Neues Jerusalem

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Als Neues Jerusalem wird in der Apokalypse des Johannes die künftige planetarische Verkörperung unserer Erde bezeichnet, in anthroposophischer Terminologie der neue Jupiter, der in der Apokalypse als vollkommener Würfel beschrieben wird.

Die Apokalypse des Johannes

10 Und er führte mich hin im Geist auf einen großen und hohen Berg und zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem herniederkommen aus dem Himmel von Gott, 11 die hatte die Herrlichkeit Gottes; ihr Licht war gleich dem alleredelsten Stein, einem Jaspis, klar wie Kristall; 12 sie hatte eine große und hohe Mauer und hatte zwölf Tore und auf den Toren zwölf Engel und Namen darauf geschrieben, nämlich die Namen der zwölf Stämme der Israeliten: 13 von Osten drei Tore, von Norden drei Tore, von Süden drei Tore, von Westen drei Tore. 14 Und die Mauer der Stadt hatte zwölf Grundsteine und auf ihnen die zwölf Namen der zwölf Apostel des Lammes. 15 Und der mit mir redete, hatte einen Messstab, ein goldenes Rohr, um die Stadt zu messen und ihre Tore und ihre Mauer. 16 Und die Stadt ist viereckig angelegt und ihre Länge ist so groß wie die Breite. Und er maß die Stadt mit dem Rohr: zwölftausend Stadien[1]. Die Länge und die Breite und die Höhe der Stadt sind gleich. 17 Und er maß ihre Mauer: hundertvierundvierzig Ellen[2] nach Menschenmaß, das der Engel gebrauchte. 18 Und ihr Mauerwerk war aus Jaspis und die Stadt aus reinem Gold, gleich reinem Glas. 19 Und die Grundsteine der Mauer um die Stadt waren geschmückt mit allerlei Edelsteinen. Der erste Grundstein war ein Jaspis, der zweite ein Saphir, der dritte ein Chalzedon, der vierte ein Smaragd, 20 der fünfte ein Sardonyx, der sechste ein Sarder, der siebente ein Chrysolith, der achte ein Beryll, der neunte ein Topas, der zehnte ein Chrysopras, der elfte ein Hyazinth, der zwölfte ein Amethyst. 21 Und die zwölf Tore waren zwölf Perlen, ein jedes Tor war aus einer einzigen Perle, und der Marktplatz der Stadt war aus reinem Gold wie durchscheinendes Glas. 22 Und ich sah keinen Tempel darin; denn der Herr, der allmächtige Gott, ist ihr Tempel, er und das Lamm. 23 Und die Stadt bedarf keiner Sonne noch des Mondes, dass sie ihr scheinen; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm. 24 Und die Völker werden wandeln in ihrem Licht; und die Könige auf Erden werden ihre Herrlichkeit in sie bringen. 25 Und ihre Tore werden nicht verschlossen am Tage; denn da wird keine Nacht sein. 26 Und man wird die Pracht und den Reichtum der Völker in sie bringen. 27 Und nichts Unreines wird hineinkommen und keiner, der Gräuel tut und Lüge, sondern allein, die geschrieben stehen in dem Lebensbuch des Lammes. (Offb 21,14 LUT)

Rudolf Steiner bemerkt dazu:

"Wir sehen sich herauserheben aus der Kraft der weißen Magier die vorbereitenden Gestalten, die hinüberleben sollen als die Gestalten der nächsten Erdenverkörperung, des Jupiters: das neue Jerusalem sehen wir aus der weißen Magie sich erheben." (Lit.: GA 104, S 232)

Das Würfelkonzept der Kabbala

Das Würfelkonzept wurde auch in der jüdischen Kabbala verwendet, erstmals schon im Sefer Jetzira, wird hier aber nicht primär auf die künftige, sondern auf die gegenwärtige Schöpfung bezogen.

Mehr dazu unter dem Stichwort: Raumwürfel

Der Aufbau des Neuen Jerusalem im Menschen

So wie die Arche Noah auf die physische Leibesform des Menschen unseres gegenwärtigen fünften Hauptzeitalters und der Salomonische Tempel bereits auf das nach der Zeit der Kulturepochen liegende sechste Hauptzeitalter verweist, so ist die Schilderung des Neuen Jerusalems eine Vorschau darauf, wie der Mensch auf der nächsten kosmischen Inkarnation unserer Erde gestaltet sein wird.

