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Joseph Beuys

Aus AnthroWiki
Joseph-Beuys-Poster für eine Vortragstournee durch die USA: Energy Plan for the Western Man, 1974, organisiert von dem Galeristen Ronald Feldman, New York
Autograph von Joseph Beuys
Autograph von Joseph Beuys

Joseph Heinrich Beuys (Aussprache: [bɔɪs]; * 12. Mai 1921 in Krefeld; † 23. Januar 1986 in Düsseldorf) war ein deutscher Bildhauer, Aktionskünstler, Zeichner, Kunsttheoretiker und Anthroposoph.

Er setzte sich in seinem bildnerischen und plastischen Werk intensiv mit Fragen des Humanismus, der Soziologie und insbesondere mit der Anthroposophie Rudolf Steiners auseinander. Dies führte schließlich zu seiner eigenen Definition des erweiterten Kunstbegriffs und zur Konzeption der „Sozialen Plastik“ als Gesamtkunstwerk, in der er Ende der 70er Jahre mit den Worten „Jeder Mensch ist ein Künstler“ ein kreatives Mitgestalten an der Gesellschaft und in der Politik forderte. Joseph Beuys zählt international zu den bekanntesten Künstlern der Moderne und gilt als Wegbereiter des Fluxus in Deutschland.

Künstler Beuys rechts im Bild (1973)

Leben

Kindheit und Jugend

Joseph Beuys wurde als Sohn von Josef Jakob Beuys - einem Kaufmann - und dessen Frau Johanna Maria Margarete Beuys, geb. Hülsermann, im Mai 1921 in Krefeld geboren. Beuys gab allerdings Kleve, wo er aufgewachsen war, als seinen biografischen Geburtsort an.

Der Vater entstammte einer Müller- und Mehlhändlerfamilie aus Geldern und war zunächst als Stadtinspektor im Klever Bürgermeisteramt tätig. 1930 eröffnete er mit seinem Bruder Hubert Beuys in einer leerstehenden Molkerei in Rindern eine Mehl- und Futtermittelhandlung.

"[Mein Vater] hatte einen prächtigen Schnurrbart, und er tendierte zu einer gewissen Eleganz. Es gab allerdings in dieser Eleganz auch einige, sagen wir, groteske Stellen, die man wie eine Komödie hätte ansehen können. Beispielsweise wenn er abends im Bett mit so einer Schnurrbarttasse lag, nach hintenherüber, und nicht so recht wagte, den Kopf von einer Seite auf die andere zu legen, und ich im Bett nebenan das beobachtet hatte - das hat mir schon einen tiefen Eindruck gemacht. Und wenn dann morgens die Schnurrbarttasse in Aktion trat - Kaffee und Ei, das war das Frühstück meines Vaters - und er dann

stetig den Schnurrbart zurückdrehte - das war etwas, was ich gesehen habe; unvergeßlich als Bild ..." (Hermann Schreiber im Gespräch mit Joseph Beuys, 27. Januar 1980)

Joseph Beuys interessierte sich schon sehr früh für Botanik und Zoologie und brachte dieses Interesse in vielen Heften zu Papier. Mit seinen Freunden veranstaltete er Exkursionen, legte Sammlungen in großen Zeltbauten an, die dort ausgestellt wurden. Alles mögliche wurde gesammelt, Pflanzen, Insekten, Fische, kleine Säugetiere bis hin zu alten mechanischen Geräten.

Des öfteren spielte Beuys vor dem Schloss des Barons Anacharsis Cloots, der im katholische Kleve als Antichrist galt und daher als der persönliche Feind Christi im Schulunterricht angegriffen wurde. Von 1927 bis 1932 besuchte Beuys die Volksschule, anschließend das staatliche Gymnasium in Kleve. Während der Schulzeit erlernt er das Klavier- und Cellospielen, überraschte durch seine hohe Frühbegabung in der Mal- und Zeichenkunst und besuchte oft das Atelier des Klever Bildhauers Achilles Moortgart.

Drittes Reich

Während der auch in Kleve organisierten Bücherverbrennung am 19. Mai 1933 im Hof des Gymnasiums hatte Beuys heimlich u. a. einen Katalog mit Reproduktionen von Wilhelm Lehmbruck und das Buch Systema Naturae von Carl von Linné an sich genommen. Mit Lehmbruck befasste er sich später intensiver. Er spielte beim „6. öffentlichen Schülerkonzert“ in Kleve am Klavier und betrieb umfangreiche naturwissenschaftliche und technische Studien. Spätestens 1936 ist die Mitgliedschaft des 15-jährigen Beuys in der Hitler-Jugend belegt, als er im HJ-Bann 238/Altkreis Kleve am reichsweiten Adolf-Hitler-Sternmarsch nach Nürnberg teilnahm.

Der Schüler Beuys hatte schulische und familiäre Probleme und sollte daher zurückgestuft werden, doch er wurde von dem Gymnasialdirektor Dr. Schiefer in Schutz genommen. Um 1939 schloss Beuys sich einem Zirkus an, um für fast ein Jahr als Plakatausträger und Tierpfleger mitzuwirken. Ostern 1941 verließ er das Gymnasium mit dem „Reifevermerk“ (Abitur).

Kriegszeit

Obwohl er nach seinem Abschluss am Hindenburg-Gymnasium in Kleve eigentlich eine Laufbahn als Kinderarzt plante (Beuys hatte bereits ein Vorbereitungsstudium absolviert), meldete er sich während des Zweiten Weltkriegs schlussendlich als Sturzkampfflieger zur Luftwaffe und verpflichtete sich im Mai 1941 in Posen freiwillig zu einer zwölfjährigen Unteroffizierslaufbahn in der Wehrmacht, um den Reichsarbeitsdienst zu umgehen. Beuys' Ausbilder zum Luftnachrichtenfunker war der spätere Tier- und Dokumentarfilmer Heinz Sielmann. Letztlich wurde Beuys Adjutant und Freund des Ausbildungs-Unteroffiziers Sielmann. Sielmann vertiefte in Joseph Beuys das Interesse an der Natur, besonders der Zoologie und Botanik. Beuys wurde für sieben Monate Gasthörer an der Universität Posen in den Gebieten Zoologie, Geographie und Botanik. Statt des rational-analytischen Wissenschaftsbegriffs, so wie Beuys es in den sieben Monaten Universität erfuhr, wünschte er sich eine Synthese von ästhetischer Kunstproduktion und spirituell-mystischer Naturanschauung.

