gemeinsam neue Wege der Erkenntnis gehen
Eine freie Initiative von Menschen bei anthrowiki.at anthrowiki.at, anthro.world anthro.world, biodyn.wiki biodyn.wiki und steiner.wiki steiner.wiki
mit online Lesekreisen, Übungsgruppen, Vorträgen ...
Wie Sie die Entwicklung von AnthroWiki durch Ihre Spende unterstützen können, erfahren Sie hier.

Use Google Translate for a raw translation of our pages into more than 100 languages.
Please note that some mistranslations can occur due to machine translation.
Alle Banner auf einen Klick

Lysosomale Speicherkrankheit

Aus AnthroWiki

Lysosomale Speicherkrankheiten (LSK) sind eine Gruppe von etwa 45 erblich bedingten Stoffwechselerkrankungen, die durch Fehlfunktionen im Lysosom ausgelöst werden. Die Erkrankungen sind monogenetisch.[1] In der angelsächsischen Fachliteratur wird meist der Begriff Lysosomal Storage Diseases (LSDs) verwendet.

Beschreibung

Das Lysosom ist ein in den meisten Körperzellen vorhandenes Zellorganell. Die wichtigste Aufgabe des Lysosoms ist der Abbau („Verdauung“) von körperfremden, aber auch körpereigenen Substanzen. Bei diesen Substanzen handelt es sich um Makromoleküle wie Proteine, Polysaccharide, Nucleinsäuren und Lipide. Der Abbau wird durch eine Reihe von Enzymen katalysiert. Bei den Enzymen handelt es sich um hydrolysierende (aufspaltende) Enzyme, sogenannte Hydrolasen wie beispielsweise Proteasen, Nukleasen und Lipasen.

Ist die Aktivität eines dieser Enzyme deutlich herabgesetzt, das heißt, das Enzym kann den Abbau eines Makromoleküls nicht mehr oder nur erheblich langsamer katalysieren, so reichern sich die abzubauenden Makromoleküle zunächst in der Zelle an. Ab einer bestimmten Konzentration können sie über die Plasmamembran unkontrolliert in die extrazelluläre Matrix gelangen und sich so im gesamten Organismus anreichern.

Die Ursache für eine verminderte Enzymaktivität kann ein Regulationsproblem oder ein Defekt im Genom des betroffenen Patienten sein. Im letzteren Fall kann das codierende Gen durch Mutation so verändert sein, dass das Enzym in seiner Sekundär- oder Tertiärstruktur verändert ist und es weniger wirksam ist. Der genetische Defekt kann an die nächste Generation weitergegeben werden. Je nach Erbgang bedeutet die Weitergabe des Gendefektes nicht automatisch eine Erkrankung der Nachkommen. Mukopolysaccharidose Typ II (Morbus Hunter) und Morbus Fabry werden X-chromosomal, alle anderen autosomal-rezessiv vererbt.

Von der reduzierten Enzymaktivität sind meist die Organe Leber, Milz und Haut, aber auch das Nervensystem, Knorpel und Knochen betroffen.

Neben der reduzierten Enzymaktivität können auch fehlende oder defekte Membrantransporter zu einer Anreicherung (Speicherung) von Stoffwechselprodukten in der Zelle führen. Dies ist bei etwa fünf der bisher bekannten lysosomalen Speicherkrankheiten der Fall.[2]

Der einzelne Defekt im Protein oder Membrantransporter kann zu einem sehr komplexen Krankheitsverlauf führen. Generell werden die lysosomalen Speicherkrankheiten in drei Gruppen eingeteilt: schwere infantile, mittelschwere juvenile und milde adulte Formen.[2]

Prävalenz

Die Gesamthäufigkeit aller lysosomalen Speicherkrankheiten liegt bei etwa 1 auf 7500[3] bis 8000[1] Neugeburten.

