Karl Popper

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Sir Karl Popper (1980)

Sir Karl Raimund Popper (* 28. Juli 1902 in Wien; † 17. September 1994 in London) war ein österreichisch-britischer Philosoph, der mit seinen Arbeiten zur Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie, zur Sozial- und Geschichtsphilosophie sowie zur politischen Philosophie den kritischen Rationalismus begründete.

Überblick

Popper ist bekannt für seine Angriffe gegen die klassische positivistisch-induktivistische Sicht, der zufolge die wissenschaftliche Methode durch Verallgemeinerungsschlüsse von Beobachtungen auf wissenschaftliche Theorien gekennzeichnet ist. Er lehnte sie zugunsten eines empirischen Falsifikationsprinzips ab, wonach wissenschaftliche Theorien lediglich unsichere Spekulationen sind, die die empirische Wissenschaft durch Suche nach widersprechenden Beobachtungen umzustoßen versucht. Popper ist außerdem bekannt als Gegner des klassischen Ansatzes in der Erkenntnistheorie, dem zufolge eine Annahme auf dem Fundament einer Begründung stehen muss, damit sie vernünftig ist. Popper ersetzte ihn durch die „erste nicht begründungsorientierte Philosophie der Kritik in der Geschichte der Philosophie“:[1] Nicht mehr die Feststellung, dass einer Behauptung die Begründung fehlt, soll genügen, damit sie verworfen werden darf, sondern es muss ein logischer Widerspruch zu den Tatsachen vorliegen. Im Bereich der politischen Philosophie ist Popper bekannt für seine Theorie der offenen Gesellschaft, in der er den Historizismus kritisierte und die Demokratie verteidigte.

Leben

Kindheit und Ausbildung

Karl Popper wurde am 28. Juli 1902 als Sohn von Rechtsanwalt Simon Siegmund Carl Popper und Jenny Popper, geborene Schiff, in Wien geboren. Seine Eltern waren zum Protestantismus konvertierte assimilierte Juden. Simon Siegmund stammte aus Prag, dessen Vater aus Kolín, dem Geburtsort von Josef Popper-Lynkeus.[2] Die Vorfahren seiner Mutter kamen aus Schlesien und Ungarn. Der Familie Schiff entstammten viele bedeutende Persönlichkeiten des 19. und 20. Jahrhunderts: Wissenschaftler, Ärzte und Musiker (so z. B. der Dirigent Bruno Walter). Popper wuchs in einem Elternhaus auf, in dem Bücher und Musik eine wichtige Rolle spielten. Bereits als Kind interessierten ihn philosophische Fragestellungen.

Als Popper zwölf Jahre alt war, begann der Erste Weltkrieg. Die Situation der Juden zu dieser Zeit in Wien war schwierig. Zum einen nahmen sie wichtige Positionen ein; Poppers wohlhabender Vater hatte beispielsweise eng mit dem 1898 verstorbenen liberalen Bürgermeister der Stadt Raimund Grübl zusammengearbeitet. Zum anderen waren völkisch-antisemitische Vorurteile und Diskriminierungen alltäglich.

1918 verließ der 16-jährige Popper vorzeitig die Mittelschule und wurde Gasthörer an der Universität Wien. Er besuchte Vorlesungen in Mathematik, Geschichte, Psychologie, Theoretischer Physik und Philosophie. Er legte seine Matura als Externist erst im zweiten Anlauf ab. Im Jahr zuvor war er an den Fächern Latein und Logik gescheitert. Von 1920 bis 1922 war Popper Schüler am Wiener Konservatorium, Abteilung Kirchenmusik, ließ jedoch den Plan, Musiker zu werden, bald wieder fallen. In dieser Zeit verdiente er seinen Lebensunterhalt als Hilfsarbeiter. Im Entschluss, eine praktische Ausbildung zu beginnen, war er von seinen sozialistischen Freunden beeinflusst worden, die sehr politisch waren und sich als zukünftige Führer der Arbeiterklasse sahen. Davon abgestoßen fasste er den vorübergehenden Entschluss, selbst ein Arbeiter zu werden.[3] Parallel zur Lehrerausbildung schloss er daher 1924 eine Tischlerlehre mit dem Gesellenbrief ab.

Studium und Beruf

Als Popper Anfang der 1920er Jahre sein Studium begann, dominierte in Wien die politische Linke. In dieser Zeit (1918–1934) wurde die Stadt auch das Rote Wien genannt. Popper engagierte sich dort – zunächst vor allem an pädagogischen Fragen interessiert – auch in der sozialistischen Jugendbewegung und in der Wiener Schulreformbewegung. Gleichzeitig arbeitete er an Alfred Adlers individualpsychologischen Erziehungsberatungsstellen in den Wiener Arbeitervierteln.

Nach der Ausrufung der Republik im November 1918 trat er in die Kommunistische Partei ein und half im Büro der Parteizentrale mit. Die Partei unternahm mehrere Umsturzversuche nach Vorbild Lenins, dann auch unter Anleitung Béla Kuns. Während eines Umsturzversuches am 15. Juni 1919 wurden die führenden Wiener Kommunisten von der Polizei verhaftet, woraufhin die übrigen eine Demonstration zur Polizeidirektion in Gang setzten. Mehrere tausend Menschen versuchten, die Wiener Polizeidirektion zu stürmen und dort inhaftierte Parteigenossen zu befreien. Die Stadtschutzwache schoss in einer Nebengasse auf eine Demonstrantenmenge, dabei wurden 20 Menschen getötet.[4] Karl Popper erfuhr später, dass die Aktion in Wirklichkeit Teil eines Plans von Kadern mit Verbindungen zu Béla Kun war, die über einen Staatsstreich selbst an die Macht gelangen wollten.[5] Aufgrund der marxistischen Doktrin, dass Klassenkämpfe noch viel mehr Tote verursachen würden, wenn man die Revolution nicht schnell herbeiführe, hatten sie keine Bedenken, das Leben der Teilnehmer an der Befreiungsaktion aufs Spiel zu setzen. Popper sah sich durch die Kader getäuscht und wandte sich vom Marxismus wieder ab.

In Wien begegnete er Menschen wie Ruth Fischer, Hanns Eisler, Paul Felix Lazarsfeld, Oskar Kokoschka, Adolf Loos, Arnold Schönberg und Rudolf Serkin.

Popper bestand 1924 die Prüfung an der Lehrerbildungsanstalt. Weil jedoch keine Lehrerstelle frei war, arbeitete er als Erzieher in einem Hort für sozial gefährdete Kinder. 1925 wurde er Student am Pädagogischen Institut. Aus dieser Zeit stammen seine ersten Veröffentlichungen. Sie befassten sich mit pädagogischen Themen und erschienen in Die Quelle und Schulreform. 1928 promovierte Popper beim Psychologen und Sprachtheoretiker Karl Bühler mit der Dissertation „Die Methodenfrage der Denkpsychologie“.[6]

Durch das Studium bei Bühler lernte Popper die Psychologie von Oswald Külpe und der „Würzburger Schule“ kennen. William W. Bartley behauptete, dass sich das auch auf seine pädagogischen Überzeugungen und später auf seine Erkenntnistheorie entscheidend ausgewirkt habe.[7] Popper selbst widersprach jedoch diesen Behauptungen.[8] 1929 erwarb er die Lehrberechtigung für die Hauptschule in den Fächern Mathematik und Physik.

1930 erhielt Popper eine Anstellung als Hauptschullehrer in Wien, die er bis 1935 innehatte. Ebenfalls in diesem Jahr heiratete er seine Kollegin Josefine Anna Henninger (1906–1985). 1930–1935 wohnte Popper mit seiner Frau im 13. Wiener Gemeindebezirk an der Adresse Anton-Langer-Gasse 46 im Bezirksteil Speising; am Haus befindet sich eine Gedenktafel.

Der Wiener Kreis

Dass Karl Popper begann, seine philosophischen Gedanken niederzuschreiben, war vor allem seinen Kontakten mit dem Wiener Kreis zu verdanken, dem Kreis um Moritz Schlick, Rudolf Carnap und Otto Neurath. Vor allem Schlick distanzierte sich von Popper, der seine neopositivistische Position kritisiert hatte, und warf ihm unbeherrschtes Auftreten vor. In Poppers mündlicher Doktorprüfung (Rigorosum) 1928 war Schlick Beisitzer, wobei es zum Streit kam, da Popper nach Schlicks Auffassung überzogene Kritik an dem von Schlick geschätzten Ludwig Wittgenstein übte; dieser wolle „wie die katholische Kirche die Diskussion sämtlicher Fragen verbieten, auf die er keine Antwort wisse“.[9] Popper erhielt daher keine Einladungen zu den Sitzungen des Kreises.

Herbert Feigl regte ihn an, zu schreiben, womit Popper nach einigem Zögern begann. Drei Jahre schrieb er an einem über 1000-seitigen Manuskript, das heute nur teilweise erhalten ist, die erhaltenen Teile erschienen 1934 als erheblich gekürzte Fassung unter dem Titel „Logik der Forschung“ und erst 1979 unter dem Titel Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie. Während dieser Zeit lernte er Werner Heisenberg und Alfred Tarski kennen.

