Devachan

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Das blaue Nordfenster des ersten Goetheanums, das die Einweihung in die Welt des Geistes, in das Devachan zeigt.

Als Devachan wird in Anlehnung an die indisch-theosophische Terminologie das Geisterland (eng. spiritland), die geistige Welt im engeren Sinn, bezeichnet.

„Deva heißt Gott und Chan heißt Gebiet, Wohnung; Devachan bedeutet also Gottesgebiet. Insofern der Mensch ein geistiges Wesen ist, hat er Anteil an der geistigen Welt.“ (Lit.:GA 94, S. 134)

Die Welt der geistigen Urbilder

Das Devachan ist die Welt der geistigen Urbilder, die archetypische Welt[1]. In der jüdischen Kabbala wird sie Atziluth (hebr. אֲצִילוּת Vornehmheit, Erhabenheit, Güte, Feuer) genannt und umfasst die oberste Triade der Sephiroth, nämlich Kether (Krone), Chochmah (Weisheit) und Binah (Verstand). Der geistigen Wahrnehmung offenbart sich diese Welt nicht primär in inneren Bildern, in Imaginationen, sondern durch Inspiration als tönend für das «innere Ohr» erlebte Sphärenharmonie, die sich auch in den Wirkungen des Klangäthers und in den Zahlenverhältnissen bei chemischen Reaktionen abbildet, und weiter dann als das innerlich erlebte Wort (Lit.: GA 94, S. 140).

Seligkeit und Opferbereitschaft im Devachan

Während die Astralwelt nach dem Tod teilweise als Ort des Schreckens erlebt werden kann, namentlich das Kamaloka, ist das im Devachan heute noch nicht der Fall. Erst im künftigen Jupiter- und Venuszustand wird das durch den fortschreitenden Missbrauch der geistigen Kräfte durch schwarze Magie geschehen. Heute wird das Devachan vor allem als Ort der Seligkeit erlebt, da hier der Mensch seine schöpferischen Kräfte frei entfalten und im Dienst der Weltentwicklung hinopfern darf.

„Im Devachan hat man Inspiration. Auch hier gibt es eine innerliche Unterscheidung für die Teile des Devachan, die der Mensch nicht passiv erleben kann, wenn er sie nach dem Tode erlebt. Im Devachan ist es so, daß durch einen gewissen Weltenzusammenhang noch nicht soviel Unheil angerichtet ist. Die astralische Welt hat das furchtbare Kamaloka in sich, aber das Devachan hat das noch nicht. Das wird erst im Jupiter- und Venuszustand der Fall sein, wenn durch Anwendung der schwarzen Magie und dergleichen dasselbe in den Dekadenzzustand übergegangen sein wird. Dann freilich wird sich im Devachan Ähnliches entwickeln wie dasjenige, was heute in der astralischen Welt ist. Hier im Devachan ist also im jetzigen Entwickelungszyklus das Verhältnis etwas anders.

