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Priesterkönig Johannes

Aus AnthroWiki
Wappen des Priesterkönigs Johannes aus dem „Libro del conoscimiento de todos reynos“ (14. Jh.)

Der Priesterkönig Johannes (lat. rex et sacerdos oder indorum rex, andere Namen: Priester Johannes, Presbyter Johannes, Prester John) ist der legendäre Regent eines mächtigen christlichen Reichs im Osten Asiens.

Entstehung der Legende

Darstellung des Priesters Johannes in der Schedelschen Weltchronik (1493)

1145 überbrachte der syrische Bischof Hugo von Jabala Papst Eugen III. die Kunde von der Rückeroberung der Stadt Edessa (dem heutigen Urfa) durch die Muslime und wollte ihn zu einem weiteren Kreuzzug „gegen die Ungläubigen“ veranlassen. Er berichtete ihm auch von einem mächtigen, christlichen König namens Johannes. Dieser sei Herrscher eines großen Reiches östlich von Persien und Armenien und habe bereits die persische Stadt Echatane (auch Ekbatana, das heutige Hamadan) von den Muslimen erobert. Johannes sei ein Nachfahre der Weisen aus dem Morgenland.

Der Chronist und Bischof Otto von Freising befand sich im Gefolge des Papstes und erwähnte die Episode in seiner umfassenden, 1143 bis 1146 entstandenen Weltchronik Chronica sive Historia de duabus civitatibus (dt. Geschichte der beiden Reiche). Er hegte die Hoffnung, Johannes könne die Christenheit im Kampf gegen die Ungläubigen unterstützen.

1165 tauchte ein angeblich von Johannes persönlich an den byzantinischen Kaiser Manuel I. Komnenos geschriebener Brief (Joannis presbiteri Epistola) auf, dessen tatsächlicher Autor unbekannt ist. Es handelte sich, wie man heute weiß, um eine Fälschung. Der Brief erregte jedoch ein solches Aufsehen, dass sich Papst Alexander III. zu einer umfassenden Gegendarstellung genötigt sah. Die Reaktion des Papstes war zwiespältig; er fürchtete zum einen um seinen Alleinvertretungsanspruch, erhoffte sich aber zum anderen die tatkräftige Hilfe des sagenhaften Königs bei der Befreiung Jerusalems. In den folgenden Jahrhunderten, insbesondere nach Erfindung des Buchdruckes, wurde der Brief so oft kopiert, dass heute noch zahlreiche Exemplare erhalten sind.

Der Mythos

Der Brief beschreibt das sagenhafte Land und dessen vielfältige Wunder detailliert:

Johannes schreibt, dass ihm 72 Könige tributpflichtig sind. Sein Reich mit der Hauptstadt Bibrich (oder Bribrich) erstreckt sich vom jenseitigen Indien, durch die Wüste bis zum Aufgang der Sonne. Dort gibt es neben Elefanten, Kamelen und Dromedaren auch Vampire, gehörnte Menschen, Faune, Satyrn, Pygmäen, Hundsköpfige, Giganten, Zyklopen, Einäugige und den Vogel Phönix.

Durch das Reich fließt der Fluss Ydonus, der im Paradies entspringt und dessen Kiesel Edelsteine sind. Am Fuß des Berges Olymp entspringt eine Quelle, die demjenigen Unsterblichkeit verleiht, der dreimal aus ihr getrunken hat. In einem Meer ganz aus Sand findet man Steine, die Krankheiten heilen können. Dort gibt es auch einen wie eine Muschel geformten, ausgehöhlten Stein mit heilkräftigem Wasser, das von Lepra und jeder anderen Krankheit heilt, wenn man darin badet.

In der Wüste leben Würmer im Feuer, die sich mit einem Häutchen von feinsten Seidenfäden umgeben, aus denen man Kleider und Tücher für den König fertigt, die im Feuer gewaschen werden.

Der Heerzug gegen die Feinde besteht aus 13 Wagen mit riesigen goldenen Kreuzen, denen jeweils 10.000 Reiter und 100.000 Fußsoldaten folgen.

