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Geographie

Aus AnthroWiki
Physische Weltkarte

Die Geographie (griech. γεωγραφία geographía, von γῆ ‚Erde‘ und γράφειν gráphein ‚[be-]schreiben‘) oder Erdkunde dient der wissenschaftlichen Erforschung und Beschreibung der physischen Oberfläche der Erde, insbesondere auch als Ort des menschlichen Lebens und Handelns.

Geistige Geographie

Westliche und östliche Weltgegensätzlichkeit

"Wie man die Verhältnisse der Erde schildern kann nach dem Prinzip einer physischen Geographie, so lassen sich wohl auch die in diesen Vorträgen schon mehr oder weniger charakterisierten geistigen Impulse, die über die Erde hin wirken, in einer Art geistiger Geographie schildern - insbesondere das Zusammenwirken der östlichen und westlichen Impulse des geistigen Lebens der Menschheit mit all ihren verschiedenen Differenzierungen [...]

Wenn nach dem Osten geschaut wird - von dessen Verhältnis zum Westen so häufig das symbolische Wort gebraucht wird, das Licht komme aus dem Osten -, dann erhält der westliche Mensch, der Mensch der neueren Zivilisation überhaupt, doch den Eindruck eines traumhaften Geisteslebens. Gegenüber der Gewöhnung des modernen Geisteslebens an scharfumrissene, scharfkonturierte Begriffe, an Begriffe, die sich eng anlehnen an das, was äußerliche Beobachtung werden kann, nehmen sich die vielfach beweglichen, fluktuierenden, nicht so unmittelbar an Äußerliches in scharfen Konturen sich anlehnenden Vorstellungen des Ostens traumhaft aus. Wobei man allerdings sagen muß, daß aus diesem traumhaften Geistesleben, das sich ja in den herrlichsten Dichtungen, in den Veden, ausgelebt hat, wiederum die scharfen Begriffe einer umfassenden Philosophie, etwa der Vedantaphilosophie, sich entwickelt haben; Begriffe, die nicht gewonnen sind durch Vergleich äußerer Tatsachen, durch Analyse; Begriffe, die, ich möchte sagen, herausgeboren sind aus dem innerlich erlebten, innerlich ergriffenen Geistesleben [...]

In der Zeit, als der Orientale gerade das Großartigste seiner Weltanschauung ausbildete, das sich dann auf die Nachkommen vielfach in dekadentem Zustand übertragen hat, schuf der Osten alles mit hingebender Liebe. In jeder seiner Ideen, in jedem seiner Begriffe und seiner Bilder lebt die Liebe, und die Liebe verspüren wir in diesen Ideen, in diesen Begriffen und Bildern. Die Liebe will, ausfließen in die Objekte. Und sie fließt naturgemäßerweise aus und zaubert das vor unser Seelenauge hin, was der Orientale auch an Symbolen hinstellte - mit innigem Verständnis von manchem, was übersinnlich wirkt -, wenn er hinstellen wollte, was er als Geistiges in den Dingen empfand. Selbstverständlich soll damit nicht behauptet werden, daß eine solche Geisteskonfiguration, etwa über die ganze Erde ausgebreitet, der Weltentwickelung zum vollen Segen gereichen könne. Aber da sie einmal an einem Fleck der Erde aufgetaucht ist und vielfach ihre Wirkung ausgegossen hat über andere Gebiete des Erdenlebens, so muß sie eben gerade in einem Zeitalter, wo Verständigung unter den Menschen herbeigeführt werden soll, unbefangen ins Auge gefaßt werden.

