Salbei (Salvia)

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Salbei
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Nepetoideae
Tribus: Mentheae
Gattung: Salbei
Salvia
L.
Illustration von Salvia albocaerulea

Salbei (Salvia) ist eine Pflanzengattung in der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae). Sie ist fast weltweit auf allen Kontinenten außer Antarktika und Australien verbreitet. Mit 850 bis über 900 Arten ist es etwa die zwanzigste unter den artenreichsten Gattungen der Bedecktsamigen Pflanzen (Magnoliopsida, Angiospermen). Viele Arten werden seit dem Altertum als Heilpflanzen genutzt, darunter der für Küche und Medizin wichtige Echte Salbei (Salvia officinalis).[1] Die Sorten einiger Arten werden als Zierpflanzen verwendet.

Etymologie

Der Name Salbei (mittelhochdeutsch salbeie, althochdeutsch salbeia, salveia) ist über mittellateinisch salvegia entlehnt von lateinisch salvia. Dies ist eine Wortbildung zu lateinisch salvare „heilen“ bzw. salvus „gesund“.[2][3][4] Die Namensgebung bezieht sich vor allem auf den als Heilpflanze verwendeten Echten Salbei (Salvia officinalis), der auch als Heilsalbei oder Küchensalbei bezeichnet wird und seit dem frühen Mittelalter[5] im deutschsprachigen Raum nachweislich verwendet wird.

Beschreibung und Ökologie

Makroaufnahme von frischen Salbeiblättern: das Indument ist gut erkennbar
Langhornbiene Eucera kullenbergi (Echte Bienen (Apidae)) als Bestäuber an Salvia dominica
Staubfaden (Filament) von Salvia patens; primary filament tip = primäre Filamentspitze; secondary = sekundäre Filamentspitze

Erscheinungsbild und Blätter

Die Salbei-Arten sind selten ein-, manchmal zweijährige bis meist ausdauernde krautige Pflanzen, Halbsträucher oder Sträucher. Die Pflanzen duften oft aromatisch. Oft befinden sich an oberirdischen Pflanzenteilen einfache Haare und/oder Drüsenhaare (Indument). Die meist selbständig aufrechten Sprossachsen sind meist vierkantig.

Die meist gegenständig angeordneten Laubblätter sind in einen sehr kurzen bis langen Blattstiel und eine Blattspreite gegliedert. Die Blattspreiten sind einfach mit glatten bis gekerbten oder gezähnten Blattrand oder tief gelappt bis fiederschnittig. Es sind keine Nebenblätter vorhanden. Es liegt Fiedernervatur vor.

Blütenstände, Blüten und Blütenökologie

Die Blüten stehen seitenständig, selten einzeln, sondern meist zu wenigen bis vielen meist in Scheinquirlen zusammen, die in traubigen, ährigen oder rispigen Gesamtblütenständen mehr oder dicht bis weit auseinander übereinander stehen können. Die früh vergänglichen oder haltbaren Tragblätter unterscheiden sich je nach Art mehr oder weniger deutlich von den Laubblättern und können sehr dekorativ sein. Die Deckblätter sind meist winzig bis kaum erkennbar. Es sind nur kurze bis kaum erkennbare Blütenstiele vorhanden.

Die zwittrigen Blüten sind zygomorph und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle (Perianth).

Die fünf grünen bis purpurfarbenen Kelchblätter sind röhren-, trichter- bis glockenförmig verwachsen. Der Kelchschlund kann innen behaart sein. Die Kelchröhren enden zweilippig, wobei die Oberlippen einfach, zwei- oder dreizähnig und die Unterlippen immer zweizähnig enden. Die 10- bis 15-nervigen Kelche vergrößern sich mehr oder weniger stark bei einigen Arten bis zur Fruchtreife.

Die fünf Kronblätter sind zu zygomorphen Blütenkronen verwachsen, die primär den familientypischen zweilippigen Aufbau der „Lippenblüten“ aufweisen, aber die Unterlippe ist bei vielen Arten reduziert. Wenn die Unterlippe voll ausgebildet ist, dann ist sie ausgebreitet dreilappig, wobei der mittlere Lappen am breitesten und konkav ist und die seitlichen Lappen ausgebreitet oder zurückgebogen sind. Die ganzrandige oder zweispaltige Oberlippe ist gefaltet, gerade oder sichelförmig. Die fünf Kronblätter sind röhrig verwachsen. Die Kronröhre ist gerade, horizontal, nach oben gebogen oder oben geweitet und kann innen Haare besitzen. In der Kronröhre können kleine Schuppen (Squamula), zwei bis vier Papillae oder ein Haarkranz oberhalb des Fruchtknotens vorhanden sein.