Sein wissenschaftstheoretisches Hauptwerk „Logik der Forschung“ erschien schließlich in einer Schriftenreihe des Wiener Kreises, obwohl Popper darin deren Positivismus kritisierte. Diese großzügige Möglichkeit der Veröffentlichung brachte ihm fälschlich den Ruf eines Positivisten ein. Seine Abhandlung wurde von den Angehörigen des Wiener Kreises als ein ihren Diskussionen entsprungenes Werk gewürdigt.

Emigration nach Neuseeland und England

Von 1935 bis 1936 reiste Popper für einige Monate nach England, wo er Erwin Schrödinger, Bertrand Russell und Ernst Gombrich begegnete. Er führte intensive Gespräche mit Schrödinger und lernte Friedrich August von Hayek kennen. Auf dem Zweiten Internationalen Kongress für die Einheit der Wissenschaft (im Juni 1936 in Kopenhagen) war er tief beeindruckt von Niels Bohr, obwohl er selbst eine andere Interpretation der Quantenmechanik vertrat. Vor allem die Gespräche mit Alfred Tarski brachten Popper zu der Einsicht, wie er die Korrespondenztheorie der Wahrheit ohne Probleme vertreten konnte.

Die politische Lage in Österreich wurde zusehends angespannter und Popper sah den „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland kommen. In dieser Situation nahm er das Angebot einer Dozentur an der University of Canterbury in Christchurch (Neuseeland) an. 1937 kündigten Popper und seine Ehefrau ihre Lehrerstellen und gingen ins Exil. Popper musste seine Familie, die damals kranke Mutter, seine Schwester, Onkel, Tanten und Nichten zurücklassen. Sechzehn Familienangehörige wurden in der Zeit des Nationalsozialismus im Holocaust ermordet.

Popper wurde Dozent an der Universität Christchurch. Obwohl das College seine Forschungsarbeit nicht förderte und verlangte, dass sich die Dozenten ganz der Lehre widmen sollten, entstanden dort The Poverty of Historicism (Das Elend des Historizismus) sowie das Werk, das ihn als politischen Denker berühmt machte, The Open Society and Its Enemies (Die offene Gesellschaft und ihre Feinde). In zwei Bänden analysierte Popper ausführlich die totalitären Tendenzen in den Schriften von Platon, Marx und Hegel. Darüber hinaus beschäftigte er sich mit der Wahrscheinlichkeitstheorie.

Im Winter 1944/45 erhielt Popper – vor allem durch Unterstützung von Friedrich von Hayek – das Angebot, an der London School of Economics and Political Science zu lehren, welches er annahm. Anfang Januar 1946 traf das Ehepaar in London ein, wo Popper seine Lehrtätigkeit als außerordentlicher Professor aufnahm. 1949 wurde er parallel Professor für „Logik und wissenschaftliche Methodenlehre“ an der Universität London. Wegen der mitunter anmaßenden und aggressiven Art, mit der er seine Standpunkte vertrat, erwarb er sich dort schnell den Spitznamen „totalitärer Liberaler“.

1961 hielt Popper in Tübingen den Eröffnungsvortrag auf einer Tagung, deren Thema die Logik der Sozialwissenschaften war. Theodor W. Adorno hielt das Korreferat. Die Debatte wurde anschließend vor allem in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie fortgesetzt und war der Beginn des so genannten „Positivismusstreits“. Innerhalb der deutschen Studentenbewegung galt Popper, der sein wissenschaftstheoretisches Hauptwerk „Logik der Forschung“ explizit gegen den Positivismus geschrieben hatte, als „Erz-Positivist“. Die eigentliche Kontroverse zwischen der kritisch-rationalistischen Position Poppers und dem Standpunkt der Dialektik wurde hauptsächlich von Hans Albert und Jürgen Habermas geführt; Popper zeigte sich daran weitgehend desinteressiert und schrieb 1970 in einem Brief an Albert, er könne „diese Leute einfach nicht ernstnehmen“.[10]

Emeritierung

Grab auf dem Lainzer Friedhof am Wiener Küniglberg

1965 wurde Popper von Königin Elisabeth II. für sein Lebenswerk als Knight Bachelor zum Ritter geschlagen. 1969 wurde er emeritiert, er publizierte aber stetig weiter. Er war Mitglied der von Hayek gegründeten liberalen Denkfabrik Mont Pelerin Society und der Royal Society (London). Befreundet war er u. a. mit dem deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt. Durch Königin Elisabeth II. wurde er schließlich noch in den Order of the Companions of Honour (CH) aufgenommen. 1973 wurde ihm der Sonning-Preis der Universität Kopenhagen verliehen, 1993 erhielt Popper die Otto-Hahn-Friedensmedaille in Gold der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) in Berlin. Das Council for Secular Humanism verlieh ihm den Humanist Laureate Award.

Popper äußerte sich nur selten über Religion. Über seine Sichtweisen ist jedoch das sogenannte „verlorene Interview“[11] von 1969 bekannt. Demnach beschrieb er sich selbst als Agnostiker und lehnte für sich den seiner Ansicht nach arroganten Atheismus ebenso ab wie den jüdischen und den christlichen Glauben. Er äußerte jedoch Respekt vor den moralischen Lehren beider Religionen. Paul Feyerabend bezeichnete ihn als „Nachzügler der Aufklärung“.

Josefine Anna Popper starb 1985 und wurde in Wien auf dem Lainzer Friedhof im 13. Bezirk in einem 1936 angelegten Grab ihrer Familie bestattet (Gruppe 2, Nr. 7). Karl Popper starb am 17. September 1994 in East Croydon, London, nachdem er zwei Wochen zuvor schwer erkrankt war. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er noch an seinem Werk geschrieben.[12] Poppers Leichnam wurde eingeäschert, seine Urne nach Wien gebracht und am 28. Oktober 1994 im Grab seiner Frau beigesetzt.[13] Das Grab wurde von der Stadtverwaltung zum Ehrengrab erklärt und besteht auf Friedhofsdauer.

1998 erhielt das erste Projekt für Begabtenförderung in Österreich, die Sir-Karl-Popper-Schule, die Poppers Ideen zu einer besseren Schule umzusetzen sucht, die Zustimmung dazu, seinen Namen zu tragen.[14] Außerdem trägt die Karl-Popper-Sammlung der Universitätsbibliothek Klagenfurt seinen Namen. Im Jahr 2010 wurde in Wien Favoriten (10. Bezirk) die Karl-Popper-Straße beim neuen Hauptbahnhof nach ihm benannt; sie befindet sich in unmittelbarer Nähe von nach Elias Canetti, Kurt Gödel und Alfred Adler neu benannten Verkehrsflächen.

Werk

Hauptartikel: Kritischer Rationalismus

Das Werk Poppers lässt sich grob in zwei Phasen unterteilen: Die erste, die von der Beschäftigung mit den Methoden empirischer Wissenschaft geprägt war; und die zweite, in der er sich mit metaphysischen Fragestellungen auseinandersetzte. Die Grenze zwischen beiden lässt sich nach Ansicht von William Warren Bartley ziemlich genau auf den 15. November 1960 festlegen.[15] Popper selbst hat sich jedoch immer vehement gegen eine hermeneutische Interpretation dieser Phasen gestellt. Er sieht die Grundzüge seines Denkens als 1919 aufgestellt und von da ab durchgängig einheitlich und ohne Strukturbrüche, mit lediglich Schwerpunktverlagerungen und gelegentlichen Klarstellungen. Die Grundauffassung von Poppers Philosophie ist die Ablehnung der Redensart „von nichts kommt nichts“ und die Einsicht, dass ein System seine eigene Existenz nicht garantieren, sie aber selbst beenden kann.[16]

Wissenschaftstheorie

Hauptartikel: Falsifikationismus

Popper legte seine Ansichten zur Wissenschaftstheorie umfassend in seinem Werk Logik der Forschung dar, das 1934 zuerst auf Deutsch erschien und in nachfolgenden englischen und deutschen Ausgaben stetig erweitert und verbessert wurde (wenige Monate vor seinem Tod 1994 fügte Popper noch einen neuen Anhang hinzu). Später führte er sie weiter aus in Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie (das parallel zur Logik der Forschung geschrieben, aber erst 1978 veröffentlicht wurde), Die Quantentheorie und das Schisma der Physik und Objektive Erkenntnis. Ein evolutionärer Entwurf. In Vermutungen und Widerlegungen (englisch Conjectures and Refutations) wandte er die Methode, wie im Titel angedeutet, auch praktisch an. Hier beschrieb er auch, wie er seine Abgrenzungsüberlegungen seit den 1920er Jahren entwickelt hatte, als er zunächst „Pseudowissenschaft“ von „Wissenschaft“ unterscheiden wollte. Als Beispiele für Pseudowissenschaften nannte er u. a. die Psychoanalyse und den Marxismus, als Beispiel für Wissenschaft Einsteins Relativitätstheorie.

In der Logik der Forschung kritisiert Popper die Sicht des logischen Positivismus, der für die Naturwissenschaften die empiristische Methode vertrat. Diese Methode postuliert das systematische Sammeln von Fakten, die in logischen Protokollsätzen formuliert werden. Mittels Induktion wird dann auf allgemeingültige Naturgesetze geschlossen, entweder mit dem Anspruch auf Sicherheit, oder zumindest auf eine hohe Wahrscheinlichkeit. Diese Ansichten hätten von Aristoteles und Francis Bacon ausgehend die meisten Wissenschaftstheoretiker vertreten.

