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Soziales Hauptgesetz

Aus AnthroWiki

Rudolf Steiner nannte bereits 1905, also lange bevor er seine Ideen zur Dreigliederung des sozialen Organismus veröffentlichte, folgendes (inzwischen klassische) soziale Hauptgesetz, das aller menschlichen Arbeit zugrunde liegen müsse, wenn sie sich als heilsam für den sozialen Organismus erweisen soll. Eng damit verbunden ist der kontrovers diskutierte Gedanke der Trennung von Arbeit und Einkommen.

„Das Heil einer Gesamtheit von zusammenarbeitenden Menschen ist um so größer, je weniger der einzelne die Erträgnisse seiner Leistungen für sich beansprucht, das heißt, je mehr er von diesen Erträgnissen an seine Mitarbeiter abgibt, und je mehr seine eigenen Bedürfnisse nicht aus seinen Leistungen, sondern aus den Leistungen der anderen befriedigt werden.“ (Lit.: GA 34, S. 213)

Das soziale Hauptgesetz als Grundlage eines gesunden Wirtschaftslebens

Das soziale Hauptgesetz bildet die Grundlage für ein gesundes, brüderliches Wirtschaftsleben.

„Alle Einrichtungen innerhalb einer Gesamtheit von Menschen, welche diesem Gesetz widersprechen, müssen bei längerer Dauer irgendwo Elend und Not erzeugen - Dieses Hauptgesetz gilt für das soziale Leben mit einer solchen Ausschließlichkeit und Notwendigkeit, wie nur irgendein Naturgesetz in bezug auf irgendein gewisses Gebiet von Naturwirkungen gilt. Man darf aber nicht denken, daß es genüge, wenn man dieses Gesetz als ein allgemeines moralisches gelten läßt oder es etwa in die Gesinnung umsetzen wollte, daß ein jeder im Dienste seiner Mitmenschen arbeite. Nein, in der Wirklichkeit lebt das Gesetz nur so, wie es leben soll, wenn es einer Gesamtheit von Menschen gelingt, solche Einrichtungen zu schaffen, daß niemals jemand die Früchte seiner eigenen Arbeit für sich selber in Anspruch nehmen kann, sondern doch diese möglichst ohne Rest der Gesamtheit zugute kommen. Er selbst muß dafür wiederum durch die Arbeit seiner Mitmenschen erhalten werden. Worauf es also ankommt, das ist, daß für die Mitmenschen arbeiten und ein gewisses Einkommen erzielen zwei voneinander ganz getrennte Dinge seien.“ (Lit.: GA 34, S. 213)

„Wer nämlich das Leben wirklich untersucht, der kann finden, daß eine jede Menschengemeinschaft, die irgendwo existiert, oder die nur jemals existiert hat, zweierlei Einrichtungen hat. Der eine dieser beiden Teile entspricht diesem Gesetze, der andere widerspricht ihm. So muß es nämlich überall kommen, ganz gleichgültig, ob die Menschen wollen oder nicht. Jede Gesamtheit zerfiele nämlich sofort, wenn nicht die Arbeit der einzelnen dem Ganzen zufließen würde. Aber der menschliche Egoismus hat auch von jeher dieses Gesetz durchkreuzt. Er hat für den einzelnen möglichst viel aus seiner Arbeit herauszuschlagen gesucht. Und nur dasjenige, was auf diese Art aus dem Egoismus hervorgegangen ist, hat von jeher Not, Armut und Elend zur Folge gehabt.“ (Lit.: GA 34, S. 213f)

„Es ist klar, daß dieses Gesetz nichts Geringeres besagt als dieses: Die Menschenwohlfahrt ist um so größer, je geringer der Egoismus ist. Man ist also bei der Umsetzung in die Wirklichkeit darauf angewiesen, daß man es mit Menschen zu tun habe, die den Weg aus dem Egoismus herausfinden. Das ist aber praktisch ganz unmöglich, wenn das Maß von Wohl und Wehe des einzelnen sich nach seiner Arbeit bestimmt. Wer für sich arbeitet, muß allmählich dem Egoismus verfallen. Nur wer ganz für die anderen arbeitet, kann nach und nach ein unegoistischer Arbeiter werden.“ (Lit.: GA 34, S. 214)

