Knoten (Knüpfen)

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Verschiedene Arten von Knoten
Ein einfacher Überhandknoten, in einen Papierstreifen geknotet

Ein Knoten (ahd chnodo, mhd knode ‚knotige Verdickung‘) ist in der Knotenkunde eine Verwicklung oder Verschlingung von Faden, Schnur, Band, Seil, Tauwerk, Tuch oder ähnlich biegsamen Textil, die in bestimmter Form gewickelt, geschlungen, geknüpft oder geknotet wird. Die Windungen des verknoteten Materials „bekneifen“ sich unter Zug, erhöhen so die Reibung und vermindern oder verhindern dadurch ein Gleiten. Nach der Weise des Windungsverlaufs lassen sich Knotenarten voneinander unterscheiden.

Dabei ist zu beachten, dass etwa ein verknotetes Seil nicht mehr seiner ursprünglichen Zugfestigkeit entsprechend belastet werden kann, denn der Knoten wird zu einer schwächeren Stelle im Seilverlauf. Die herabgesetzte Zugfestigkeit wird Knotenfestigkeit genannt. Zusätzlich kann die Seilreibung an einem festen Gegenstand die Belastbarkeit reduzieren.

Knoten werden zu unterschiedlichen Zwecken und in recht verschiedenen Anwendungsbereichen gebraucht, weshalb es oft mehrere Namen gibt für die gleiche Knotenart. Will man die mit dem Ausdruck Knoten benannten Verwicklungsformen begrifflich näher bestimmen, lassen sich drei Bedeutungen abgrenzen:[1]

  • im weitesten Sinn jegliche Art von Verwicklung, auch Formen der Verbindung von mehreren Enden, Stücken und Gegenständen, so
  • im engeren Sinn eine lokale Verschlingung, die einem kurzen Stück der Leine eingebunden wird
    • Schlaufe, eine feste Ringform
    • Schlinge, eine lose Ringform, die sich zuziehen kann
  • im engsten Sinn die Form einer lokalen Verdickung

Die Knotenkunde kennt eine lange Liste der Knoten mit Schifferknoten, Anglerknoten, Feuerwehrknoten, Krawattenknoten und beschreibt auch das Knüpfen von Knoten.

Geschichte

Steinzeit und Altertum

Speer und Messer
(oben links) alte Netzknoten
Quasten

Schon in der Steinzeit (bis zirka 50.000 v. Chr.) gab es Menschen, die sich als Sammler und Jäger, später als Siedler und Fischer, Schlingen und Netze knüpften, um damit Tiere und Fische zu fangen. Die Äxte der Steinzeit wurden ebenso von verknoteten Därmen zusammengehalten wie die Pfahlbauten mit Sehnen und Seilen. Der einfache Überhandknoten diente zum Zusammenbinden von Gebrauchsgegenständen. Aus ihm entwickelte sich der Filetknoten (ein um einen Leitfaden geknüpfter Überhandknoten) zum Knüpfen der Netze. Zur Jagd mit dem Bogen (Altsteinzeit, 30.000 bis 10.000 v. Chr.) musste die Bogensehne sicher befestigt werden. Der Gletscherfund Ötzi (etwa 3340 v. Chr. in der Jungsteinzeit) hatte Gegenstände an seinem Gürtel mit Knoten befestigt. Lendenschurz, „Schilfmatten“-Regenschutz, Grasschuhe und Beinlinge wurden mit Knoten zusammengehalten.[2]

Antike

Die älteste Überlieferung von Zierknoten stammt von den Assyrern aus der Antike (900 bis 609 v. Chr.). In Stein gemeißelte Reliefs zeigten tunikaähnliche Gewänder, Waffenröcke und Pferdedecken. Sie sind mit dicht verknüpften Fransen sowie dicken Quasten verziert.