Die Farben der Blütenkronblätter reichen von Weiß bis Gelb sowie von Rot über Rosafarben bis Violett und Blau. Rotblühende Arten ohne Gelenkmechanismus sind üblicherweise vogelbestäubt, je nach geografischer Verbreitung zum Beispiel in Südamerika von Kolibris. Blau- und violettblühende Arten mit Gelenkmechanismus sind meist bienen- oder hummelbestäubt. Übergänge und Ausnahmen sind jedoch möglich.

Zwei der vier Staubblätter sind zu sehr kleinen Staminodien reduziert; manchmal fehlen Staminodien. Der Aufbau der Staubblätter weicht stark von dem aller anderen Gattungen der Familie Lamiaceae ab. Die zwei freien, fertilen Staubblätter besitzen kurze, horizontale oder aufrechte Staubfäden. Bei vielen Arten, vor allem bei den von Bienen und Hummeln bestäubten, haben die Staubblätter ein Gelenk ausgebildet, das den Pollen auf den Insektenkörper platziert. Dabei bleibt im Wachstum die primäre Spitze des Filaments dünn und wird von umliegendem Gewebe umwachsen, sodass sich eine sekundäre Filamentspitze bildet. Das Konnektiv wächst aus und trennt die beiden Theken räumlich. Die jeweils untere der Theken ist oftmals kleiner bis zu einer sterilen Platte reduziert (monothekat), sodass der Pollen nur noch von den Theken am Blüteneingang gebildet wird. Bei vogelbestäubten Arten ist dieses Gelenk meist nicht (mehr) vorhanden. Die sekundäre Filamentspitze ist teilweise reduziert und das Gelenk somit destabilisiert oder die Filament-Konnektiv-Verbindung ist nicht mehr so gestaltet, dass eine Drehung möglich ist.

Der Diskus ist im vorderen Bereich leicht verdickt oder ringförmig. Zwei Fruchtblätter sind zu einem oberständigen Fruchtknoten verwachsen; er ist durch falsche Scheidewände in vier Kammern gegliedert. Der lange, dünne Griffel ist zweigabelig und endet im Querschnitt abgeflachten oder stielrunden, im Umriss pfriemlichen, linealischen oder kreisförmigen Lappen; sie können beide gleich sein oder der vordere ist länger und der hintere kann reduziert sein.

Früchte

Die Klausenfrüchte zerfallen in vier glatte, kahle, ellipsoide bis mehr oder weniger kugelige, länglich-eiförmige oder dreikantige, oft braune, einsamige Teilfrüchte (Klausen) mit oder ohne Nerven auf der Oberfläche, die meist bei Feuchtigkeit schleimig sind.

