August Cieszkowski

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August Cieszkowski

Graf August Cieszkowski (manchmal: August von Cieszkowski, * 12. September 1814 in Sucha bei Warschau; † 12. März 1894 in Wierzenica bei Swarzędz) war polnischer Geschichtsphilosoph, Ökonom und politischer Aktivist. Cieszkowski war Anhänger der Philosophie Hegels, löste sich später und entwarf schließlich eine „christologische Weltauffassung“.

Leben

Graf August Cieszkowski wurde als Nachkomme einer sehr wohlhabenden Familie geboren. Er studierte an der Jagiellonen-Universität in Krakau und ab 1832 an der Friedrich-Wilhelm Universität Berlin. Mit der Philosophie Hegels wurde er durch Vorlesungen bei Karl Ludwig Michelet bekannt. Cieszkowski promovierte an der Universität Heidelberg 1838. Nach Beendigung des Studiums reiste er durch Europa. In Paris lernte er 1844 Proudhon[1] und Karl Marx persönlich kennen.[2]

Cieszkowski war Mitbegründer der Liga Polska. Von 1848 bis 1855 war er Abgeordneter der preußischen Nationalversammlung bzw. der zweiten Kammer des Preußischen Abgeordnetenhauses. Er versuchte eine Universität in Posen zu gründen und war Mitbegründer der Posener Gesellschaft der Freunde der Wissenschaften und Präsident der Gesellschaft (1857–1858, 1861–1868, 1885). 1873 trat er in Beziehung zur Krakauer Polnische Akademie der Gelehrsamkei, die 1872 gegründet worden war.

Philosophie

Cieszkowski teilt die Weltgeschichte in drei Epochen: In der vorchristlichen Zeit beherrscht der Wille das Denken, in der Epoche von Jesus bis Hegel dominiert das Denken den Willen. Erst nach Hegel entfaltet sich der Idealismus: Nun wird sich die Philosophie des christlichen Willens bewusst. Dieser Willen ist nicht mehr nur ein „Filialausfluß der erkenntnis-theoretischen Tätigkeit“ (Cieszkowski), sondern hat ein eigenes Wesen. In der Epoche nach Hegel herrscht der Heilige Geist in einem „dritten Reich“. Er fordert von den Slawen, eine christlich-brüderliche Welt aufzubauen. Sonst droht eine Zeit des falschen „dritten Reiches“.

Zur Würdigung

Ob Steiner Cieszkowski kannte, ist nicht bekannt. Aber Cieszkowski kann mit Recht als ein echter Vorläufer der Anthroposophie und der sozialen Dreigliederung gesehen werden. Oder wie Steiner wohl gesagt hätte, Cieszkowski stand unmittelbar vor den Toren der Theosophie. Wiederentdeckt wurde Cieszkowski wahrscheinlich von Stefan Leber, der ihm in seinem Werk "...es mussten neue Götter hingesetzt werden" ein ganzes Kapitel widmete.

Werke

  • Prolegomena zur Historiosophie. Veit, Berlin 1838. MDZ Reader
  • Du crédit de la circulation. Treuttel et Wurtz, Paris 1839. Digitalisat
  • Gott und Palingenesie. E. H. Schroeder, Berlin 1842. MDZ Reader
  • De la pairie et de l'aristocratie moderne. Amyot, Paris 1844. Digitalisat
  • Zur Verbesserung der Lage der Arbeiter auf dem Lande. Ein Vortrag gehalten in der zweiten General-Versammlung des landwirtschaftlichen Provinzial-Vereins für die Mark Brandenburg und die Niederlausitz am 17. Mai 1845. E. H. Schröder, Berlin 1846.
  • Ojcze-nasz. 4 Bände. Maulole & Renou, Paryž 1848 ff. Band 4 1899 Digitalisat
  • Zusammenstellung von staats- und völkerrechtlichen Urkunden, welche das Verhältniß des Großherzogthums Posen zur Preußischen Krone betreffen. Nebst einigen Erläuterungen. Unger, Berlin 1849.
  • Antrag zu Gunsten der Klein-Kinder-Bewahranstalten als Grundlage der Volks-Erziehung. Beirag zur Bestimmung und Feststellung der Aufgaben des Staates in Beziehung auf Volkswohlstand und Cultur. W. Moeser, Berlin 1855.

Literatur

  • Adam Żółtowski: Graf August Cieszkowski's „Philosophie der Tat“. J. Leitgeber, Posen 1904.
  • Walter Kühne: Die Bibliothek des Grafen August Cieszkowski. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen. Band 50, Leipzig 1933, S. 413–418.
  • Walter Kühne: Graf August Cieszkowski, ein Schüler Hegels und des deutschen Geistes. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Geisteseinflusses auf die Polen. Harrassowitz, Leipzig 1938.
  • Gerd-Klaus Kaltenbrunner: August Graf von Cieszkowski. Ein polnischer Sozialkonservativer, Junghegelianer und Zukunftsdenker. Verlag Deutsche-Europa Studien, Hamburg 1983.
  • Stefan Leber: „... es mußten neue Götter hingesetzt werden.“ Menschen in der Entfremdung: Marx und Engels, Cieszkowski, Bauer, Hess, Bakunin und Stirner. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1987. ISBN 3-7725-0730-1. (Darin das Kapitel August Cieszkowski – Ausgleich und Evolution, S. 215–240.)
  • Walter Kühne: Erlebnisse eines Polonisten. Die Besuche des Slawisten Walter Kühne bei Graf August Cieszkowski dem Jüngeren auf Schloss Wierzenica bei Posen in den Jahren 1924 und 1929. Zur Verständigung der Völker. Lohengrin-Verlag, Rendsburg 1995.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „Proudhons Meinung, daß Cieszkowski als Ökonomist und Hegelianer hochzuschätzen sei, wurde von Marx. der den polnischen Grafen ebenfalls 1844 in Paris persönlich kennengelernt hatte, nicht geteilt.“ (Karl Marx: Das Elend der Philosophie. Neu hrsg. von Hans Pelger. Verlag J. H. Dietz Nachf., Berlin, Bonn 1979, S. LXXIV. ISBN 3-8012-1012-X.)
  2. „Wohl aber wundert sich Karl Bürkli, daß ich nirgens des Polen August Cieszkowski (‚Du crédit de la circulation‘, Paris 1839) erwähnt, obgleich der ‚rauhe Proudhon‘ in dem ‚Système des contradictions économiques‘ viel, aber mit Ehrerbietung, gegen den Cieszkowski, (den ‚Vorerfinder‘ der Bürklischen Bankscheine) polemisiere.“ (Karl Marx an Friedrich Engels 12. Januar 1882 (Marx-Engels-Werke Band 35, S. 35.) Digitalisat (Memento vom 10. August 2016 im Internet Archive) i Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft (bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis)
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