Die erstmalige Formulierung des sozialen Hauptgesetzes stand in engem Zusammenhang mit dem der erkenntniskultischen Arbeit in der Esoterischen Schule:

„Zwei Tage später, am 26. Oktober 1905, wurde - zwar nicht in äußerlichem, aber um so mehr in innerlichem Zusammenhang mit den Intentionen der erkenntniskultischen Arbeit - zum ersten Male und zwar in einem öffentlichen Vortrag das soziale Hauptgesetz der Zukunft entwickelt: daß die Arbeit einerseits befreit werden müsse von ihrem Warencharakter, indem sie von der Entlohnung getrennt werde, und andererseits dadurch geheiligt werden könne als ein Opfer des Einzelnen an die Gesamtheit. In der Zukunft werde gearbeitet werden um der Mitmenschen willen, weil sie das Produkt unserer Arbeit brauchen.[1]

Der Zusammenhang zwischen dem öffentlichen Hinstellen dieses sozialen Hauptgesetzes der Zukunft und dem Beginn der erkenntniskultischen Arbeit ergibt sich einerseits aus der Bedeutung des Bilddenkens für das soziale Leben, andererseits aus dem der erkenntniskultischen Arbeit zugrundeliegenden Motiv, zu selbstlosem sozialen Handeln aus moralischer Selbstverantwortung zu impulsieren, so wie einstmals aus den Mysterien die Anweisungen für das moralische Leben gegeben wurden. So lassen sich im Sinne des Goethe-Wortes «Nichts ist drinnen, nichts ist draußen, denn was innen, das ist außen», die Konstituierung des neuen Misraim-Dienstes und die gleichzeitige Veröffentlichung des sozialen Hauptgesetzes der Zukunft als zwei Pole ein und desselben Impulses erkennen. Die Intention zum Brückenschlägen kann hier deutlich wahrgenommen werden.“ (Lit.: GA 265, S. 57f.)