Was tritt zunächst vor dem Menschen auf, wenn er auf dem Erkenntnispfad aufsteigt von der astralischen Welt zum Devachan, oder wenn er den Weg des einfachen Menschen geht und er nach dem Tode hinaufgeführt wird, was erlebt er dann im Devachan? Seligkeit erlebt er! Das, was sich aus den Farbennuancen in Töne herausdifferenziert, das ist unter allen Umständen Seligkeit. Im Devachan ist auf der heutigen Stufe der Entwickelung alles ein Hervorbringen, Produzieren, und in bezug auf die Erkenntnis ein geistiges Hören. Und Seligkeit ist alles Produzieren, Seligkeit ist alles Hören der Sphärenharmonie. Der Mensch wird im Devachan nur Seligkeit, lauter Seligkeit empfinden. Wenn er durch Mittel geistigen Wissens durch die Leiter der menschlichen Entwickelung, die Meister der Weisheit und des Zusammenklanges der Empfindungen, oder aber im Falle des gewöhnlichen Menschen nach dem Tode hinaufgeführt wird: er wird immer Seligkeit dort erleben. Das ist dasjenige, was der Eingeweihte erleben muß, wenn er so weit gekommen ist auf dem Erkenntnispfad. Aber es liegt in der Fortentwickelung der Welt, daß es nicht bei der bloßen Seligkeit bleiben darf. Das würde nur eine Steigerung des raffiniertesten spirituellen Egoismus bedeuten. Die Individualität des Menschen würde immer nur in sich aufnehmen die Wärme der Seligkeit, die Welt aber würde so nicht weitergehen. So würden Wesen ausgebildet, die sich in sich selbst seelisch verhärten. Zum Heile und Fortschritt der Welt muß daher derjenige, der durch die Übungen in das Devachan hineinkommt, nicht nur die Möglichkeit erhalten, in der Sphärenmusik alle Nuancen der Seligkeit zu erleben, sondern er muß in sich Gefühle des Gegenteils der Seligkeit entwickeln. Wie das Entsagen dem Entbehren gegenübersteht, so verhält sich das Gefühl der Opferung zur Seligkeit, der Opferung, die da bereit ist, dasjenige, was man als Seligkeit erhält, auszugießen, es in die Welt fließen zu lassen.

Dies Gefühl des Sich-Opferns haben jene göttlichen Geister, die wir die Throne nennen, gehabt, als sie begannen ihren Anteil zu haben in der Schöpfung. Als sie ihren eigenen Stoff auf dem Saturn ausgegossen haben, da haben sie sich hingeopfert für die werdende Menschheit. Das, was wir heute als Stoff haben, ist dasselbe, was sie ausströmten auf dem Saturn. Und ebenso haben sich die Geister der Weisheit auf der alten Sonne hingeopfert. Diese göttlichen Geister sind hinaufgestiegen in die höheren Welten, sie haben das Erlebnis der Seligkeit nicht nur passiv hingenommen, sondern sie haben bei dem Durchgang durch das Devachan gelernt, sich zu opfern. Sie sind nicht ärmer durch dies Opfer geworden, sondern reicher. Nur ein Wesen, das ganz in der Materie lebt, glaubt, durch das Opfern schwinde es dahin - nein, ein Sich-höher-, Sich-reicher-Entwickeln ist mit dem Hinopfern im Dienst der universalen Evolution verknüpft.“ (Lit.:GA 107, S. 63f)

Zu der Zeit, die der Mensch im nachtodlichen Leben verbringt, gibt Rudolf Steiner folgenden Hinweis, der aber nur als sehr grobe Richtlinie gesehen werden sollte:

„Was über die Zeit, die der Mensch zu verbringen hat in diesem Devachan, zu sagen ist, ist natürlich nur nach der Erfahrung zu entscheiden. Nur derjenige vermag darüber etwas zu sagen, welcher irgendeine irgendwie geartete Erfahrung auf diesem Gebiete hat, derjenige, welcher sich zürückerinnern kann an seine eigenen früheren Verkörperungen oder der bewußt - als Seher - einen Einblick gewinnen kann in die leuchtende Welt des Geistes.

Es ist sehr verschieden, je nach der Entwickelungsstufe des Menschen, wie lange er in Devachan zubringt. Aber ungefähr kann man die Zeit, die der Mensch in der Himmelswelt zubringt, finden. Man findet sie, wenn man den irdischen Lebenslauf des Menschen, also die Zeit zwischen der Geburt und dem Tode, multipliziert mit einer Zahl, die zwischen zwanzig und vierzig liegt. Die Zeit hängt ab von der Entwickelung, die der Mensch erreicht hat, aber auch von der Länge des physischen Lebens. Wenn ein Kind bald nach der Geburt stirbt, so brauchen Sie nur die Zeit des Lebens mit zwanzig bis vierzig zu multiplizieren, und Sie bekommen die Zeit des Aufenthaltes im Devachan. Wer ein langes Leben hat, hat lange und wichtige Zustände im Devachan durchzumachen und hat auch viel von dem zu empfinden, was man in der Mystik die beseligenden Empfindungen des Devachan nennt. Dieses Leben im Devachan unterscheidet sich ganz wesentlich von alledem, was sich die physischen Augen oder überhaupt die physischen Sinne nur vorstellen können.“ (Lit.:GA 53, S. 162f)