Popper unterstrich demgegenüber noch einmal die Überlegung David Humes, dass man aus formallogischen Gründen aus Einzelfällen kein allgemeines Gesetz ableiten (Induktionsproblem), sondern nur allgemeine Sätze widerlegen kann („Man kann nicht mehr wissen, als man weiß“). Auch alle Versuche, aus Einzelfällen wenigstens quantifizierbare Wahrscheinlichkeiten von Theorien abzuleiten, hält er für verfehlt und liefert mathematische und philosophische Argumente, um die logische Unhaltbarkeit von Sätzen wie „Theorie A ist mit 80%iger Wahrscheinlichkeit wahr“ deutlich zu machen.

Popper schlägt stattdessen vor, dass Theorien (abstrakt betrachtet) frei erfunden werden dürfen. Im Nachhinein werden dann Experimente angestellt, deren Ausgang als Basissätze konventionell festgelegt werden. (Popper selbst verwendet sogar das Wort „willkürlich“, um zu verdeutlichen, dass diese Basissätze selbst nicht rational zu rechtfertigen sind.[17]) Durch diese Basissätze können dann die Theorien widerlegt (falsifiziert) werden, wenn die Folgerungen, die aus ihnen deduziert werden, sich im Experiment nicht bestätigen. In einem evolutionsartigen Selektionsprozess setzen sich so diejenigen Theorien durch, deren Widerlegung misslingt. Durch diese Umkehrung des klassischen Versuchs, Theorien zu beweisen, kommt Popper zu der auf den ersten Blick kontraintuitiven Forderung, Wissenschaftler sollten versuchen, ihre Theorien zu widerlegen bzw. mit entscheidenden Experimenten (experimentum crucis) Theorien auszusieben. Durch dieses Aussieben falscher Theorien kommt man, so Popper, der Wahrheit immer näher, ohne jedoch jemals den Anspruch auf Sicherheit oder auch nur Wahrscheinlichkeit erheben zu können. Er betonte zwar auch die Notwendigkeit der Kreativität beim Aufstellen einer Theorie; wichtig für den Fortschritt sei allerdings vor allem die kritische Überprüfung, die auf lange Sicht nur von den wahrheitsnächsten Theorien bestanden wird.[18] So schreitet z. B. auch die Trainingswissenschaft fort, indem sowohl Einzelfallbeispiele verallgemeinert als auch systematisch induktiv vorgegangen wird. Die Verifikation/Falsifikation von Trainingstheorien findet dann aber immer wieder im Wettkampf statt.[19]

Allerdings fordert er für Theorien Widerspruchsfreiheit als „oberste axiomatische Grundforderung“, die jedes theoretische System – empirisch oder nicht – erfüllen muss[20], und stellt fest, „Die Objektivität der wissenschaftlichen Sätze liegt darin, daß sie intersubjektiv nachprüfbar sein müssen“[20], also falsifizierbar.

Popper betont, dass die Annahme, dass die Welt gesetzhaft strukturiert ist bzw. dass es Naturgesetze gibt, im Aufstellen wissenschaftlicher Theorien enthalten ist – natürlich wie diese Theorien selbst als Vermutung, da es ja nicht auszuschließen ist, dass alle Theorien scheitern.

Metaphysische Fragen wie z. B., ob es überhaupt eine reale Außenwelt gibt, auf die sich die Naturwissenschaft mit ihren Theorien und Basissätzen bezieht, ließ er anfänglich bewusst offen. Er betonte, dass sein Ansatz allein methodologischer Art sei und keineswegs metaphysische Annahmen voraussetzen müsse. Jedoch distanzierte er sich schon in der Logik der Forschung entschieden von der positivistischen Position, dass derartige Fragen überhaupt nicht sinnvoll formulierbar seien, und wies die entsprechenden Versuche zurück, ein empiristisches Sinnkriterium zu formulieren. Vor allem in diesem Punkt sah sich Popper im Gegensatz zu den Neopositivisten des Wiener Kreises und insbesondere den Lehren von Ludwig Wittgenstein, mit dem Popper nur ein einziges Mal zusammentraf, 1946 in Cambridge, wo es zu einem heftigen Zusammenstoß kam (auch wenn schon Popper selbst die Legende, dass Wittgenstein ihn dort mit einem Schürhaken bedroht haben soll, in seiner Autobiographie als grobes Missverständnis aufgrund einer scherzhaften Bemerkung bezeichnet[21]).

Statt nach einem Sinnkriterium sei nach einem Abgrenzungskriterium zwischen empirischer Wissenschaft und Metaphysik zu suchen, das er mit der prinzipiellen Falsifizierbarkeit auch gefunden zu haben glaubte: „Ein empirisch-wissenschaftliches System muss an der Erfahrung scheitern können.“[22] Freilich betonte er, dass metaphysische Gedankensysteme erkenntnisgenetisch durchaus fruchtbar für die Wissenschaft gewesen seien, auch wenn sie selbst nicht empirisch prüfbar waren. Als Beispiel führt er den spekulativen Atomismus an, der zur Entwicklung der empirisch-wissenschaftlichen Atomtheorie geführt habe.[23]

Später gelangte er zu der Auffassung, dass auch Metaphysik rational diskutierbar sei, und bekannte sich unter anderem zu einem ontologischen Außenwelt-Realismus, auch wenn er eingestand, dass die Gegenposition (also der Idealismus) nicht streng widerlegbar ist.[24] Auch ein starker „Indeterminismus“ ist einer der wichtigsten Bestandteile von Poppers späterer metaphysisch ergänzter Weltsicht. Er sah sich hierin vor allem von der Quantenmechanik bestätigt. Metaphorisch behauptete er, bisher habe man sich auch Wolken wie sehr komplexe Uhrwerke vorgestellt; tatsächlich seien aber eher Uhrwerke nur scheinbar sehr geordnete Wolken. Diesen Indeterminismus übertrug er auch auf gesellschaftliche Zustände (Die Zukunft ist offen).

Gesellschaftstheorie

Platon, G. W. F. Hegel und Karl Marx (v.l.n.r.)

Poppers in der Öffentlichkeit bekanntestes Werk ist das in alle Weltsprachen (und laut Popper[25] leider schlecht ins Deutsche) übersetzte „The Open Society and Its Enemies“ (deutsch „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“) von 1945. Darin rechnet er detailliert mit den Gedankensystemen von Platon, Hegel und Marx ab, die seiner Meinung nach totalitäre Systeme theoretisch begründet und praktisch befördert haben. Als positives Gegenbild zu diesen „geschlossenen Gesellschaften“ entwirft er eine „Offene Gesellschaft“, die nicht am Reißbrett geplant, sondern sich pluralistisch in einem fortwährenden Prozess von Verbesserungsversuchen und Irrtumskorrekturen evolutionär fortentwickeln soll. Der Begriff Offene Gesellschaft ist in die politische Sprache eingegangen.

Popper setzt sich insbesondere mit den Werken Platons, des „größten, tiefsten und genialsten aller Philosophen“ und des „Gründers der bedeutendsten professionellen Schule der Philosophie“[26] auseinander. Dieser habe eine Auffassung vom menschlichen Leben vertreten, die „abstoßend und geradezu erschreckend“ gewesen sei.[26] Seine Schwäche sei gewesen, dass er ganz im Gegensatz zu Sokrates an die „Theorie der Eliten“ glaubte.[26] Insbesondere mit seinen Werken Politeia (Der Staat) und Nomoi (Die Gesetze) habe er das Grundmodell des totalitären Staates ausgearbeitet und propagiert. Damit habe er auch Verrat an seinem Lehrer Sokrates begangen, der, wie Popper darlegen will, in Platons „idealem Staat“ als Aufrührer hingerichtet worden wäre. Platons Ablehnung der attischen Demokratie und seine Bevorzugung eines autoritären Regimes sogenannter „Philosophenkönige“, die nichts mehr mit dem sokratischen Philosophen zu tun haben und explizit Lügenpropaganda verwenden dürfen, versucht Popper mit vielen Textstellen zu belegen. Platon sei damit der erste und wichtigste Theoretiker einer geschlossenen Gesellschaft gewesen, in der es keine gewaltlose Veränderung geben kann und Eliten diktatorisch herrschen. Popper sah in Platon „den ersten großen politischen Ideologen, der in Klassen und Rassen dachte und Konzentrationslager vorschlug.“[27]

Auch sei Platon ein Propagandist der Verfallstheorie der Gesellschaft, nach der die Gesellschaft sich ursprünglich in einem „guten“ (geschlossenen) Naturzustand befunden habe und jede Öffnung, Liberalisierung und Emanzipation bzw. kritische Infragestellung von Traditionen Zeichen von Dekadenz, Degeneration und Verfall seien. Diese Lehre („Mythos von der Horde“) sei ein wichtiger Bestandteil der Propaganda vieler Diktaturen und autoritär-konservatistischer Ideologien geworden; besonders deutlich sei der Einfluss z. B. in Oswald SpenglersDer Untergang des Abendlandes“.[28]

Ferner schreibt Popper, Platon habe „die Mittelschulen und die Universitäten erfunden“, indem er das Grundprinzip des modernen „verheerenden“ Erziehungssystems erdachte.[29]

Ähnliche, aber weniger umfangreiche Kritik übt Popper an Aristoteles. Er gesteht zu, dass Platon und Aristoteles ein großes philosophisches Werk mit für ihre Zeit originellen und bedeutenden Gedanken geleistet hätten und für die abendländische Philosophie und Wissenschaft von überragender Bedeutung gewesen seien. Aber „große Philosophen begehen große Fehler“, und es sei notwendig, die totalitären und antihumanitären Tendenzen in ihren Werken zu identifizieren und zu kritisieren.