Therapie

Es besteht die Möglichkeit, gentechnisch erzeugte Enzyme mittels Infusion den betroffenen Patienten zuzuführen. Die Enzymersatztherapie (ERT) ist bei einigen Krankheiten wie beispielsweise Morbus Hunter (Idursulfase) oder Morbus Gaucher (Imiglucerase) mittlerweile ein etabliertes Verfahren. Daneben hat sich bei einigen Syndromen die Stammzelltransplantation bewährt.

Die Enzymersatztherapie bietet nur für innere Organe und Bindegewebe eine Behandlungsmöglichkeit. Im Fall von Knochengewebe oder im Bereich des Zentralnervensystems versagt sie, denn die Blut-Hirn-Schranke stellt für Enzyme eine unüberwindbare Barriere dar. In solchen Fällen können niedermolekulare Verbindungen, die eine Neubildung der im Lysosom nicht abbaubaren Makromoleküle verhindern oder zumindest reduzieren, einen Therapieansatz darstellen (Substratreduktionstherapie (SRT)).

Ein weiterer Therapieansatz ist die Chaperon-Therapie. Mit ihr sollen die defekten Enzyme in vivo aktiviert werden.[3] Als Wirkstoff sollen dabei zuckerähnliche Substanzen zum Einsatz kommen, die positiv auf die richtige Faltung der Enzyme einwirken und so die Aktivität der Enzyme erhöhen, beziehungsweise deren Abbau im Proteasom im Rahmen der Proteinqualitätskontrolle verhindern. Der Name ist insofern irreführend, als dass lediglich die Funktion eines Chaperons (einer Klasse von Proteinen, die ebenfalls bei der Faltung von Polypeptidketten beteiligt sind) imitiert werden soll, aber tatsächlich Iminoaldite (pharmakologische Chaperone) statt der körpereigenen molekularen Chaperonen verwendet werden. Die Wirksamkeit dieser Wirkstoffklasse wird derzeit bei Morbus Gaucher[4] und Morbus Fabry (Migalastat, in klinischer Phase III) erprobt. Es ist noch kein zugelassener Wirkstoff erhältlich.

Ein vielversprechender zukünftiger, aber noch weitgehend in den Anfängen befindlicher, Therapieansatz ist die Gentherapie.[5]