Stellen wir dagegen dasjenige, was ganz gewiß nicht mit minderer Berechtigung, aber in ganz anderer Gestalt, mehr nach dem Westen hin - und wir leben auch in dieser Beziehung durchaus vielfach in diesem Westen drinnen - als eine besondere Anschauung sich entwickelt hat. Da sehen wir, wie als ein Ideal betrachtet wird und betrachtet werden muß, daß man sich gerade zurückzieht vor dem, was unmittelbar die Sinne beobachten, was ausgebreitet da draußen im Raum und in der Zeit liegt, und daß man das, was die Natur darbietet, was zum Weltgeheimnis führen soll, nach räumlicher Lage, nach Bewegung, nach Maß und Gewicht prüft, daß man das, was sich unmittelbar dem Auge darstellt, zerschneidet, unter das Mikroskop nimmt und dann sich Vorstellungen bildet, die sich eben nur unter dem Mikroskop ergeben können [...]

Wir müssen eigentlich sagen: Wenn wir, mit dem Rüstzeug unserer Wissenschaft - mit dem wir vielleicht gerade die schönsten Früchte unserer gegenwärtigen Naturwissenschaft gewonnen haben - ausgestattet, unsere Erkenntnis begründen, dann müssen wir, wenn wir wiederum an die Natur herankommen wollen, erst etwas in unserer Seele umschalten. Sind wir Botaniker, haben wir viel mikroskopiert, haben wir das Leben der Zellen kennengelernt, haben wir uns Vorstellungen gemacht aus der atomisierenden Art von heute, dann müssen wir in der Seele etwas umschalten, um wiederum Liebe zu haben zu der unmittelbaren blühenden und grünenden Pflanzenwelt. Wir müssen, wenn wir uns eine naturwissenschaftliche Vorstellung gemacht haben vom Bau des Tieres und des Menschen, etwas in uns wiederum umschalten, wenn wir vordringen wollen zur unmittelbaren Beobachtung der tierischen Gestalt und Tätigkeit, wenn wir uns freuen sollen, wie sich das Tier auf der Wiese tummelt, oder wenn es uns seinen melancholischen oder stieren Blick zuwendet oder uns zutraulich anschaut. Ebenso müssen wir etwas in unserer Seele umschalten, wenn wir uns hineinversetzen wollen in das, was das Auge schauen kann, indem es den Blick richtet auf die menschliche Gestalt, die Flächengestaltung verfolgt mit künstlerischem Blick und so weiter. Der Orientale braucht nicht umzuschalten. Das was er seine Wissenschaft nannte, führte ihn, indem er es von Liebe durchseelt erlebte, hinaus zu der unmittelbaren Anschauung. Die war ganz unmittelbar das Echo dessen, was er in der Seele erlebte.

Das sind Stimmungsunterschiede in der Welt- und Lebensauffassung in Ost und West. Und diese Stimmungsunterschiede wirken in dem Menschen der Mitte in der mannigfaltigsten Weise zusammen. Denn in dem, was wir in unserer Seele wissenschaftlich, künstlerisch, religiös erleben, da flutet vieles von jener Stimmung, die ich eben ein wenig zu charakterisieren versuchte als die aus dem Orient herüberwehende. In anderer Beziehung waltet aber in uns wiederum etwas von dem Welterleben, das entzündet ist von jener Wissenschaftlichkeit, die der Westen ausgebildet hat, die, ich möchte sagen, eine junge Wissenschaftlichkeit und Erkenntnis ist gegenüber der altgewordenen des Ostens. Und in jeder Seele der mittleren Zivilisation fluten diese beiden Strömungen zusammen. Im Grunde genommen ist das Leben, das uns gerade in Europa umgibt, ein Zusammenfluten, ein solches Zusammenfluten, daß wir heute gar sehr nötig haben, mit vollem Verständnis hineinzuschauen in das, was da zusammenflutet." (Lit.: GA 083, S. 108ff)