Im Dezember 1941 wurde Beuys zur Bordfunkerausbildungskompanie in die Luftnachrichtenschule 5 nach Erfurt-Bindersleben versetzt, wo er seine Ausbildung als Funker fortsetzte und im Mai 1942 zum Gefreiten befördert wurde. Während seiner Stationierung in Erfurt machte er einen Kurzurlaub nach Weimar, um dort das Nietzsche-Archiv und die Wirkungsstätten von Goethe und Schiller zu besuchen. Er malte hinter dem Schloss Belvedere in Wien ein Aquarell auf ein selbst verfasstes naturreligiösen Gedicht mit dem Titel Nordischer Frühling − das sogenannte Belvedereblatt, 1941.

Im Jahr 1941 empfahl sein Klever Schulfreund Fritz Rolf Rothenburg dem zwanzigjährigen Beuys das Werk von Rudolf Steiner. Rothenburg hatte Beuys mit den anthroposophischen Vorstellungen und der Idee eines neuen sozialen Organismus vertraut gemacht. Beuys las daraufhin den Aufruf an das deutsche Volk und die Kulturvölker, das Steiner im März 1919 nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg verfasst hatte – den Aufruf hat unter anderem Wilhelm Lehmbruck noch in seinem Todesjahr mit unterzeichnet. Steiner sprach sich angesichts der wilhelminischen Kriegsniederlage bzw. der Revolution des Sozialismus dafür aus, sich auf das „deutsche Wesen“ zu besinnen und die Gesellschaft einem „natürlichen Organismus“ entsprechend zu gestalten. Beuys, der dieses Buch in einer Kaserne las, legte es aber gleich wieder weg, da er keine Beziehung dazu entwickeln konnte.

Nach seinem Ausbildungsabschluss als Bordfunker wurde er auf der Krim stationiert und nahm im Juni 1942 am Luftkampf um die Festungsstadt Sewastopol teil. Im Dezember 1942, Beuys war inzwischen Unteroffizier, wurde er zur Fortsetzung seiner Ausbildung an die Luftnachrichtenschule 2 nach Königgrätz ins "Protektorat Böhmen und Mähren" versetzt, wo er im Mai 1943 als Bordschütze in einem Stuka (JU 87) eingesetzt wurde. Beuys informierte von dort seine Eltern brieflich, dass er sich an der „Preußischen Academie für bildende Künste“ in der Reichshauptstadt Berlin beworben habe. Nach der Verlegung zum Luftwaffenstab Kroatien im Sommer 1943 war Beuys bis Ende 1943/Anfang 1944 an der östlichen Adria stationiert, von wo er zeitweise zu Waffentests die Luftwaffenbasis in Foggia (Italien) anflog.

Am 16. März 1944 stürzte sein Stuka über der Krim ab; der Pilot Hans Laurinck starb. Joseph Beuys wurde bei diesem Unglück schwer verletzt und erlitt ein nachbleibendes Absturztrauma. Er hatte einen Schädelbasisbruch und mehrere Knochenbrüche erlitten und Granatsplitter im gesamten Körper, die nie vollständig entfernt werden konnten. Von damals noch auf der Krim lebenden Tartaren wurde er zur Genesung in Filz und Talg gehüllt und mit Hausmitteln gepflegt. Filz und Fett sollten später das Werk von Joseph Beuys prägend mitbestimmen. Die Tartaren benachrichtigten schließlich ein deutsches Suchkommando. Beuys wurde unverzüglich in das mobile Feldlazarett 179 in Kurman-Kemeltschi auf der Halbinsel Krim überführt. Nach zwölf Tagen Bewusstlosigkeit fand sich Beuys in einem deutschen Lazarett wieder, welches er kaum genesen schon am 7. April 1944 verlassen musste. Mitte Mai 1944 wurde er wieder ins "Protektorat Böhmen und Mähren" nach Pardubitz versetzt. Einem Brief an seine Eltern vom 19. Mai 1944 ist zu entnehmen, dass Beuys sich aufgrund zurückgebliebener Verletzungen durch seinen Flugzeugabsturz hier in Pardubitz des öfteren in truppenärztliche Behandlung begeben hatte. Spätestens im August 1944 wurde er zum Kampf an die Westfront einberufen, wo er als Fallschirmjäger zum Einsatz kam. Alle diese Erfahrungen sollten später starken Einfluss auf sein Lebenswerk nehmen.

Nach der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht am 18. Mai 1945 wurde Beuys in ein britisches Internierungslager überführt. Nach nur knapp drei Monaten konnte er das Lager am 5. August 1945 wieder verlassen und kehrte zu seinen Eltern nach Kleve-Neurindern zurück, wohin diese mittlerweile umgezogen waren.

Nachkriegszeit

1946 trat Beuys dem „Klever Künstlerbund“ bei, und zum Sommersemester desselben Jahres immatrikulierte er sich an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf, an der er bis 1952 studierte. Während des ersten Semesters bei Joseph Enseling, bei welchem er 3 Semester studierte, lernte er Erwin Heerich kennen. Ab dem Wintersemester 1947 wechselte Beuys in die Klasse von Ewald Mataré. Dieser ernannte ihn 1951 zu seinem Meisterschüler. Er beendete das Studium der Monumentalbildhauerei im Wintersemester 1952/1953. Gemeinsam mit Erwin Heerich bezog Beuys bis 1954 sein Meisterschüleratelier unter dem Dach der Kunstakademie. Er arbeitete an Aufträgen seines Lehrers Mataré mit, so zum Beispiel an den Türen des Kölner Doms und traf auf Herbert Zangs, der wie er im zweiten Weltkrieg bei der Luftwaffe war und ebenso vom Niederrhein stammte. Später (im Mai 1975) schrieb Beuys einmal über Zangs: „Er lieferte eine ganze Reihe von Gegenbildern, an denen man sehr viel Orientierung finden konnte.“ Im Haus der Familie Dr. Fritz Niehaus, bei der Beuys 1948 eine Weile wohnte, las er zum zweiten Mal (seit 1941) ein Buch von Steiner (Die Kernpunkte der sozialen Frage) und hatte, wie er selbst sagte, spontan ein Verhältnis dazu.

Von 1947 bis 1949 arbeitete Beuys an zoologischen Filmen von Heinz Sielmann und Georg Schimanski über den Lebensrhythmus des Wildes im Birkenwald der Lüneburger Heide, über nördliche Wildschwäne, Gänse und Enten im Schwemmland der Ems und über das Leben des weißen Storches im schleswig-holsteinischen Bergenhausen mit.

