt. Mit der Herstellung wurde Assia Turgenieff betraut. Sie arbeitete unter Anleitung des polnischen Kunstmalers und Anthroposophen Thaddäus Rychter.

Für sich genommen sind die Glasfester noch nicht fertig. Zum Leben erweckt werden sie erst durch das Sonnenlicht, das durch sie hindurchfällt:

„Wenn Sie sich in die Glasfenster vertiefen, so werden Sie wiederum finden, dass in diesen Glasfenstern schon dieses Verwobensein mit der Welt zum Ausdruck gebracht ist. Denn diese Glasfenster sind ja so, wie sie dastehen, gar nicht fertig für sich durch ihr Material, auch nicht durch das, was der Künstler daran gemacht bat, sondern der Künstler hat geschaffen in eine Bundesgenossenschaft hinein, in die Bundesgenossenschaft mit der Sonne! Die Sonne muss kommen und muss hindurchschauen, dann ist das Kunstwerk erst fertig. Der Künstler und die Sonne zusammen machen dasjenige, was eigentlich auf uns Eindruck macht bei den Glasfenstern! Da sehen Sie, wie die Sonne angerufen wird durch jede einzelne Form, wie man mit dem Sonnenlicht zusammen schafft, wie man wirklich das Licht als seinen Bundesgenossen betrachtet.“ (Lit.: GA 252, S. 198)

Die Motive der neun Glasfenster des großen Kuppelsaals schilderten, ausgehend vom roten Westfenster, einen Einweihungsweg, der durch die ganze mikro- und makrokosmische Welt bis hin zur Erkenntnis des Christus führt. Die einzelnen Stufen des Weges sollten in nachstehender Reihenfolge durchschritten werden:

  1. Das rote Westfenster zeigt den Weg zur imaginativen Erkenntnis.
  2. Das grüne Südfenster zeigt den Weg zur inspirierten Erkenntnis.
  3. Das grüne Nordfenster zeigt den Weg zur Intuition.
  4. Das blaue Nordfenster zeigt die Einweihung in die Welt des Geistes, in das Devachan.
  5. Das blaue Südfenster zeigt die Einweihung in die Astralwelt.
  6. Das violette Südfenster zeigt die Einweihung in die kosmische Ätherwelt.
  7. Das violette Nordfenster zeigt die Einweihung in die irdische physische Welt.
  8. Das rosa Nordfenster schildert die Erfahrungen, die die Menschenseele durchlebt, wenn sich das Äthersehen auf das menschliche Innere richtet.
  9. Das rosa Südfenster zeigt die Erlebnisse, die die Seele durchlebt, wenn sich das Äthersehen auf die kosmische Welt richtet.

Damit war man an der Schwelle des kleinen Kuppelsaals angelangt, in dem die Statue des Menschheitsrepräsentanten aufgestellt werden sollte, als Sinnbild der zu erlangenden Christuserkenntnis, die mit dem Schwellenübertritt als zehntem Einweihungsschritt erreicht werden sollte. Das ist die Einweihung in das Wirken des Christus in Mikro- und Makrokosmos. Der Christus steht als Menschheitsrepräsentant zwischen Luzifer und Ahriman, die aber beide je zweimal auftreten. Das eine Luzifer-Ahriman-Paar wirkt im Menscheninneren, das andere draußen im Kosmos. Der Christus erweist sich hier als der große Hüter der Schwelle.

Die Glasfenster des zweiten Goetheanums

Da die Glasfenster beim Brand des ersten Goetheanums in der Silvesternacht 1922/23 zerstört worden waren, gravierte sie Assia Turgenieff für das aus Beton gebaute zweite Goetheanum neu. Wegen der geänderten Architektur konnte allerdings nur für das rote Westfenster die ursprüngliche Anordnung mit zwei schmalen Seitenfenstern und einem großen Mittelfenster beibehalten werden. Bei den anderen acht Fenstern wurden die schmalen Seitenmotive unterhalb des breiten Hauptmotivs angeordnet.

Literatur