Wirkung auf den Doppelgänger

Hauptartikel: Äthergeographie und Doppelgänger

"... so wie der Mensch differenziert ist in bezug auf die Verteilung seiner Organe über den Leib, so ist die Erde auch differenziert in bezug auf dasjenige, was sie lebendig aus sich herausentwickelt und womit sie die Menschen beeinflußt, die auf Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 178 Seite:62 ihr herumwandeln. Ich meine, Sie sind sich dessen bewußt: wenn Sie denken, so werden Sie nicht gerade den rechten Zeigefinger oder die linke große Zehe anstrengen, sondern Ihren Kopf; Sie wissen ganz genau, Sie denken nicht mit Ihrer rechten großen Zehe, Sie denken mit dem Kopf. Also die Dinge verteilen sich im lebendigen Organismus, der ist differenziert. So ist auch unsere Erde differenziert. Ein Wesen, das etwa überall das gleiche auf seine Bewohner hinaufstrahlt, ist unsere Erde durchaus nicht, sondern auf den verschiedensten Gebieten der Erde wird ganz Verschiedenes hinaufgestrahlt. Und da gibt es verschiedene Kräfte: magnetische, elektrische, aber auch viel mehr in das Gebiet des Lebendigen heraufgehende Kräfte, die aus der Erde heraufkommen, und die den Menschen beeinflussen in der mannigfaltigsten Weise in den verschiedensten Punkten der Erde, also nach der geographischen Gestaltung in verschiedener Weise den Menschen beeinflussen.

Das ist eine sehr wichtige Tatsache. Denn das, was der Mensch zunächst ist an Leib, Seele und Geist, das hat eigentlich wenig direkten Bezug zu diesen von der Erde heraufwirkenden Kräften. Aber der Doppelgänger, von dem ich gesprochen habe, der hat vorzugsweise Bezug zu diesen von der Erde aus aufströmenden Kräften. Und indirekt, mittelbar steht der Mensch nach Leib, Seele und Geist mit der Erde in Beziehung und dem, was sie ausstrahlt an den verschiedenen Punkten dadurch, daß sein Doppelgänger die intimsten Beziehungen hegt zu demjenigen, was da heraufströmt. Diese Wesen, die als solche ahrimanisch-mephistophelische Wesen von dem Menschen eine kurze Zeitstrecke, bevor er geboren ist, Besitz ergreifen, die haben ihre ganz besondere Geschmacksnatur. Da gibt es solche Wesenheiten, denen ganz besonders die östliche Halbkugel, Europa, Asien, Afrika gefallen; die wählen sich solche Menschen, die dort geboren werden, um ihre Leiber zu benützen. Andere wählen sich Leiber, die auf der westlichen Halbkugel, in Amerika geboren werden. Dasjenige, was wir Menschen in einem schwachen Abbilde als Geographie haben, das ist für diese Wesenheiten lebendiges Prinzip ihres eigenen Erlebens; danach richten sie ihren Wohnsitz ein.

Und daraus ersehen Sie weiter, daß eine der wichtigsten Aufgaben der Zukunft sein wird, wieder weiterzupflegen dasjenige, was abgerissen ist: geographische Medizin, medizinische Geographie. Bei Paracelsus ist es aus der alten atavistischen Weisheit heraus abgerissen; seither ist es wenig gepflegt worden wegen der materialistischen Anschauungen. Es wird wieder Platz greifen müssen; und manche Dinge werden erst wiederum erkannt werden, wenn man den Zusammenhang des krankmachenden Wesens im Menschen mit der Erdengeographie, mit all den Fusionen, mit all den Ausstrahlungen, die je nach den verschiedenen Gegenden der Erde von dieser Erde herauskommen, kennenlernen wird. Also wichtig ist es schon, daß der Mensch mit diesen Dingen bekannt wird, denn sein Leben hängt ja davon ab. Er ist ja durch diesen Doppelgänger in einer ganz bestimmten Weise hineingestellt in das Erdendasein, und dieser Doppelgänger, der hat sein Wohnhaus in ihm selbst, in dem Menschen." (Lit.: GA 178, S. 62f)