Im Jahr 1949 las er die von Rudolf Steiner bearbeiteten naturwissenschaftlichen Schriften Goethes (Weimarer Sophien-Ausgabe) zur Morphologie, Mineralogie, Geologie und Meteorologie und kam zu dem Schluss, „dass in Steiners Vorstellungen ein Ansatz vorliegt, der sich direkt und praktisch auf die Wirklichkeit bezieht, und dass demgegenüber alle Formen wissenschaftstheoretischer Erörterung ohne unmittelbaren Bezug zu den Kräften in der Zeit bleiben.“

Nach dem Krieg lebte Beuys von diversen Aufträgen, zum Beispiel hatte er Möbel entworfen und teilweise auch verkaufen können. Ein Tisch mit dem Titel Tisch III, 1954 (Birnbaum, Ebenholz) und ein Regal befindet sich in einer Privatsammlung in Athen. Ein weiterer Tisch, Tisch I, 1953 (Kirschbaum, Ebenholz) im Block Beuys, Darmstadt (dieser wurde dann wohl in den 50ern nicht verkauft, sondern erst später von dem Sammler und Kunstmäzen Karl Ströher).

Sinn- und Schaffenskrise

Noch während der Zeit als Meisterschüler fanden 1953 die erste Einzelausstellung im Haus der mit Beuys befreundeten Brüder van der Grinten in Kranenburg und eine Ausstellung im „Von der Heydt-Museum“ in Wuppertal statt. Nach dem Verlassen des Meisterschülerateliers unter dem Dach der Kunstakademie bezog Beuys 1954 ein eigenes Atelier in Düsseldorf-Heerdt, welches er bis Ende 1958 nutzen konnte. 1956 begann eine Sinn- und Schaffenskrise. Beuys litt unter schweren Depressionen, die nur bedingt auf posttraumatischen Kriegserlebnissen beruhten. Beuys selbst gab dieser von 1956 bis 1957 anhaltenden Krise in seinem „Lebenslauf-Werklauf“ den Namen 1956-57 Beuys arbeitet auf dem Felde. Er zog sich zunehmend zurück und isolierte sich zu Beginn des Jahres so sehr, dass Freunde glaubten, ihn zu seinen Eltern in Kleve bringen zu müssen. Der Rückzug war eher Reaktion auf die mangelnde Kommunikationsbereitschaft seiner Freunde, die Beuys in seiner Umbruchphase der künstlerischen Arbeit nicht unterstützten. Die mehrmonatige „Feldarbeit“ auf dem Bauernhof der Familie van der Grinten in Kranenburg im Jahre 1957, in welcher Beuys einerseits den Acker bestellte, andererseits mehrere Werkskizzen, plastische Konzepte und Zeichnungen herstellte, markierte eine grundlegende künstlerische Zäsur.

Ab 1956 arbeitete er an dem Entwurf für die Arbeit Auschwitz Demonstration, 1956-1964, die heute in einer Vitrine im Block Beuys in Darmstadt integriert ist. In dieser Phase entstanden auch viele düstere Werke, wiedergegeben in zahlreichen Aquarellen und Zeichnungen mit Titeln wie Abschied, Frauengrab oder Miserere, welche seine bis dahin charakteristischen Darstellungen der Tier- und Pflanzenwelt ablösen sollten. Am Ende seiner Krise intensivierte er noch einmal sein Studium durch Lesen von Schriften aus Chemie, Physik, Botanik, Zoologie und Humanmedizin und Werken von James Joyce und Novalis sowie kunsthistorischen Abhandlungen von Hans Sedlmayr. Am 15. Mai 1958 starb Beuys Vater in Kleve.

Erholung

Joseph Beuys hatte seine Depression als eine Art der Läuterung begriffen und immer wieder in sein Werk mit einbezogen. „Am Ende sei er ein anderer Mann geworden.“ Ab 1958 hatte er seine Atelierräume im alten Klever Kurhaus am Tiergarten bezogen. Hier entstand das monumentale Eichenkreuz und das Tor für das Ehrenmal im alten Kirchturm in Meerbusch (Büderich). Im „Lebenslauf-Werklauf“ erwähnte Beuys: „1957-60 Erholung von der Feldarbeit“ . 1958 bewarb sich Beuys um eine Professur an der Kunstakademie Düsseldorf, scheiterte jedoch an dem Einspruch Matarés.

Im Jahr 1959 heiratete Beuys die Kunsterzieherin Eva Wurmbach, Tochter von Hermann Wurmbach, Professor der Zoologie an der Universität Bonn, und dessen Frau Maria Wurmbach. Aus der Ehe gingen die beiden Kinder Wenzel, geboren 1961, und Jessyka, geboren 1964, hervor.

Für das Oberlandesgericht Düsseldorf entstand im gleichen Jahr das Bronzerelief Justitia, 1959.

Die 60-er und 70-er Jahre

Kunstakademie Düsseldorf

Ab 1961 bis zu seiner Entlassung 1972 war Beuys dann selbst Professor an der Kunstakademie, in der er die Klasse für monumentale Bildhauerei leitete. Zu seinen Studenten zählten unter anderem Jörg Immendorff, Johannes Stüttgen oder Imi Knoebel. Am 2. und 3. Februar 1963 fand in der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf „als ein Colloquium für die Studenten der Akademie“ das Festum Fluxorum Fluxus – Musik und Antimusik – Das instrumentale Theater statt.

Beteiligte Künstler waren: George Brecht, Al Hansen, Dick Higgins, Bengt af Klintberg, Arthur Køpcke, La Monte Young, George Maciunas, Jackson Mac Low, Nam June Paik, Ben Patterson, Schmit, Daniel Spoerri, Wolf Vostell, Watts und Williams.

Joseph Beuys führte am 2. Februar FLUXUS Sibirische Synphonie 1. Satz und am 3. Februar Komposition für 2 Musikanten auf. Vom 26. Oktober 1963 bis 24. November 1963 fand im Haus der Brüder van der Grinten die Ausstellung JOSEPH BEUYS FLUXUS statt.

Ab 1964, in diesem Jahr war es die documenta III, beteiligte Beuys sich an jeder „documenta“. Vom 13. September 1967 bis zum 29. Oktober 1967 gab es eine erste umfassende Ausstellung im Städtischen Museum Mönchengladbach – Ausstellung „BEUYS“.

In seinen „Lebenslauf-Werklauf“ trug Beuys 1963 ein: „Beuys verlängert im Auftrag von James Joyce den „Ulysses“ um 2 weitere Kapitel“. Gemeint waren sechs Hefte, in die er seit 1958 in beliebiger, nicht chronologischer Reihenfolge skizzierte und zeichnete, wobei er die Zeichnungen gelegentlich mit tagebuchähnlichen Notizen versah. Die „Verlängerung“ um „2 weitere Kapitel“ bezieht sich auf die Geburt des Sohnes und wahrscheinlich auf die Berufung an die Kunstakademie in Düsseldorf.

