Peter Bieri

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Peter Bieri (* 23. Juni 1944 in Bern) ist ein Schweizer Philosoph und Schriftsteller. Bekannt wurde er unter seinem Pseudonym Pascal Mercier mit dem erfolgreichen Roman Nachtzug nach Lissabon.

Leben

Bieri wuchs in einer kleinbürgerlichen Familie in einem Vorort von Bern auf.[1] Sein Vater war Komponist.[1] Die Matura legte er am Berner Gymnasium Kirchenfeld ab, wo er auch Latein, Griechisch und Hebräisch lernte.[1]

Nach der Matura begann Bieri ein Studium der Altphilologie in Bern, das er abbrach und wegen einer Liebesbeziehung nach London ging.[1] In Heidelberg studierte er Philosophie, Anglistik und Indologie. Er war Schüler von Dieter Henrich und Ernst Tugendhat[2] und promovierte 1971 mit einer Arbeit zur Philosophie der Zeit des englischen Philosophen John McTaggart Ellis McTaggart.

Nach Lehrtätigkeiten in Heidelberg und Marburg von 1993 bis 2007 folgte sein Ruf an die Freien Universität Berlin am Lehrstuhl für Philosophie. 2007 habe er sich, verärgert über den Universitätsbetrieb, vorzeitig aus dem akademischen Beruf zurückgezogen. Dabei habe er den angeblich zur Zeit von Drittmitteln dominierten Betrieb und das Wissenschaftsmanagement als „Diktatur der Geschäftigkeit“ kritisiert.[3]

Bieri war Mitbegründer des Forschungsschwerpunktes Kognition und Gehirn der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die Schwerpunkte seiner Forschung sind Philosophische Psychologie, Erkenntnistheorie und Moralphilosophie.

Arbeiten als Philosoph

In dem Aufsatz „Was macht das Bewußtsein zu einem Rätsel?“[4] argumentiert Bieri gegen die Idee, dass die Neurowissenschaften das Phänomen „Bewusstsein“ erklärt hätten. Auch wenn wir immer mehr über die neuronalen Korrelate von Bewusstsein erfahren, so wissen wir dennoch nicht, warum diese Prozesse von Bewusstsein begleitet sind. Bieris Argumentation ähnelt hier der von Thomas Nagel, Joseph Levine und David Chalmers. Siehe dazu: Bieri-Trilemma.

2006 zeichnete ihn die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, deren korrespondierendes Mitglied er ist, mit der Lichtenberg-Medaille aus. 2010 erhielt Bieri die Ehrendoktorwürde der Universität Luzern.[5]

Arbeiten als Schriftsteller

Als Schriftsteller verwendet Bieri das Pseudonym „Pascal Mercier“, zusammengesetzt aus den Nachnamen des französischen Philosophen Blaise Pascal und des Schriftstellers Louis-Sébastien Mercier. Martin Halter kritisierte Bieris prätentiöse Manier, „den braven Berner im Spitzenjabot des französischen Philosophen“[6] vorzuführen. Unter seinem Pseudonym hat Peter Bieri bisher vier Romane veröffentlicht: Perlmanns Schweigen (1995), Der Klavierstimmer (1998), Nachtzug nach Lissabon (2004; 2013 verfilmt) und Lea (2007). In „Herz, Schmerz und viel Schicksal“ sieht die Kritik „sein Erfolgsrezept“,[7] das Bieri, „literarische Wellness“[8] anstrebend, von Buch zu Buch nur geringfügig variiert anwende.[9]