Geographieunterricht

"Der Raum gehört zu diesem Menschen dazu. Er ist ein Glied in der räumlichen Welt, insofern er ein Beine- und Füßemensch ist. Und wenn wir das räumlich betrachten, dann ist es in gewisser Weise für unseren astralischen Leib ein Sich-auf-die-Beine-Stellen, wenn wir Geographie mit dem Kinde treiben. Es wird tatsächlich der astralische Leib unten mächtiger und dichter. Wir treiben das Räumliche, und wir verdichten daher das Geistig-Seelische des Menschen nach dem Boden hin. Mit anderen Worten: Wir bringen den Menschen zu einer gewissen Festigung in sich gerade dadurch, daß wir recht anschaulich das Geographische betreiben, aber diese Geographie so betreiben, daß wir immer das Bewußtsein hervorrufen, daß der Niagara nicht an der Elbe liegt, sondern daß wir immer das Bewußtsein hervorrufen: wieviel Raum liegt zwischen Elbe und Niagara.

Wenn wir das wirklich anschaulich betreiben, dann stellen wir den Menschen in den Raum hinein, wir bilden insbesondere dasjenige in ihm aus, was ihm ein Weltinteresse beibringt, und das wird sich in der verschiedensten Weise in der Wirkung zeigen. Ein Mensch, mit dem wir verständig Geographie treiben, steht liebevoller seinem Nebenmenschen gegenüber als ein solcher, der nicht das Daneben-im-Raum erlernt. Er lernt das Danebenstehen neben den anderen Menschen; er berücksichtigt die anderen. Diese Dinge gehen stark in die moralische Bildung hinüber, und das Zurückdrängen der Geographie bedeutet nichts anderes als eine Aversion gegen die Nächstenliebe, die sich in unserem Zeitalter immer mehr und mehr zurückdrängen lassen mußte. Man merkt solche Zusammenhänge nicht, aber sie sind vorhanden. Denn es wirkt immer eine gewisse unterbewußte Vernunft oder Unvernunft in den Erscheinungen des Zivilisationslebens." (Lit.: GA 302, S. 52)

"Wenn man den Geographieunterricht recht anschaulich gestalten würde, wenn man namentlich die Länder, die Verteilung der Vegetation in den Ländern, die Verteilung der Bodenprodukte in den Ländern, durch graphische Darstellungen zeigt, in dieser Weise also den Unterricht recht anschaulich gestaltet, wird man gerade da bemerken, daß man nicht leicht eine allgemeine Stumpfigkeit des Schülermaterials findet. Dadurch kann man leicht gegen eine allgemeine Stumpfheit ankämpfen. Wenn man das auch noch dadurch belebt, daß man gerade beim Geographieunterricht versucht, das Land zuerst zu beschreiben, es dann aufzeichnet, es aufzeichnen laßt auf die Tafel, hineinzeichnet Flüsse, Gebirge, Verteilung von Vegetation, von Wald und Wiese, und dann Reisebeschreibungen mit den Schülern liest, dann wird man sehen, daß man meistens sehr wenig für Geographie unbegabte Schüler findet, ja, daß man die Geographie benützen kann, um Schüler zur Lebhaftigkeit zu bewegen und zum Herauskitzeln anderer Fähigkeiten. Man wird geradezu bemerken, wenn man die Geographie als solche interessant machen kann, wie in den Schülern andere Fähigkeiten aufgeweckt werden." (Lit.: GA 295, S. 94f)