In seinen Vorträgen über Apokalypse und Priesterwirken hat Rudolf Steiner sehr ausgeführlich geschildert, wie der Aufbau des Neuen Jerusalems eigentlich im Menschen stattfindet. Bis zum Mysterium von Golgatha bzw. bis zur Zerstörung des alten Jerusalems überwog der Aufbau von unten aus den Naturkräften, seitdem ist der Aufbau von oben aus den geistigen Kräften wichtiger und das ist der Aufbau des geistigen neuen Jerusalems. Steiner schildert dabei, wie die mit der Nahrung aufgenommenen irdischen Stoffe tatsächlich nur die Organe des Nerven-Sinnes-Systems aufbauen, nicht aber den Stoffwechsel-Gliedmaßen-Menschen. Das ist auch an der Umwandlung des Gehirns abzulesen, durch die das Vorderhirn immer ähnlicher einem Verdauungsorgan wird. Äußerlich sichtbar wird das in der Physiognomie des Menschen in der zunehmenden Aufwölbung der Stirn, namentlich über das Stadium des klassischen griechischen Profils hinaus, bei dem Nasenrücken und Stirne noch in einer Linie verliefen. Dadurch drückt sich die Dreigliederung des menschlichen Organismus erst vollkommen auch in der Schädelbildung aus und im Seelenleben trennen sich Denken, Fühlen und Wollen voneinander. Die Kinnpartie, die dem Wollen entspricht, hatte sich schon in der Ägyptisch-Chaldäischen Zeit deutlich abzusetzen begonnen, aber Denken und Fühlen waren auch noch in der Antike stark ineinander verwoben. Heute haben sich die drei Seelenkräfte bereits sehr stark voneinander getrennt und müssen aktiv durch das Ich zusammengehalten werden.

„Man hatte es stark empfunden in alten Zeiten, daß der Mensch ja aus der geistigen Welt stammt, daß er aber eine Entwickelung hat, die ihn mit demjenigen stark verbindet, das in der physisch-sinnlichen Welt ihm entgegenkommt. Man hat stark diese Verbindung mit der physisch-sinnlichen Welt gefühlt und war der Ansicht, daß der Mensch gerade dadurch ein sündiges, ein sündenhaftes Wesen geworden ist, daß er sich mit der Materie der Erde verbindet.

Nun, demgegenüber sollte eine andere Zeit vorbereitet werden, und sie wird vom Apokalyptiker vorausgesehen und vorausverkündet. Das Bild, die rechte Imagination dafür, suchte er, um dasjenige, was hinter diesem Geheimnis steckt, in imaginativen Bildern vor die Seelen hinzustellen. Und so erneuert er, faßt er zusammen eine Vorstellung, die in der hebräischen Geheimlehre gang und gäbe war. In der hebräischen Geheimlehre zeigt man das folgende: Die Seelen kommen aus der geistigen Welt. Diese Seelen, die aus der geistigen Welt kommen, umkleiden sich mit dem, was von der Erde kommt; und wenn die Seelen sich äußerlich, für die alleräußerlichsten Verrichtungen des Geistes Häuser bauen, so entstehen Städte. Wenn sie aber die inneren Verrichtungen der menschlichen Seele umhüllen, so entsteht eben der menschliche Leib aus den Bausteinen der Erde. Es floß der Begriff des äußeren Wohnstättenbauens mit dem Begriff des eigenen Leibbauens zusammen. Und das war ja ein schönes, ein wunderbar schönes Bild, weil es sachlich begründet ist, daß man ein Haus als dasjenige ansah, in dem sozusagen das Verbreiten und Fortsetzen der Taten und Seelenvorgänge, Seelenfunktionen, seine Umhüllung findet, und daß man in dem äußeren Haus sozusagen die Hülle dafür sah. Man hatte diese wunderschöne Vorstellung: Wenn ich für mein äußeres Tun ein Haus aus Erdenmaterie auferbaue, so ist die Hausmauer, das ganze Haus, eine Hülle für das, was ich tue. Das ist nur eine erweiterte, ich möchte sagen, eine verhärtete, sklerotisierte Fortsetzung dessen, was der Mensch sich als erstes Haus gebaut hat, denn als erstes Haus baut sich der Mensch ein Haus für die inneren Verrichtungen der Seele, und das ist sein Körper. Und wenn er nun seinen Körper als Haus hat, so baut er sich ein zweites Haus, das nun eben aus den Ingredienzien der Erde gebaut wird. Es war eine ganz gang und gäbe Vorstellung, daß man den Körper wirklich als Haus ansah und dieses Haus sozusagen als die Hülle, die der Mensch sich anzieht hier in der physischen Erdenwelt. Daher sah man das, was aus dem Seelenbildenden hervorgeht, an als ein Häuserbauen der Menschen.