Zu Homers Zeiten waren Knoten etwas Alltägliches. Er erwähnt im achten Gesang der Odyssee, dass Odysseus:

[…] die reichen und kostbaren Gewänder, die Vasen, das Gold und andere wertvolle Geschenke des Alkinoos und der Königin mit einem Seil zusammenschnürte, das er mit einem zaubermächtigen Knoten nach Kirkes kunstvoller Art sicherte.

Homer: 8. Gesang[3]

Der römische Gelehrte Plinius der Ältere (ca. 23–79 n. Chr.), behauptete vom Kreuzknoten (damals Herkulesknoten): „Wunden, die mit dem Herkulesknoten geschlossen werden, heilen schneller“.[4]

Knüpfkanten

Nach 756 kamen durch die Mauren arabische Einflüsse in der Knüpftechnik nach Europa (Córdoba / Spanien).[5]

Mit den Kreuzzügen (1096 bis 1270) bis zum späten Mittelalter entwickelten sich aus den relativ einfachen Fransen der Ägypter und Assyrer kunstvolle Knüpfkanten. Das alte Inka-Reich (1250 bis 1781) kannte mit „Quipu“ eine Knotenschrift, welche im Dezimalsystem statistische Aufzeichnungen übermittelte.

Christliche Seefahrt

Palstek

Der dritte wesentliche Einfluss ging von der christlichen Seefahrt aus. Eine Vielzahl von „Schifferknoten“ waren für die unterschiedlichsten Zwecke gebräuchlich. In ihren oft monatelangen Fahrten begannen die Seeleute neben ihren bekannten Gebrauchsknoten in ihrer Freizeit mit Garn und Tauwerk nach Mustern zu knüpfen, welche sie im Orient gesehen hatten. Sie dekorierten ihre Schiffe mit kunstvoll geknüpften Glockenzügen, umknüpften Flaschen und vielem mehr. Oft waren diese Arbeiten ohne praktischen Wert, sie dienten mehr der Zierde. Diese „Knotenknüpfkunst“ wird als Fancywork, Platting und Makramee gepflegt.

Neuzeit

Für heutige Anforderungen werden immer wieder neue Knoten erfunden, beispielsweise der Prusikknoten, der Halbmastwurf oder der Karabinerklemmknoten. In den 1980er Jahren wurde Scoubidou bekannt, welches 2004 weite Verbreitung unter Jugendlichen fand.

Der Zeppelinstek oder auch Zeppelinknoten ist einer der „jüngsten“ Knoten, welcher in der Fachwelt anerkannt wurde.

Mit Rainbow Looms werden verschiedene Gegenstände wie Bänder, Armreife oder auch großflächige Verknüpfungen bzw. Verflechtungen mittels Gummiringen hergestellt.

Anwendungen

Quipu-Knoten

Schrift

Knoten wurden früher auch als Schrift verwendet. Die Inkas benutzten die Knotenschrift Quipu. Bauern und Müller nutzten Knoten als Hilfsmittel zum Zählen (Müllerknoten).[6]

Rechtsprechung

Der Henkersknoten am Galgen diente zur Hinrichtung eines Verurteilten. Im Mittelalter wurde beim Abschluss eines Vertrages ein Urkundenknoten in die Riemen der Urkunde geknüpft. Die Anzahl der Knoten bewiesen, wie viele Männer am Vertragsabschluss beteiligt und mit dem Inhalt des Vertrages einverstanden waren. Der „Knotenknüpfer“ galt deshalb auf dem Gericht als Gewährsmann oder Zeuge.[7]

Heraldik

In Wappen diente der „Liebesknoten“ als Wappenfigur in Liebesschnüren oder Liebesseilen, welche im 17. Jahrhundert (Frankreich) als modische Kreationen bzw. Verzierung diente.[8] Der Liebesknoten ist auch als „Witwenstrick“ bekannt.[9]

Auch heute finden sie sich noch in den Abzeichen schottischer Clans.[10]

