Definition

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Platons Definition des Begriffs „Angelfischerei“
Der Baum des Porphyrios auf einem Fresko (18. Jahrhundert) im Bibliothekssaal des Klosters Schussenried
Die zehn Beziehungen zwischen den fünf Prädikabilien

Eine Definition (lat. definitio „Abgrenzung“, von de „ab, weg“ und finis „Grenze“; griech. ὁρισμός horismos) soll eine möglichst eindeutige Bestimmung eines Begriffs geben und ihn klar von anderen, ähnlichen Begriffen abgrenzen. Vielfach werden daher möglichst präzise Definitionen als grundlegend für die Wissenschaften angesehen. Eine mathematische Relation ist wohldefiniert (eng. well defined), wenn sie eine eindeutige (eng. unambiguous) Interpretation bzw. Wertezuweisung gibt[1].

Platons Dihairesis

Hauptartikel: Dihairesis

Die als Dihairesis (griech. διαίρεσις „Auseinandernehmung, Einteilung, Trennung“) bezeichnete Methode der Begriffseinteilung wurde von Platon entwickelt, um Begriffe konsequent und lückenlos in ein hierarchisches System von Gattungen und Arten einzuordnen, um so von den Allgemeinbegriffen absteigend durch wiederholte Teilung zu einer logisch exakten Definition spezieller, nicht weiter teilbarer Begriffe zu gelangen. Ein klassisches Beispiel dazu ist seine Ableitung der „Angelfischerei“ aus dem Allgemeinbegriff der „handwerklichen Tätigkeit“ (techné) nach dem nebenstehenden Schema, die zu der Definition führt: Die Angelfischerei ist die Kunstfertigkeit einer verwundenden Jagd auf Fische mit einem Haken bei Tage zum Zweck des Erwerbs.[2]

Aristoteles klassische Definitionsregel

Die auf Aristoteles zurückgehende und bis ins 19. Jahrhundert in der klassischen Logik als verbindlich angesehene Definitionsregel wurde in der Scholastik in die knappe Formel «genus proximum et differentia specifica» gefasst. Demnach habe jede Definition so zu erfolgen, dass die nächsthöhere Gattung und die artbildende Differenz angegeben wird, wodurch jeder Begriff systematisch in ein hierarchisches Begriffssystem eingeordnet werden kann, das später Porphyrios durch den arbor porphyriana, den Baum des Wissens, veranschaulicht hat.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
Gattung
(z.B. Lebewesen)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Art 1
(z.B. Mensch)
 
 
artbildender
Unterschied
(z.B. vernunftbegabt)
 
 
Art 2
(z.B. Tier)
 
 
 
 
 
 
 
 

Porphyrios «Baum des Wissens»

Hauptartikel: Baum des Wissens

Der Arbor porphyriana (auch arbor porphyrii, Árbor de Porfirio, Baum des Porphyrios oder Begriffspyramide) ist eine durch den Scholastiker Petrus Hispanus um 1240 in die Wissenschaftsgeschichte eingeführte Metapher für die Klassifikationsmethode, die Porphyrios von Tyros in seiner Isagoge dargestellt hat. Da Porphyrios System die fünf philosophischen Grundbegriffe (Prädikabilien) miteinander verbindet, die die Art und Weise angeben, wie über die Dinge gesprochen werden kann, ist er auch als Quinque voces („Von den fünf Lautungen“; „Fünf Begriffe“) bekannt. Das Schema des Baums von Porphyrios ermöglicht die Subordinierung von Gattungs- und Artbegriffen, in die reale Gattungen und Arten eingeordnet werden können. Die zehn möglichen Beziehungen zwischen den fünf Prädikabilien entsprechen den von Aristoteles aufgestellten zehn Kategorien.

Links: der „Baum des Porphyrios“ nach Petrus Hispanus (13. Jahrhundert). Rechts: der „Baum des Porphyrios“ in einer neuzeitlichen Darstellung.[3]

Grenzen der Definierbarkeit

Karl Popper sah Definitionen für relativ unbedeutend an, da sie den Aussagen und Theorien untergeordnet seien, in deren Rahmen sie verwendet würden. Erst durch ihren Gebrauch würden sich die verwendeten Begriffe allmählich klären.

„Nicht durch die Definition wird die Anwendung eines Begriffes festgelegt, sondern die Verwendung des Begriffes legt das fest, was man seine ‚Definition‘ oder seine ‚Bedeutung‘ nennt. Anders ausgedrückt: Es gibt nur Gebrauchsdefinitionen.“

Karl Popper: Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie.[4]

In geistigen Zusammenhängen, wo ein lebendiges Denken gefordert ist, sind Definitionen völlig unbrauchbar. An ihre Stelle muss eine lebendig-bewegliche begriffliche Charakterisierung treten.

„Nun, wenn Sie öfter von mir Auseinandersetzungen gehört hätten, dann würden Sie gefunden haben, daß ich nirgends Definitionen gebe, ja, daß ich mich sogar scharf gegen das Definieren in der Anthroposophie wende. Ich muß ja manchmal, da ich populär zu sprechen habe, die Dinge begrifflich darstellen. Und obwohl ich ganz gut weiß, daß Definitionen eine gewisse Hilfe sein können für das mehr naturwissenschaftliche oder historisch im heutigen Sinne geartete Wissen, obwohl ich mir also des eingeschränkten Rechtes von Definitionen bewußt bin, so erinnere ich doch daran, wie innerhalb der griechischen Philosophie gesagt wurde, man solle einen Menschen definieren. Es wurde da die Definition gegeben, ein Mensch sei ein Lebewesen, das zwei Beine und keine Federn hat. Und da brachte am nächsten Tage jemand einen gerupften Hahn und sagte, das wäre ein Mensch. - Sehen Sie, so weit entfernt man sich sehr häufig von der unmittelbaren Anschauung, auch mit brauchbaren Definitionen. Man muß nur auf die Dinge eingehen.