Es war ja in älteren Zeiten der Mensch wirklich auch äußerlich stark zusammengewachsen mit dem, was sein Haus war und dergleichen. Wir wollen es zeichnen: Hier (Tafel 7, rechts unten) hat er seinen Körper mit der Haut. Und würde er jetzt im Verlauf seines Lebens noch eine andere Haut kriegen für die äußerliche Wirksamkeit der Seele, so wäre das wie ein Zelt, nur wächst das Zelt nicht von selber, sondern der Mensch macht es sich.

Tafel 7
Tafel 7

Nun hat man gerade in der hebräischen Geheimlehre dieses Zusammenfließen im Beherrschen des Irdischen und im Aufnehmen der irdischen Ingredienzien zur menschlichen Entwickelung auf eine ganz bestimmte Art angesehen. Sehen Sie, in bezug auf das Physische wird man zugeben: Die Erde ist so eingerichtet, daß sie einen Nordpol hat, daß sich dort gewissermaßen die Kälte sammelt; und man kann äußerlich physisch-geographisch aus der Natur der Erde diesen Nordpol beschreiben und ihn als etwas Wesentliches der Erde ansehen. Die hebräische Geheimlehre hat das auch mit dem gemacht, was an seelischer Tätigkeit in den Kräften der Erde steckt, und sah nun - wie im Sinne eines geographischen Nordpols - den Pol auf der Erde, wo alles zusammenfließt an Kultur, wo also die Versammlung der vollkommensten Häuser ist, und das sah sie in Jerusalem, in der ganz konkreten Stadt Jerusalem. Das war der Pol für die Konzentrierung der äußeren Kultur um die Menschenseele herum, und die Krönung dieser Stadt war der Salomonische Tempel.

Nun fühlte man, daß dies in der Evolution der Erde erschöpft ist. Diejenigen, die etwas von der hebräischen Geheimlehre verstanden, die sahen in dem, was auf das Mysterium von Golgatha folgte, in der Zerstörung Jerusalems, nicht ein äußeres Ereignis, das durch die Römer bewirkt wurde. Die Römer waren nur die Handlanger der geistigen Machte, die das ausführten, was ganz im Plan der geistigen Mächte war. Denn, so stellten sie es sich vor: Diese alte Art, von der Erde aus die Ingredienzien zu suchen, um den Menschenleib als Haus zu erbauen, ist erschöpft. Indem Jerusalem zu seiner Größe gekommen ist, ist alles das erschöpft, was von der Erde aus an Substanz, an Materialität verwendet werden konnte, um den Menschenleib als Haus zu erbauen.

In das Christliche umgesetzt, bedeutet diese hebräische Geheimlehre: Wäre das Mysterium von Golgatha nicht geschehen, so wäre dennoch die Zerstörung Jerusalems gekommen. Aber es wäre nicht hineingelegt worden in diesen Untergang des mit Hilfe der Erde schaffenden Menschenwesens dasjenige, was Neugestaltung werden kann. Gewissermaßen der Keim zu einer völligen Neugestaltung ist in das Jerusalem hineingelegt, das zum Untergang bestimmt war. Die Mutter Erde erstirbt in Jerusalem. Die Tochter Erde lebt in der Erwartung eines anderen Keimes. Da werden dann nicht mehr durch Heranziehen der Ingredienzien aus der Erde die Leiber gebaut und die Häuser des alten Jerusalem, das dastand als die Krönung desjenigen, was auf der Erde vor sich geht, sondern die Erde erhebt sich als ein geistiger Pol des alten Jerusalem. Nicht mehr wird man imstande sein, aus den Ingredienzien der Erde heraus so etwas zustande zu bringen wie das alte Jerusalem. Dafür tritt aber die andere Zeit ein, die im Keime veranlagt wurde durch das Mysterium von Golgatha. Die Menschen bekommen nun von oben herunter das, was ihr Inneres umhüllt (Tafel 7), mehr von außen. Die neue Stadt senkt sich von oben herunter und gießt sich über die Erde aus: das neue Jerusalem. Das alte Jerusalem war aus der Erde und ihren Stoffen, das neue Jerusalem ist aus dem Himmel und seinen geistigen Ingredienzien.

