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Johann Gottlieb Fichte
Anderer Philosoph gleichen Nachnamens: Immanuel Hermann Fichte.
Johann Gottlieb Fichte (* 19. Mai 1762 in Rammenau bei Bischofswerda; † 29. Januar 1814 in Berlin) war ein deutscher Erzieher und Philosoph. Er gilt neben Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und Georg Wilhelm Friedrich Hegel als wichtigster Vordenker des Deutschen Idealismus, vertrat aber im Gegensatz zu diesen einen subjektiven Idealismus.
Die Bedeutung der Wissenschaftslehre Fichtes für Rudolf Steiner
„Meine Bemühungen um naturwissenschaftliche Begriffe hatten mich schließlich dazu gebracht, in der Tätigkeit des menschlichen «Ich» den einzig möglichen Ausgangspunkt für eine wahre Erkenntnis zu sehen. Wenn das Ich tätig ist und diese Tätigkeit selbst anschaut, so hat man ein Geistiges in aller Unmittelbarkeit im Bewußtsein, so sagte ich mir. Ich meinte, man müsse nun nur, was man so anschaut, in klaren, überschaubaren Begriffen ausdrücken. Um dazu den Weg zu finden, hielt ich mich an Fichtes «Wissenschaftslehre». Aber ich hatte doch meine eigenen Ansichten. Und so nahm ich denn die «Wissenschaftslehre» Seite für Seite vor und schrieb sie um. Es entstand ein langes Manuskript. Vorher hatte ich mich damit geplagt, für die Naturerscheinungen Begriffe zu finden, von denen aus man einen solchen für das «Ich» finden könne. Jetzt wollte ich umgekehrt von dem Ich aus in das Werden der Natur einbrechen. Geist und Natur standen damals in ihrem vollen Gegensatz vor meiner Seele. Eine Welt der geistigen Wesen gab es für mich. Daß das «Ich», das selbst Geist ist, in einer Welt von Geistern lebt, war für mich unmittelbare Anschauung. Die Natur wollte aber in die erlebte Geisteswelt nicht herein. Von der «Wissenschaftslehre» ausgehend bekam ich ein besonderes Interesse für die Fichte'schen Abhandlungen «Über die Bestimmung des Gelehrten» und «Über das Wesen des Gelehrten». In diesen Schriften fand ich eine Art Ideal, dem ich selbst nachstreben wollte.“ (Lit.: GA 28, S. 51f)
Fichte und der Okkultismus
„Die Art, wie Fichte das «Ich bin» charakterisiert, ist durchaus im Sinne des Okkultismus. Wenn er auch im Felde des reinen Gedankens verbleibt, so ist doch seine Betrachtung keine bloße Spekulation, sondern wahres inneres Erlebnis...
Fichte führt das Denken bis zu dem Gipfel, von dem aus der Eintritt in das Land des Okkultismus vollzogen werden kann. Und die Vorbereitung, welche man durch ihn erlangt, ist die denkbar reinste. Denn sie hebt völlig über das Gebiet der Sinnesempfindung und über den Bereich dessen hinweg, was aus der Wunsch- und Begierdennatur des Menschen (aus seinem Astralleib) stammt. Man lernt durch Fichte leben und sich bewegen in dem ganz reinen Elemente des Denkens. Man behält nichts von der physischen Welt in der Seele, als was dieser physischen Welt aus höheren Regionen eingepflanzt ist, nämlich die Gedanken. Und diese bilden eine bessere Brücke zu den spirituellen Erlebnissen, als die Ausbildung anderer psychischer Fähigkeiten.“ (Lit.: GA 35, S. 56f)
Frühere Inkarnationen
Nach Rudolf Steiner war Fichtes Individualität früher verkörpert als Baruch de Spinoza (1632—1677) und zur Zeitenwende als Philon von Alexandria (* um 15/10 v. Chr.; † nach 40 n. Chr.).