Der zweite Teilband des Werkes gilt der Kritik der „orakelnden Philosophen“ des 19. Jahrhunderts, insbesondere Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Karl Marx. In Hegel sieht Popper ebenso wie in den anderen Vertretern des Deutschen Idealismus in erster Linie einen Scharlatan und Betrüger, in zweiter Linie einen reaktionären Apologeten der preußischen Staatsmacht, dessen Philosophie ebenfalls totalitäre Systeme begünstigt habe. Den Vorwurf der Scharlatanerie erhebt Popper dabei v. a. mit Hinweis auf die dialektischen Methoden der Hegelschen Philosophie. Diese seien, soweit sie überhaupt verständlich seien, allein postuliert, um die Regeln der Logik auszuhebeln und besonders das autoritäre Preußen als höchste Verwirklichung der Freiheit glorifizieren zu können. Hegel sei ein offizieller Staatsphilosoph gewesen, der mit seinem Rechts- und Machtpositivismus („Was wirklich ist, ist vernünftig“) die bestehende Staatsmacht hofiert habe. Ein größerer Teil der Hegelschen Schriften sei – so Popper – zudem absichtlich unverständlich formuliert, um Kritik unmöglich zu machen. Mit diesem Versuch, durch unverständliche Sprache tatsächlich fehlende inhaltliche Substanz vorzutäuschen, habe Hegel in der Philosophiegeschichte eine neue Epoche eingeleitet, die nicht auf Gedankenaustausch und Argumentation, sondern auf Beeindruckung und Einschüchterung ausgerichtet gewesen sei. Dieser ‚Jargon‘ habe zunächst intellektuelle und dann auch moralische Verantwortungslosigkeit nach sich gezogen. Popper versucht auch Verbindungen dieses Denkens zu Zentralismus, Etatismus und Nationalismus und Faschismus aufzuzeigen. Die geistesgeschichtlichen Wurzeln des letzteren sieht er vor allem in einer Kombination hegelianischer Geschichtsphilosophie mit den neomalthusischen Biologismen des späten 19. Jahrhunderts, insbesondere denen Ernst Haeckels. Popper bringt das philosophische Fundament der faschistischen Ideologien des 20. Jahrhunderts auf die Formel „Hegel plus Haeckel“.[30]

Obwohl persönlich befreundet mit Konrad Lorenz, übte Popper später auch scharfe Kritik an zeitgenössischen gesellschaftstheoretischen Biologismen, insbesondere im Kontext der neueren Soziobiologie. In dieser erscheine im Grunde lediglich der alte Sozialdarwinismus im modernen Gewand.[31]

Der im zweiten Teilband der Offenen Gesellschaft ebenfalls ausführlich kritisierte Marx kommt etwas besser weg. Ihm zugute hält Popper ein ehrliches Mitgefühl mit den Leiden der sozial Schwachen und echtes Interesse an einer Verbesserung bzw. Humanisierung der Welt (in einer später (1965) hinzugefügten Anmerkung relativierte er diese Meinung allerdings unter Verweis auf Leopold Schwarzschilds Buch „Der rote Preuße“: Marx sei offenbar „weit weniger menschlich und freiheitsliebend gewesen“, als er angenommen habe). Popper bezeichnet Marx zudem als bedeutenden Ökonomen und Soziologen und räumt ein, dass Marx nicht ausgeschlossen habe, dass der Weg zum Kommunismus auch auf nicht-revolutionäre Weise erreichbar sei. Auch grenzt er ihn scharf von späteren vulgärmarxistischen Verflachungen, die meist mit „naiven“ intentionalistischen Verschwörungstheorien verbunden waren, ab. Vehement kritisiert er jedoch Marx’ von Hegel übernommene dialektische Methode sowie sein deterministisches Geschichtsbild, was letztlich ebenfalls zu einem geschlossenen Weltbild führe. Auch große Teile der marxistischen Kapitalismustheorie seien verfehlt.

Die Veröffentlichung wirkte 1945 als politisches Signal. Sie greift geschlossene Denkstrukturen und Ideologiekonstruktionen an. Obwohl weder der Nationalsozialismus noch der stalinistische Sozialismus explizit genannt werden, wird deutlich, dass sich die Kritik gegen sie richtet. Popper entwirft das Modell einer offenen und pluralistischen Gesellschaft, in der sich Fortschritt langsam einstellt.

Ein weiteres Werk aus diesem Themengebiet ist „Was ist Dialektik?“[32]; in diesem kritisiert Popper die Marxsche und Hegelsche Dialektik mit den Begriffen der formalen Logik. Das 1957 erschienene The Poverty of Historicism (dt: Das Elend des Historizismus) greift wieder vor allem Marx und Hegel aufgrund ihrer Methodik an. Im Historizismus, worunter Popper den Glauben versteht, die Geschichte verlaufe gesetzmäßig und Gesellschaften ließen sich planen, sieht Popper ein Grundübel der Gesellschaftstheorie.

„Positivismusstreit“

Hauptartikel: Positivismusstreit

Mit seiner Grundsatzdiskussion über die „Logik der Sozialwissenschaften“ auf der Tübinger Arbeitstagung 1961 entfachte Popper den sogenannten Positivismusstreit in der deutschen Soziologie. Ihm und Hans Albert, die ausgehend vom Kritischen Rationalismus die Einheit der Methode von Natur- und Sozialwissenschaften vertraten, wurde dort von den Dialektikern der Frankfurter Schule, Theodor W. Adorno und Jürgen Habermas, widersprochen und Positivismus attestiert. Einen Mittelweg suchte dabei Ralf Dahrendorf.

Popper beteiligte sich nach seinem Ausgangsbeitrag nicht mehr an der Diskussion (die an seiner Stelle von Hans Albert weitergeführt wurde), da er mit Adorno und Habermas keine Verständigungsbasis gegeben sah. Bekannt geworden ist in diesem Zusammenhang auch ein Brief Poppers, der – ohne dessen Einwilligung – 1971 in der Wochenzeitung Die Zeit unter dem Titel „Wider die großen Worte“ (1971, ZEIT Nr. 39, Seite 8)[33] veröffentlicht wurde (später im Buch Auf der Suche nach einer besseren Welt im Kapitel „Gegen die großen Worte“ erneut abgedruckt). Popper kritisiert dort die Sprache Adornos und Habermas’ als Obskurantismus (den er in der „offenen Gesellschaft“ schon Hegel vorgeworfen hatte). Um diese Behauptung zu belegen, „übersetzte“ er prägnante Teile von Texten, die Adorno und Habermas im Rahmen des Positivismusstreits verfasst hatten, in eine allgemeinverständliche Sprache. Nach Poppers Meinung seien diese nicht nur nicht unter dem Aspekt der leichten Versteh- und Kritisierbarkeit geschrieben worden, sondern möglicherweise sogar mit genau gegenteiliger Intention: Große Worte könnten, so Popper, auch dazu dienen, intellektuell bescheidene Inhalte so unverständlich zu formulieren, dass eine Kritik bewusst erschwert oder verhindert werde. Er schrieb dazu:

„Aus meiner sozialistischen Jugendzeit habe ich viele Ideen und Ideale ins Alter gerettet. Insbesondere: Jeder Intellektuelle hat eine ganz besondere Verantwortung. Er hatte das Privileg und die Gelegenheit, zu studieren; dafür schuldet er es seinen Mitmenschen (oder „der Gesellschaft“), die Ergebnisse seiner Studien in der einfachsten und klarsten und verständlichsten Form darzustellen. Das Schlimmste – die Sünde gegen den heiligen Geist – ist, wenn die Intellektuellen versuchen, sich ihren Mitmenschen gegenüber als große Propheten aufzuspielen und sie mit orakelnden Philosophien zu beeindrucken. Wer’s nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er’s klar sagen kann. […] Was ich oben (Punkt 1) die Sünde gegen den heiligen Geist genannt habe – die Anmaßung des dreiviertel Gebildeten –, das ist das Phrasendreschen, das Vorgeben einer Weisheit, die wir nicht besitzen. Das Kochrezept ist: Tautologien und Trivialitäten gewürzt mit paradoxem Unsinn. Ein anderes Kochrezept ist: Schreibe schwer verständlichen Schwulst und füge von Zeit zu Zeit Trivialitäten hinzu. Das schmeckt dem Leser, der geschmeichelt ist, in einem so ‚tiefen‘ Buch Gedanken zu finden, die er selbst schon mal gedacht hat.[34]

Jede Theorie und jede wissenschaftliche Position sollte aber Poppers Ansicht nach so formuliert werden, dass eine Kritik so leicht wie möglich ist. Seine Kritik am „Obskurantismus“ ist aber nur ein Aspekt einer umfassenderen Kritik Poppers an dem von ihm so genannten „Professionalismus“. Er wandte sich gegen die „professionelle Ethik“, ein unausgesprochenes Gentlemen-Agreement, das vorschreibt, dass Universitätsprofessoren ihre Autorität gegenseitig beschützen sollten. Er setzte dem die Forderung intellektueller Bescheidenheit entgegen.