Sie werden eine solche Vorstellung zunächst merkwürdig finden gegenüber alle dem, was in unserer Zeit gedacht wird und was Sie eben lernen konnten aus dem, was in unserer Zeit gedacht wird. Wie stellt man sich denn in unserer Zeit anatomisch-physiologisch den Menschen in seiner Entwickelung vor? Er ißt, er bekommt Stoffe der Nahrung in seinen Magen, er verdaut sie, wirft gewisse Stoffe ab und ersetzt das, was ersetzt werden muß, durch die Stoffe, die er aufnimmt.

So ist es aber nicht, sondern der Mensch ist ein dreigliedriges Wesen, er ist Nerven-Sinnes-Mensch, er ist rhythmischer Mensch und er ist Stoffwechsel-Gliedmaßen-Mensch. In den eigentlichen Stoffwechsel-Gliedmaßen-Menschen geht substantiell gar nichts von dem hinein, was in den Nahrungsmitteln liegt, sondern das nimmt alles der Nerven-Sinnes-Mensch auf. Der Nerven-Sinnes-Mensch nimmt das auf, was gebraucht wird an Salzen und an solchen Stoffen, die immer fein verteilt sind in Luft und Licht, und leitet es in den Stoffwechsel-Gliedmaßen-Menschen. Der Stoffwechsel-Gliedmaßen-Mensch wird ganz von oben herunter genährt. Es ist gar nicht wahr, daß er aus den physischen Nahrungsmitteln seine Substanzen erhält. Wenn Substantielles von der Erde in den Stoffwechsel-Gliedmaßen-Menschen kommt, so ist schon die Krankheit da. Alles, was durch die Nahrung aufgenommen und was verdaut wird, alles das versorgt nur die Organe des Nerven-Sinnes-Menschen. Gerade der Kopf ist dasjenige, was substantiell von der Erde aus gebildet wird. Die Organe des Stoffwechsel-Gliedmaßen-Menschen hingegen sind vom Himmel aus gebildet. Das, was im rhythmischen Menschen ist, hat eine nach beiden Seiten hin gehende ausgleichende Bedeutung. Der Mensch ißt nicht den Sauerstoff der Luft, sondern er atmet ihn ein. Es ist eine gröbere Art, wie der Mensch durch sein Nerven-Sinnes-System Substantielles aufnimmt, als für den Stoffwechsel-Gliedmaßen-Menschen. Eine ungeheuer verfeinerte Atmung ist es, wodurch der Mensch das aufnimmt, was er für den Stoffwechsel-Gliedmaßen-Menschen braucht. Die Atmung ist demgegenüber etwas Gröberes. Und was der Mensch mit dem Sauerstoff macht — Kohlensäure erzeugen -, das ist wiederum etwas Feineres gegenüber dem, was geschieht, damit die Nahrungsmittel, die durch den Magen gehen, den Kopf versorgen können. Der Übergang ist im rhythmischen Menschen.

Das ist die Wahrheit über den Bau des menschlichen Organismus und seine Prozesse. Was heute gelehrt wird in Anatomie und Physiologie, ist vor dem Antlitz der Wahrheit nur ein Unsinn, herbeigeführt durch die materialistische Anschauung. In dem Augenblick, wo man so etwas weiß, weiß man, daß nicht nur das, was den menschlichen Körper aufbaut, von unten herauf kommt, vom Pflanzen-, Mineral- und Tierreich der Erde, sondern daß das, was gerade seine oftmals als die gröbsten angesehenen Organe ernährt, das von oben Kommende ist. Da wird man sich vor allem klar vorstellen können, daß eine Art Überschuß in der Ernährung von unten da war bis zu der Zeit, wo Jerusalem zugrunde ging. Dann beginnt wirklich mit dem Mysterium von Golgatha allmählich das wichtig zu werden, was von oben kommt.