„Als Beispiel für eine regelmäßige Entwicklung einer Individualität können wir betrachten einen Zeitgenossen von Jesus, Philo von Alexandrien. Seine Individualität kam wieder als Spinoza und dann als Johann Gottlieb Fichte. Wir haben hier also eine durchgehende Individualität in drei Persönlichkeiten. Liest man Fichte ohne Kenntnis dieser Vorgänge, so versteht man ihn nur wenig. Mit dieser Kenntnis aber findet man, daß seine Worte mit Feuerschrift geschrieben sind. Alle diese großen Geister haben eine regelmäßige Entwicklung durchgemacht.“ (Lit.: GA 88, S. 184)
„Denn dieselbe Individualität ist ja Spinoza und Fichte, wie vielleicht schon einige unserer Freunde wissen.“ (Lit.: GA 158, S. 213)
Zitate
„Im Geiste, in der in sich selber gegründeten Lebendigkeit des Gedankens, ruhet das Leben, denn es ist ausser dem Geiste gar nichts wahrhaftig da. Wahrhaftig leben, heisst wahrhaftig denken und die Wahrheit erkennen.“
„Das, was man Tod nennt, kann mein Werk nicht abbrechen; denn mein Werk soll vollendet werden, und es kann in keiner Zeit vollendet werden, mithin ist meinem Daseyn keine Zeit bestimmt, - und ich bin ewig. Ich habe zugleich mit der Uebernehmung jener grossen Aufgabe die Ewigkeit an mich gerissen. Ich hebe mein Haupt kühn empor zu dem drohenden Felsengebirge, und zu dem tobenden Wassersturz, und zu den krachenden, in einem Feuermeere schwimmenden Wolken, und sage: ich bin ewig, und ich trotze eurer Macht! Brecht alle herab auf mich, und du Erde und du Himmel, vermischt euch im wilden Tumulte, und ihr Elemente alle, - schäumet und tobet, und zerreibet im wilden Kampfe das letzte Sonnenstäubchen des Körpers, den ich mein nenne; - mein Wille allein mit seinem festen Plane soll kühn und kalt über den Trümmern des Weltalls schweben; denn ich habe meine Bestimmung ergriffen, und die ist dauernder, als ihr; sie ist ewig, und ich bin ewig, wie sie.“
Werke (Auswahl)
Wissenschaftslehre
Die Wissenschaftslehre, Fichtes Hauptwerk, wurde von ihm mehrfach überarbeitet. u. a.:
- Über den Begriff der Wissenschaftslehre oder der sogenannten Philosophie (1794) (Digitalisat und Volltext)
- Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre (1794/1795)
- Wissenschaftslehre nova methodo (1796–1799)
- Versuch einer neuen Darstellung der Wissenschaftslehre (1797/1798)
- Die Wissenschaftslehre (1804) sowie folgende Ausgaben (1812) und (1813).
Weitere Werke
- Versuch einer Critik aller Offenbarung (1792)[3]
- Beitrag zur Berichtigung der Urteile des Publikums über die französische Revolution (PDF; 1 MB) (1793)
- Einige Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten (1794)
- Grundlage des Naturrechts (1796)
- Das System der Sittenlehre nach den Principien der Wissenschaftslehre (1798)
- Appellation an das Publikum über die durch Churf. Sächs. Confiscationsrescript ihm beigemessenen atheistischen Aeußerungen. Eine Schrift, die man zu lesen bittet, ehe man sie confsicirt (1799)
- Der geschlossene Handelsstaat. Ein philosophischer Entwurf als Anhang zur Rechtslehre und Probe einer künftig zu liefernden Politik (1800)
- Die Bestimmung des Menschen (1800)
- Friedrich Nicolais Leben und sonderbare Meinungen (1801)
- Philosophie der Maurerei. Briefe an Konstant (1802/03)
- Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters (1806)
- Die Anweisung zum seligen Leben oder auch die Religionslehre (1806)
- Ueber das Wesen des Gelehrten, und seine Erscheinungen im Gebiete der Freiheit (1806)
- Reden an die deutsche Nation (1807/1808) (Digitalisat und Volltext)
- Das System der Rechtslehre (1812)
Siehe auch
- Kategorie:Johann Gottlieb Fichte - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Johann Gottlieb Fichte - Artikel in der deutschen Wikipedia
Literatur
- Rudolf Steiner: Mein Lebensgang, GA 28 (2000), ISBN 3-7274-0280-6; Tb 636, ISBN 978-3-7274-6361-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Philosophie und Anthroposophie, GA 35 (1984), ISBN 3-7274-0350-0 html
- Rudolf Steiner: Über die astrale Welt und das Devachan, GA 88 (1999), ISBN 3-7274-0880-4
- Rudolf Steiner: Der Zusammenhang des Menschen mit der elementarischen Welt, GA 158 (1993), ISBN 3-7274-1580-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv. Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen. Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners. |
Weblinks
- Werke von Johann Gottlieb Fichte als Online-Texte im Projekt Gutenberg-DE (mit Einführung)
- Johann Gottlieb Fichte Audio
Einzelnachweise
- ↑ Johann Gottlieb Fichtes sämmtliche Werke. Band 5, Berlin 1845/1846, Seite 410 Text
- ↑ Johann Gottlieb Fichte: Einige Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten, verlegt bei Christion Ernst Gabler, Jena und Leipzig 1794, 3. Vorlesung, S. 69f. archive.org
- ↑ Online, Faksimile; 2. Auflage 1793: Versuch einer Kritik aller Offenbarung, bei Projekt Gutenberg, zeno.org; Faksimiles bei gallica, bei google books, bei archive.org.
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