Wie man leicht ausrechnen kann, ergibt sich daraus ein sehr langer Aufenthalt im Devachan, der heute kaum mehr der Regelfall sein dürfte. Folgt man der angegeben Regel, so würde ein Mensch, der im 70. Lebensjahr verstorben ist, wenigstens 1400 Erdenjahre im Devachan zubringen, wenn man den Faktor 20 anwendet. Nimmt man den Faktor 40, wären es sogar 2800 Jahre, also mehr als eine ganze Kulturepoche (≈ 2160 Jahre). Das mag bis zur Anfangszeit der griechisch-lateinischen Kultur noch üblich gewesen sein, trifft aber heute wohl kaum mehr zu. Namentlich in unserem gegenwärtigen Bewusstseinsseelenzeitalter ist Entwicklungstempo der Menschheit wesentlich größer geworden, weshalb man mit mehreren Inkarnationen in dieser Kulturepoche zu rechnen hat, zwischen denen oft nur wenige Jahrhunderte oder gar nur wenige Jahrzehnte liegen. Entsprechend kürzer ist auch der Aufenthalt im Devachan.

Die sieben Regionen des Devachans

Das Devachan gliedert sich in sieben deutlich voneinander unterscheidbare Bereiche. Die vier unteren Bereiche werden gemeinsam unter dem Begriff niederes Devachan zusammengefasst. Hier finden sich in aufsteigender Reihenfolge die ausgeformten geistigen Urbilder der physischen Welt, die Urbilder des Lebendigen und die Urbilder des Seelischen. Die vierte Region des Geisterlandes, die auch als Akasha bezeichnet wird, ist die Quelle der urbildlichen Gedanken. Weil man es hier mit ausgeformten Urbildern zu tun hat, wird das niedere Devachan auch als Rupa-Devachan bezeichnet (von skrt. Rupa = Form). Die drei untersten Regionen des niederen Devachans entsprechen dabei den drei äußersten Planetensphären, beginnend mit der Marssphäre; die vierte Region, in der die Quelle der urbildlichen Gedanken liegt, reicht bereits über das Planetensystem hinaus (Lit.: GA 141, S. 178ff).

Die drei höchsten Regionen des Geisterlandes bilden gemeinsam das sog. höhere Devachan oder Arupa-Devachan (von skrt. Arupa = ungeformt, formlos) nach indisch-theosophischer Ausdrucksweise. Hier sind in aufsteigender Reihen die noch ungeformten Keimpunkte des Seelischen, des Lebendigen und des Physischen beheimatet. Gelegentlich wird das höhere Devachan von Rudolf Steiner auch als übergeistige Welt bezeichnet.

  1. Die geistigen Urbilder der physischen Welt - das Kontinentalgebiet des Geisterlandes (Marssphäre).
  2. Die Urbilder des Lebendigen - das Meeresgebiet, der Ozean der geistigen Welt (Jupitersphäre).
  3. Die Urbilder des Seelischen - der Luftkreis der himmlischen Welt (Saturnsphäre).
  4. Die Quelle der urbildlichen Gedanken. Diese Region wird auch als Akasha bezeichnet.
  5. Keimpunkte des Seelischen
  6. Keimpunkte des Lebendigen
  7. Keimpunkte des Physischen

An der Grenze zwischen unterem und oberem Devachan liegt die Akasha-Chronik, die alles enthält, was jemals von geistigen Wesen gedacht wurde.