Das «Soziale Hauptgesetz»: ein nationalökonomisches Prinzip

„Daß zweifellos allein eine äußere Strukturierung bzw. Gliederung noch nicht eine menschenwürdigere Gesellschaft hervorbringt, braucht hier nicht besonders erwähnt werden. Rudolf Steiner selbst hat ja dies in seinen Vorträgen immer wieder hervorgehoben und begründet, und dies nicht erst seit dem Jahre 1919, sondern schon in seinen frühen Aufsätzen in den neunziger Jahren des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Eine zentrale Stellung nimmt jene Aufsatzfolge aus den Jahren 1905 / 06 ein, die unter dem Titel «Geisteswissenschaft und soziale Frage» auch als Einzelausgabe erschienen sind. In diesem Aufsatz formuliert Rudolf Steiner auch das «Soziale Hauptgesetz», das heute schon für viele Menschen, insbesondere solche, die in anthroposophischen Einrichtungen tätig sind, richtungsweisend geworden ist. Der in engem Zusammenhang mit diesem Gesetz formulierte Gedanke einer Trennung von Arbeit und Einkommen hat in der Vergangenheit viele Diskussionen ausgelöst, aber auch Anregungen zu ersten praktischen Versuchen in Gestalt neuer sozialer Modelle in Institutionen gegeben. Daß Rudolf Steiner dabei auch Finanzierungsformen im Auge gehabt hat dergestalt, daß, wenn sich eine Gemeinschaft von Menschen bildet, ein jeder das, «was er einnimmt, in die gemeinschaftliche Kasse wirft, und jeder arbeitet, was er arbeiten kann» und dann seinen Lebensbedarf dieser gemeinsamen Kasse entnimmt, führt er in seinem Berliner Vortrag vom 26. Oktober 1905 an, der in diesem Heft nun erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. In diesem Vortrag, der aufgrund der lückenhaften Nachschrift nicht in den entsprechenden Band der Gesamtausgabe aufgenommen wurde (siehe auch die Vorbemerkung auf S. 10 dieses Heftes), weist er aber auch darauf hin, daß durch ein solches Finanzierungsmodell nur die Richtung angedeutet ist, die mit dem sozialen Hauptgesetz angestrebt wird. Ein Schlüssel zum Verständnis des Sozialen Hauptgesetzes findet sich in dem Vortrag vom 9. April 1919, der ebenfalls in dem oben erwähnten neuen Band enthalten ist. Im Zusammenhang mit dem Problem der Arbeitsteilung weist er dort hin auf das Soziale Hauptgesetz als einem volkswirtschaftlichen Prinzip. Bei der Trennung von Arbeit und Einkommen handelt es sich also nicht um ein betriebwirtschaftliches Prinzip (das ja in manchen Modellversuchen sogar die Privatsphäre der in solchen Finanzierungsgemeinschaften tätigen Mitarbeiter berührt!), sondern um ein durch die Entwicklung der Arbeitsteilung bedingtes volkswirtschaftliches Prinzip, das eine andere Lösung fordert, als sie in den bisherigen Modellversuchen angestrebt wird. Es ist ja auffallend, daß Rudolf Steiner während seines Wirkens für den Dreigliederungsimpuls expressis verbis das Soziale Hauptgesetz nie anführt, sondern lediglich in bestimmten Zusammenhängen auf dieses Gesetz verweist. Zieht man zum Beispiel den wohl letzten «Dreigliederungsvortrag» vom 29. August 1922, gehalten in Oxford, zu Rate, so wird man erkennen, warum Rudolf Steiner so vorgeht. Die Trennung von Arbeit und Einkommen taucht nämlich innerhalb des Dreigliederungsgedankens in metamorphosierter oder man könnte auch sagen: in präzisierter Form wieder auf. Sie wird vollzogen dadurch, daß die Bewertung der Arbeit zum Gegenstand des Rechtslebens wird, also dem Wirtschaftsleben entzogen wird. Wörtlich sagte Rudolf Steiner in Oxford: «Und so wird man sehen, wenn das juristisch-staatliche Leben in der richtigen Weise sich auswirken kann, daß dieses juristisch-staatliche Leben vor allen Dingen dann die Arbeit des Menschen einbezieht. Die Arbeit des Menschen steckt ja heute ganz im wirtschaftlichen Leben drinnen... Ich habe 1905 einen Aufsatz geschrieben über die soziale Frage, und habe da klarmachen wollen, daß unter unserer heutigen Arbeitsteilung Arbeit nur eine Ware wird... Die Arbeit ist dasjenige, was der Mensch für den Menschen macht, die nicht darnach geordnet werden kann, wieviel Arbeitszeit man in der Fabrik braucht. Die Bewertung der Arbeit führt im eminentesten Sinne hinein in das Gebiet des Rechts, der staatlich-juristischen Ordnung.» (Lit.: GA 305, S. 235 f.) Anders ausgedrückt: Die Herstellung und Verteilung eines Produktes gehören dem Wirtschaftsleben an. Ein Einkommen zu beziehen, fällt in den Bereich des Rechtslebens. Erst die Realisierung der Dreigliederung in diesem Sinne führt zu der von Rudolf Steiner bereits im Jahre 1905 ins Auge gefaßten Trennung von Arbeit und Einkommen.“ (Lit.: Beiträge 88, S. 5 f.)