Besetzung der Düsseldorfer Kunstakademie und Entlassung aus der Professur

Während der 68-er Studentenunruhen beteiligte sich Beuys an verschiedenen Organisationen und gründete auch eigene, welche u.a. das Ziel der Bekämpfung des „Organisationsstaates“ hatten. Stringent lehrte der politisch unbequeme Kunstprofessor in seinen Vorträgen die radikale freie Selbstbestimmung. Aufgrund der katastrophalen Zustände an der Düsseldorfer Kunstakademie und auch aufgrund mangelnder Bildungszuschüsse besetzte er 1971 zusammen mit seinen Studenten das Sekretariat der Akademie und wurde daraufhin vom damaligen Wissenschaftsminister Johannes Rau fristlos entlassen. Erst sechs Jahre später wurde Beuys rehabilitiert.

1973 kam es auf Betreiben von Joseph Beuys aufgrund von akutem Platzmangel in der Düsseldorfer Akademie zur Gründung des Vereins zur Förderung einer „Freien Internationalen Hochschule für Kreativität und interdisziplinäre Forschung“ . Ziel des Projekts sollte es sein, nicht nur neue Räume in der Kunstakademie zu schaffen, sondern im Sinne von Beuys’ komplexen Kunstverständnis auch zugleich Platz für neue Gedankenwelten „… frei zu räumen“ und Anregungen für kontroverse kreative Sichtweisen anzubieten und zu schaffen.

Von 1971 bis 1985 unternahm Beuys mehrere Reisen nach Italien, zusammen mit seiner Familie, zwecks Ausstellungen in der Galerie Lucio Amelio, Neapel. Hierbei wurde auch die Insel Capri mehrmals besucht.

Zur Documenta 5 im Jahre 1972 entstand Beuys' Arbeit „Dürer, ich führe persönlich Baader + Meinhof durch die Documenta V, 1972“, die unter dem Aspekt einer künstlerischen Betrachtung des beginnenden Terrors der Baader-Meinhof-Gruppe entstand.

Am 30. Oktober 1972 fand die Eröffnung der Ausstellung Arena – dove sarei arrivato se fossi stato intelligente (deutsch: „Arena – wo wäre ich hingekommen, wenn ich intelligent gewesen wäre“) in der Galleria Attico in Rom statt.

Im Jahr 1974 erhielt Beuys eine Gastprofessur an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg.

Am 30. August 1974 starb Beuys Mutter Johanna. Zum Jahreswechsel 1974/1975 hielt sich die Familie bei Charles Wilp in Kenia (Diani Beach) auf. 1976, zur 37. Biennale in Venedig, war Beuys mit der Installation Straßenbahnhaltestelle/Tram Stop, 1961–1976 (Deutscher Pavillon) vertreten. Auf der documenta 6 (1977) war Beuys mit seiner Arbeit Honigpumpe am Arbeitsplatz vertreten, wieder für 100 Tage, wie auf der documenta 5 (1972). Am 18. Mai 1979 traf Beuys zum ersten Mal Andy Warhol in der Galerie Denise René/Hans Mayer, der dort gerade eine Ausstellung seiner neuen Bilder zeigte. Das sollte später Anlass für Warhol sein, mehrere mit Diamantstaub bearbeitete Serigraphien von Beuys anzufertigen.

Die 80-er Jahre und Tod

Erste gepflanzte Eiche vor dem Museum Fridericianum bei Nacht

In den 80-er Jahren kandidierte und warb Beuys in Nordrhein-Westfalen für die Landesliste der neugegründeten Partei „Die Grünen“ . Den grünen Gedanken setzte er bei der documenta 7 1982 in Kassel mit seiner Aktion 7000 Eichen in die Tat um. Die Pflanzaktion sollte noch bis über seinen Tod hinaus andauern. Beuys nahm an der „ZEITGEIST-Ausstellung“ im Januar 1982 mit der Rauminstallation Hirschdenkmäler, 1948-1982 teil. Im Sommer 1982 machte er eine Reise mit der Familie nach Australien um die Arbeit Stripes of the house of the shaman, 1964-1972 in der National Gallery of Australia in Canberra aufzubauen. Im gleichen Jahr führte er ein Gespräch mit dem Dalai Lama in Bonn. 1984 folgte eine Reise nach Tokio, um zwei Ausstellungen vorzubereiten. Eine fand in der Galerie Watari statt: „Joseph Beuys & Nam June Paik“, die vom 15. Mai 1984 bis 17. Juli 1984 dauerte und eine vom 2. Juni 1984 bis 2. Juli 1984 dauernde Ausstellung im Seibu-Museum, (Werke aus der Sammlung Ulbricht). In den Folgejahren arrangierte der mittlerweile gesundheitlich schwer angeschlagene Künstler noch einige nationale und internationale Ausstellungen.

„Sprechen über das eigene Land: Deutschland“  – Rede von Joseph Beuys

Noch kurz vor seinem Tod im Jahre 1985 hielt der Künstler eine Grundsatzrede in den Münchner Kammerspielen. Sein gedankliches Manifest „Jeder Mensch ist ein Künstler“ wurde hierbei von Joseph Beuys noch einmal deutlich thematisiert und sollte die anthroposophische Einstellung von Beuys quasi als Vermächtnis an die Nachwelt transportieren.

Am 12. Januar 1986 wurde ihm der Wilhelm-Lehmbruck-Preis der Stadt Duisburg verliehen. Nur elf Tage später, am 23. Januar 1986, verstarb Joseph Beuys mit 64 Jahren an einem längeren Lungenleiden in seinem Atelier in Düsseldorf. Eine Seebestattung fand am 14. April 1986 statt.

Das Erscheinungsbild

Joseph Beuys war ein asketisch wirkender, hagerer Mann. Neben der Anglerweste und einer Jeans trug Joseph Beuys bei öffentlichen Auftritten immer einen Hut, der zu einem unverwechselbaren Markenzeichen von ihm wurde. Manchmal wurde dies spöttisch auch als „Beuys-Uniform“ oder „Beuys-Tracht“ bezeichnet. Die Anzahl der Hüte, die er sich seit Anfang der sechziger Jahre kaufte, soll beachtlich gewesen sein, zumal ihm mit zunehmender Berühmtheit das eine oder andere Stück abhanden kam oder für Aktionen und Installationen von ihm verwendet wurde. Zumeist bezog er seine Hüte bei dem britischen Traditionsunternehmen Lock & Co in London.

Selbstironisch soll Beuys bei Fragen nach seinem Hut gesagt haben, „… dass er zu oft abgestürzt sei und einen Dachschaden davongetragen habe …“

Durch seinen Flugzeugabsturz auf der Krim hatte er einen Schädelbasisbruch und einen Nasenbeinbruch erlitten. Dies war allerdings nicht der Grund, warum er einen Hut getragen hat. Schon als kleines Kind trug er gerne immer eine Kopfbedeckung.

Lebenswerk

Das künstlerische Schaffen von Joseph Beuys behandelt die Thematik der Gesamtheit des Menschen, in dem Natur und Kultur, Mythos und Wissenschaft wieder eins werden sollten. Er verarbeitete Anregungen und Inspirationen aus der Antroposophie, Mythologie und aus den Naturwissenschaften.