„Vor allen Dingen muß betont werden, daß diese Welt aus dem Stoffe (auch das Wort «Stoff» ist natürlich hier in einem sehr uneigentlichen Sinne gebraucht) gewoben ist, aus dem der menschliche Gedanke besteht. Aber so wie der Gedanke im Menschen lebt, ist er nur ein Schattenbild, ein Schemen seiner wirklichen Wesenheit Wie der Schatten eines Gegenstandes an einer Wand sich zum wirklichen Gegenstand verhält, der diesen Schatten wirft, so verhält sich der Gedanke, der durch den menschlichen Kopf erscheint, zu der Wesenheit im «Geisterland», die diesem Gedanken entspricht. Wenn nun der geistige Sinn des Menschen erweckt ist, dann nimmt er diese Gedankenwesenheit wirklich wahr, wie das sinnliche Auge einen Tisch oder einen Stuhl wahrnimmt. Er wandelt in einer Umgebung von Gedankenwesen. Das sinnliche Auge nimmt den Löwen wahr und das auf Sinnliches gerichtete Denken bloß den Gedanken des Löwen als ein Schemen, als ein schattenhaftes Bild. Das geistige Auge sieht im «Geisterland» den Gedanken des Löwen so wirklich wie das sinnliche den physischen Löwen. Wieder kann hier auf das schon bezüglich des «Seelenlandes» gebrauchte Gleichnis verwiesen werden. Wie dem operierten Blindgeborenen auf einmal seine Umgebung mit den neuen Eigenschaften der Farben und Lichter erscheint, so erscheint demjenigen, der sein geistiges Auge gebrauchen lernt, die Umgebung mit einer neuen Welt erfüllt, mit der Welt lebendiger Gedanken oder Geistwesen. - In dieser Welt sind nun zunächst die geistigen Urbilder aller Dinge und Wesen zu sehen, die in der physischen und in der seelischen Welt vorhanden sind. Man denke sich das Bild eines Malers im Geiste vorhanden, bevor es gemalt ist. Dann hat man ein Gleichnis dessen, was mit dem Ausdruck Urbild gemeint ist. Es kommt hier nicht darauf an, daß der Maler ein solches Urbild vielleicht nicht im Kopfe hat, bevor er malt; daß es erst während der praktischen Arbeit nach und nach vollständig entsteht. In der wirklichen «Welt des Geistes» sind solche Urbilder für alle Dinge vorhanden, und die physischen Dinge und Wesenheiten sind Nachbilder dieser Urbilder. - Wenn derjenige, welcher nur seinen äußeren Sinnen vertraut, diese urbildliche Welt leugnet und behauptet, die Urbilder seien nur Abstraktionen, die der vergleichende Verstand von den sinnlichen Dingen gewinnt, so ist das begreiflich; denn ein solcher kann eben in dieser höheren Welt nicht wahrnehmen; er kennt die Gedankenwelt nur in ihrer schemenhaften Abstraktheit. Er weiß nicht, daß der geistig Schauende mit den Geisteswesen so vertraut ist wie er selbst mit seinem Hunde oder seiner Katze und daß die Urbilderwelt eine weitaus intensivere Wirklichkeit hat als die sinnlich-physische.

Allerdings ist der erste Einblick in dieses «Geisterland» noch verwirrender als derjenige in die seelische Welt. Denn die Urbilder in ihrer wahren Gestalt sind ihren sinnlichen Nachbildern sehr unähnlich. Ebenso unähnlich sind sie aber auch ihren Schatten, den abstrakten Gedanken. - In der geistigen Welt ist alles in fortwährender beweglicher Tätigkeit, in unaufhörlichem Schaffen. Eine Ruhe, ein Verweilen an einem Orte, wie sie in der physischen Welt vorhanden sind, gibt es dort nicht. Denn die Urbilder sind schaffende Wesenheiten. Sie sind die Werkmeister alles dessen, was in der physischen und seelischen Welt entsteht. Ihre Formen sind rasch wechselnd; und in jedem Urbild liegt die Möglichkeit, unzählige besondere Gestalten anzunehmen. Sie lassen gleichsam die besonderen Gestalten aus sich hervorsprießen; und kaum ist die eine erzeugt, so schickt sich das Urbild an, eine nächste aus sich hervorquellen zu lassen. Und die Urbilder stehen miteinander in mehr oder weniger verwandtschaftlicher Beziehung. Sie wirken nicht vereinzelt. Das eine bedarf der Hilfe des andern zu seinem Schaffen. Unzählige Urbilder wirken oft zusammen, damit diese oder jene Wesenheit in der seelischen oder physischen Welt entstehe.