Popper prägte in Anlehnung an Ockhams Rasiermesser den Begriff vom liberalen Rasiermesser, selbst bezeichnete er sich als „nichtrevolutionären Liberalen“.

„Drei-Welten-Theorie“

Hauptartikel: Drei-Welten-Lehre

In der Philosophie des Geistes wandte sich Popper sowohl gegen den klassischen Körper-Geist-Dualismus als auch gegen reduktionistische Theorien wie den Behaviorismus. Er schlug dagegen eine gedankliche Einteilung der Welt in drei Bereiche vor, nämlich die:

  • Welt 1, das ist die physische Welt
  • Welt 2, die Welt der individuellen Wahrnehmung und des Bewusstseins
  • Welt 3, die Welt der geistigen und kulturellen Gehalte, die vom Einzelbewusstsein unabhängig existieren können, z. B. die Inhalte von Büchern, Theorien und Ideen.

Popper argumentierte, dass alle drei Welten real seien, da kausale Wechselwirkungen beobachtet werden könnten, wobei Welt 2 als Mittler zwischen Welt 3 und Welt 1 auftritt. Ein Beispiel sei der Bauplan eines Hauses (Welt 3: ein Modell in einer Zeichnungssprache des Bauwesens), welcher von einem Menschen verstanden wird (Welt 2: Bewusstsein des Baumeisters) und dann in ein konkretes Haus umgesetzt wird (Welt 1: physikalisches Objekt). Das Haus gehört also gleichzeitig in Welt 1 und Welt 3.

Popper zufolge hat die klassische duale Trennung den Unterschied zwischen einem Bewusstseinserlebnis und beispielsweise dem logischen Gehalt einer Theorie ignoriert. Beides werde dort undifferenziert dem Mentalen zugeordnet.

Obwohl Popper die Welt 3 für ein Erzeugnis der Menschen hielt (im Gegensatz etwa zu Platons und Hegels Vorstellungen), glaubte er an eine Unabhängigkeit und Objektivität der Welt 3. Sein eigenes Beispiel ist die Erfindung der Zahlen und das darauf folgende „ungeplante“ Auffinden der Primzahlen, die schon existierten, bevor sich Menschen darüber Gedanken machten. Somit kommt den Primzahlen eine Existenz zu, die ohne den Menschen definiert ist, so wie die Existenz des Mount Everest seiner Entdeckung vorausliegt.[35]

Eine ähnliche Trennung in drei Welten kann man im klassischen Griechenland als Logos, Psyche und Physis finden, bei den Römern als Ratio, Intellectus, und Materia, und nicht zuletzt bei Kant als Vernunft, Verstand und Außenwelt.

Rezeption und Kritik

Obwohl Poppers kritischer Rationalismus schon früh viele Anhänger und Sympathisanten unter hochrangigen Wissenschaftlern fand (vor allem Physiker, darunter Albert Einstein,[17] aber auch Nobelpreisträger anderer Fachrichtungen, nämlich Peter Brian Medawar, John Carew Eccles und Jacques Monod), konnte er sich weder in der Wissenschaftstheorie noch in der naturwissenschaftlichen Praxis entscheidend durchsetzen. In beiden Bereichen bestehen nach wie vor induktivistisch-empirizistische Bestätigungspositionen, heute gemeinhin mit bayesianistischen Wahrscheinlichkeitstheorien der Induktion verbunden, die allerdings häufig in der Terminologie Poppers umformuliert vertreten werden.

Kritisiert wurden die Popperschen Ideen aber auch durch Philosophen, die den Empirismus und Induktivismus selbst ablehnten, insbesondere durch die Positionen von Thomas S. Kuhn.[36] Kuhn zufolge hält Poppers Wissenschaftstheorie einer Prüfung durch die Wissenschaftsgeschichte nicht stand; Gegenbeispiele bzw. „Anomalien“ pflegten keineswegs den Widerruf der Theorie bzw. des Paradigmas zur Folge zu haben, sondern durch Hilfshypothesen integriert zu werden. Erst bei einer starken Häufung von Anomalien komme es zu einer „Krise“, die dann in eine „wissenschaftliche Revolution“ mit Ersatz des alten Paradigmas inklusive zentraler Begriffe münde. Genau in diesem Ansatz liegt Popper zufolge allerdings der Denkfehler; die Wissenschaftstheorie sei keine empirisch-wissenschaftliche Theorie (wie etwa Einsteins Relativitätstheorie) und könne daher nicht anhand des tatsächlichen Ablaufs der Wissenschaft geprüft werden, sondern liefere ihrerseits die Maßstäbe zur Beurteilung der Rationalität desselben.[37]

Wolfgang Stegmüller versuchte, die Position von Kuhn rationalistischer zu formulieren.[38] Imre Lakatos bemühte sich, eine zwischen Popper und Kuhn vermittelnde Position zu entwickeln, die die Stärken beider Ansätze erhalten sollte.[39] Paul Feyerabend hingegen ging noch weiter als Kuhn und zweifelte sogar den Nutzen eines Faches wie der Wissenschaftstheorie überhaupt an (anything goes).[40]

Auch auf dem Gebiet der Sozialwissenschaften waren die Popperschen Ideen umstritten (siehe Abschnitt Positivismusstreit). Es bildete sich zeitweise auch eine „Popper-Denkschule“ von Anhängern, die größtenteils aus Studenten Poppers bestand.

Wissenschaftstheoretisch wurden Popper von David Stove und Martin Gardner, die empirizistische Positionen vertreten, postmoderner Irrationalismus und Totalskeptizismus vorgeworfen, von Anhängern Kuhns und Lakatos ein „naiver“ Falsifikationismus, in den Sozial- und Geisteswissenschaften dogmatisches Festhalten an der Priorität der Beobachtung.

Die normativen Aspekte von Poppers Gesellschaftstheorie beurteilen Linke seit dem „Positivismusstreit“ vorwiegend als neoliberal, während Wirtschaftsliberale ihn als Sozialisten einstufen. Popper kann politisch zunächst als radikaler Sozialist, später als gemäßigter Sozialist und schließlich – vor allem unter Hayeks Einfluss – als gemäßigter Liberaler eingestuft werden.[41] Trotz seiner Mitgliedschaft in der Mont-Pelerin-Society unterschied er sich nach Auffassung von Gebhard Kirchgässner jedoch entschieden von der neoliberalen Marktideologie, die heute von dieser Gesellschaft vertreten werde.[41]

Zwischen Poppers Fallibilismus und der Österreichischen Schule der Ökonomie, wie sie u. a. von Hayek vertreten wurde, gibt es grundlegende methodologische Unterschiede: Nach Popper gibt es keine Wissenschaft ohne empirische Prüfung von potentiell falliblen Thesen und Theorien. Disziplinen, die dies nicht akzeptieren, betreiben Immunisierung und sind daher unseriös. Die Österreichische Schule unterscheidet sich von allen anderen ökonomischen Schulen u. a. dahingehend, dass sie rein logisch arbeitet. Empirie dient bestenfalls als Illustration der a priori erkannten Thesen. Widersprechende Untersuchungsergebnisse weisen nie auf Fehler der Theorie hin, sondern grundsätzlich immer nur auf Fehler im Verlauf der Untersuchung.

Poppers Kritik an Platon, Hegel und Marx wurde ebenfalls, teilweise vehement, widersprochen, etwa von dem Philosophen Ronald B. Levinson,[42] von Walter Kaufmann[43] bzw. von Maurice Cornforth.[44] Levinson kritisierte Poppers Sicht von Platon in seinem 1953 erschienenen Buch In Defense of Plato. Demnach gehe es Popper oft nur um die Verbreitung seiner eigenen politischen Ideen. Popper deute Platons Schriften erst zu einem totalitären Werk um, insbesondere seien Poppers eigene Übersetzungen aus dem Altgriechischen tendenziös und verfälschend. – Popper widersetzte sich dieser Kritik in einer Anmerkung, die seit 1961 den Auflagen der Offenen Gesellschaft als Anhang beigegeben ist.

Charles Taylor attestierte Popper, mit der Attitüde eines Popstars über bedeutendere Philosophen hergefallen zu sein (insbesondere Platon und Hegel) und dadurch eine Aufmerksamkeit erheischt zu haben, der die inhaltliche Bedeutung seiner Gedanken in keiner Weise entspreche.[45]

Von Popper-Anhängern wurde die verbreitete Art der Rezeption ihrerseits scharfer Kritik unterzogen, die von dem Vorwurf, Popper werde selbst von professionellen Philosophen inkompetent verfälscht, fehlzitiert oder ungelesen abgekanzelt, bis zu der Behauptung reicht, die Mehrheit entziehe sich durch Totschweigen dem Zugeständnis, dass Popper einige grundlegende philosophische Probleme wirklich und endgültig gelöst und dabei Vorstellungen als Unsinn entlarvt habe, die noch heute in der westlichen Welt fast ausnahmslos unkritisch vorausgesetzt würden. William Warren Bartley fand bereits zu Lebzeiten Poppers harte Worte:

“Sir Karl Popper is not really a participant in the contemporary professional philosophical dialogue; quite the contrary, he has ruined that dialogue. If he is on the right track, then the majority of professional philosophers the world over have wasted or are wasting their intellectual careers. The gulf between Popper’s way of doing philosophy and that of the bulk of contemporary professional philosophers is as great as that between astronomy and astrology.”