Zeichnungen und Skizzen

Anfangs trat Beuys noch als traditioneller Bildhauer sowie als Zeichner und Maler in Erscheinung. Die frühen Arbeiten der 40er und 50er Jahre sind zumeist Mischtechniken aus Aquarell, Bleistiftzeichnungen (oft Skizzen für Skulpturen) oder Gouachen. So finden sich unter seinen Zeichnungen mit zartem Strich skizzierte Frauenakte und Tierstudien, welche er meist unkorrigiert ließ; ferner finden sich abstrakte und experimentelle Mischtechniken bei denen Beuys gerne für die Kunst ungewöhnliche Materialien wie beispielsweise Beize oder Jod einsetzte. Die Zeichenkunst von Beuys hatte einen filigranen Duktus, manchmal glichen die Zeichnungen indes nur einfachen Portraitstudien, welche er Jahre später mit brauner Farbe übermalte. Manchmal malte er auch auf simplem Backpapier oder auf vorgefundenen Materialien.

Fluxus und Aktionskunst

Anfang der 60-er Jahre wandte sich Joseph Beuys von der klassischen Malerei und Bildhauerkunst ab und machte als Mitglied der neugegründeten Fluxus-Bewegung durch seine Beteiligung an den neodadaistischen Aktionen von sich reden und polarisierte damit vehement die Öffentlichkeit.

Der Kunstbegriff Fluxus wurde 1960 zum ersten Mal von dem litauisch/US-amerikanischen Künstler George Maciunas als Manifest formuliert. Fluxus (lat. = das Fließen) bezeichnet in der Medizin auch eine „fließende Darmentleerung„ und somit stand der Begriff als ein provokantes Markzeichen der neuen Kunstbewegung. Aktionskunst und Happenings sind indes eine Kunsterscheinung der ausgehenden 50-er Jahre und sollten ihren Höhepunkt in den 60-er Jahren erreichen.

Die ersten Fluxusaktionen von Beuys wurden als Geheimtipp gehandelt und fanden zunächst wenig Beachtung in der breiten Öffentlichkeit. Der Künstler verschaffte sich jedoch mit seinen Aktionen in kurzer Zeit internationales Ansehen und rangierte alsbald an erster Stelle der deutschen Kunstszene, dennoch löste er mit seinen Aktionen und Installationen heftige Kontroversen aus. Bei einer Aktion auf dem „Festival der neuen Kunst“ in Aachen am 20. Juli 1964, wurde ihm von einem aufgebrachten Studenten die Nase blutig geschlagen; obwohl ihm hierbei das Blut herunterfloss bezog er den tätlichen Angriff spontan in seine Aktion mit ein und ergriff ein Kruzifix um es dem empörten Publikum demonstrativ vor die Nase zu halten und verteilte Schokoladenstückchen.

Der Hase war ein symbolisches Element in mehreren Werken von Beuys; z. B. bei der Aktion wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt

Das Foto dieser Aktion kursierte alsbald in der deutschen Presselandschaft und schockierte das Bildungsbürgertum; das Publikumsinteresse an Beuys war mit dieser Aktion begründet.

Während des 24-Stunden-Happenings am 5. Juni 1965 in der Wuppertaler Galerie Parnass brachte Beuys mit seiner Aktion und in uns … unter uns … landunter durch die Verwendung von der Arte povera zugehörigen Materialien wie Honig, Fett, Filz und Kupfer ein symbolträchtiges Dingvokabular für Energiespeicherung, Spannung und Kreativität künstlerisch zur Anschauung. Weitere Aktionen mit Titeln wie Eurasia, mit Braunkreuz, wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, 1965 und Manresa folgten. In der Aktion I like America and America likes Me im Jahre 1974 verbrachte Beuys drei Tage mit einem Kojoten. Diese Aktion begann mit dem Abflug in Düsseldorf und endete mit der Ankunft in Düsseldorf.

Der erweiterte Kunstbegriff und die soziale Plastik

Der erweiterte Kunstbegriff als wesensgemäßer Kapitalbegriff

Naturwissenschaftliche Kenntnisse und Studien führten Beuys Ende der 60-er Jahre zu erheblichen Bedenken gegen ein zu einseitiges Wissenschaftverständnis und zu der Ansicht, dass der Erfahrungssatz zur erkenntnistheoretischen Begründung nicht ausreichte. Durch Recherchen und Analysen kam er zu der Erkenntnis, dass die Begriffe Kunst und Wissenschaft einander in der Gedankenentwicklung des Abendlandes diametral entgegenstehen und dass deshalb nach einer Auflösung dieser Polarisierung in der Anschauung gesucht werden muss. Dies führt schließlich zu einer Erweiterung des Kunstbegriffs.

Die Bezeichnung des „Erweiterten Kunstbegriffs“, später auch als „erweiterter Kunst- und Wissenschaftsbegriff” definiert, stammt nicht ursprünglich von Joseph Beuys, sondern reicht bis zum Dadaismus zurück und wurde als Begriff von dem Dadaisten Hugo Kersten geprägt und im Ansatz im Werk von Marcel Duchamp realisiert (wobei auch weitere Rezitationen von Hugo Ball und anderen Dadaisten hinzukommen).

Die soziale Plastik als anthroposophische Plastik

Die Auseinandersetzung von Beuys mit der Anthroposophie Rudolf Steiners führte schließlich im Rahmen seines eigenen Konzepts des Erweiterten Kunstbegriffs zu Beuys` Hauptwerk der Sozialen Plastik, in der er Ende der 70-er Jahre ein kreatives Mitgestalten an der Gesellschaft forderte und in der der Prozess des kreativen Denkens und politischen Handelns wichtiger wurde als das Herstellen eines materiellen Kunstobjekts/-produkts.

Er ging damit weit über das „Ready-Made“ von Marcel Duchamp hinaus. Beuys formulierte die Sätze: „Jeder Mensch ist ein Künstler“ und „Kunst = Kapital“ (als kontrapunktierender Kommentar zu Karl Marx). Zusammenfassend könnte banal als Basispunkt seiner Aussage gesagt werden: „Kunst ist für alle da“, womit Beuys eine bis heute viel diskutierte Grundsatzdiskussion entfachte, welche die Frage aufwirft: „Wo fängt Kunst an und wo hört sie auf?“. In seinem anthroposophischen Ansatz erklärte er somit jeden Menschen zum Kunstwerk. Joseph Beuys trug die Lehren Steiners, speziell die Lehre von der Sozialen Dreigliederung, immer wieder durch Vorträge in die Öffentlichkeit. So zum Beispiel während seiner Ausstellung Ciclo sull'opera di Joseph Beuys 1946-1971 in der Galerie Lucio Amelio, Neapel, im Jahr 1971. Eröffnet wurde die Ausstellung mit der „Politischen Aktion: Freier, Demokratischer Sozialismus: Organisation durch Volksabstimmung“. Beuys informierte über Ziele und praktische Tätigkeiten des Düsseldorfer Organisationsbüros (Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung) und legte die Grundbegriffe der direkten Demokratie und eben die „Dreigliederung des sozialen Organismus“ im Anschluß an Rudolf Steiner dar.