"Ich habe Ihnen gesagt, daß der Geographieunterricht zuerst auf der zweiten Stufe des Volksschulalters auftreten kann. Wir können gut mit dem Geographieunterricht beginnen, wenn das 9. Lebensjahr überschritten ist. Wir müssen ihn nur in der richtigen Weise einrichten. Wir müssen überhaupt beim Volksschulunterricht der Zukunft - das gilt sogar auch für den Mittelschulunterricht - darauf sehen, daß dieser Geographieunterricht viel mehr umfaßt, als er gegenwärtig umfaßt. Das Geographische tritt in der Gegenwart allzusehr zurück, es wird wirklich recht stiefmütterlich behandelt. Mit dem Geographischen sollten eigentlich die Errungenschaften des übrigen Unterrichts in vielfacher Beziehung wie in eins zusammenfließen. Und wenn ich Ihnen auch gesagt habe, daß der Mineralogieunterricht erst auf der dritten Stufe, so um das 12. Jahr herum auftritt, so kann doch beschreibend, anschauend auch das Mineral schon auf der früheren Unterstufe etwas in das Geographische verflochten werden. Das Kind kann außerordentlich viel zwischen dem 9. und 12. Jahr aus der Geographie aufnehmen, wenn wir nur richtig mit dieser Geographie verfahren. Da handelt es sich darum, daß wir gerade in der Geographie von dem ausgehen, was das Kind in irgendeiner Weise von der Oberfläche der Erde und dem, was auf der Oberfläche der Erde geschieht, schon kennt. Wir versuchen, dem Kinde zunächst kunstgemäß wiederum eine Art Bild beizubringen von den Gebirgs- und Flußverhältnissen, aber auch den sonstigen Verhältnissen der Umgebung. Wir machen es so, daß wir wirklich mit dem Kinde elementarisch eine Karte ausarbeiten für die nächste Umgebung, in der das Kind aufwächst, die es kennt. Wir versuchen, dem Kinde dasjenige beizubringen, was die Übersetzung bietet von dem Drinnensein in einer Gegend zum Anschauen aus der Luftperspektive oder durch die Luftperspektive, also richtig die Verwandlung der zunächst bekannten Gegend in die Karte. Wir versuchen dem Kinde beizubringen, wie die Flüsse diese Gegend durchfließen, das heißt, wir zeichnen das Fluß- und Bachsystem der Umgebung in die Karte, in die wir allmählich die Anschauung der Umgebung verwandeln, wirklich ein. Und wir zeichnen auch in diese Karte die Gebirgsverhältnisse ein. Es ist gut, wenn wir da mit Farben arbeiten, wenn wir die Flüsse blau einzeichnen, wenn wir die Gebirge mit brauner Kreide einzeichnen. Dann aber zeichnen wir auch in diese Karte die übrigen, mit den menschlichen Lebensverhältnissen zusammenhängenden Dinge ein..." (Lit.: GA 294, S. 150ff)

"Nehmen Sie zum Beispiel den Geographieunterricht. Im allgemeinen trägt er dazu bei, daß das Ich nicht zu stark aufgesogen wird vom Organismus, so daß wir ihn gut benützen können bei einem Kinde, welches droht, zu materiell zu werden, indem wir ein solches Kind mehr hinweisen auf die Beschäftigung mit geographischen Dingen. Aber auf der anderen Seite wieder können wir auch, indem wir in der Geographie zum Beispiel darauf Wert legen, daß das Kind Niveauunterschiede erfaßt, oder indem wir überhaupt in die Geographie etwas hineinmischen, wozu ein mehr geometrisches Denken gehört, dann können wir, wenn das Kind droht, durch den Geographieunterricht schwärmerisch zu werden, auch wieder das Ich in der entsprechenden Weise hineinbringen." (Lit.: GA 302a, S. 60)