Der Palast des Priesterkönigs Johannes ist prächtig ausgestattet. Die Türen sind mit dem Horn der Hornschlange bedeckt, so dass niemand Gift in den Palast bringen kann. Die Wände und Fußböden sind aus Onyx, die Esstische aus Gold und Amethyst. Die Schlafkammer des Königs ist mit wunderbaren Goldarbeiten und Edelsteinen geschmückt, das Bett aus einem einzigen Saphir gefertigt. Nahe dem Palast befindet sich auf einem Turm ein gigantischer Spiegel, zu dem man über 125 Stufen hinaufsteigt. In diesem Spiegel kann der König die Geschehnisse in allen Provinzen seines Reiches verfolgen und jegliche Verschwörung gegen den Thron erkennen.

Es gibt einen weiteren Palast, dessen Bauplan dem Vater des Johannes unmittelbar von Gott in einer Vision übermittelt wurde. Zu seinem Bau wurden die wertvollsten Edelsteine und Gold als Mörtel verwendet. Jeder der dort eintritt, verliert jegliches Hungergefühl und ist, wenn er ihn wieder verlässt, wundersam gesättigt, gestärkt und von Krankheiten geheilt. In einer Ecke des Thronsaales entspringt eine Quelle. Wer von ihr kostet, schmeckt das, was er gerade zu essen oder zu trinken wünscht. Wer mehrmals von der Quelle trinkt, wird vor 300 Jahren nicht sterben und sich immer im besten Jugendalter befinden. Die Eingangspforte ist 130 Ellen hoch, aus funkelndem Kristall, umgeben mit reinstem Gold, und sie öffnet und schließt sich von selbst, ohne Berührung.

Der Brief endet mit einer Erklärung, dass Johannes sich den Titel „Presbyter“ aus Bescheidenheit gegeben habe, da seine Untergebenen alle von solch hohem kirchlichen und weltlichen Rang seien, dass kein noch so wohlklingender Titel seiner Macht und Größe gerecht werde.

Suche in Asien

1177 entsandte Papst Alexander III. seinen Arzt Philipp mit einer persönlichen Botschaft an Johannes nach Asien, in der er um Unterstützung für einen weiteren Kreuzzug gegen die Muslime ersuchte. Philipps Reise endete offenbar ohne Ergebnis, er blieb verschollen.

Der Priesterkönig Johannes wurde über die folgenden Jahrhunderte hinweg immer wieder in Quellen erwähnt. Mehrere Expeditionen wurden nach Asien ausgesandt, um mit ihm Verbindung aufzunehmen. Den Reisen lag eine Fehlinformation zugrunde. Der Bischof von Akkon (dem heutigen Akko in Israel) hatte 1221 einen Brief an Papst Honorius III. geschickt, in dem er von der Ankunft des neuen und mächtigen Verbündeten König David von Indien berichtete, der den Kampf gegen das muslimische Perserreich aufgenommen habe, und der nun kurz vor der Eroberung von Bagdad stehe. Der Bischof hatte Kunde von den Eroberungszügen Dschingis Khans erhalten und identifizierte ihn fälschlich mit dem sagenhaften Priesterkönig Johannes. Allerdings gab es in Asien, entlang der Seidenstraße, in Teilen des heutigen Syrien, Iran, Indien und China, tatsächlich eine christliche Glaubensgemeinschaft, die Nestorianer, die jedoch im mongolischen Großreich nur geringen politischen Einfluss hatten.

Die vom ZDF und arte ausgestrahlte Terra-X-Dokumentation „Im Bann des Priesterkönig Johannes“[1] verfolgt einen anderen Ansatz. So wird der zeitlich und politisch zur Chronik passende Sieg der mongolischen Karakitai (Westliche Liao) über die Seldschuken von 1141 erwähnt,[2] dann jedoch dieser Mongolenstamm mit den späteren Nachfolgern Dschingis Khans vermischt. Tatsächlich hatten zumindest bis zur Zeit der Karakitai die sich auf den Apostel Thomas berufenden nestorianischen Christen unter den Mongolen größeren Einfluss als später am Hof der Nachfolger Dschingis Khans.[3] In anderen Versionen der Legende wurde der Ende des 12. Jahrhunderts lebende letzte Herrscher der mongolischen Keraiten, Toghril Khan (Wang Khan), mit der Gestalt des Priesterkönigs in Verbindung gebracht.[4]

1245/46 entsandte Papst Innozenz IV. den italienischen Franziskanermönch Johannes de Plano Carpini in einer diplomatischen Mission zum Großkhan der Mongolen. Gleichzeitig hatte er den Auftrag, Informationen über den Priesterkönig Johannes zu erlangen und ihn als Verbündeten gegen den Islam zu gewinnen. Er erreichte die Stadt Karakorum, konnte aber keine konkreten Informationen über Johannes zurückbringen. Das Reich des Priesterkönigs aber vermutete er in „Indien“[5]:

Einen anderen Sohn schickte Činggis Khan mit einem Heer gegen die Inder. [...] Er führte auch ein Heer in die Schlacht gegen die Christen, die im Größeren Indien leben. Als das der König jenes Landes, der im Volk Priesterkönig Johannes genannt wird, hörte, zog er ihnen mit einem Heer entgegen ...[6]

Den gleichen Auftrag wie Carpini erhielt Wilhelm von Rubruk von König Ludwig IX. von Frankreich; er reiste 1253/55 mit einer königlichen Gesandtschaft in die Mongolei. Beide kehrten zwar mit Informationen über das mongolische Reich zurück, konnten jedoch den Mythos des Johannes nicht aufhellen.

Marco Polo siedelt das Reich des Priesterkönigs Johannes im heutigen Nordost-China an. Er schreibt dazu in seinem Reisebericht:

Nun sollen die Ereignisse, welche die Herrschaft der Tataren einleiteten, erzählt werden: Diese wohnten in den Ländern des Nordens, Jorza und Bargu, jedoch ohne richtige Wohnungen, das heißt, ohne Städte und feste Plätze. Dort gab es weite Ebenen, gute Weideplätze, große Ströme und also Überfluss an Wasser. Sie hatten keinen Herrn und waren nur einem mächtigen Fürsten tributpflichtig, der, wie ich erfahren habe, in ihrer Sprache Un-Khan hieß, was, wie einige glauben, dieselbe Bedeutung wie Priester Johann in unserer Sprache hat.[7]
Der indische Erzdiakon Georg of the Cross († 1640)
St. Thomaskreuz

Marco Polo berichtet auch von einer großen Schlacht, die zwischen den Armeen des Dschingis Khan und des Un-Khan (Wang Khan?) stattgefunden haben soll. Sie endete mit dem Tod von Un-Khan und der Unterwerfung seines Reiches.

Tenduk, im ehemaligen Reich des Priesters Johannes gelegen, ist eine östliche Provinz mit vielen Städten und Schlössern, die zur Herrschaft des Großkhans gehören; alle Fürsten aus der Familie des Priesters Johannes sind abhängig geblieben, seit Dschingis-Khan das Land unterjochte. Die Hauptstadt heißt ebenfalls Tenduk (vermutlich das heutige Hohhot, nordwestlich von Peking, Anm. d. Autors). Der jetzige König ist Nachkomme des Priesters Johann und heißt Georg. Er ist Christ und Priester; der größte Teil der Einwohner ist christlichen Glaubens. Der erwähnte Georg ist der sechste Nachfolger des Priesters Johann.[8]

Mit dem Ende der Kreuzzüge war die Suche nach einem Verbündeten im Osten nicht mehr von Bedeutung. Die Legende verebbte mit dem 13. Jahrhundert, blieb jedoch latent immer im Bewusstsein erhalten. Hartmann Schedel erwähnt in seiner umfangreichen Weltchronik von 1493 Johannes nur noch in einem kurzen Absatz:

In Indier land nennt man iren patriarche briesterjohann. . . . Nun wirdt derselb briesterjohann nit allain als ein bischoff, sunder auch als ein kaiser geachtet. Von dem sagt man das zahlreich könig underworffen und ierlich zynsper seyen und in denselbe königreichen seyen hundert ertzbistumb. Un der öberst bischöflich und kaiserlich stuhl sey in einer großen mechtigen statt Bibrith genät und hat Johannes der patriarch einer auß den großen der indier (der im jar des herrn tawsent hundert gein rom komme) hat dem babst calisto, den cardineln und anderen prelaten offenlich gesagt.[9]