Das ist eben eine Eigentümlichkeit des intellektualistischen Wissens, und darin steckt vielfach auch dasjenige, was nun zu dem Urteil geführt hat, das in so scharfer Weise die Grenzen sehen will zwischen Glauben und Wissen. Man muß da schon ein wenig auf die Feinheiten eingehen. Sehen Sie, schon in unseren einfachsten Wissenschaften stecken Definitionen, die eigentlich gar keine Berechtigung haben. Schlagen Sie irgendein Physikbuch auf. Sie finden darin eine Definition: Was ist Undurchdringlichkeit? Undurchdringlichkeit ist die Eigenschaft der Körper, daß an dem Orte, wo ein Körper ist, nicht zugleich ein anderer sein kann. - Das ist eine Definition der Undurchdringlichkeit. Im ganzen Umfange des Wissens und Erkennens darf aber so gar nicht definiert werden, sondern diese [Definition der] Undurchdringlichkeit ist eigentlich bloß ein maskiertes Postulat. In Wirklichkeit müßte gesagt werden: Man nennt einen Körper undurchdringlich, wenn er so beschaffen ist, daß an dem Orte, wo er ist, nicht zugleich ein anderer sein kann. - Es ist das nämlich bloß eine Anleitung, einen Körper zu bestimmen, seine Eigenart zu postulieren; und erst unter dem Einfluß der materialistischen Denkweise werden Postulate maskiert als Definitionen gegeben.“ (Lit.:GA 343a, S. 95)

„Man kann heute in der Schule lernen: Die Körper sind undurchdringlich. Und das wird als Definition angeführt: die Undurchdringlichkeit besteht darin, daß in dem Raum, in dem ein Körper ist, ein anderer nicht sein kann. - So kann ein Geisteswissenschafter den Satz nicht sagen. Ein Geisteswissenschafter kann niemals von einer begrifflichen Definition ausgehen, sondern nur von einer begrifflichen Charakteristik. Er sagt in diesem Falle: Dasjenige, welches sich so verhält, daß es einen Raum in der Art ausfüllt, daß kein anderes Wesen in diesem Räume drinnen sein kann, ist ein materieller Körper. — Das heißt, er kehrt die Sache gerade um, er geht aus davon, seinen Begriff nur in den Grenzen anzuwenden, weil er ihn lebendig hat, in denen er anzuwenden ist. Er verabsolutiert nicht die Begriffe. Das stellt sich in den allereinfachsten Denkoperationen ein, wenn man wirklich den Sprung macht, den ich nennen möchte: den Sprung über die Schwelle der geistigen Welt. Man muß das wirklich sehr ernst nehmen. Die Menschen möchten heute noch so im Abstrakten herumreden, wenn von der geistigen Welt die Rede ist. Aber die ganze Seelenkonstitution, die ganze Art zu denken, wird eine andere, wenn man in die Wirklichkeit eintritt. Die Begriffe werden erlebt, so daß man ihre Wirklichkeit durchlebt. Sehen Sie: ein abstrakt denkender Mensch, für den ist eine Rose, die er im Zimmer in Wasser gestellt hat, selbstverständlich eine Wirklichkeit. Aber das ist gar keine Wirklichkeit. Denn im wirklichen Leben kann eine Rose nicht da sein, ohne daß sie am Rosenstrauch ist und im ganzen Zusammenhang mit dem Rosenstrauch entsteht. Der Geisteswissenschafter ist sich also immer bewußt, daß er, wo etwas mit etwas anderem zusammengehört, es im Zusammenhange zu denken hat. Er weiß: der Begriff Rose als abgeschnittene Rose ist ein unwirklicher Begriff. Denken Sie sich das ausgedehnt auf die ganze Formung, auf die ganze Struktur des Denkens, dann werden Sie einen Begriff bekommen von dem bedeutungsvollen Umschwung, der eintritt, wenn die Schwelle zur geistigen Welt überschritten ist. Da bekommt man eben die Wirklichkeit. Da bekommt man ein inneres, erlebbares Vorstellen von der Tragweite der Begriffe.“ (Lit.:GA 73, S. 99ff)

„In der Geisteswissenschaft läßt sich nicht anders charakterisieren, als daß man von verschiedenen Seiten her sich einer Sache nähert und die sich ergebenden verschiedenen Anschauungen dann zusammenschaut. Geradesowenig wie in einem einzigen Ton eine Melodie gegeben werden kann, so wenig können Sie das, was geisteswissenschaftlicher Inhalt ist, mit einer einzigen Charakteristik umfassen; Sie müssen die Charakteristik von verschiedenen Seiten nehmen. Das ist das, was in früheren Zeiten Menschen, welche etwas davon wirklich wußten, genannt haben: Zusammenhören, die verschiedenen Erklärungen zusammenhören.“ (Lit.:GA 302a, S. 54f)

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Eric W. Weisstein: wohldefiniert. In: MathWorld (englisch).
  2. Platon, Sophistes 218e–221b
  3. Abbildung des Baums nach Peter Schroeder-Heister: arbor porphyriana. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, 2. Auflage, Bd. 1: A–B, Stuttgart 2005, S. 192 f.
  4. Karl R. Popper: Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie. Aufgrund von Manuskripten aus den Jahren 1930–1933. Tübingen 2. verbess. Auflage 1994, S. 366f. ISBN 3-16-145774-9)

Literatur

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