"Ich möchte anknüpfen an die richtige Erkenntnis von Wilhelm Schmundt, daß der soziale Organismus ins Leben eintreten wird, wenn die Begriffe, seine urbildhaften Begriffe, angewandt werden auf das Vorgegebene des Sozialen Organismus in seiner jetzigen Form; wenn er mit wirklichkeitsgemäßen Begriffen beschrieben wird, dann wird der soziale Organismus ins Leben treten. So sehr ich diesen Standpunkt verehre und ihn als den einzigen richtigen anerkenne, liegt es doch in meiner Natur, sozusagen an festen Handlungen, an festen Experimenten, diesen richtigen Gedanken sichtbar zu machen, ihn zu propagieren. Ich glaube, das war meine Möglichkeit."[1]

Bei der Rezeption der Sozialen Dreigliederung Rudolf Steiners wurde Joseph Beuys ab 1973 stark vom sozialwissenschaftlichen Werk Wilhelm Schmundts beeinflusst.

Auch wurde die Aussage Jeder Mensch ist ein Künstler häufig missverstandenen und belächelt: Der Satz verneinte aber gar nicht unbedingt spezielle Begabungen etwa in der Malerei und stellte auch keine Anweisung an Jedermann dar, nun doch auch im klassischen Sinn künstlerisch tätig zu werden. Er meinte vielmehr, dass beispielsweise die Gesellschaft, die Demokratie auch als Kunstwerk betrachtet werden kann, zu dessen Gelingen vor allem individuelle Geistigkeit, Offenheit, Kreativität und Phantasie notwendig sind; Einstellungen also, die eigentlich eher der Künstler gegenüber seinen Sujets hegt. Diese Eigenschaften und Fähigkeiten sprach er dann jedem Mensch zu. Er wendete sich damit auch gegen eine formalisierte, erstarrende Rollenverteilung in einer spezialisierten Gesellschaft, die der Kunst nur eine Nische zuweisen will.

Kritik

"Wenn es sich um Kunst und soziales Leben handelt, so habe ich eigentlich immer ein gewisses unbefriedigendes Gefühl bei einer diese beiden Dinge betreffenden Diskussion, aus dem einfachen Grunde, weil schon die ganze Art der Gedankeneinstellung, der Seeleneinstellung, die in Frage kommt, wenn man von sozialer Gestaltung, von sozialer Struktur spricht, eine etwas andere sein muß als diejenige, die man haben muß, wenn man von Kunst, von ihrem richtigen Hervorgehen aus der Menschennatur und ihrer Geltendmachung im Leben, vor den Menschen reden soll. In einer gewissen Beziehung sind die beiden Gebiete miteinander nicht recht vergleichbar." (GA 337b, S. 97)

"Deshalb ist eine Diskussion über diese Dinge eigentlich mißlich, denn es sind zu disparate Gebiete - das soziale Leben und das künstlerische Leben." ((GA 337b, S. 103))

--> Hauptartikel: Soziale Plastik#Kritik

Installationen und Objekte

„Meine Objekte müssen als Anregungen zur Umsetzung der Idee des Plastischen verstanden werden. Sie wollen Gedanken darüber provozieren, was Plastik sein kann und wie das Konzept der Plastik sein kann und wie das Konzept der Plastik auf die unsichtbaren Substanzen ausgedehnt und von jedem verwendet werden kann.“[2]

Energie, Licht, Schall und Statik sind Hauptbestandteile in Beuys’ plastischem Werk. Beuys verstand seine Installationskunst, die oftmals auch als „Relikte“ seiner Aktionen in seine Objekte einflossen, als „Energieträger“ oder Induktoren. Den größten Teil seiner Plastiken und Objekte hatte der Künstler bereits Jahre zuvor in seinen umfangreichen Zeichnungen und Skizzen angelegt um sie später zu realisieren. Ähnliches gilt für sein malerisches Werk, welches allerdings geringeren Umfangs ist.

Die Installationen von Beuys sollten den Energiefluss von Leben und Tod assoziieren und evozieren, er verwendete in diesem Zusammenhang oft den Begriff „Hauptstrom“ und gestand seinen Materialien, die zumeist aus Fundobjekten wie Assemblagen zusammengefügt waren, eine „innere Beseeltheit“ im Sinne von Teilhard de Chardin zu.

In seinem plastischen Werk experimentierte Beuys gern mit dem Fluss (Fluxus) der Gegensätze. Die elektrische Induktion, symbolisiert durch Materialien wie beispielsweise Kupferplatten oder Batterien oder den Schall; Energien, die zugleich wieder, in Filz oder Fett gehüllt, isoliert werden. Ein Beispiel war das Multiple „Capri-Batterie“ von 1985: Eine simple Glühbirne, die von einer Zitrone als Elektrolyt mit Strom gespeist über Kupferdrähte zum Leuchten gebracht wurde. Sie induziert gleichzeitig Leben und Tod.

Schwefel in Pulverform

Auf dem Zertifikat, welches dem Multiple beigelegt war, gab Beuys die humorvolle Empfehlung mit: „Nach 1000 Stunden Batterie auswechseln“ . Denn einerseits wünschte er sich immer frische, gelbe Zitronen, andererseits sollte die Zitrone weiter Strom erzeugen können. In allen Arbeiten von Joseph Beuys finden sich immer wieder Anspielungen auf die Genesung, die Heilung, aber stets auch auf das Memento Mori wie z. B. in dem Environment „ICH GLAUBE“ von 1985, in dem er 19 Orangen in eine mit Schwefelpulver gefüllte Kiste legte, auch hier gab er die Anweisung die Orangen beständig durch neue Früchte auszutauschen.

Oft finden sich Quecksilberthermometer in seinen Werken, bevorzugt auf Konzertflügeln platziert, um einen Zusammenhang zwischen akustischem Tempus und der Temperatur zu assoziieren, so in seinem Spätwerk „Plight“ (en. „Misere/Notlage“ ) von 1985 (das er bereits 1958 konzipierte). Die Installation Plight bestand aus zwei klaustrophobisch arrangierten Räumen welche von Beuys vollkommen mit Filzrollen ausgekleidet worden war (quasi schallgedämmt) und in denen sich nur ein Konzertflügel, auf dem sich eine Schultafel und ein Fieberthermometer befanden - wahrscheinlich in Anspielung auf das „wohltemperierte Klavier“ von Bach. Das Werk wurde oft als Metapher auf die persönliche Situation des Künstlers, sowie als gesellschaftlicher Spiegel des „vom System gefangenen Menschen“ interpretiert.