Die Einzelkrankheiten

Syndrom Enzym/Transporter Chromosom/Genlocus
(Gen)
Prävalenz ICD-10
Mukopolysaccharidosen        
Hurler-Pfaundler-Syndrom (MPS I-H) α-L-Iduronidase 4q16.3    
Scheie-Krankheit (MPS I-S) α-L-Iduronidase 4q16.3  
Hurler-Scheie-Syndrom (MPS I-H/S) α-L-Iduronidase 4q16.3  
Hunter-Syndrom (MPS II) Iduronat-2-Sulfatase Xq27.3-28 1:136.000 E76.1
Sanfilippo-Syndrom Typ A (MPS IIIA) Heparansulfatsulfamidase (SGSH) 17q25.3 1:114.000 E76.2
Sanfilippo-Syndrom Typ B (MPS IIIB) α-N-Acetylglukoseamidase (NAGLU) 17q21 1:211.000 E76.2
Sanfilippo-Syndrom Typ C (MPS IIIC) Acetyl-CoA α-Glukosaminid-N-Acetyltransferase (HGSNAT) 8p11.1 1:1.407.000 E76.2
Sanfilippo-Syndrom Typ D (MPS IIID) N-Acetyl-Glukosamin-6-Sulfatsulfatase (GNS) 12q14 1:1.056.000 E76.2
Morquio-Syndrom Typ A (MPS IVA) N-Acetyl-Glukosamin-6-Sulfatsulfatase 16q24.3 1:169.000  
Morquio-Syndrom Typ B (MPS IVB) β-Galactosidase 3p21.3    
Morquio-Syndrom Typ C (MPS IVC)    
Maroteaux-Lamy-Syndrom (MPS VI) Arylsulfatase B 5q11-13 (ARSB) 1:235.000  
Sly-Syndrom (MPS VII) β-Glucuronidase 7q21.1-11 1:2.111.000  
Mukolipidosen (ML)     1:325000  
Sialidose Typ II (ML Typ I) Neuraminidase 6p21.3 1:>4.200.000 E77.1
I-Zellkrankheit (ML Typ IIα/β) Phosphotransferase 12q23.3 (GNPTAB) 1:330.000 (inkl. ML III) E77.0
Pseudo-Hurler Polydystrophie (ML Typ IIIα/β) Phosphotransferase 12q23.3 (GNPTAB) 1:330.000 (inkl. ML II) E77.0
Sialolipidose (ML Typ IV) Mucolipin-1 19p13.3-p13.2 (MCOLN1)  
Sphingolipidosen        
GM1-Gangliosidose Typ I β-Galactosidase 3p21.3 (GLB1) 1:384.000 (Typ I, II + III) E75.1
GM1-Gangliosidose Typ II β-Galactosidase 3p21.3 1:384.000 (Typ I, II + III) E75.1
GM1-Gangliosidose Typ III β-Galactosidase 3p21.3 1:384.000 (Typ I, II + III) E75.1
Tay-Sachs-Syndrom β-Hexosaminidase A 15q23-24 (HEXA) 1:201.000 E75.0
Sandhoff-Krankheit β-Hexosaminidase A & B 5q13 (HEXB) 1:130.000 E75.0
Tay-Sachs-Syndrom AB Variante (GM2-Aktivator-Mangel) GM2-Aktivator 5q31.3-q33.1   E75.0
Morbus Fabry α-Galactosidase Xq22 (GLA) 1:117.000 E75.2
Morbus Gaucher Typ I Glucocerebrosidase 1q22 (GBA) 1:57.000 (alle Morbus Gaucher zusammen) E75.2
Morbus Gaucher Typ II Glucocerebrosidase 1q22 (GBA) 1:57.000 (alle Morbus Gaucher zusammen) E75.2
Morbus Gaucher Typ III Glucocerebrosidase 1q22 (GBA) 1:57.000 (alle Morbus Gaucher zusammen) E75.2
Morbus Gaucher Typ IIIC Glucocerebrosidase 1q22 (GBA) 1:57.000 (alle Morbus Gaucher zusammen) E75.2
Morbus Gaucher perinatal letal Glucocerebrosidase 1q22 (GBA) 1:57.000 (alle Morbus Gaucher zusammen) E75.2
Metachromatische Leukodystrophie (MLD) Arylsulfatase A 22q13.3 (ARSA) 1:92.000 E75.2
Saposin-B-Mangel Saposin B 10q22.1 (PSAP)    
Morbus Krabbe Galactosylceramidase 14q31 (GALC) 1:201.000  
Morbus Krabbe atypisch, SAPOSIN-A-Mangel Saposin A 10q22.1 (PSAP)  
Niemann-Pick-Krankheit Typ A Sphingomyelinase 11p15.4-p15.1 (SMPD1) 1:218.000 (A+B zusammen) E75.2
Niemann-Pick-Krankheit Typ B Sphingomyelinase 11p15.4-p15.1 (SMPD1) 1:218.000 (A+B zusammen) E75.2
Niemann-Pick-Krankheit Typ C1 NPC1-Protein 18q11-q12 (NPC1) 1:211.000 E75.2