"Nun sagte ich, man habe die Kinder vorzubereiten durch die Naturgeschichte auf die Geschichte, wenn man so vorgeht, wie ich es in den vorangegangenen Betrachtungen charakterisiert habe. Man hat aber die Kinder auch vorbereitet auf das Leben der Erde, indem man so Botanik getrieben hat, wie ich es charakterisiert habe. Dann kann man in diesem Lebensalter auch zum Geographischen übergehen. Dieses Geographische sollte sich aufbauen können auf allerlei in erzählender Form gehaltene Schilderungen von Gegenden, wobei auch ferne Gegenden, zum Beispiel amerikanische oder afrikanische Gegenden, geschildert werden können. Dadurch, wie auch durch die vorausgegangene Naturgeschichte, in der der Zusammenhang des Pflanzenreichs mit der ganzen Erde dargestellt wurde, ist das Kind vorbereitet, um gegen das 12. Jahr hin Verständnis zu haben für das eigentlich Geographische. Bei dieser Geographie kommt es jetzt darauf an, zu zeigen, wie von der Erde aus, von dem Klimatischen, von alledem, was die Erde an gesetzmäßiger Gestaltung und Struktur an ihren verschiedenen Orten hervorbringt, wie von dem das abhängt, was man in der Geschichte gerade entwickelt. Nachdem man einen Begriff gegeben hat vom Zusammenhang von Meer und Land, von dem Klimatischen im alten Griechenland, kann man nun zurückleiten auf dasjenige, was man rein als Symptom für den inneren Werdegang der Menschheit in bezug auf den Charakter des Griechentums entwickelt hat. Ein inniger Zusammenhang kann dann gefunden werden zwischen dem geographischen Bild, das man von der Erde gibt, und dem geschichtlichen Werden. Eigentlich sollten immer ineinandergreifen die Schilderungen der Erdengegenden und die Schilderungen, die man vom geschichtlichen Werden gibt. In der Geographie sollte im Grunde genommen Amerika nicht behandelt werden, bevor man in der Geschichte die Entdeckung Amerikas behandelt hat. Es ist notwendig, daß man in einer gewissen Weise berücksichtigt, daß der Horizont des Menschen im Laufe der Entwickelung sich ausgedehnt hat und daß man nicht zu stark, ich möchte sagen, das Menschengemüt zu einem Absoluten hinbringen soll." (Lit.: GA 301, S. 196f)

"Das Antlitz der Erde ist anders, wo gelbe, sprossende Pflanzen sind, das Antlitz der Erde ist anders, wo verkümmerte Pflanzen sind. Und man findet von der Pflanzenkunde den Übergang zu etwas anderem, was außerordentlich bedeutsam für die Entwickelung des Kindes wird, wenn es gerade aus der Pflanzenkunde herausgeholt wird: die Geographie. Das Antlitz der Erde den Kindern beizubringen, soll auf diese Weise geschehen, daß man hervorholt die Art und Weise, wie die Erde an ihrer Oberfläche wirken will, aus der Art und Weise, wie sie die Pflanzen an einer bestimmten Oberfläche hervorbringt. Auf diese Weise entwickelt man in dem Kinde einen lebendigen Intellekt statt eines toten. Und für die Entwickelung dieses lebendigen Intellektes ist die Lebenszeit zwischen dem neunten, zehnten und dem elften, zwölften Lebensjahr die allerbeste. Dadurch, daß man in dieser Weise das Kind hineinführt in das lebendige Weben und Leben der Erde, die aus ihrer inneren Vitalkraft die verschieden gestalteten Pflanzen hervorbringt, bringt man dem Kinde statt toter Begriffe lebendige Begriffe bei, Begriffe, die dieselbe Eigenschaft haben wie ein menschliches Glied. Wenn man noch ein ganz kleines Kind ist, dann muß ein menschliches Glied wachsen. Wir dürfen die Hand nicht in einen eisernen Handschuh einspannen, sie würde nicht wachsen können. Aber die Begriffe, die wir den Kindern beibringen, die sollen möglichst scharfe Konturen haben, sollen Definitionen sein, und das Kind soll immer definieren. Das Schlimmste, was wir dem Kinde beibringen können, sind Definitionen, sind scharf konturierte Begriffe, denn die wachsen nicht; der Mensch aber wächst mit seinem organischen Wesen. Das Kind muß bewegliche Begriffe haben, die, wenn das Kind reifer und reifer wird, ihre Form fortwährend ändern. Wir dürfen uns nicht, wenn wir vierzig Jahre alt geworden sind, bei irgendeinem Begriff, der auftaucht, an das erinnern müssen, was wir mit zehn Jahren gelernt haben, sondern der Begriff muß sich in uns verändert haben, so wie unsere Glieder, unser ganzer Organismus sich organisch auch verändert haben." (Lit.: GA 307, S. 165f)