„Und so wird man sehen, wenn das juristisch-staatliche Leben in der richtigen Weise sich auswirken kann, daß dieses juristisch-staatliche Leben vor allen Dingen dann die Arbeit des Menschen einbezieht. Die Arbeit des Menschen steckt ja heute ganz im wirtschaftlichen Leben drinnen. Sie wird nicht behandelt als etwas, was von Mensch zu Mensch bestimmt wird. Ich habe etwa 1905 einen Aufsatz geschrieben über die soziale Frage, und habe da klarmachen wollen, daß unter unserer heutigen Arbeitsteilung Arbeit nur eine Ware wird, indem sie hineinfließt in den ganzen übrigen Organismus. Für uns selber hat in Wirklichkeit unsere Arbeit nur einen Scheinwert. Nur was die anderen für uns tun, hat einen Wert; während das, was wir tun, für die anderen einen Wert haben soll. Das ist etwas, was die Technik schon erreicht hat. Nur sind wir mit unserer Moral noch nicht nachgekommen. Technisch, innerhalb der heutigen sozialen Ordnung, kann man nichts für sich machen, nicht einmal einen Rock. Sogar wenn man sich den Rock selber macht, so hat er einen solchen Preis, wie er ihn haben würde, wenn er innerhalb der ganzen sozialen Ordnung von einem anderen gemacht wird. Das heißt, was den Rock ins ökonomische hineinstellt, das ist universell, ist aus der Gemeinschaft heraus bestimmt. Es ist nur ein Scheingebilde, wenn man meint, der vom Schneider für sich selbst hergestellte Rock sei billiger. Man kann das ausrechnen mit Zahlen, da erscheint es billiger. Würde man es aber hineinstellen in eine Gesamtbilanz, so würde man sehen: Ebensowenig wie man aus seiner eigenen Haut herausfahren kann, ebensowenig kann man, indem man sich selber ein Kleidungsstück macht, das Ökonomische ändern oder ausschalten. Auch das Kleidungsstück, das man für sich selbst gemacht hat, muß insgesamt bezahlt werden. Die Arbeit ist dasjenige, was der Mensch für den Menschen macht, die nicht darnach geordnet werden kann, wieviel Arbeitszeit man in der Fabrik braucht. Die Bewertung der Arbeit führt im eminentesten Sinne hinein in das Gebiet des Rechts, der staatlich-juristischen Ordnung.“ (Lit.: GA 305, S. 235 f.)

„Ich spreche damit ein volkswirtschaftliches Prinzip aus, das ich mich seit dem Jahre 1904 bemühe, populär zu machen; allein die Menschheit will dieses volkswirtschaftliche Prinzip nicht verstehen. Ob man will oder nicht, in einem sozialen Organismus, in dem Arbeitsteilung herrscht - und das ist bei jedem sozialen Organismus der modernen zivilisierten Welt der Fall -, in einem solchen sozialen Organismus kann nicht wirtschaftlich egoistisch gearbeitet und gewirkt werden. Alles, was der einzelne arbeitet, muß der Gesamtheit zufallen. Und alles dasjenige, was dem einzelnen zukommt, kommt ihm vom sozialen Kapital her zu. Nach der Ablösung der Naturalwirtschaft durch das Geld, der weiteren Arbeitsteilung, die durch das Geld eingetreten ist, ist dies ein fundamentales volkswirtschaftliches Prinzip geworden, daß der Mensch nicht für sich arbeiten kann in einem sozialen Organismus, in dem Arbeitsteilung herrscht, daß er nur für andere arbeiten kann.

In Wahrheit kann man in einem sozialen Organismus ebenso wenig für sich arbeiten, wie man sich selber aufessen kann. Sie werden sagen: Wenn einer ein Schneider ist und er sich selber einen Anzug macht, dann arbeitet er doch für sich. Es ist nicht wahr, wenn das in einem sozialen Organismus geschieht, in dem Arbeitsteilung ist; denn das Verhältnis, das er dadurch zwischen dem Rock und sich selber herstellt, indem er diesen Rock für sich in einem sozialen Organismus mit Arbeitsteilung herstellt, ist ein ganz anderes, als in einer primitiven Wirtschaft. Es ist allerdings nicht möglich, heute in diesen kurzen Auseinandersetzungen Ihnen die vollgültigen Beweise vorzuführen, allein man kann diese Beweise erbringen, und ich werde hinweisen auf diese Dinge in meinem Buche über «Die Kernpunkte der sozialen Frage». Man kann diesen Beweis liefern, daß wenn heute sich ein Schneider einen Rock näht, er ihn aus dem Grunde näht, damit dieser Rock seinem Mitmenschen dient, damit er für andere Menschen arbeiten kann. Der Rock ist heute für den Schneider nicht mehr zum Selbstverbrauch allein zu fabrizieren, ist nicht im egoistischen Sinne zu fabrizieren, ist Produktionsmittel. Diesen anderen Charakter hat er angenommen einfach dadurch, daß der Schneider lebt in einem sozialen Organismus, der auf dem Prinzip der Arbeitsteilung beruht.