Außer dem, was durch «geistiges Sehen» in diesem «Geisterlande» wahrzunehmen ist, gibt es hier noch etwas anderes, das als Erlebnis des «geistigen Hörens» zu betrachten ist. Sobald nämlich der «Hellsehende» aufsteigt aus dem Seelen- in das Geisterland, werden die wahrgenommenen Urbilder auch klingend. Dieses «Klingen» ist ein rein geistiger Vorgang. Es muß ohne alles Mitdenken eines physischen Tones vorgestellt werden. Der Beobachter fühlt sich wie in einem Meere von Tönen. Und in diesen Tönen, in diesem geistigen Klingen drücken sich die Wesenheiten der geistigen Welt aus. In ihrem Zusammenklingen, ihren Harmonien, Rhythmen und Melodien prägen sich die Urgesetze ihres Daseins, ihre gegenseitigen Verhältnisse und Verwandtschaften aus. Was in der physischen Welt der Verstand als Gesetz, als Idee wahrnimmt, das stellt sich für das «geistige Ohr» als ein Geistig-Musikalisches dar. (Die Pythagoreer nannten daher diese Wahrnehmung der geistigen Welt «Sphärenmusik». Dem Besitzer des «geistigen Ohres» ist diese «Sphärenmusik» nicht bloß etwas Bildliches, Allegorisches, sondern eine ihm wohlbekannte geistige Wirklichkeit.) Man muß nur, wenn man einen Begriff von dieser «geistigen Musik» erhalten will, alle Vorstellungen von sinnlicher Musik beseitigen, wie sie durch das «stoffliche Ohr» wahrgenommen wird. Es handelt sich hier eben um «geistige Wahrnehmung», also um eine solche, die stumm bleiben muß für das «sinnliche Ohr». In den folgenden Beschreibungen des «Geisterlandes» sollen der Einfachheit halber die Hinweise auf diese «geistige Musik» weggelassen werden. Man hat sich nur vorzustellen, daß alles, was als «Bild», als ein «Leuchtendes» beschrieben wird, zugleich ein Klingendes ist. Jeder Farbe, jeder Lichtwahrnehmung entspricht ein geistiger Ton, und jedem Zusammenwirken von Farben entspricht eine Harmonie, eine Melodie und so weiter. Man muß sich nämlich durchaus vergegenwärtigen, daß auch da, wo das Tönen herrscht, das Wahrnehmen des «geistigen Auges» nicht etwa aufhört. Es kommt eben das Tönen zu dem Leuchten nur hinzu. Wo von «Urbildern» in dem Folgenden gesprochen wird, sind also die «Urtöne» hinzuzudenken. Auch andere Wahrnehmungen kommen hinzu, die gleichnisartig als «geistiges Schmecken» und so weiter bezeichnet werden können. Doch soll hier auf diese Vorgänge nicht eingegangen werden, da es sich darum handelt, eine Vorstellung von dem «Geisterlande» durch einige aus dem Ganzen herausgegriffene Wahrnehmungsarten in demselben zu erwecken.