"Wir sollten es vermeiden als Lehrer, botanisieren zu gehen und dann mit der Botanisiertrommel in die Klasse zu gehen und die Pflanzen auszubreiten. Wir sollten vielmehr die Kinder hinausführen und womöglich wirklich im realen Zusammenhang mit der Erde und mit den Sonnenstrahlen und mit dem Leben die Kinder zum Verständnis des Pflanzlichen bringen. Dadurch können wir in ganz naiver Weise den Übergang zu etwas anderem finden, was außerordentlich wichtig ist [...]

Wenn man in dieser Weise dasjenige betrachtet, was da aus der Erde als aus einem Organismus herauswächst, natürlich differenziert nach den verschiedenen Differenzierungen des Antlitzes der Erde, dann findet man in naiver Art den Übergang zu einer naturgemäßen Geographie. Die wächst von selber heraus. Und die anderen Dinge, die dann in der Geographie noch in Betracht kommen, schließen sich an dasjenige, was das Pflanzenleben ist, an. Wie spricht der heutige Mensch manchmal von der Erde? Der heutige Mensch spricht manchmal so von der Erde, als ob sie überhaupt keine Pflanzen hervorbringen würde. Er denkt sich die Erde als eine im Weltenraume befindliche Kugel; die Schwerkräfte wirken so, daß die Intensität im Quadrat der Entfernung abnimmt, und so wirken die Weltkörper aufeinander. Ganz mathematisch-mechanisch wirkt das. Aber wer hat denn ein Recht, dieses Mathematisch-Dynamische der Schwerkraft abstrakt von dem abzusondern, was gerade so in die Erde hineingestellt ist: die sich entfaltende Pflanzenwelt! Wenn man von dem kosmischen Drinnenstehen der Erde spricht, dann muß man dasjenige, was sie beim Wurzelhaften der Pflanze gibt, ebenso zur Empfindung bringen wie die rein mathematisch- mechanischen Beziehungen der Gravitation und so weiter." (Lit.: GA 303, S. 187f)

"Fahren Sie über eine Gegend, oder noch besser, gehen Sie in einer Gegend, in der bestimmte geologische Formationen sind, zum Beispiel rot liegender Sand, und schauen sich die Pflanzen an: Es sind zumeist Pflanzen darauf mit gelb-rötlichen Blüten. Es gehören die Blüten zum Boden dazu. Boden und Pflanze ist eine Einheit, wie Ihre Kopfhaut und Ihre Haare.

Daher dürfen Sie mit dem Kind nicht einerseits Geographie und Geologie, andrerseits Botanik betrachten. Das ist ein Unsinn. Sondern Geographie, Beschreibung des Landes und Betrachtung der Pflanzen muß immer eines sein; denn die Erde ist ein Organismus, und die Pflanzen sind so wie Haare an diesem Organismus. Und das Kind muß die Vorstellung bekommen können, daß die Erde und die Pflanzen zusammengehören, daß jedes Stück Erde diejenigen Pflanzen trägt, die zu diesem Stück Erde gehören.

Es ist also richtig, daß Sie die Pflanzenkunde nur im Zusammenhange mit der Erde betrachten und dem Kinde eine deutliche Empfindung davon hervorrufen, daß die Erde ein lebendiges Wesen ist, das Haare hat. Die Haare sind die Pflanzen. - Sehen Sie, man sagt von der Erde, daß sie eine Schwerkraft habe, Gravitation. Die rechnet man zu der Erde dazu. Aber die Pflanzen gehören mit ihrer Wachstumskraft ebenso zu der Erde hinzu. Es gibt gar nicht eine Erde für sich und Pflanzen für sich, gerade so wenig, wie es in der Realität Haare für sich und Menschen für sich gibt. Das gehört zusammen." (Lit.: GA 311, S. 46)

Siehe auch

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Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
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