Beuys letztes Environment sollte das „Palazzo Regale“ werden, das er 1985 im Museo di Capodimonte in Neapel installierte. In der ehemaligen Bourbonenresidenz platzierte Beuys zwei Glasvitrinen, die an den Wänden von sieben rechteckigen Messingtafeln begleitet wurden. Kunstkritiker haben „Palazzo Regale“ als ein Testament des Künstlers gesehen.

Zusammenfassung

Das Werk von Joseph Beuys beschäftigt sich kontinuierlich mit der Thematik der Therapie, der Heilung und Genesung. Er bezieht hierbei sich und die Gesellschaft in sein Werk ein. Beuys suchte in seinen Arbeiten mutmaßlich die Schnittstelle zwischen Leben und Tod und konfrontierte somit sein Publikum und die Öffentlichkeit mit „unangenehmen“ Sinneserfahrungen. Er spielte in seinen Arbeiten, die oft auch zweideutig humorvoll gedacht waren, sowohl mit Ästhetik als auch mit Ekel; dies reflektiert sein Konzept einer fließenden Energie. Energie endet letztlich in Wärme (symbolisiert durch Filz und Fett) und kann in keine andere Energieform zurückverwandelt werden. Am Ende steht das Leben, welches erst mit dem Sterben anderer Energien begann: Die Heilung. Das Spätwerk des von Krankheit gezeichneten Beuys beschäftigte sich zunehmend mit dieser Thematik, wurde düsterer und symbolisierte damit wahrscheinlich seinen eigenen schwindenden „Energiezustand“ .

Einflüsse und Inspirationen

Ein prägender Einfluss auf das künstlerische Werk des Joseph Beuys mögen sicherlich diverse Nahtoderfahrungen während des Zweiten Weltkrieges gewesen sein, so daß er in seinem Werk immer wieder auf Leben und Sterben reflektierte und sich damit auseinandersetzte. Beuys war sehr der Natur verbunden, was allein schon durch seine Freundschaft mit Heinz Sielmann offensichtlich und begründbar wird, überdies begegnete er dem Verhaltensforscher Konrad Lorenz. Dies mag sich in seinem bildnerischen Werk, zum Beispiel in seinen zahlreichen Tierstudien oder in dem „erdigen” seiner braun übermalten Bilder widerspiegeln. Anfangs arbeite der Bildhauer Beuys viel mit Holz und auch sein späteres Werk besteht größtenteils aus „elementaren” Materialien wie Blei, Kupfer, Schwefel, Jod usw.

Ein zweiter wesentlicher Aspekt für Inspirationen mögen die Renaissancemenschen und Universalgenies Leonardo da Vinci und Goethe für ihn gewesen sein. Beide fusionierten sämtliche Bereiche des Daseins in ihrem Werk bis hin zur Medizin und Anatomie. Beuys studierte während und nach seinem Studium intensiv ihre Werke und Schriften und begeisterte sich ebenso stets für Menschen die sich mit allem und jedem beschäftigten, beispielsweise für das Alchemistische und zugleich Abgründige eines Johann Faust, die Naturwissenschaften, die Himmel und Hölle mit Kunst und Philosophie verbanden.

Der Einfluss der Anthroposophie

An diesem Punkt gelangte Beuys schlussendlich zur anthroposophischen Lehre Rudolf Steiners. Steiner, der seinerzeit Archivar des Goethe- und Schiller-Archivs in Weimar war, sollte beträchtlichen Einfluss auf das Beuysche Werk haben. In der Konstellation „Leonardo da Vinci - Goethe - Steiner” fand der Künstler seine eigene Dreigliederung des sozialen Organismus, wie sie in dem Hauptwerk Steiners formuliert wurde, und hatte er einen konzeptionellen Ansatz zur Gestaltung seiner sozialen Plastik.

Ebenso wie bei Steiner stand später auch für Beuys die Lehrtätigkeit und das Vermitteln von sozialen Zusammenhängen im Vordergrund.

Beuys und die Politik: Fortführung von Steiners Dreigliederung

Beuys` gestalterisches Handeln bezog sich auf den freien Menschen und den Menschen als Natur- und Gesellschaftswesen; es war politisch gerichtet, aber in gewisser Weise auch anarchisch. Am 22. Juni 1967, wenige Tage nach dem Tod des Studenten Benno Ohnesorg, gründete Beuys die „Deutsche Studentenpartei“ (kurz DSP).

Das wesentliche Anliegen dieser Partei war die Erziehung aller Menschen zur geistigen Mündigkeit. Sie wurde vor allem angesichts der akuten Bedrohung durch den Materialismus, der ideenlosen Politik und der damit verbundenen Stagnation gefordert. Die „Studentenpartei“ hatte sich zum Grundgesetz in seiner „reinen Form“ bekannt. Ziele waren, absolute Waffenlosigkeit, ein geeinigtes Europa, die Selbstverwaltung autonomer Glieder wie Recht, Kultur, Wirtschaft, Erarbeitung neuer Gesichtspunkte zur Erziehung, Lehre, Forschung, die Auflösung der Abhängigkeit von Ost und West. Am 23. Juni fand eine „öffentliche Erläuterung“ der DSP durch Joseph Beuys mit etwa 200 Studenten, Journalisten und den ASTA-Vorsitzenden auf der Akademiewiese statt. Am 24. Juni trug sich die DSP in das Vereinsregister ein.

1970, am 2. März, benannte Beuys die „Deutsche Studentenpartei“ um in „Organisation der Nichtwähler, Freie Volksabstimmung.“ Absicht war, die Beschränkung auf Studenten aufzulösen mit dem Ziel, die politischen Aktivitäten auf alle Gesellschaftsgruppen auszuweiten und die Bewusstseins- und Handlungsstrukturen der Gesellschaft zu analysieren. Durch die gewonnenen Erkenntnisse sollten die Menschen im Sinne der „plastischen Theorie“ in einen pädagogischen Prozess für zentrale individuelle und gesellschaftliche Veränderungsmöglichkeiten gewonnen werden.