Niemann-Pick-Krankheit Typ C2 NPC2-Protein 1424.3 (NPC2)   E75.2
Morbus Gaucher Saposin-C-Mangel Saposin C 10q22.1 (PSAP)    
Farber-Syndrom saure Ceramidase 8p22-p21.3 (ASAH)    
Multipler Sulfatase-Mangel Fgly-Generating Enzyme 3p26 (SUMF1) 1:407.000  
Oligosaccharidosen        
α-Mannosidose α-Mannosidase 19cen-q12 (MAN2B1) 1:1.056.000 E77.1
β-Mannosidose β-Mannosidase 4q22-q25 (MANBA)   E77.1
Fukosidose α-Fucosidase 1p34 (FUCA1) 1:2.000.000 E77.1
Aspartylglukosaminurie Aspartylglukosaminidase 4q32-33 (AGA) 1:2.111.000 E77.1
Morbus Schindler Typ I α-Galactosaminidase 22q11 (NAGA) 1:528.000  
Sialinsäure-Speicherkrankheit infantil (ISSD) Sialinsäure-Transporter (Sialin) 6q14-15 (SLC17A5) 1:500.000  
Sialinsäure-Speicherkrankheit adult (Salla-Krankheit) Sialinsäure-Transporter (Sialin) 6q14-15 (SLC17A5) 1:500.000  
Galaktosialidose (Goldberg-Syndrom) Protektives Protein 20q13.1 (GLB2)    
Neuronale Ceroid-Lipofuszinosen        
Neuronale Ceroid-Lipofuszinose 1 Palmitoyl-Thio-Esterase 1p32 (CLN1)    
Neuronale Ceroid-Lipofuszinose 2 Tripeptidyl-Peptidase 1 11p15.5 (TPP1)    
Neuronale Ceroid-Lipofuszinose 3 (Batten-Syndrom) 16p12.1 (CLN3)  
Neuronale Ceroid-Lipofuszinose 4A  
Neuronale Ceroid-Lipofuszinose 4B  
Neuronale Ceroid-Lipofuszinose 5 13q21.1-q32 (CLN5)  
Neuronale Ceroid-Lipofuszinose 6 15q21-q23 (CLN6)  
Neuronale Ceroid-Lipofuszinose 7 4q28.1-q28.2 (MFSD8)  
Neuronale Ceroid-Lipofuszinose 8 8p23 (CLN8)  
Neuronale Ceroid-Lipofuszinose 8 (nordische Epilepsie) 8p23 (CLN8)  
Neuronale Ceroid-Lipofuszinose 9  
Neuronale Ceroid-Lipofuszinose 10 11p15.5 (CTSD)  
Andere        
Pyknodysostose Cathepsin K 1q21 (CTSK) 1:146.000  
Morbus Pompe Lysosomale α-Glucosidase 17q25.2-3 (GAA) 1:192.000 E74.0
Cystinose, nephropathisch Cystin-Transporter 17p13 (CTNS) 1:528.000 E72.0
Cystinose, adulte, nicht nephropathisch Cystin-Transporter 17p13 (CTNS) 1:528.000 E72.0
Wolman-Krankheit/CESD lysosomale saure Lipase 10q23.2–23.3 (LIPA) 1:700.000 E75.5

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: 1,0 1,1 H. I. Huppertz: Welche Chancen eröffnet die Enzymersatztherapie? In: Zeitschrift für Rheumatologie, Band 65, 2006, S.  44–45.
  2. Hochspringen nach: 2,0 2,1 B. Kösters: Präparative zweidimensionale Trennung von Membranproteinen am Beispiel des humanen lysosomalen Proteoms. Dissertation, Philipps-Universität Marburg, 2001
  3. Hochspringen nach: 3,0 3,1 E. Paschke: Untersuchungen zur frühzeitigen Diagnose und Prognose des Phänotyps bei lysosomalen Speichererkrankungen. (Memento vom 23. Dezember 2007 im Internet Archive) Projektbeschreibung, eingesehen am 1. Januar 2009
  4. M. Beck Chaperon-Therapie bei M. Gaucher. (PDF; 788 kB) In: Newsletter Villa Metabolica 3, 2008
  5. unbekannt: Hoffnung bei genetischen Speicherkrankheiten. In: Ärzte-Woche 41, 2003
Dieser Artikel basiert auf einer für AnthroWiki adaptierten Fassung des Artikels Lysosomale Speicherkrankheit aus der freien Enzyklopädie de.wikipedia.org und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.