Nun ist zunächst notwendig, die verschiedenen Arten der Urbilder voneinander zu unterscheiden. Auch im «Geisterland» hat man eine Anzahl von Stufen oder Regionen auseinanderzuhalten, um sich zu orientieren. Auch hier sind, wie in der «Seelenwelt», die einzelnen Regionen nicht etwa schichtenweise übereinandergelagert zu denken, sondern sich gegenseitig durchdringend und durchsetzend. Die erste Region enthält die Urbilder der physischen Welt, insofern diese nicht mit Leben begabt ist. Die Urbilder der Mineralien sind hier zu finden, ferner die der Pflanzen; diese aber nur insofern, als sie rein physisch sind; also insofern man auf das Leben in ihnen keine Rücksicht nimmt. Ebenso trifft man hier die physischen Tier- und Menschenformen an. Damit soll dasjenige nicht erschöpft sein, was sich in dieser Region befindet; es soll nur durch naheliegende Beispiele illustriert werden. - diese Region bildet das Grundgerüst des «Geisterlandes». Es kann verglichen werden mit dem festen Land unserer physischen Erde. Es ist die Kontinentalmasse des «Geisterlandes». Seine Beziehung zur physisch-körperlichen Welt kann nur vergleichsweise beschrieben werden. Man bekommt eine Vorstellung davon etwa durch folgendes: Man denke sich irgendeinen begrenzten Raum mit physischen Körpern der mannigfaltigsten Art ausgefüllt. Und nun denke man sich diese physischen Körper weg und an ihrer Stelle Hohlräume in ihren Formen. Die früher leeren Zwischenräume denke man sich aber mit den mannigfaltigsten Formen erfüllt, die zu den früheren Körpern in mannigfachen Beziehungen stehen. - So etwa sieht es in der niedrigsten Region der Urbilderwelt aus. In ihr sind die Dinge und Wesen, die in der physischen Welt verkörpert werden, als «Hohlräume» vorhanden. Und in den Zwischenräumen spielt sich die bewegliche Tätigkeit der Urbilder (und der «geistigen Musik») ab. Bei der physischen Verkörperung werden nun die Hohlräume gewissermaßen mit physischem Stoffe erfüllt. Wer zugleich mit physischem und geistigem Auge in den Raum schaute, sähe die physischen Körper und dazwischen die bewegliche Tätigkeit der schaffenden Urbilder. Die zweite Region des «Geisterlandes» enthält die Urbilder des Lebens. Aber dieses Leben bildet hier eine vollkommene Einheit. Als flüssiges Element durchströmt es die Welt des Geistes, gleichsam als Blut alles durchpulsend. Es läßt sich mit dem Meere und den Gewässern der physischen Erde vergleichen. Seine Verteilung ist allerdings ähnlicher der Verteilung des Blutes in dem tierischen Körper als derjenigen der Meere und Flüsse. Fließendes Leben, aus Gedankenstoff gebildet, so könnte man diese zweite Stufe des «Geisterlandes» bezeichnen. In diesem Element liegen die schaffenden Urkräfte für alles, was in der physischen Wirklichkeit als belebte Wesen auftritt. Hier zeigt es sich, daß alles Leben eine Einheit ist, daß das Leben in dem Menschen verwandt ist mit dem Leben aller seiner Mitgeschöpfe.

Als dritte Region des «Geisterlandes» müssen die Urbilder alles Seelischen bezeichnet werden. Man befindet sich hier in einem viel dünneren und feineren Element als in den beiden ersten Regionen. Vergleichsweise kann es als der Luftkreis des «Geisterlandes» bezeichnet werden. Alles, was in den Seelen der beiden anderen Welten vorgeht, hat hier sein geistiges Gegenstück. Alle Empfindungen, Gefühle, Instinkte, Leidenschaften und so weiter sind hier auf geistige Art noch einmal vorhanden. Die atmosphärischen Vorgänge in diesem Luftkreise entsprechen den Leiden und Freuden der Geschöpfe in den andern Welten. Wie ein leises Wehen erscheint hier das Sehnen einer Menschenseele; wie ein stürmischer Luftzug ein leidenschaftlicher Ausbruch. Wer über das hier in Betracht Kommende sich Vorstellungen bilden kann, der dringt tief ein in das Seufzen einer jeglichen Kreatur, wenn er seine Aufmerksamkeit darauf richtet. Man kann hier zum Beispiel sprechen von stürmischen Gewittern mit zuckenden Blitzen und rollendem Donner; und geht man der Sache weiter nach, so findet man, daß sich in solchen «Geistergewittern» die Leidenschaften einer auf der Erde geschlagenen Schlacht ausdrücken.

Die Urbilder der vierten Region beziehen sich nicht unmittelbar auf die andern Welten. Sie sind in gewisser Beziehung Wesenheiten, welche die Urbilder der drei unteren Regionen beherrschen und deren Zusammentritt vermitteln. Sie sind daher beschäftigt mit dem Ordnen und Gruppieren dieser untergeordneten Urbilder. Von dieser Region geht demnach eine umfassendere Tätigkeit aus als von den unteren.