Wenn auch die Menschen in der genannten Art diese Tatsachen verkehrt haben, heute wird zunächst die Entwicklung so vollzogen, daß in vieler Beziehung an die Stelle der alten Ernährung von unten die Ernährung von oben die Hauptsache bildet. Damit wird auch der Mensch umgebildet. Unser Kopf gleicht nicht mehr den Köpfen der Alten. Die Köpfe der Alten waren vielmehr so gebildet, daß sie eine etwas weiter zurückgehende Stirne hatten (Tafel 7). Die heutige Stirn des Menschen ist hervortretend, das äußere Gehirn ist wichtiger geworden. Das ist schon die Umgestaltung, denn gerade das, was da wichtiger wird im Gehirn, ist den Verdauungsorganen ähnlicher als das, was darunter liegt. Das peripherische Gehirn wird den Verdauungsorganen des Menschen ähnlicher als die feinen Gewebe des mittleren Gehirns, das heißt, die Fortsetzung der Sinnesnerven weiter gegen den Mittelpunkt des Kopfes hin. Denn gerade das, was Organ des Stoffwechsels ist, wird von oben ernährt.

Diese Dinge kann man bis ins einzelnste wirklich einsehen, wenn man den Willen hat, gegenüber gewissen Dingen so zu reden, wie der Apokalyptiker sagt: Hier ist Weisheit. - Nur ist in unserer gewöhnlichen Erkenntnis, die heute unter den Menschen lebt und webt, nicht Weisheit, sondern Finsternis. Das, was man heute Ergebnisse der Wissenschaft nennt, ist durchaus Ergebnis des Kaliyuga, der äußersten Verfinsterung der menschlichen Mentalität. Man sollte das als ein Geheimnis betrachten und es nicht auf die Straße tragen, denn das Esoterische besteht darin, daß es eben in einem gewissen Kreis bleibt.

Sehen Sie, das hat schon begonnen seit dem Mysterium von Golgatha, dieses Heranwachsen des neuen Jerusalem. Der Mensch wird, wenn seine Erdenzeit völlig erfüllt ist, dazu gekommen sein, daß er nicht nur durch seine Sinne in seinen eigenen Leib die Himmelssubstanz hineinarbeitet, sondern daß er diese Himmelssubstanz durch das, was man geistiges Wissen und Kunst nennt, auch ausdehnt auf das, was dann die äußere Stadt sein wird, auf die Fortsetzung des Leibes in dem Sinne, wie ich das auseinandergesetzt habe. Das alte Jerusalem war von unten nach oben gebaut, das neue Jerusalem wird von oben nach unten ganz wirklich gebaut sein. Das ist die gewaltige Perspektive, die aus einer Vision, aus einer überkolossalen Vision des Apokalyptikers aufgegangen ist. Ihm geht dieses Gewaltige auf: Da steigt alles, was die Menschen bauen konnten, aus dem Erdboden auf nach oben, und das konzentrierte sich in dem alten Jerusalem. Das hat nun ein Ende. Er sah dieses Aufsteigen und dieses Abschmelzen in dem alten Jerusalem und er sah die Menschenstadt des neuen Jerusalem herabkommen von oben, von den geistigen Welten.“ (Lit.:GA 346, S. 132ff)

Gralsburg

In einem überlieferten Gespräch mit Johanna Gräfin Keyserlingk zeigt Steiner auch die Verbindung zur Gralsburg auf: Die Gralsburg existiere wirklich in der ätherischen Welt. Das neue Jerusalem sei das Urbild, wie es in Zukunft sein werde.[3]

Die Grals-Imagination enthüllt sich, wenn wir während des Schlafes geistig auf den Ätherleib zurückblicken können:

„Bedenken wir, was der Schlaf ist: Dasjenige, was mit Bewußtsein den physischen und ätherischen Leib durchdringt, ist draußen; da drinnen gehen jetzt nur sozusagen vegetative Vorgänge vor sich, spielt sich alles ab, was die während des Tages verbrauchten Kräfte wiederum ersetzt. Ja, das nehmen wir wahr, nehmen wahr, wie da aus dem Physischen heraus die Kräfte, die namentlich im Gehirn verbraucht worden sind, ersetzt werden. Aber nicht so, daß wir das Gehirn sehen würden wie der Anatom, sondern wir sehen, wie der Mensch der physischen Welt, dessen wir uns während des Tagwachens für unser Bewußtsein bedienen, wie dieser Mensch — von uns verlassen zwar, aber deutlich zeigend, daß er unser Werkzeug ist — gleichsam verzaubert in einer Burg liegt.