Mögliche Ursprungsfigur für den „Priesterkönig Johannes“ könnte das historische Amt des Erzdiakons der Thomaschristen sein. Dieser Priester war das anerkannte Haupt seiner Gemeinschaft und wurde in Indien als fürstenähnlich angesehen. Er hatte quasi den Status eines „Königs“ seines Volkes, was auch seine Ehrentitel wie „prince and head of the Christians of Saint Thomas” oder „Archdeacon and Gate of All India, Governor of India” belegen. Die Herrscher von Cochin übergaben jeweils dem neu erwählten Erzdiakon königliche Insignien und er wurde auf Reisen stets von einer bewaffneten Ehrentruppe eskortiert. Patriarch Timotheus von Babylon nannte bereits um 800 den Erzdiakon das „Haupt der Gläubigen von Indien”. Die Erzdiakone kamen ausschließlich aus Familien, die für sich reklamierten, direkt von den Priestern abzustammen, die der Apostel Thomas in Indien geweiht und eingesetzt habe (Zölibat war dort unbekannt). Auch der Name Georg war unter den Erzdiakonen Indiens sehr verbreitet.[10] Diese Fakten würden sich mit dem Bericht von Marco Polo decken und auch das öfter auftauchende Kreuzwappen des „Priesterkönigs Johannes”, mit den beiden Seitenschnörkeln, könnte eine verstümmelte Form des traditionellen indischen Thomaskreuzes sein.

Suche in Afrika

Karte des Reiches des Priesterkönigs Johannes in Ostafrika
Christliche Felsenkirche in Lalibela, Äthiopien

Der Doge Teodisio D'Oria[11] unterstützte und finanzierte eine Expedition des Genueser Kaufmanns Ugolino Vivaldi und dessen Bruder Vandino mit zwei Galeeren zu einer Fahrt nach Indien. Sie brachen im Frühjahr 1291 auf, passierten die Straße von Gibraltar, segelten entlang der marokkanischen Küste und es wird angenommen, dass sie die Kanarischen Inseln und die Region um das Kap Nun erreichten. Ihr weiteres Schicksal ist unbekannt, wahrscheinlich erlitten sie an der afrikanischen Küste Schiffbruch. Im frühen 14. Jahrhundert unternahm Ugolinos Sohn Sorleone de Vivaldo († ca. 1315) mehrere Fernreisen auf der Suche nach seinem Vater. Dabei soll er das Kap der Guten Hoffnung umrundet haben und bis an die somalische Küste nach Mogadischu vorgedrungen sein. Diese Geschichte greift der Dominikanermönch Jourdain de Séverac in Briefen aus den Jahren 1321-1324 auf und berichtet, dass zwei Genuesen am Hof des Priesterkönigs Johannes im heutigen Äthiopien um Hilfe baten. Damit löste er neue Spekulationen zur Lage des Reiches des Priesterkönigs in Afrika aus.

Der Mythos wurde im 15. Jahrhundert in abgewandelter Form von den Portugiesen bereitwillig aufgegriffen, um eine Rechtfertigung für ihre Entdeckungsfahrten und die Umsegelung von Afrika zu liefern. König Manuel I. beabsichtigte, den Einfluss des Islam in Afrika zurückzudrängen und den Kontinent für das Christentum zu gewinnen. Hierzu suchte er die Allianz mit dem legendären Priesterkönig.[12]

Über die Araber war die Kunde von einem christlichen Reich in Ostafrika nach Europa gelangt und man erinnerte sich sogleich an die Legende vom Priesterkönig Johannes. Tatsächlich gab es in Ostafrika, im heutigen Äthiopien, eine mächtige und einflussreiche christliche Gemeinschaft, die Reiche von Aksum und Lalibela. Die Entstehung des Christentums in Äthiopien ging auf die Händler zurück, die die noch junge Religion aus Syrien mitbrachten, mit dem umfangreiche Handelsbeziehungen bestanden. In der Blüte des Reiches von Aksum nahm König Ezana im 3. Jahrhundert das Christentum in Form des Monophysitismus als Staatsreligion an. Es bestanden enge Verbindungen zur koptischen Kirche in Ägypten. Das Reich existierte bis zum 10. Jahrhundert, als es durch die islamischen Eroberungen in Syrien und Ägypten vom Mittelmeer und damit von wichtigen Handelsbeziehungen abgeschnitten wurde. Im frühen 13. Jahrhundert errichtete König Lalibela wieder ein starkes, christliches Äthiopien in der Tradition von Aksum. Er ließ in Roha, dem heutigen Lalibela, zwölf Kirchen aus dem massiven Felsgestein meißeln, die heute noch ein beeindruckendes Zeugnis von der Macht und Größe des Reiches ablegen.