Die fünfte, sechste und siebente Region unterscheiden sich wesentlich von den vorhergehenden. Denn die in ihnen befindlichen Wesenheiten liefern den Urbildern der unteren Regionen die Antriebe zu ihrer Tätigkeit. In ihnen findet man die Schöpferkräfte der Urbilder selbst. Wer zu diesen Regionen aufzusteigen vermag, der macht Bekanntschaft mit den «Absichten»[5], die unserer Welt zugrunde liegen. Wie lebendige Keimpunkte liegen hier noch die Urbilder bereit, um die mannigfaltigsten Formen von Gedankenwesen anzunehmen. Werden diese Keimpunkte in die unteren Regionen geführt, dann quellen sie gleichsam auf und zeigen sich in den mannigfaltigsten Gestalten. Die Ideen, durch die der menschliche Geist in der physischen Welt schöpferisch auftritt, sind der Abglanz, der Schatten dieser Keimgedankenwesen der höheren geistigen Welt. Der Beobachter mit dem «geistigen Ohr», welcher von den unteren Regionen des «Geisterlandes» zu diesen oberen aufsteigt, wird gewahr, wie sich das Klingen und Tönen in eine «geistige Sprache» umsetzt. Er beginnt das «geistige Wort» wahrzunehmen, durch das für ihn nun nicht allein die Dinge und Wesenheiten ihre Natur durch Musik kundgeben, sondern in «Worten » ausdrücken. Sie sagen ihm, wie man das in der Geisteswissenschaft nennen kann, ihre «ewigen Namen» .

Man hat sich vorzustellen, daß diese Gedankenkeimwesen zusammengesetzter Natur sind. Aus dem Elemente der Gedankenwelt ist gleichsam nur die Keimhülle genommen. Und diese umschließt den eigentlichen Lebenskern. Damit sind wir an die Grenze der «drei Welten» gelangt, denn der Kern stammt aus noch höheren Welten. Als der Mensch, seinen Bestandteilen nach, in einem vorangehenden Abschnitt beschrieben worden ist, wurde für ihn dieser Lebenskern angegeben und der «Lebensgeist» und «Geistesmensch» als seine Bestandteile genannt. Auch für andere Weltwesenheiten sind ähnliche Lebenskerne vorhanden. Sie stammen aus höheren Welten und werden in die drei angegebenen versetzt, um ihre Aufgaben darin zu vollbringen. Hier soll nun die weitere Pilgerfahrt des menschlichen Geistes durch das «Geisterland» zwischen zwei Verkörperungen oder Inkarnationen verfolgt werden. Dabei werden die Verhältnisse und Eigentümlichkeiten dieses «Landes» noch einmal klar hervortreten.“ (Lit.:GA 9, S. 94ff)

Das niedere Devachan und die äußeren Planetensphären

Im Leben zwischen Tod und neuer Geburt steigt die menschliche Seele durch die Planetensphären auf. Sie durchwandert zuerst die verschiedenen Regionen der Astralwelt und erreicht schließlich das Devachan, wenn sie in die Marssphäre eintritt.

„Zwischen Tod und neuer Geburt steht der Mensch in einer gewissen Verbindung mit den anderen Planeten. Sie finden in meiner «Theosophie» beschrieben das Kamaloka. Dieser Aufenthalt des Menschen in der Seelenwelt ist eine Zeit, während welcher der Mensch ein Mondbewohner wird. Dann wird er ein Merkurbewohner, dann ein Venusbewohner, dann ein Sonnen-, Mars-, Jupiter-, Saturnbewohnerund dann ein Bewohner des weiteren Himmels- oder Weltenraumes. Man redet nicht unrichtig, wenn man sagt, daß zwischen zwei Inkarnationen auf der Erde Verkörperungen auf anderen Planeten liegen, geistige Verleiblichungen. Der Mensch ist heute noch nicht so weit in seiner Entwickelung, daß er sich in seiner Inkarnation erinnern kann an das, was er erlebt hat zwischen Tod und neuer Geburt, aber in der Zukunft wird das möglich sein.“ (Lit.:GA 130, S. 318f)