Wie unser Gehirn innerhalb der Schädeldecke wie ein Sinnbild liegt, so erscheint uns unser Menschenwesen auf Erden wie eine verzauberte Wesenheit, in einer Burg lebend. Wir treten unserer Menschenwesenheit entgegen wie einer Wesenheit, die wie gefangen, umschlossen von Felsenmauern ist. Das Sinnbild, das gleichsam wiederum zusammengezogene Sinnbild davon ist unsere Schädeldecke. Von außen erscheint uns das als die kleine Schädeldecke. Wenn wir aber auf die ätherischen Kräfte blicken, die zugrunde liegen, so erscheint uns in der Tat das, was Erdenmensch ist, wie da drinnen in der Schädeldecke sich befindend und eingefangen in dieser Burg. Und dann strömen herauf aus dem anderen Organismus die Kräfte, die diesen Menschen unterhalten, der eigentlich in der Schädeldecke drinnen ist wie in einem mächtigen Schlosse. Da strömen die Kräfte herauf. Zunächst strömt diejenige Kraft herauf, die da kommt aus dem im Organismus verbreiteten Werkzeug des astralischen Menschenleibes; es strömt herauf alles das, was erglüht und mächtig den Menschen macht durch die Nervenstränge; das alles strömt zusammen in den irdischen Gehirnmenschen: das erscheint einem als das «mächtige Schwert», das der Mensch sich auf der Erde geschmiedet hat. — Dann dringen herauf die Kräfte des Blutes; diese Kräfte des Blutes — man fühlt allmählich, man lernt erkennen — erscheinen einem als das, was eigentlich den bloß in dem Zauberschloß der Schädeldecke liegenden Gehirnmenschen verwundet: wie die «blutige Lanze» sind die Kräfte, die im Ätherleibe nach dem irdischen Menschen heraufströmen, der in dem Zauberschloß des Gehirns liegt. — Und dann gewinnt man eine Erkenntnis. Diese eine Erkenntnis ist, daß man beobachten kann, was da alles heraufströmen darf nach den edelsten Teilen des Gehirns. Davon hat man ja vorher gar keine Ahnung.

Ja, sehen Sie, da komme ich von einem anderen Gesichtspunkt aus auf das zurück, was ich schon in diesen Tagen berührt habe. Der Mensch kann nämlich noch so viel aus dem Tierreich essen: für einen gewissen Teil seines Gehirns ist das alles nicht brauchbar, ist das alles nur Ballast. Andere Organe mögen dadurch ernährt werden, aber im Gehirn gibt es etwas, wovon der ätherische Leib sogleich alles zurückstößt, was vom tierischen Reiche kommt. Ja, sogar alles das stößt der ätherische Leib zurück von einem Teil des Gehirnes, von einem kleinen edlen Teil des Gehirnes, was vom pflanzlichen Reiche kommt, und nur den mineralischen Extrakt läßt er gelten in einem kleinen edlen Teil des Gehirns; und da bringt er zusammen diesen mineralischen Extrakt mit den edelsten Einstrahlungen durch die Sinnesorgane. Das Edelste des Lichtes, das Edelste des Tones, das Edelste der Wärme berührt sich hier mit den edelsten Produkten des mineralischen Reiches; denn von der Verbindung der edelsten Sinneseindrücke mit den edelsten mineralischen Produkten nährt sich der edelste Teil des menschlichen Gehirns. Von diesem edelsten Teile des menschlichen Gehirns sondert der Ätherleib alles aus, was aus dem Pflanzen- oder Tierreich kommt. Dann dringen ja auch alle die Dinge, die der Mensch als seine Nahrung bekommen hat, herauf. Das Gehirn hat auch unedlere Teile, die halten Mahlzeit von alledem, was da heraufströmt und wovon sich eben der Organismus ernährt. Nur der edelste Teil des Gehirns muß von dem schönsten Zusammenfluß von Sinnesempfindungen und dem edelsten, gereinigten mineralischen Extrakt genährt werden. Da lernt man erkennen einen wunderbaren kosmischen Zusammenhang des Menschen mit dem ganzen übrigen Kosmos. Da blickt man sozusagen an eine Stelle des Menschen, wo sich vor einem abspielt, wie das Denken des Menschen durch das Instrument des dem Astralleibe dienenden Nervensystems das Schwert bereitet für die menschliche Stärke auf Erden; da macht man Bekanntschaft mit dem, was alles dem Blut beigemischt ist und was gewissermaßen zur Tötung gerade des Edelsten im Gehirn beiträgt. Und immerdar hält aufrecht dieses Edelste im Gehirn der Zusammenfluß der feinsten Sinnesempfindungen mit den edelsten Produkten des mineralischen Reiches. Und dann strömen nach dem Gehirne zur schlafenden Zeit, wo sich das Denken nicht mit dem Gehirne beschäftigt, die Produkte, die sich weiter abwärts im Innern gebildet haben aus dem Pflanzen- und dem Tierreich.