Beruf und Sport

Obi-Knoten im Kampfsport
Bambusstangen werden zu einem Bambusgerüst durch Knoten fixiert
Der Postsackbinder ersetzt den Knoten

Knoten werden von vielen Berufsgruppen und in vielen Sportarten eingesetzt:

Alltag

Versteckte Knoten

  • Fast unscheinbar befinden sich spezielle Knoten als „Wickel- und Ursusknoten“[11] auch in dem Knotengeflecht von Wildzäunen.
  • Die Griffe (Tsuka) der japanischen Samuraischwerter werden mit Spezialknüpfungen griffiger und auch künstlerisch gestaltet. Den Abschluss bildet ein Ura- oder Omoteknoten.

Kunst und Mode

Takling an der Prinz-Heinrich-Mütze
Heinrich der VIII. (1491–1547) mit Knotenstickereien auf Umhang und Vorhang
  • In der Mode werden Knoten zu dekorativen Zwecken eingesetzt.
  • Am bekanntesten sind wohl die Krawattenknoten.
  • Auf Hüten ist die Hutschnur bekannt.
  • Bei Frisuren gibt es Haarknoten. Bei antikem und modernem Schmuck ist der Heraklesknoten beliebt.
  • In der Handwerkskunst werden Knoten verwendet zum Knüpfen[12] von Teppichen und zum Weben von Stoffen. Ein Teppich besteht aus bis zu über 1.000.000 Knoten pro Quadratmeter, die Qualität steigt mit der Anzahl der Knoten pro Quadratmeter.
  • Makramee, Platting, Klöppeln, Stricken, Weben, Häkeln sind weitere Techniken im Kunsthandwerk, bei denen Knoten eine wichtige Rolle spielen.
  • Beim Militär gibt es kunstvolle Verzierungen an Uniformen, wie die Schützenschnur, Achselschnur oder Fangschnur.

Sex

In der Bondage-Szene werden fixierende oder dekorative Knoten für Fesselspiele und andere sexuellen Praktiken verwendet.

Magie

Mit Knoten können auch Tricks zur Unterhaltung vorgeführt werden. Besonders in Zauberkunststücken werden solche Knotentricks angewendet. Eine sinnvolle, praktische Anwendung ist im Alltag meistens ausgeschlossen.

Verein der Knotenspezialisten

Unter der International Guild of Knot Tyers wurde 1982 in London eine Vereinigung von Gleichgesinnten aus allen Schichten und Berufsgruppen gegründet. Vom Anfänger bis zum Spezialisten mit dem Interesse rund um Knoten erfolgt der Austausch in Foren und Mitgliederzeitschriften. Durch die stete Entwicklung von Kunstfasern wird der Einsatzbereich von Knoten ständig erweitert und aktualisiert.

Begriffe

Festes Ende

Das feste Ende ist der lange Teil einer Leine, an dem die Last hängt oder zieht, beispielsweise ein Kranseil oder ein Lasso, oder an Schiffen eine Festmacherleine, eine Ankerleine, eine Schot, ein Fall. In der klassischen Seemannssprache spricht man auch von der „festen“ oder „stehenden Part“.

Loses Ende

Das lose Ende ist der kurze Teil einer Leine, mit dem der Knoten geknüpft oder gesteckt wird, und der am fertigen Knoten unbelastet heraushängt. Das lose Ende am fertigen Knoten soll immer mindestens 3 bis 5 mal so lang sein wie der Durchmesser der Leine. In der klassischen Seemannssprache spricht man auch von der „losen Part“.