Das Kontinentalgebiet des Devachans

„Diese Marsregion fallt nun zusammen mit dem, was Sie in meiner «Theosophie» geschildert finden als die erste Partie des Geisterlandes. In dieser Schilderung in der «Theosophie» finden Sie von innen heraus dargestellt, wie die Seele des Menschen so weit vergeistigt ist, daß sie jetzt das, was sozusagen Urbild der physischen Leiblichkeit ist, der physischen Verhältnisse auf der Erde überhaupt, wie etwas Äußeres sieht. Alles, was auf der Erde Urbilder des physischen Lebens sind, erscheint wie eine Art Kontinentalgebiet des Geisterlandes. In dieses Kontinentalgebiet ist dasjenige hineingezeichnet, was die äußeren Ausgestaltungen der verschiedenen Inkarnationen sind. Mit dieser Region des Geisterlandes ist innerlich dasselbe geschildert, was der Mensch zu durchleben hat, wenn man kosmisch spricht, in der Marsregion.“ (Lit.:GA 141, S. 178f)

Danach steigt die Seele auf in die höheren Regionen:

Das ozeanische Gebiet des Devachans

„Wenn wir dann die zweite Region des Geisterlandes, die damals von dem inneren Seelengesichtspunkt aus geschildert worden ist, das ozeanische Gebiet des Geisterlandes, kosmisch darstellen wollen, so müssen wir es zusammenfallen lassen mit der Jupiterregion.“ (Lit.:GA 141, S. 182)

Das Luftgebiet des Geisterlandes

„Und wenn wir das dritte Gebiet des Devachan, das Luftgebiet, kosmisch schildern wollen, dann fällt es zusammen mit dem Saturnwirken, mit der Saturnregion. Und was als die vierte Region des Geisterlandes geschildert ist, das geht schon hinaus über unser Planetensystem. Da dehnt sich die Seele sozusagen in weitere Räume aus, in den weiteren Sternenhimmel hinein.“ (Lit.:GA 141, S. 182)

Das vierte Gebiet des Geisterlandes

„Und was als die vierte Region des Geisterlandes geschildert ist, das geht schon hinaus über unser Planetensystem. Da dehnt sich die Seele sozusagen in weitere Räume aus, in den weiteren Sternenhimmel hinein. Und Sie werden an der Schilderung, welche damals von dem inneren Seelengesichtspunkte aus gegeben wurde, finden, wie die Eigenschaften der Seelenerlebnisse für die vierte Region des Geisterlandes so gegeben sind, daß man ihnen ansieht: sie können nicht durchlebt werden in dem, was noch in einer solchen räumlichen kosmischen Beziehung zur Erde steht wie das gesamte Planetensystem. Es wird aus der vierten Region des Geisterlandes etwas hereingetragen, was so urfremd ist, daß man es nicht mit alledem zusammenbringen kann, was innerhalb auch der letzten planetarischen Sphäre, der Saturn-Sphäre, erlebt werden kann.“ (Lit.:GA 141, S. 182)

Devachan und Lichtäther

Auf dem Mentalplan hat der Lichtäther sein wahres Leben:

„Da hat der Lichtäther sein Leben. Das Sonnenlicht lebt auf dem Devachanplan; daher die innere Beziehung zwischen Weisheit und Licht. Wenn man das Licht im Traumbewußtsein erlebt, so erlebt man darin die Weisheit. Immer, wenn Gott sich im Lichte offenbarte, ist das der Fall gewesen. Im brennenden Dornbusch, das heißt im Licht, erschien Jehova dem Moses, um die Weisheit zu offenbaren.“ (Lit.:GA 93a, S. 46)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Nicht zu verwechseln mit der eigentlichen Urbilderwelt, mit der der dem Devachan übergeordnete Buddhiplan, die Welt der Vorsehung, gemeint ist.