Da sich der Höhepunkt der frühen Expansion Äthiopiens in den Nordosten (dem heutigen Somalia) und die Rückgewinnung islamischer Gebiete im 15. Jahrhundert mit dem Höhepunkt der europäischen Entdeckungsfahrten unter Führung Portugals zeitlich überlagerte, wird es verständlich, dass das mittelalterliche Äthiopien mit dem Reich des Priesterkönigs Johannes identifiziert wurde. Im späten Mittelalter gab es mehrere Entdeckungsfahrten europäischer Abenteurer in diese Region. Besucher, die das äthiopische Reich tatsächlich erreichten, wurden jedoch nicht mehr herausgelassen, so dass die Informationen weiterhin unbestimmt blieben.

1487 reiste Pêro da Covilhã (1450 – 1530) im Auftrag des portugiesischen Königs Johann II. nach Ostafrika, um Johannes aufzusuchen. Er erreichte zwar Äthiopien, wurde jedoch dort festgehalten und kehrte nicht zurück. Ebenso erging es Alfonso de Payva, der versuchte, von Alexandrien aus Äthiopien über dem Landweg zu erreichen. Er blieb verschollen.

Erst 1520 erreichte eine von Rodrigo da Lima geführte Expedition Äthiopien, der es auch gelang, mit Berichten nach Portugal zurückzukehren. Der die Gruppe begleitende Kaplan Francisco Álvares verfasste als erster Europäer einen ausführlichen Bericht (Verdadeira Informação das Terras do Preste João das Índias, Lissabon 1540 - darin enthalten Berichte von Pêro da Covilhã) über das äthiopische Reich in seiner Blütezeit, konnte jedoch das Rätsel um den Priesterkönig Johannes nicht aufklären.

Kartendarstellung

Priester Johannes in einer Kartendarstellung (Atlas de Diego Homen, 1561 Portugal)

In den Landkarten war das Reich des Priesterkönigs Johannes noch bis weit in das 16. Jahrhundert verzeichnet. Einige Beispiele dafür:

  • Eine 1475 in Lübeck entstandene Radkarte Jerusalems und des Heiligen Landes zeigt das Reich des Priesterkönigs Johannes südlich von Indien und westlich von Babylon.
  • Die Weltkarte des Juan de la Cosa von 1500 zeigt das Reich des Priesterkönigs Johannes nördlich von Ethiopia (Äthiopien), direkt westlich des Nil.

Mit zunehmender Aufhellung der weißen Flecken auf dem Erdglobus verschwand das Reich des Johannes von den Karten, und damit endete auch die Legende vom Priesterkönig.

Überlieferung

Siehe hierzu Wagner (Lit. 5).

Die lateinische Epistola presbiteri Johannis (Brief des Presbyters Johannes) ist in mehr als 200 Handschriften des 12. bis 17. Jahrhunderts und 14 Druckausgaben von ca. 1483 bis 1565 überliefert. Die Fassungen des Texts variieren sehr stark. Neben dem bei Zarncke edierten Text der 'Tradition I', die sich in fünf Redaktionen sowie mehrere Kurz- und Langfassungen aufgliedert, sind fünf lateinische Sonderfassungen ('Tradition II') erhalten, die zum Teil erhebliche Umarbeitungen aufweisen und mit den romanischen Übersetzungen in engem Zusammenhang stehen.

Deutsche Übersetzungen finden sich in folgenden Handschriften:

  • Berlin, SBB-PK, Ms. germ. oct. 56
  • Wien, ÖNB, Cod. Ser. nova 2663 (Ambraser Heldenbuch)
  • München, BSB, Cgm 1113
  • Paris, BNF, Ms.all. 150
  • Heidelberg, UB, Cod. Pal. germ. 844

sowie in Albrecht von Scharfenbergs "Jüngerem Titurel".

Literatur

Werkausgaben

  • Friedrich Zarncke: Der Priester Johannes, in: Abhandlungen der philologisch-historischen Classe der Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften 7/1879, Seite 827-1030 und 8/1883, Seite 1-186 (Ausgaben des lateinischen und der deutschen Texte)
  • Bettina Wagner: Die "Epistola presbiteri Johannis": lateinisch und deutsch. Überlieferung, Textgeschichte, Rezeption und Übertragungen im Mittelalter; mit bisher unedierten Texten, (= Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters; Band 115), Tübingen 2000 ISBN 3-484-89115-7