„Sir Karl Popper nimmt eigentlich nicht an dem Dialog der zeitgenössischen Berufsphilosophie teil; ganz im Gegenteil: Er hat diesen Dialog ad absurdum geführt. Wenn er richtig liegt, hat der Großteil der Berufsphilosophen weltweit seine intellektuellen Karrieren vergeudet oder ist gerade im Begriff, dies zu tun. Poppers Art, Philosophie zu betreiben, verhält sich zum Ansatz der meisten zeitgenössischen Berufsphilosophen ungefähr so wie die Astronomie zur Astrologie.“[46]

Ein ausführlicherer und expliziter Angriff, den Bartley gegen die von Experten betriebene und so zur autoritativen Interpretation von Popper gewordene Verfälschung richtete,[47] musste eingestampft (im englischen Druck) und zensiert (im amerikanischen Druck) werden, weil Bartley explizit von „Inkompetenz“ gesprochen und dabei Namen genannt hatte, woraufhin eine der betroffenen Autoritäten mit rechtlichen Schritten gedroht hatte.[48]

Rafe Champion war ähnlich deutlich:

“Popper’s ideas have failed to convince the majority of professional philosophers because his theory of conjectural knowledge does not even pretend to provide positively justified foundations of belief. Nobody else does better, but they keep trying, like chemists still in search of the Philosopher’s Stone or physicists trying to build perpetual motion machines.”

„Poppers Ideen konnten die Mehrheit der Berufsphilosophen nicht überzeugen, denn seine Theorie des Vermutungswissens versucht gar nicht erst den Eindruck zu erwecken, dass sie positiv gerechtfertigte Grundlagen für Glaubensüberzeugungen anzubieten hätte. Niemand sonst macht es besser, aber sie versuchen es weiter, wie Chemiker, die immer noch nach dem Stein der Weisen suchen oder Physiker, die versuchen, ein Perpetuum mobile zu bauen.“[49]

David Miller behauptete zusammenfassend auf dem Popper-Kongress 2007:

“What distinguishes science from all other human endeavours is that the accounts of the world that our best, mature sciences deliver are strongly supported by evidence and this evidence gives us the strongest reason to believe them.’ That anyway is what is said at the beginning of the advertisement for a recent conference on induction at a celebrated seat of learning in the UK. It shows how much critical rationalists still have to do to make known the message of Logik der Forschung concerning what empirical evidence is able to do and what it does […] [critical rationalists] are rightly proud of having the only house in the neighbourhood that is logically watertight [although] we must inevitably be aware that not everything inside is in impeccable order.”

„‚Die Wissenschaft unterscheidet sich von allen anderen menschlichen Tätigkeiten dadurch, dass das Weltbild, das uns unsere besten und fortschrittlichsten Wissenschaften liefern, stark durch Beweismaterial gestützt wird und dass dieses Beweismaterial uns die stärksten Gründe dafür gibt, an dieses Weltbild zu glauben.‘ So jedenfalls steht es in der Ankündigung einer Konferenz über Induktion, die kürzlich an einer berühmten britischen Lehrinstitution stattfand. Sie zeigt, wie lange der Weg ist, der noch vor den Anhängern des Kritischen Rationalismus liegt, bis die Botschaft der Logik der Forschung verkündet ist, insbesondere hinsichtlich der Frage, welche Funktion empirisches Beweismaterial erfüllt bzw. überhaupt erfüllen kann. [Anhänger des Kritischen Rationalismus] sind zu Recht stolz darauf, als einzige ihres Fachs ein logisch wasserdichtes Gedankengebäude vorweisen zu können, auch wenn wir uns natürlich bewusst sein müssen, dass innen drin nicht alles in makelloser Ordnung ist.“[50]

Hans Albert warf der nachpositivistischen analytisch-angelsächsischen Philosophie vor, eine Auseinandersetzung mit Popper überwiegend durch Totschweigen oder aber durch versteckte Übernahme seiner Positionen (die noch dazu häufig als eigene Ideen ausgegeben worden seien) umgangen zu haben.[51] Dementsprechend seien Poppers Einfluss und Ansehen heute v. a. in den Natur- und Wirtschaftswissenschaften erheblich größer als in der Fachphilosophie.

Schriften

  • 1925–1935 (zusammen veröffentlicht 2006): Frühe Schriften. Enthält ‚Gewohnheit‘ und ‚Gesetzeserlebnis‘ in der Erziehung (Abschlussarbeit), Zur Methodenfrage der Denkpsychologie (Dissertation) und Axiome Definitionen und Postulate der Geometrie (Qualifikationsschrift für den Lehrerberuf) sowie mehrere Artikel
  • 1930–1933 (veröffentlicht in Teilen 1979; zuvor als Manuskript kursierend): Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie
  • 1934: Logik der Forschung. 11. Aufl. 2005, ISBN 3-16-148410-X
  • 1936 (vorgetragen bei einem privaten Treffen; veröffentlicht 1944/45, als Buch 1957): Das Elend des Historizismus, ISBN 3-16-148025-2
  • 1945: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde (2 Bände) ISBN 3-16-148068-6 und ISBN 3-16-148069-4
  • 1956/57 (veröffentlicht 1982; zuvor als Druckfahnen kursierend): Die Quantentheorie und das Schisma der Physik
  • 1956/57 (veröffentlicht 1982; zuvor als Druckfahnen kursierend): Das offene Universum
  • 1956/57 (veröffentlicht 1983; zuvor als Druckfahnen kursierend): Realismus und das Ziel der Wissenschaft
  • 1963: Vermutungen und Widerlegungen, ISBN 3-16-147311-6[52]
  • 1973: Objektive Erkenntnis, ISBN 3-455-10306-5
  • 1976: Ausgangspunkte. Meine intellektuelle Entwicklung, ISBN 3-455-08982-8
  • 1977: Das Ich und sein Gehirn, (gemeinsam mit John C. Eccles) ISBN 3-492-21096-1
  • 1984: Auf der Suche nach einer besseren Welt, ISBN 3-492-20699-9
  • 1985: Die Zukunft ist offen (gemeinsam mit Konrad Lorenz)
  • 1990: Eine Welt der Propensitäten
  • 1992: The Lesson of this Century
  • 1994: Alles Leben ist Problemlösen, ISBN 3-492-22300-1
  • 1994: Der Mythos des Rahmens
  • 1994: Wissen und das Leib-Seele-Problem
  • 1998: The World of Parmenides, deutsch: Die Welt des Parmenides, der Ursprung des europäischen Denkens (Übersetzt von Sibylle Wieland und Dieter Dunkel, herausgegeben von Arne F. Petersen und Jørgen Mejer). Piper, München 2001, ISBN 3-492-04205-8.
  • 2002: Alle Menschen sind Philosophen

Reden

  • „Philosophie gegen falsche Propheten“ (HR, 7. August 1974). Interview mit Tomas Rotstein, ca. 45 Minuten
  • „Duldsamkeit und intellektuelle Verantwortlichkeit“ (SR, 16. März 1982). Vortrag, ca. 40 Minuten
  • „Der Mythos vom Unhintergehbaren“ (BR, 27. Juli 1982). Vortrag, ca. 50 Minuten
  • „Offene Gesellschaft – offene Wissenschaft“ (HR, 17. Juli 1984). Interview mit Tomas Rotstein, ca. 30 Minuten
  • „Man soll nicht glauben, daß man ohne Risiko leben kann“ (4. Juli 1987). Gespräch mit Volker Friedrich, ca. eine Stunde
  • „Das Prinzip Kritik in der Offenen Gesellschaft“ (BR, 30. Juli 1992). Gespräch anlässlich seines 90. Geburtstages mit Willy Hochkeppel, ca. 55 Minuten