Redewendungen

Sigmund Eggert: Doch vergessen..., Gemälde von 1881 (Motiv: Ein Mann hat sich einen Knoten ins Taschentuch gemacht, kann sich aber nicht mehr an den Grund erinnern)
  • Ein Gordischer Knoten ist ein schwieriges Problem
  • „Den Gordischen Knoten lösen“ = ein schwieriges Problem lösen
  • „Einen Knoten im Hals haben“ = Mir ist nicht wohl dabei.
  • „Einen Knoten ins Taschentuch/ins Ohr machen“ = eine Gedächtnisstütze
  • „Einen Knoten finden“ = Hier stimmt etwas nicht.
  • „Einen Knoten in der Leitung haben“ = Ich verstehe nichts.
  • „Einen Knoten durchhauen“ = etwas gewaltsam/ohne zu zögern trennen, statt es mühsam zu lösen
  • „Der Knoten ist aufgegangen/geplatzt“ = eine Lösung wurde gefunden, eine Blockade hat sich gelöst, die Sache wurde verstanden
  • Kabelsalat“ = ein Durcheinander oder schwer zu lösende Knoten in Kabeln
  • „Einen Knäuel entwirren“ = ein verwickeltes oder mehrfach verknotenes Seil oder Garn entwirren (Im übertragenen Sinn: verwirrte Gedanken auflösen).

Siehe auch

Literatur

  • Clifford Ashley: Ashley-Buch der Knoten. Über 3800 Knoten. Wie sie aussehen. Wozu sie gebraucht werden. Wie sie gemacht werden. Sonderausgabe. Edition Maritim, Hamburg 2005, ISBN 3-89225-527-X.
  • Geoffrey Budworth: Knoten – das Praxishandbuch. Delius Klasing, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-7688-2538-2.
  • Peter Owen: Das kleine Knotenbuch, Delius Klasing 2017, ISBN 978-3-7688-0976-4
  • Colin Jarman: Knoten für Segler, Angler, Bergsteiger und Camper, Delius Klasing 2014, ISBN 3-7688-3852-8
  • Kai Lund: BÄNDSEL LEINEN TROSSEN, und wie man damit umgeht. Delius Klasing, 1972, ISBN 3-7688-0140-3; (Titel der dänischen Originalausgabe: KNOB OB SPEJS von Borgens Forlag A-S, Kopenhagen.)
  • Erich Sondheim: Knoten Spleissen Takeln, Klasing + Co, 1975, ISBN 3-87412-009-0.
  • Arved und Conrad H. v. Sengbusch: Arbeiten mit TAUWERK, kunstgewerblich, praktisch, seemännisch, Topp Frech-Verlag Stuttgart 1978, ISBN 3-7724-0212-7.
  • Clemens Creynfeld: Knoten von A-Z, Edition moses Verlag, 1999, ISBN 3-929130-57-2
  • J.C Turner, Peter van de Griend ′′ History and Science of Knots ′′World Scientific Publishing Co. Pte. Ltd. Singapore, New Jersey, London, Hongkong 1996, ISBN 981-02-2469-9.

Weblinks

Commons: Knoten - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
für eine Übersicht mit deutschen Namen für die Kategorienkategorien, siehe Commons: Unterkategorien von Knoten
Commons: Knoten in Kunst und Dekoration - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wikibooks: Knotenkunde – Lern- und Lehrmaterialien
 Wikibooks: Grundlegende Knoten für Pfadfinder – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

  1.  Clifford Ashley: Ashley-Buch der Knoten.
  2. Weblink Ötzi & Bekleidung Bild einer Rekonstruktion
  3. Tom Burgess, Die praktische Knotenfibel Seite 10, BLV Verlagsgesellschaft München, 1981, ISBN 3-405-12073-X
  4. Knoten Welt
  5. Makramee als Kunst und Hobby, S. 17
  6. Müllerknoten als Mengen- und Sortenkennzeichnung
  7. Zählknoten des Müllers
  8. Quelle: Frauenwappen
  9. Liebesknoten(BILD)
  10.  Charles Boutell: The Handbook to English Heraldry. (Bourchier Knot (No 219), Bowen Knot (No 220) uvm., HTML).
  11. Wickel- und Ursusknoten-Bild
  12. Knüpfen von Teppichen


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