Sekundärliteratur

  • Wilhelm Baum: Die Verwandlungen des Mythos vom Reich des Priesterkönigs Johannes. Rom, Byzanz und die Christen des Orients im Mittelalter. Kitab, Klagenfurt 1999, ISBN 3-902005-02-5.
  • Charles F. Beckingham, Bernard Hamilton (Hrsg.): Prester John, the Mongols and the Ten Lost Tribes. Variorum, Aldershot 1996, ISBN 0-86078-553-X.
  • Lew Nicolai Gumilev: Searches for an Imaginary Kingdom. The Legend of the Kingdom of Prester John. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1987, ISBN 0-521-32214-6.
  • Gerd-Klaus Kaltenbrunner: Johannes ist sein Name. Priesterkönig, Gralshüter, Traumgestalt (= Die graue Reihe 12). Graue Edition, Zug/Schweiz 1993, ISBN 3-906336-12-3.
  • Ulrich Knefelkamp: Die Suche nach dem Reich des Priesterkönigs Johannes. Dargestellt anhand von Reiseberichten und anderen ethnographischen Quellen des 12.-17. Jahrhunderts. Müller, Gelsenkirchen 1986, ISBN 3-89049-006-9 (Zugleich: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1985).
  • Ulrich Knefelkamp: Der Priesterkönig Johannes und sein Reich – Legende oder Realität. In: Journal of Medieval History. 14, 1988, ISSN 0304-4181, S. 337–355.
  • Udo Friedrich: Zwischen Utopie und Mythos. Der Brief des Priesters Johannes. In: Zeitschrift für deutsche Philologie. 122, 1, 2003, ISSN 0949-1678, S. 73–92.
  • Wolbert Smidt: Der Priesterkönig Johannes: Eine Sehnsuchtsfigur. In: Kerstin Volker-Saad, Anna Greve (Hrsg.): Äthiopien und Deutschland, Sehnsucht nach der Ferne. Deutscher Kunstverlag, München u. a. 2006, ISBN 3-422-06603-9, S. 35–39.
  • Christof DahmJohannes der Priesterkönig In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 3, Bautz, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-035-2, Sp. 530–533.

Sonstiges

  • Wolfram von Eschenbach griff bereits im 13. Jahrhundert in seinem Versroman „Parzival“ Elemente des Johannes-Mythos auf.
  • Umberto Eco hat Teile des Mythos vom Priesterkönig Johannes in seinem Roman Baudolino (2001, Hanser Verlag München, ISBN 3-446-20048-7) verarbeitet.
  • Tad Williams verwendet Johannes Presbyter bzw. Johannes den Priester im Roman Der Drachenbeinthron als Hochkönig des fiktiven Landes Osten-Ard
  • Terra X: Im Bann des Priesterkönigs - Suche nach den "Drei Indien", Sendung Nr. 84, 2007
  • Michael Peinkofer hat mit Das verschollene Reich einen historischen Roman über die Suche nach dem Reich von Johannes vorgelegt.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Terra X - Im Bann des Priesterkönigs - Suche nach den "Drei Indien"
  2. Nach der Schlacht hatten Choresmier, Karachniden und andere ehemalige Vasallen der Seldschuken die Oberhoheit der Karakitai anerkannt, was ebenfalls zum Inhalt des Johannes-Briefes passt.
  3. Der Westermann Atlas zur Geschichte sieht „um 1000“ eine Mehrheit der Mongolen als Nestorianer.
  4. Igor de Rachewiltz: Papal Envoys to the Great Khans, S. 114. Stanford University Press 1971
  5. Es ist zu berücksichtigen, dass der Begriff „Indien“ im Mittelalter sehr unbestimmt war und keinesfalls mit dem Staatsgebiet der heutigen Republik Indien deckungsgleich ist.
  6. Zitat aus: Johannes von Plano Carpini: Kunde von den Mongolen, übers. v. F. Schmiederer, Sigmaringen 1997, S. 65
  7. Zitat aus: Marco Polo, Von Venedig nach China, 1271 – 1292, in der Übersetzung von Theodor A. Knust, Thienemanns Verlag Stuttgart
  8. Zitat aus: Marco Polo a.a.O.
  9. Zitat aus: Hartmann Schedel: Weltchronik, Nürnberg 1493, Blatt CXCVII
  10. Bebilderte Abhandlung über die indischen Erzdiakone, aus dem syro-malabarischen Kirchenportal Nasrani.net
  11. auch: Tedisio Doria
  12. História de Portugal, Oliveira Martins, Lissabon 1894, Livro V, S. 4-8.

Dieser Artikel basiert auf einer für AnthroWiki adaptierten Fassung des Artikels Priesterkönig Johannes aus der freien Enzyklopädie de.wikipedia.org und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.