Siehe auch

Literatur

Zu Werk und Leben

  • Martin Morgenstern und Robert Zimmer: Karl Popper. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2002. ISBN 3-423-31060-X. Mit Bildern und Textkästen didaktisch sehr gut aufbereitet.
  • Jürgen August Alt: Karl R. Popper. Reihe Campus 1992, ISBN 3-593-34716-4, neu 2001: ISBN 3-593-36834-X. Kurze und vorzügliche Einführung.
  • Manfred Geier: Karl Popper. rororo Monographie, Reinbek 1994; ISBN 3-499-50468-5. Gut geschrieben; biographische Details; Analyse des Werks; angereichert mit vielen Bildern und Zitaten; dadurch sehr einprägsam.
  • Peter Schroeder-Heister: Popper, Sir Karl Raimund. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, S. 625–628 (Digitalisat).
  • Eberhard Döring: Karl R. Popper – Einführung in Leben und Werk. Pererga 1987, 1992.
  • Lothar Schäfer: Karl R. Popper. Becksche Reihe – große Denker, 1988.
  • Hubert Kiesewetter, (Hrsg.) / Helmut Zenz: Karl Poppers Beiträge zur Ethik. Mohr Siebeck Verlag, Tübingen 2002, ISBN 3-16-147773-1.
  • Wilhelm Baum und Kay E. Gonzalez: Karl R. Popper. Morgenbuch-Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-371-00393-0. Ein sehr dünnes Buch (98 Seiten)
  • Maurice Cornforth, The open philosophy and the open society. 2., rev. ed., Lawrence & Wishart, London 1977. Die klassische Kritik aus dem linken Spektrum.
  • David J. Edmonds, John A. Eidinow: Wie Ludwig Wittgenstein Karl Popper mit dem Feuerhaken drohte: eine Ermittlung. DVA, München 2002, ISBN 3-421-05356-1 (korr. Auflage: Fischer TB, ISBN 3-596-15402-2, 2003, 2. Aufl. 2005). Behandelt ihren Zusammenstoß in Cambridge 1946, ist auch eine gut verständliche Darstellung ihrer philosophischen und biographischen Unterschiede, insbesondere was die Wiener Jahre und ihre jüdische Herkunft angeht. Ebenfalls in Engl. (=Orig.) und Span. (2001).
  • Franz M. Wuketits: Wo bleibt das „liberale Rasiermesser“? In: Aufklärung und Kritik 1/1998, S. 34 ff.
  •  Manfred Lube: Karl R. Popper – Die Bibliothek des Philosophen als Spiegel seines Lebens. Imprimatur. Ein Jahrbuch für Bücherfreunde. Band 18, 2003, ISBN 3-447-04723-2, S. 207-238 (Online (Memento vom 27. Februar 2008 im Internet Archive) PDF 550 kB).
  • Manfred Lube: Karl R. Popper. Bibliographie 1925–2004: Wissenschaftstheorie, Sozialphilosophie, Logik, Wahrscheinlichkeitstheorie, Naturwissenschaften. Peter Lang, Frankfurt/Main usw. 2005. (= Schriftenreihe der Karl Popper Foundation Klagenfurt.) ISBN 978-3-631-53450-2; Online-Version: ub.uni-klu.ac.at
  • Dagmar Niemann (Übers.): Die Wege der Wahrheit (Memento vom 15. Februar 2009 im Internet Archive). Aufklärung und Kritik (2/1994), S. 38 ff.
  • William W. Bartley: Ein schwieriger Mensch. Eine Portraitskizze von Sir Karl Popper. In: Eckhard Nordhofen (Hrsg.): Philosophen des 20. Jahrhunderts. Athenäum, Königstein/Ts. 1980, ISBN 3-434-46071-3.
  • John W. N. Watkins: Karl Raimund Popper 1902–1994. (PDF; 267 kB) In: Proceedings of the British Academy. Nr. 94, 1997, S. 645–684.
  • Hans Albert: Karl Popper (1902–1994). In: Journal for General Philosophy of Science. Nr. 26, 1995, S. 207–225.
  • Volker Gadenne: Fortschritt zu tieferen Problemen. In: Protosociology. Nr. 7, 1995, S. 272–281, ISSN 0940-4147.
  • David Miller: Sir Karl Raimund Popper, C. H., F. B. A. 28 July 1902–17 September 1994. In: Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society. Nr. 43, Nov. 1997. S. 368–409.
  • Friedrich Stadler: "Dokumentation: Popper und der Wiener Kreis – Aus einem Gespräch mit Sir Karl Popper", in: ders., Studien zum Wiener Kreis, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1997, 525–545.
  • Harald Stelzer: Karl Poppers Sozialphilosophie. Politische und ethische Implikationen. Lit-Verlag, Wien 2004.
  • Harald Stelzer: Karl Raimund Popper und kritischer Rationalismus interkulturell gelesen. Traugott Bautz, Nordhausen 2007. (= Interkulturelle Bibliothek. Band 128)
  • Hans-Joachim Niemann: 70 Jahre Falsifikation: Königsweg oder Sackgasse? In: Aufklärung und Kritik. Nr. 2 , 2005, S. 52–79 (PDF (102 kB)).
  • Edgar Morscher (Hrsg.): Was wir Karl R. Popper und seiner Philosophie verdanken. Zu seinem 100. Geburtstag. Academia Verlag, Sankt Augustin 2002. Enthält Abhandlungen zu Poppers Wahrscheinlichkeitstheorie und Logik, zu seiner Wissenschafts- und Erkenntnistheorie, zu seiner Ontologie, praktischen Philosophie und Ästhetik; enthält weiters persönliche Erinnerungen an Popper sowie Briefe an und von Popper.

Studienführer

  • Herbert Keuth: Die Philosophie Karl Poppers. 2. korr. Auflage, Mohr-Siebeck, Tübingen 2011, ISBN 978-3-16-150660-4, Das ist der zurzeit einschlägige Studienführer, der das gesamte Werk wissenschaftlich analysiert und kommentiert, und zwar in einer Tiefe, die weit über die oben genannten Werkbiographien hinausgeht. Der Text führt zu allen wichtigen Quellen. Viele problematische Popperthesen werden zur Weiterforschung vorbereitet. Das Buch wendet sich an Leser, die Popper gründlich verstehen wollen oder eigene Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet leisten möchten.
  • Herbert Keuth (Hrsg.): Karl Popper: Logik der Forschung (= Klassiker Auslegen; Bd. 12). 4., bearbeitete Auflage, Akademie Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-05-005708-8.
  • Hans-Joachim Niemann: Lexikon des Kritischen Rationalismus. Mohr Siebeck, Tübingen 2004, ISBN 3-16-148395-2; broschiert 2006. Zur schnellen Information über die tausend wichtigsten Begriffe und Argumente von Poppers (und Hans Alberts) Kritischen Rationalismus. Mit zahlreichen Querverweisen und Verweisen auf die originalen Textstellen.
  • Ingo Pies, Martin Leschke (Hrsg.): Karl Poppers Kritischer Rationalismus. Mohr-Siebeck, Tübingen 1999.

Englischsprachige Biographien

  • Malachi Haim Hacohen: Karl Popper – the Formative Years 1902–1945. Politics and Philosophy in Interwar Vienna. University Press, Cambridge 2000, ISBN 0-521-47053-6. Die einschlägige Popperbiographie bis 1945, die viel Licht auf Poppers Werk wirft und seine geistigen Wurzeln freilegt. Eine Fortsetzung (Popper lebte noch weitere 49 Jahre) hat dieser Autor nicht geplant.
  • Bryan Magee: Popper. Fontana paperback, 1973, mit sehr vielen späteren Auflagen. Sehr kurz und sehr gut. Magee war aktiver Politiker und ein Freund Poppers. Noch intimere Einblicke in Poppers (geistiges) Leben finden sich beim gleichen Autor in dessen Confessions of a Philosopher, Random House hardcover 1997, Kapitel 11 (deutsch: Bekenntnisse eines Philosophen. 2. Auflage, Econ Ullstein List Verlag, München 2001, Kapitel 11).
  • Joseph Agassi: A Philosopher’s Apprentice: In Karl Popper’s Workshop. Editions Rodopi, 1993, ISBN 90-5183-563-9. Autobiographischer Bericht von Agassi über den Eindruck, den Popper bei ihm hinterließ.
  • William W. Bartley: Karl Popper: A life. unveröffentlicht

Englischsprachige Studienführer

  • Roberta Corvi: An Introduction to the Thought of Karl Popper. aus dem Italienischen von Patrick Camiller, Routledge paperback, 1996, 209 Seiten. Eine sehr gute Analyse des Popperschen Werks mit vielen Hinweisen auf die einschlägigen Textstellen.
  • Steve Fuller: Kuhn vs. Popper: the struggle for the soul of science. Icon, Cambridge 2003 (Nachdrucke 2003, 2004, 2006). Sehr gut lesbare Studie über den wissenschaftstheoretischen Streit zwischen Popper und Kuhn und gleichzeitig eine interessante Einschätzung zur geisteswissenschaftlichen (Fehl-)Rezeption Poppers als traditionell und Kuhns als progressiv. Nach Ansicht des Autors ist es vielmehr umgekehrt.
  • J. Shearmur, G. Stokes (Hrsg.): The Cambridge Companion to Popper, Cambridge University Press (24 Jun. 2016), 404 S. Umfangreicher und wertvoller Studienbegleiter.