Unter allem, was geschieht, ist dieser volkswirtschaftliche Altruismus das Tätige. Sündigt man dagegen, das heißt, setzt man über diesen sich selber realisierenden Unterbau jenen Überbau, durch den man sich aneignet in egoistischer Weise die Früchte, die eigentlich im wahren sozialen Prozeß der Allgemeinheit zufließen, so setzt man das in die Welt, was ich nennen möchte: eine reale Lüge. Der Egoismus der heutigen Wirtschaftsordnung ist nichts anderes als eine Summe von realen Lügen, von Sünden wider dasjenige, was doch eigentlich unter der Oberfläche geschieht, und was steht unter dem Gesetze des sozialen, des wirtschaftlichen Altruismus.“ (Lit.: GA 329, S. 170 f.)

Soziologisches Grundgesetz und Soziales Hauptgesetz

Die zweite in diesem Zusammenhang von Rudolf Steiner formulierte Gesetzmäßigkeit ist das «Soziologische Grundgesetz»:

„Die Menschheit strebt im Anfange der Kulturzustände nach Entstehung sozialer Verbände; dem Interesse dieser Verbände wird zunächst das Interesse des Individuums geopfert; die weitere Entwicklung führt zur Befreiung des Individuums von dem Interesse der Verbände und zur freien Entfaltung der Bedürfnisse und Kräfte des Einzelnen.“ (Lit.: GA 31, S. 255f)

„Und nun zum Schluß noch etwas über dasjenige, was vorgebracht worden ist über die zwei sozialen Gesetze, wie ich sie formuliert habe, das des Individualismus[2] und das des Sozialismus. Ich habe das eine Gesetz in Anknüpfung an das Buch von Ludwig Stein[3] formuliert. (...) Nun, wer soziale Zusammenhänge heute durchschauen kann, der weiß - wenn es auch zunächst anders aussieht —, daß derjenige, der heute einen Rock für sich selber fabriziert, tatsächlich ihn nicht in Wirklichkeit produziert. Daß er ihn produziert - das ist auf einem Gebiet, wo wir heute eine so weitgehende Arbeitsteilung haben, nur eine Scheinvorstellung, weil das, was er produziert, von ihm selbst konsumiert wird. Aber dieses Gesetz des sozialen Lebens gilt durchaus. Es liegen die Dinge ja so, daß dieses Gesetz bewußt nur verwirklicht werden kann von denjenigen, die sich aus den Verbänden herauslösen und zur Individualität werden. Diese beiden Dinge sind vielleicht abstrakt im Widerspruch; in der Realität fordern sie einander, gehören durchaus zusammen. Es müßte die Individualität sich aus den Verbänden erst herauslösen, damit aus der Individualität heraus sich das Soziale verwirklichen kann. Das ist des Rätsels Lösung in diesem Falle.“ (Lit.: GA 337b, S. 49ff.)

Alternative Formulierung des Sozialen Hauptgesetzes

Joseph Beuys formulierte eine alternative Variante zum Sozialen Hauptgesetz von Steiner, indem er einen bestimmten Hauptaspekt in den Vordergrund stellte, und zwar wie folgt:

Soziales Hauptgesetz: Nichts für mich, sondern alles für den anderen. (Beuys)

Das Soziale Hauptgesetz lässt sich demgemäß auch als altruistisches Hauptgesetz bezeichnen.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Vortrag Berlin, 26. Oktober 1905 über «Die soziale Frage und die Theosophie», abgedruckt in «Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe» Nr. 88. In dem Aufsatz «Theosophie und soziale Frage» (heute «Geisteswissenschaft und soziale Frage»), der in der Oktobernummer 1905 der Zeitschrift «Lucifer-Gnosis» begann, wird das soziale Hauptgesetz erst in der dritten Folge behandelt, die erst ein Jahr später, im September 1906, erschienen ist.
  2. s. Soziologisches Grundgesetz
  3. Ludwig Stein (1859-1930): «Die soziale Frage im Lichte der Philosophie. Vorlesungen über Sozialphilosophie und ihre Geschichte », Stuttgart 1897