Zu vielen Weitern Themen siehe auch

Siehe auch

Literatur

  • Regine Claßen-Bockhoff, Petra Wester, E. Tweraser: The Staminal Lever Mechanism in Salvia L. (Lamiaceae) – a Review. In: Plant Biology. Band 5, Nr. 1, 2003, S. 33–41, doi:10.1055/s-2003-37973.
  • Petra Wester, Regine Claßen-Bockhoff: Floral Diversity and Pollen Transfer Mechanisms in Bird-pollinated Salvia Species In: Annals of Botany, Volume 100, 2007, Issue 2, S. 401–421. doi:10.1093/aob/mcm036
  • Petra Wester, Regine Claßen-Bockhoff: Pollination Syndromes of New World Salvia Species with Special Reference to Bird Pollination. In: Annals of the Missouri Botanical Garden, Volume 98, Issue 1, 2011, S. 101–155. doi:10.3417/2007035
  • Petra Wester: Ornithophily in the genus Salvia L. (Lamiaceae), Dissertation an der Universität Mainz vom 20. März 2007: Volltext-PDF.
  • Ekkehard Hlawitschka: „wazzer der tugent, trank der jugent“. Text- und überlieferungsgeschichtliche Untersuchungen zum Salbeitraktat. (= Mittelalterliche Wunderdrogentraktate. Band 5). Königshausen & Neumann, Würzburg 1990 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 49), ISBN 3-921456-89-4.
  •  Betsy Clebsch, Carol D. Barner: The New Book of Salvias: Sages for Every Garden. Timber Press, 2003, ISBN 978-0-88192-560-9 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  •  Spiridon E. Kintzios: Sage: The Genus Salvia - Medicinal and Aromatic Plants - Industrial Profiles. CRC Press, 2003, ISBN 978-0-203-30455-6 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  • Hülya Özler, Sevil Pehlivan, Ahmet Kahraman, Musa Doğan, Ferhat Celep, Birol Başer, Ahter Yavru, Safi Bagherpour: Pollen morphology of the genus Salvia L. (Lamiaceae) in Turkey. In: Flora - Morphology, Distribution, Functional Ecology of Plants, Volume 206, Issue 4, 2011, S. 316–327. doi:10.1016/j.flora.2010.07.005
  • Hamed Nosrati, Ali Nosrati: A Survey on the Genus Salvia as the Largest Genus of Plants. In: Agriculture Science Developments, Volume 2, Issue 1, 2013 PDF.
  • Sandro Bogdanović: Distribution, morphology and systematics of the genus Salvia Powerpoint Presentation PDF.
  • Joseph Tychonievich, Ryan M. Warner: Interspecific Crossability of Selected Salvia Species and Potential Use for Crop Improvement. In: American Society for Horticultural Science, Volume 136, Issue 1, 2011. S. 41–47. Volltext online.
  • José Luis Fernández Alonso: Revisión taxonómica de Salvia sect. Siphonantha (Labiatae). In: Anales del Jardín Botánico de Madrid, Volume 63, Issue 2, 2006, S. 145–157. Volltext-PDF.
  • Billie L. Turner: Recension of Salvia Sect. Farinaceae (Lamiaceae). In: Phytologia, Volume 90, 2008, S. 163–175, 425–432. Volltext-PDF.
  • Billie L. Turner: Recension of the Mexican species of Salvia (Lamiaceae), section Scorodonia In: Phytologia, Volume 91, Issue 2, 2009, S. 256–269. Volltext-PDF.
  • Billie L. Turner: Recension of the Mexican species of section Uliginosae of Salvia (Lamiaceae). In: Phytologia, Volume 91, Issue 3, 2009, S. 440–466. Volltext-PDF.
  • Billie L. Turner: Recension of the Mexican species of Salvia (Lamiaceae), sect. Peninsularis. In: Phytologia, Volume 92, 2010, S. 20–26. Volltext-PDF.
  • Billie L. Turner: Recension of the Mexican species of Salvia sect. Standleyana (Lamiaceae). Phytoneuron, Volume 23, 2011, S. 1–6. Volltext-PDF.
  • Maria Will, Regine Claßen-Bockhoff: Time to split Salvia s.l. (Lamiaceae) – New insights from Old World Salvia phylogeny. In: Molecular Phylogenetics and Evolution, Volume 109, Januar 2017. doi:10.1016/j.ympev.2016.12.041 → Die Gattung Salvia s. l. (wie hier im Artikel dargestellt) ist polyphyletisch und sollte in mehrere Gattungen geteilt werden.
  • Guoxiong Hu, Atsuko Takano, Bryan T. Drew, En-De Liu, Douglas Soltis, Pamela Soltis, Hua Peng, Chun-Lei Xiang: Phylogeny and staminal evolution of Salvia (Lamiaceae, Nepetoideae) in East Asia. In Annals of botany, Volume 122, Mai 2018, S. 649–668. doi:10.1093/aob/mcy104

Weblinks

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 Wiktionary: Salbei – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Clemens Stoll: Salbei in der Literatur des Altertums. Ein pharmako-botanischer Beitrag zur Geschichte einer Heilpflanze. In: Werner Dressendörfer, Wolf-Dieter Müller-Jahncke (Hrsg.): Orbis pictus. Kultur- und pharmaziehistorische Studien. (Festschrift Wolfgang-Hagen Hein) Frankfurt am Main 1985, S. 273–283.
  2. Duden online: Salbei
  3. Salbei In: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache.
  4. Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. Birkhäuser, Basel/Stuttgart 1976, ISBN 3-7643-0755-2, S. 327.
  5. Else Horlbeck: Die Salbei (Salvia off. L.). Ein Beitrag zu der Geschichte ihrer Verwendung in Deutschland vom Jahre 800 ab. Medizinische Dissertation Leipzig 1937.
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