So ist es, wenn man in seinen eigenen Ätherleib hineindringt, wie wenn man an einem Abgrunde ankommen würde und über diesen Abgrund hinweg in seinem Ätherleibe sehen würde, was der da macht; und das erscheint alles in mächtigen Bildern, die Vorgänge des geistigen Menschen während des Schlafes darstellen. Dieses Ich und der astralische Leib, dieser geistige Mensch, der untertaucht in die Burg, die gebildet wird aus dem, was eben sich nur symbolisch in der Schädeldecke darstellt, wo schlafend, verwundet vom Blut, der Mensch liegt, dem man es ansieht, wie Gedanken seine Stärke sind — das, was sich da ernähren lassen muß von alledem, was aus den Reichen der Natur heraufdringt, was in seinem edelsten Teile von jenem Feinsten bedient werden muß, das da gekennzeichnet worden ist —, dieses alles in Bilder gebracht, gab die Gralssage. Und die Sage von dem Heiligen Gral kündet uns von jener Wunderspeise, die zubereitet ist aus den feinsten Wirkungen der Sinneseindrücke und aus den feinsten Wirkungen der mineralischen Extrakte, die dazu berufen sind, den edelsten Teil des Menschen zu ernähren sein Leben hindurch, wie er es physisch zubringt auf der Erde; denn durch alles andere würde er getötet. Diese Himmelsspeise ist das, was in dem Heiligen Gral drinnen ist.

Und das, was sonst geschieht, was aus den übrigen Reichen hinaufdringt, finden wir genugsam dargestellt, wenn wir zurückgehen auf die ursprünglich beschriebene Gralssage, da wo wir vor eine Mahlzeit geführt werden, bei der zuerst eine Hirschkuh aufgetischt wird. Das Hinaufdringen in das Gehirn, wo immerdar schwebt der Gral — das heißt das Gefäß für die edelste Nahrung des durch alles übrige getöteten menschlichen Heros, der in der Burg des Gehirns liegt -, das alles wird uns dargestellt.“ (Lit.:GA 145, S. 109ff.)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. 1 Stadium hat eine Länge von 185,22 m und entspricht 1/8 einer römischen Meile (mille passus) bzw. 625 Fuß.
  2. Die Elle entspricht dem Maß des Vorderarms vom Ellenbogen bis zur äußersten Spitze des Mittelfingers. Im ägyptischen System betrug die große, die "königliche" Elle 52,5 cm, die kleinste 45,8 cm. Nach dem babylonischen Sytem betrugen diese Maße 51,8 cm bzw. 49,5 cm. 1 Elle = 2 Spannen; 1 Spanne = 3 Handbreiten; 1 Handbreite = 4 Fingerbreiten = 1½ Fuß (siehe auch Maße und Gewichte in der Bibel)
  3. Koberwitz 1924, herausgegeben v. Adalbert Graf Keyserlingk Stuttgart 1974, S 82