Vom 30. Juni bis 8. Oktober 1972 zur „documenta 5“ war Beuys mit seinem Informationsbüro „Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung“ vertreten und dies täglich für die Dauer der Documenta, also 100 Tage. Er diskutierte mit den Besuchern über die Idee der direkten Demokratie durch Volksabstimmung und ihre Möglichkeiten der Verwirklichung. Auf dem Schreibtisch des Informationsbüros stand stets eine langstielige Rose. Anhand der Rose erklärte Beuys den Besuchern das Verhältnis von Evolution und Revolution, was für ihn bedeutete, das die Rose ein Bild eines evolutionären Prozesses zum revolutionären Ziel sei, denn die Blüte der Rose ist eine Revolution in Bezug auf ihre Entstehung: „Diese Blüte kommt nicht ruckartig zustande, sondern nur aufgrund eines organischen Wachstumsvorganges, der so angelegt ist, dass die Blüten keimhaft veranlagt sind in den grünen Blättern und aus diesen ausgebildet werden… So ist die Blüte in Bezug auf die Blätter und den Stil eine Revolution, obwohl sie in der organischen Umwandlung gewachsen ist, die Rose wird als Blüte nur möglich durch diese organische Evolution.“ In den Programmschriften zur „Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung“ stellte Beuys sein demokratisches Ordnungssystem von Geistesleben, Rechtsleben und Wirtschaftsleben in Anlehnung an die „Dreigliederungsidee“ von Steiner und die Ideale der Französischen Revolution auf.

1976 wurde er Spitzenkandidat der Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher (AUD) bei den Bundestagswahlen in NRW und erhielt in seinem Wahlkreis Düsseldorf-Oberkassel 600 Stimmen (3 %). 1980 ging die AUD in der neu gegründeten Partei Die Grünen auf.

Beuys` Entlassung (Der Fall Beuys)

Nachdem Beuys mit abgewiesenen Studenten 1972 das Sekretariat der Kunstakademie Düsseldorf besetzt hatte (wie schon 1971 mit 15 Studenten erfolgreich praktiziert), sprach der damalige Minister für Wissenschaft und Forschung in Nordrhein-Westfalen, Johannes Rau, die fristlose Kündigung aus. Beuys musste zusammen mit seinen Studenten und von Polizisten begleitet die Akademie verlassen. Rau gab am 11. Oktober 1972 eine Pressekonferenz zum „Fall Beuys“ und nannte die Entlassung „das letzte Glied in einer Kette ständiger Konfrontationen“. Im Anschluss erklärten sich viele Künstlerkollegen (u. a. Heinrich Böll, David Hockney, Günther Uecker u. v. a.) mit Beuys solidarisch und forderten in einem Offenen Brief die Wiedereinsetzung eines der bedeutendsten Künstlers der deutschen Nachkriegszeit. Beuys indes akzeptierte die Entlassung nicht und leitete mit einer Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen rechtliche Schritte ein.

Nach einem jahrelangem Rechtsstreit wurde die Entlassung 1978 vor dem Bundesarbeitsgericht in Kassel letztlich für ungültig erklärt.

Beteiligung an politischen Aktionen

Im Jahr 1979 kandidierte Beuys für das Europaparlament als Direktkandidat für „Die Grünen“ und 1980 für „Die Grünen“ im Landtag von Nordrhein-Westfalen, doch konnte er seine eigenen politischen Vorstellungen bei den Grünen nicht durchsetzen. Im Laufe seiner Arbeit hatte Beuys eine Reihe von politischen Organisationen begründet, wovon die „Freie Internationale Universität“ (F.I.U.), entstanden anlässlich der documenta 6, auch nach seinem Tod aktiv betrieben wurde, u. a. in der Düsseldorfer Kunstakademie.

1982, während der Endphase des internationalen Wettrüstens, trat Beuys mit der Gruppe BAP, einer der bekanntesten deutschsprachigen Rockbands, als Politsänger mit dem Lied Sonne statt Reagan auf.

Siehe auch

Literatur

  • Volker Harlan: Was ist Kunst? Werkstattgespräch mit Joseph Beuys (1986), Urachhaus ISBN 3-87838-482-3
  • Joseph Beuys im Gespräch mit Knut Fischer und Walter Smerling; Kiepenheuer & Witsch (1989) ISBN 3-462-01970-8
  • Clara Bodenmann-Ritter: Joseph Beuys - Jeder Mensch ein Künstler. Gespräche auf der documenta 5/1972; Ullstein TB, ISBN 3-548-34450-X
  • Johannes Stüttgen: Über Joseph Beuys und jeden Menschen, das Erdtelephon und zwei Wolkenkratzer; über 7000 Eichen, 7000 Steine und ein schwarzes Loch, Free International University (FIU), Düsseldorf 1985
  • Wolfgang Zumdick: <<Der Tod hält mich wach>>. Joseph Beuys - Rudolf Steiner. Grundzüge ihres Denkens, Vlg. Die Pforte, Dornach 2001, ISBN 3-85636-137-5
  • Rainer Rappmann, Volker Harlan, Peter Schata: Soziale Plastik - Materialien zu Joseph Beuys, Achberger Verlag 1984
  • FIU-Verlag (Hg.): Beuys beim Wort genommen, FIU-Verlag, Wangen o.J. (Broschüre mit Zitaten aus dem mündlichen und schriftlichen Werk von Joseph Beuys), PDF
  • Babara Lange: Joseph Beuys. Richtkräfte einer neuen Gesellschaft? Der Mythos vom Künstler als Gesellschaftsreformer, Habil.-Schrift, Reimer Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-496-01205-6, Literaturverz. S. 248 - 287
  • Wolfgang Zumdick: Joseph Beuys und die Architektur. Perspektiven und Akzente, Mayer Verlag und Info3-Verlag 2014, ISBN 978-3-86783-027-0 (Mayer), ISBN 978-3-924391-66-9 (Info-3), Verlagsauskunft, Inhaltsverzeichnis
  • Stefanie Dathe/Marc Gundel (Hrsg.): Ein Woodstock der Ideen - Joseph Beuys, Achberg und der deutsche Süden, FIU-Verlag, Achberg 2021 (Ausstellungskatalog)
  • Michael Heinen-Anders: Kapital ist geronnener Geist - Joseph Beuys zum hundertsten Geburtstag, BoD, Norderstedt 2021, ISBN 978-3752640571
  • http://www.dreigliederung.de/josephbeuys/bibliographie.html
  • http://www.muenster.org/beuys/literaturliste.htm

Zitierte Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Commons: Joseph Beuys – Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Museen zu Joseph Beuys

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Weiterführende Informationen

Bilder, Video- und Audio-Aufnahmen

Einzelnachweise

  1. Beuys über Schmundt. In: Rainer Rappmann (Hg.) Die Kunst des sozialen Bauens. Beiträge zu Wilhelm Schmundt, FIU-Verlag, Wangen 1993, S. 36
  2. zitiert nach NN: Bildung aus ökologischer Perspektive. Psychodrama, Tiefenökologie und erweiterter Kunstbegriff als interdisziplinäre Impulse, Dissertation an der Technischen Universität Braunschweig, S. 69 (PDF; 888,9 MB; abgerufen 17. September 2012)
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