Werke

Autor

  • Zeit und Zeiterfahrung. Exposition eines Problembereichs. Dissertation, 1971, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1972.
  • Philosophische Psychologie. Überlegungen zur Begriffsbildung. In: Neue Hefte für Philosophie 11 (1977), S. 26–81.
  • Nominalismus und innere Erfahrung. In: Zeitschrift für philosophische Forschung 36 (1982), S. 3–24.
  • Sein und Aussehen von Gegenständen. Sind die Dinge farbig? In: Zeitschrift für philosophische Forschung 36 (1982), S. 531–552.
  • Evolution, Erkenntnis und Kognition. Zweifel an der evolutionären Erkenntnistheorie. In: Wilhelm Lütterfelds (Hrsg.): Transzendentale oder evolutionäre Erkenntnistheorie? Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, S. 117–147.
  • Das Handwerk der Freiheit. Über die Entdeckung des eigenen Willens. Hanser, München 2001,[10] ISBN 3-596-15647-5.
  • Was bleibt von der analytischen Philosophie? In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 2007, Heft III, S. 333–344.
  • Wie wollen wir leben? Residenz, St. Pölten 2011, ISBN 978-3-7017-1563-3.
  • Eine Erzählung schreiben und verstehen (Jacob Burckhardt-Gespräche auf Castelen). Hörbuch, Komplett Media, München 2013, ISBN 978-3-8312-6483-4.
  • Eine Art zu leben: Über die Vielfalt menschlicher Würde. Hanser, München 2013, ISBN 978-3-446-24349-1.

Belletristik

Veröffentlicht unter dem Pseudonym Pascal Mercier:

Herausgeber

  • Analytische Philosophie des Geistes. Hain, Königstein/Ts. 1981 (Neuauflagen 1993 und 2007).
  • Analytische Philosophie der Erkenntnis. Athenäum, Frankfurt am Main 1987.

Siehe auch

Literatur

  • Christiane Schildknecht: Klarheit in Philosophie und Literatur. Überlegungen im Anschluss an Peter Bieri. Deutsche Zeitschrift für Philosophie 5/2008, S. 781–787.

Weblinks

 Wikiquote: Peter Bieri – Zitate

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Eins zu Eins. Der Talk mit Peter Bieri (Memento vom 3. Dezember 2013 im Internet Archive)
  2. Hans-Ulrich Lessing (Hg.) und Volker Steenblock (Hg.): „Was den Menschen eigentlich zum Menschen macht ...“ Verlag Karl Alber 2016. ISBN 978-3-495-86101-1. S. 203.
  3. Manfred Papst: Peter Bieri alias Pascal Mercier hat genug von der Universität, NZZ am Sonntag, 27. Mai 2007 (mit FAZ-Zitat vom 23. Mai 2007)
  4. Peter Bieri: Was macht Bewußtsein zu einem Rätsel? (rtf; 56 kB), veröffentlicht in „Gehirn und Bewusstsein“ (Hrsg. Wolf Singer), Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 1994, S. 172–180.
  5. Ehrenpromotionen der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, Website der Universität Luzern, abgerufen am 8. April 2012
  6. Martin Halter, Die Seele hängt voller Geigen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 30. Mai 2007
  7. Martin Halter, Die Seele hängt voller Geigen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 30. Mai 2007
  8. Eberhard Falcke, Abgeschmackte Stimmungsmacherei. In: DIE ZEIT. 10. Juni 2007; Falcke erläutert: „Erzählt er [Bieri] doch von Menschen, die nichts anderes als das Gute, Wahre und Schöne wollen, aber die Welt und das Schicksal lassen sie nicht. Und geht es uns nicht allen so, im Grunde, im allertiefsten? Jedenfalls wird dieser Autor von Millionen bestens verstanden.“
  9. Martin Halter, Die Seele hängt voller Geigen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 30. Mai 2007; ähnlich Joseph Hanimann, Mit dieser Geige findet sie den Tod. In: Süddeutsche Zeitung. 16. Juli 2007: „an Kitsch grenzende Gefühlsbeschreibung“ sowie Volker Weidermann, Professor Kitsch. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 10. Mai 2007.
  10. Dies ist ein populärwissenschaftliches Buch über Willensfreiheit. Marcus von Schmiede befindet, dass es Bieri gut gelingt, auch ein Laienpublikum für die Diskussionen um Determinismus zu interessieren und in sie einzuführen; vgl. von Schmiedes Besprechung des Buches in Die Zeit (Hamburg), 13. Dezember 2001.


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