Weblinks

Commons: Karl Popper - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wikiquote: Karl Popper – Zitate
Überblicksdarstellungen zu Poppers Philosophie
Sekundärliteratur zu spezielleren Aspekten
Institute, Materialsammlungen und Sonstiges

Einzelnachweise

  1. William W. Bartley: Rationality versus the Theory of Rationality, In Mario Bunge: The Critical Approach to Science and Philosophy (The Free Press of Glencoe, 1964), section IX.
  2. Brief Karl Poppers an Hans W. L. Biester von 1990 Briefe. In: Berlinische Monatsschrift 7/2001 beim Luisenstädtischen Bildungsverein
  3. PhilosophieKanal: Karl Popper - Ein Gespräch (1974). 3. Juli 2013, abgerufen am 1. April 2016.
  4. http://www.bundesheer.at/truppendienst/ausgaben/artikel.php?id=893
  5. http://www.unomaha.edu/esc/2006Proceedings/Davis_OpenSociety.pdf
  6. Katalogzettel Universitätsbibliothek Wien. Vgl. Thomas Sturm: Bühler and Popper: Kantian therapies for the crisis in psychology in: Studies in History and Philosophy of Biological and Biomedical Sciences, 43 (2012), pp. 462-472
  7. William Warren Bartley: Die österreichische Schulreform als die Wiege der modernen Philosophie. in: Club Voltaire IV, hrg. Gerhard Szcesny, Hamburg 1970, ISBN 3-499-65086-X S. 360
  8. Karl Popper: Einige Bemerkungen über die Wiener Schulreform und ihr Einfluß auf mich [1970], Troels E. Hansen: Nachwort des Herausgebers, Abschnitt VIII Anhang: Einige Bemerkungen über die Wiener Schulreform und ihr Einfluß auf mich. In: Frühe Schriften, Mohr, Tübingen 2006, S. 497, 543
  9. vgl. unter anderem Edmonds/Eidinow 2005
  10. Martin Morgenstern/Robert Zimmer (Hrsg.), Hans Albert / Karl Popper, Briefwechsel, Frankfurt/M. 2005, 137 (Fischer Taschenbuch, ISBN 978-3596165865)
  11. Edward Zerin: Karl Popper On God: The Lost Interview. Skeptic 6:2 (1998)
  12. David Miller: Sir Karl Popper: A Personal Note. Popper Letters 6:2 (1994)
  13. Beisetzungsdatum nach Auskunft der Friedhofsverwaltung vom 24. April 2013
  14. https://www.popperschule.at/philosophie.html
  15. William W. Bartley: Critical Study: The Philosophy of Karl Popper. Part I. Philosophia 6:3–4 (1976), S. 463–494
  16. William W. Bartley: Critical Study. The Philosophy of Karl Popper. Part II. Philosophia 7:3–4 (1978), S. 675–716.
  17. 17,0 17,1 Briefwechsel mit Albert Einstein 1935 in Popper, K. "Logik der Forschung" 1989, 9. Auflage, Tübingen: Mohr. S. 413 Anhang XII
  18. Die mit dem Falsifikationsprinzip verbundene „Demarcation Thesis“, die es erlauben sollte, wissenschaftliche von unwissenschaftlichen Theorien zu scheiden, ist indes nicht unwidersprochen geblieben. Neben Poppers einstigem Schüler Paul Feyerabend war einer der schärfsten Kritiker Adolf Grünbaum, 'Is Falsifiability the Touchstone of Scientific Rationality?' (1976), and 'The Degeneration of Popper's Theory of Demarcation' (1989), beide jetzt in Grünbaum, Collected Works (edited by Thomas Kupka), vol. I, New York: Oxford University Press 2013, ch. 1 (pp. 9-42) & ch. 2 (43-61)
  19. Arnd Krüger: Popper, Dewey und die Theorie des Trainings – oder entscheidend ist auf’n Platz, in: Leistungssport 33(2003)1, S. 11–16; http://www.iat.uni-leipzig.de:8080/vdok.FAU/lsp03_01_11_16.pdf?sid=D60B688F&dm=1&apos=5235&rpos=lsp03_01_11_16.pdf&ipos=8483
  20. 20,0 20,1  Karl Popper: Logik der Forschung. 9 Auflage. Mohr, Tübingen 1989, ISBN 3163454852, S. 59.
  21. Ausgangspunkte. Meine intellektuelle Entwicklung, Hamburg 1979, 176f.
  22.  Karl Popper: Logik der Forschung. 9 Auflage. Mohr, Tübingen 1989, ISBN 3163454852, S. 59., S.15
  23.  Karl Popper: Logik der Forschung. 9 Auflage. Mohr, Tübingen 1989, ISBN 3163454852, S. 59., S. 13
  24. Objektive Erkenntnis, S. 37–44
  25. Siehe Auf der Suche nach einer Besseren Welt, S. 103
  26. 26,0 26,1 26,2 Vorträge von Karl Popper – Wie ich die Philosophie sehe. , abgerufen am 28. Juli 2012 (Vortrag Karl Poppers aus dem Jahr 1974, YouTube Video (Audio)).
  27. Karl Popper: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, 8. Auflage, Tübingen 2003, Einleitung, S. IX; die Bemerkung mit den Konzentrationslagern bezieht sich auf die folgende Textpassage in Platons Nomoi (Buch X): Ist nun jemand der Gottlosigkeit [d. h. eines Vergehens gegen die Gesetze des platonischen Idealstaates] schuldig befunden worden, so soll das Gericht jedem […] auch eine besondere Strafe zuerkennen, so zwar, dass Gefängnisstrafe sie alle trifft, da aber der Gefängnisse im Staate drei sind, ein allgemeines […], ein zweites […] welches den Namen Besserungshaus führt, und ein drittes endlich im Innern des Landes in einer möglichst öden und wilden Gegend, das irgend einen Namen führen soll welcher eine schimpfliche Strafe bezeichnet und so einen heiligen Schauder einflößt, […] Alle diejenigen aber, welche […] der Meinung [sind], es gebe keine Götter […] alle solche Leute sollen, wenn sie eines solchen Verbrechens überwiesen worden sind, vom Gerichte nach dem Gesetze dazu verurteilt werden lebenslänglich in dem Gefängnisse im Innern des Landes eingekerkert in Ketten zu liegen, und kein freier Bürger soll sie jemals besuchen dürfen, sondern die von den Gesetzverwesern für sie bestimmte Nahrung [soll] ihnen von Sklaven gereicht werden. Nach ihrem Tode aber sollen sie unbeerdigt aus dem Lande geworfen werden. (Übersetzung nach Franz Susemihl, 1862)
  28. Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Bd. I, 67f.
  29. Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Band I: Der Zauber Platons, 8. Auflage, Tübingen 2003, S. 161f.
  30. Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Bd. II., 73f.
  31. Vgl. etwa Auf der Suche nach einer besseren Welt, München 1984, 25f.
  32. Karl R. Popper: Was ist Dialektik? (PDF; 325 kB) In Ernst Topitsch (Hrsg.): Logik der Sozialwissenschaften 5 (51968), 262–290.
  33. 'Wider die großen Worte'. ZEIT Archiv. 24. September 1971.
  34. Auf der Suche nach einer besseren Welt, München 1984, 99, 103
  35. Karl Popper (2004) Alle Menschen sind Philosophen, Serie Piper, München/Zürich, ISBN 978-3-492-24189-2; ISBN 3-492-24189-1
  36. Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Frankfurt/M. 1967 (1962)
  37. Die Normalwissenschaft und ihre Gefahren, in: I. Lakatos/A.Musgrave (Hrsg.), Kritik und Erkenntnisfortschritt, London 1970, 51-57
  38. Probleme und Resultate der Wissenschaftstheorie und analytischen Philosophie, Bd. II (Theorie und Erfahrung), Teilband E, Berlin/Heidelberg 1973
  39. Proofs and Refutations, Cambridge 1976
  40. Wider den Methodenzwang. Skizze einer anarchistischen Erkenntnistheorie, Frankfurt/M. 1976
  41. 41,0 41,1 Gebhard Kirchgässner (2002): Alles Leben ist Problemlösen: Zum 100. Geburtstag von Karl Raimund Popper (Download, PDF, 434 kB), in: Wirtschaftsdienst, 82. Jg. (2002), H. 9, S. 567–572.
  42. Ronald Bartlett Levinson: In defense of Plato, Russell & Russell, 1970
  43. Walter Kaufmann: Hegel: Legende und Wirklichkeit (PDF; 2,2 MB) In: Zeitschrift für philosophische Forschung Band X, 1956, 191–226.
  44. Maurice Cornforth: The Open Philosophy and the Open Society: A Reply to Dr. Karl Popper’s Refutations of Marxism, New York: International Publishers, 1968.
  45. Charles Taylor: Overcoming Epistemology. Philosophical Arguments (Harvard University Press, 1995).
  46. W. W. Bartley, III: Biology & evolutionary epistemology. Philosophia 6:3–4 (September–December 1976), pp. 463–494
  47. W. W. Bartley: A Popperian Harvest. In Paul Levison: In Pursuit of Truth (1982), Abschnitt III, S. 268ff
  48. Rafe Champion: Free Speech or Pulp Fictions?. John Dewey Discussion List (28 Jan 2003)
  49. Rafe Champion: Agreeing to Disagree: Bartley’s Critique of Reason. Melbourne Age Monthly Review (October 1985)
  50. David Miller: Some hard questions for critical rationalism
  51. In Kontroversen verstrickt. Vom Kulturpessimismus zum kritischen Rationalismus, Berlin/Wien 2007, z. B. 173
  52. darin Essay Utopie und Gewalt. 1947. Auszug daraus in Martin Morgenstern, Robert Zimmer Hgg.: Staatsbegründungen und Geschichtsbedeutungen. Reihe Treffpunkt Philosophie, 4: Politische Philosophie. Bayerischer Schulbuch Verlag BSV, München 2001 ISBN 3-7627-0325-6; Patmos, Düsseldorf 2001, ISBN 3-491-75641-3, S. 136–138 u.d.T.: Kritik des utopischen Denkens
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